Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 16.Juli 1963 geborene Krankenpfleger Peter B*** des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, am 17.April 1985 in Wien Karin B*** durch Erwürgen vorsätzlich getötet zu haben. Die Geschwornen hatten die auf Mord lautende Hauptfrage (Nr. I des Fragenschemas) im Stimmenverhältnis 5 : 3 bejaht und dementsprechend die Eventualfragen nach Totschlag (Nr. II), nach absichtlicher schwerer Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (Nr. III) bzw. nach Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (Nr. IV) unbeantwortet gelassen.
Der Angeklagte Peter B*** bekämpft seinen Schuldspruch mit einer auf den § 345 Abs 1 Z 8 und 9 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Als Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung im Sinn des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes macht der Angeklagte geltend, der Hinweis auf die Entbehrlichkeit einer Beantwortung der auf Totschlag lautenden Eventualfrage im Fall der Bejahung der Hauptfrage nach Mord sei insofern irreführend gewesen, als die Geschwornen durch die Annahme eines Tötungsvorsatzes nicht der Verpflichtung enthoben waren, das Vorliegen einer tatauslösenden allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung (§ 76 StGB) zu prüfen. Das Fehlen einer diesbezüglichen Klarstellung in der Rechtsbelehrung habe die Geschwornen im konkreten Fall auch tatsächlich beirrt, weil der Niederschrift (der Geschwornen) zu entnehmen sei, daß die dem Wahrspruch zugrundeliegenden Erwägungen sich auf die Frage vorsätzlicher Tötung beschränkt, die Problematik eines gemäß § 76 StGB privilegierten Tötungsvorsatzes jedoch vernachlässigt hätten.
Rechtliche Beurteilung
Dem Beschwerdeeinwand ist vorerst entgegenzuhalten, daß die Rechtsbelehrung eine Einheit darstellt, die von den Geschwornen auch als Ganzes zur Kenntnis zu nehmen und in ihrer inhaltlichen Bedeutung ausschließlich als Gesamtheit, nicht aber jeweils isoliert nach Teilstücken, die aus dem Kontext gerissen wurden, zu beurteilen ist (vgl EvBl 1980/107). Eine solcherart komplexe Betrachtung der die Hauptfrage nach Mord, die Eventualfrage nach Totschlag und das wechselseitige Verhältnis der Fragen sowie ihrer Beantwortung betreffenden Abschnitte der Rechtsbelehrung läßt keinen Raum für den vom Beschwerdeführer reklamierten irreführenden Sinngehalt:
Die den Geschwornen erteilte Rechtsbelehrung behandelt zunächst die auf Mord lautende Hauptfrage, sodann die Eventualfragen (S. 1 bis 6 [im vorliegenden Fall als "5 a" bezeichnet] der Rechtsbelehrung). An diese Ausführungen schließen die Erläuterungen über das Verhältnis der einzelnen Fragen zueinander und die Folgen der Bejahung und Verneinung (S. 7/8 der Rechtsbelehrung). Mithin wurde (auch) der Vorschrift des § 321 Abs 2 StPO entsprochen. Die Rechtsbelehrung stellte sich also für die Geschwornen - betrachtet man sie im Zusammenhang und löst man nicht einzelne Passagen heraus - nicht als (mögliche) Fehlerquelle dar. Den Geschwornen mußte nämlich nach dem Inhalt der Belehrung das Verhältnis der einzelnen Fragen zueinander einschließlich der Folgen der Bejahung oder Verneinung durchaus deutlich werden.
Vollständigkeitshalber bleibt hinzuzufügen, daß auch der Niederschrift der Geschwornen (Beilage D/ zu ON 57) das vom Beschwerdeführer behauptete Mißverstehen der Rechtsbelehrung keineswegs zu entnehmen ist. Die Geschwornen stützten nämlich ihren Wahrspruch ausschließlich auf das Geständnis des Angeklagten vor der Polizei (vgl. Band I/S. 79 ff.) und versagten seiner in der Hauptverhandlung vorgebrachten Verantwortung ausdrücklich den Glauben. Ein die Eventualfrage nach dem Verbrechen des Totschlages indizierendes Tatsachensubstrat ergab sich jedoch allein aus den vom Angeklagten in der Hauptverhandlung vorgebrachten Tatversionen (vgl. Band I/S. 494, 495, 499: fortgesetzte haltlose Beschimpfungen durch das Tatopfer bzw. Band I/S. 519: Provokation durch den Vorhalt sexueller Potenzstörungen).
Soweit der Angeklagte mit derselben - wie dargelegt rechtlich haltlosen - Beschwerdeargumentation darüber hinaus Undeutlichkeit des Wahrspruchs im Sinn des § 345 Abs 1 Z 9 StPO geltend macht, verkennt er, daß der betreffende Nichtigkeitsgrund ausschließlich aus dem Wahrspruch selbst, nicht aber aus der gemäß dem § 331 Abs 3 StPO zu verfassenden Niederschrift abgeleitet werden kann (vgl. dazu u.a. LSK 1982/49).
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter B*** war daher zu verwerfen.
Das Geschwornengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 75 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Jahren. Hiebei wertete es die Tatsache, daß Peter B*** schon einmal gegen eine Person aggressiv vorgegangen war (Akt Vr 358/82 des Landesgerichtes Eisenstadt: Würgen einer jungen Frau in einem Personenkraftwagen), welcher Vorfall aber nicht zu einer Anklageerhebung und daher auch nicht zu einem Schuldspruch führte, als erschwerend, hingegen als mildernd: das Geständnis vor der Polizei, eine gewisse Enthemmung durch Übergenuß von Alkohol und die Unbescholtenheit. Während der öffentliche Ankläger in seiner Berufung behauptet, die im wesentlichen richtig festgestellten Strafzumessungsgründe seien nicht entsprechend gewürdigt worden, und auf eine Erhöhung der Freiheitsstrafe abzielt, begehrt der Angeklagte eine Strafherabsetzung.
Keiner der beiden Berufungen kommt Berechtigung zu. Dem zuletzt genannten Berufungswerber ist zwar einzuräumen, daß der angeführte Vorfall aus dem Jahr 1982 als Erschwerungsumstand zu entfallen hat, weil er nicht zu einem Schuldspruch führte. Wohl aber beeinträchtigt dieses Geschehen das Gewicht des im § 34 Z 2 vorgesehenen Milderungsgrundes, der nicht nur die - beim Angeklagten vorhandene - Unbescholtenheit, sondern auch einen ordentlichen Lebenswandel und einen auffallenden Widerspruch der Tat mit seinem sonstigen Verhalten verlangt. Letztere beide Voraussetzungen sind, wie die Anklagebehörde in ihrer Rechtsmittelausführung erwähnt, nicht in vollem Umfang gegeben.
Daß der Angeklagte persönliche Probleme hatte, deren Lösung ihm infolge seiner hysterisch-neurotischen Persönlichkeit (vgl. dazu I. Band S. 521) Schwierigkeiten bereitete, vermag bei Begehung eines Mordes an seiner früheren Freundin, von der er sich einvernehmlich getrennt hatte (siehe dazu insbesondere I. Band S. 485 f.), keinen Milderungsumstand zu begründen. Keinesfalls kann sich auch nach Lage des Falles als schuldmildernd auswirken, daß Karin B*** infolge ihrer Alkoholisierung in der Nacht zum 17.April 1985, also unmittelbar vor der Tat, einer vernünftigen Aussprache mit dem Angeklagten nicht zugänglich war.
Der Staatsanwaltschaft ist zu ihrem Rechtsmittelvorbringen noch zu erwidern, daß das vom Angeklagten bei der Polizei abgelegte Geständnis, insbesondere zum Deliktsvorsatz (vgl. u.a. I. Band S. 79 und 81), ungeachtet der später geänderten Verantwortung sehr wohl als (gewichtiger) Milderungsumstand zum Tragen kommt, weil damit ein wesentlicher Beitrag zur Wahrheitsfindung geleistet wurde (§ 34 Z 17, zweiter Fall, StGB).
Auf der Grundlage der richtiggestellten Strafzumessungsgründe erweist sich die vom Geschwornengericht ausgemessene Freiheitsstrafe nicht als veränderungsbedürftig, weil sie dem Schuld- und Unrechtsbehalt der Tat adäquat ist.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Urteilsspruch zitierte Gesetzesstelle.
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