OGH 5Ob26/85

OGH5Ob26/8511.3.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes HONProf. Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Johann R***, An-der-Lan-Straße 54/5, 6020 Innsbruck, vertreten durch Dr. Karl G. Aschaber, Rechtsanwalt in Innsbruck, wieder die Antragsgegnerin S*** I***, vertreten durch Senatsrat Dr. Gerhard

Loinger, Fallmerayerstraße 1/II, 6020 Innsbruck, wegen Feststellung der Angemessenheit des Erhaltungsbeitrages (§§ 45 und 37 Abs1 Z 13 MRG) infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 3.Jänner 1985, GZ 1 a R 541/84-13, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 25.Juli 1984, GZ MSch 55/84-10, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Ein Ersatz der Barauslagen findet nicht statt.

Text

Begründung

Der Antragsteller ist Hauptmieter der im Wohnungseigentum der belangten Stadtgemeinde stehenden Wohnung Nr.20 in der Wohnungseigentumsanlage An-der-Lan-Straße Nr.54 in Innsbruck. Ihrer Ausstattung nach ist diese Wohnung der Ausstattungskategorie A gemäß § 16 Abs 1 Z 1 MRG zuzuordnen. Die Vermieterin schrieb am 25.1.1982 dem antragstellenden Hauptmieter den Erhaltungsbeitrag nach § 45 MRG auf der Grundlage einer Wohnnutzfläche von 93,45 m 2 unter Einbeziehung eines als Loggia bezeichneten, beiderseits durch Feuermauern begrenzten, ca 12 m langen und 1,4 m tiefen, in der Höhe von etwa 2,70 m durch den Boden eines darüberliegenden gleichartigen Bauwerkes abgedeckten, durch ein an der Außenseite der Länge nach verlaufendes 1,1 m hohes Geländer begrenzten und über die optische Baufluchtlinie des Hauses ragenden Teiles des Mietobjektes von 16,72 m 2 Grundfläche vor.

Der antragstellende Hauptmieter ist der Ansicht, daß es sich bei dem beschriebenen Bestandteil des Mietobjekts nicht um eine Loggia, sondern um einen gemäß § 17 Abs 2 MRG bei der Berechnung der Nutzfläche nicht zu berücksichtigenden offenen Balkon handle. Er gab sich deshalb mit der Vorentscheidung der Schlichtungsstelle, die anderer Ansicht war, nicht zufrieden. Das von ihm angerufene Erstgericht gab ihm recht und sprach aus, daß der Berechnung des Erhaltungsbeitrages für seine Wohnung eine Nutzfläche von 74,53 m 2 - unter Außerachtlassung der Grundfläche des als Balkon beurteilten Bestandteils des Mietobjektes - zugrunde zu legen sei. Das vom Vermieter angerufene Rekursgericht änderte den Sachbeschluß des Erstgerichtes ab: der Berechnung des Erhaltungsbeitrages für die Wohnung des antragstellenden Hauptmieters sei eine Nutzfläche von 91,25 m 2 - also unter Einbeziehung der Grundfläche des seiner Qualifikation nach strittigen Teiles des Mietgegenstandes - zugrunde zu legen. Der fragliche Teil sei kein Balkon im Sinne der allgemeinüblichen Begriffsdefinition (= eine von weniger als fünf Seiten umschlossene Auskragung in den Obergeschossen eines Hauses - so Eckharter, Hauswirth, Meinhart, Rollwagen: Die Nutzfläche im Wohnrecht) und könne, weil er fünfseitig fest mit Mauerwerk umbaut und lediglich an der dem Hause abgewandten Seite zum Teil durch eine Brüstung abgegrenzt sei, nicht als "offener Balkon" im Sinne des § 17 Abs 2 MRG angesehen werden.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes bekämpft der Mieter mit Revisionsrekurs. Er begehrt die Wiederherstellung des Sachbeschlusses des Erstgerichtes.

Der Vermieter begehrt in seiner Rechtsmittelgegenschrift, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Zunächst ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht zu bemerken, daß hier nicht die Notwendigkeit der Beziehung der übrigen Hauptmieter der Wohnanlage zu diesem Verfahren im Sinne des § 37 Abs 3 Z 2 MRG besteht, wie die sonst in einem gleichartigen Verfahren zur Prüfung der Angemessenheit des Erhaltungsbeitrages (§ 45 MRG) grundsätzlich bejahte Möglichkeit unmittelbarer Interessenberührung (OGH in MietSlg.35.308, 35.429, 35.467/Nr.29; Würth-Zingher, MRG Anm.30 zu § 37 Abs 2 Z 2) es erfordert, weil es sich hier ausschließlich um die allein nach dem MRG zu beurteilende materielle Rechtslage zwischen dem Wohnungseigentümer und dem Hauptmieter der Eigentumswohnung als seinem Vertragspartner handelt, die von der zwischen den Wohnungseigentümern bestehenden materiellen Rechtslage, die vom Recht des WEG bestimmt ist, nicht berührt werden kann. "Die im § 17 Abs2 MRG gegebene Umschreibung der Nutzfläche des Mietgegenstandes entsprach und entspricht seit der Novellierung durch § 58 WFG dem § 16 WGG und dem § 6 WEG, wobei es dem Gesetzgeber stets ein Anliegen war, den Nutzflächenbegriff zu vereinheitlichen (vgl. RV 246 BlgNR 16. GP zu § 58 WFG 1984). Daß offene Balkone und Terrassen bei der Berechnung der Nutzfläche nicht zu berücksichtigen sind, ist im Förderungsrecht seit langem angeordnet (§ 2 Z 5 WFG BGBl 1954/153; § 3 Z 6 WohnVG BGBl 1969/426; § 2 Abs1 Z 8 WFG 1968 BGBl 1967/280). Im Förderungsrecht wurde zum Unterschied vom "offenen Balkon" - dieser Begriff ist in Bauordnungen immer wieder genannt (vgl. etwa schon § 60 des Gesetzes vom 17.Jänner 1883, womit eine Bauordnung für die k.k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien erlassen wird, Landes-Gesetz- und Verordnungsblatt für das Erzherzogtum Österreich unter der Enns Jahrgang 1883/35 uva.) - die "Loggia" - die etwa im § 88 Abs3 und im § 89 Abs4 aber auch im § 107 Abs1 und Abs2 der Wiener Bauordnung neben "Balkonen" genannt wird - stets in die Nutzfläche eingerechnet, womit mehr Förderungsmittel gegeben wurden. Unter einer in die Nutzfläche einzurechnenden "Loggia" wurde ein nach vorne offener, von seitlichen Wänden, einem Boden und einer Decke begrenzten Raum (also ein zumindest fünfseitig umbauter Raum) verstanden, der meist in das Gebäude eingeschnitten ist und dessen nach außen freie Öffnung durch ein Geländer oder eine Brüstung abgegrenzt ist (Kraßnig-Kohler, Wohnbauförderungsgesetz 1968 MGS 17 2 Anm.22 zu § 2 WFG; Geuder-Hauer, Das Wiener Baurecht 2 Anm.5 zu § 88 der Bauordnung für Wien, 302;

Eckharter-Hauswirth-Meinhart-Rollwagen, Die Nutzfläche im Wohnrecht, 91). Diese Unterscheidung zwischen Balkon und Loggia führte zur unterschiedlichen Behandlung dieser Bauelemente im Wohnbauförderungsrecht, damit aber auch in weiteren Bereichen, wenn auch nicht immer im Steuerrecht (vgl. Eckharter-Hauswirth-Meinhart-Rollwagen, Die Nutzfläche im Wohnrecht, 52, 98, 102 und 109). Wenn nun der Gesetzgeber bei der Neuordnung des Mietrechtes im Interesse eines einheitlichen Nutzflächenbegriffes die schon durch die Wohnbauförderungsgesetze, das Wohnungseigentumsgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz vorgegebene Definition in das Mietrechtsgesetz übernahm, obwohl davon auszugehen ist, daß ihm das Verständnis des Nutzflächenbegriffes besonders in der Förderungspraxis nicht verborgen geblieben sein konnte und daher bekannt war, daß eine "Loggia" zum Unterschied vom "offenen Balkon" der Nutzfläche zugezählt wird, muß dies auch in der Rechtsbeziehung zwischen dem Vermieter und dem Mieter gelten, ohne daß zu hinterfragen wäre, ob diese Unterscheidung durch die konkrete Nutzungsmöglichkeit des einen oder anderen zur Wohnung oder sonstigen Mieträumlichkeit gehörigen Bauelementes zu rechtfertigen ist. Nur dadurch und nicht etwa durch eine nach Ländern verschiedene Regelung im Baurecht kommt man zu dem Ergebnis, daß ein nur an einer Seite offener sonst aber an fünf Seiten von Mauerwerk oder ähnlich massiver Begrenzungswand umgebener Raum bei der Nutzflächenberechnung nach § 17 MRG einzubeziehen und nicht als "offener Balkon" auszuscheiden ist (Eckharter-Hauswirth-Meinhart-Rollwagen, Die Nutzfläche im Wohnrecht, 17; Palten in Korinek-Krejci, HBzMRG, 398; Würth-Zingher, Ergänzungsband 1985 zum MRG Anm.9 zu § 17 MRG idF des § 58 WFG 1984). Nach den Tatsachenfeststellungen handelt es sich bei der strittigen Nutzfläche um die einer "Loggia", die nur an einer Seite offen und durch ein Geländer abgegrenzt sonst aber an fünf Seiten von Wänden, Boden oder Decke umschlossen wird und die daher bei der Berechnung der Wohnungsnutzfläche voll zu berücksichtigen ist, weil sie nicht als offener Balkon von der Berechnung auszunehmen ist. Der Einwand des Mieters, es könne nicht von einem "Raum" gesprochen werden (§ 1 Abs1 MRG), ist schon deshalb unberechtigt, weil Loggien raumbildend sind (Eckharter-Hauswirth-Meinhart-Rollwagen, Die Nutzfläche im Wohnrecht, 17) und der Gesetzgeber sonst offene Balkone und Terrassen, die nie als "Raum" bezeichnet werden könnten, nicht von der Berücksichtigung ausnehmen mußte, wenn überhaupt nur allseits umschlossene Räume zur Nutzflächenbildung beitragen könnten. Der Ansicht des Rekursgerichtes ist daher beizutreten und dem Revisionsrekurs nicht stattzugeben.

Ein Kostenersatz unterbleibt nach § 37 Abs3 Z 19 MRG, weil die von der obsiegenden Partei verzeichneten Barauslagen an Eingabengebühr nicht entstanden sind. Das GJGebGes sah in TP 8b eine Eingabengebühr nur für Rechtsmittel nicht aber für die Rechtsmittelbeantwortung vor, so daß für die Gegenschrift eine Eingabengebühr nach der Anmerkung 1 zu TP 14 nicht anfällt.

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