Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der nunmehr 43-jährige Alfred B*** des Vergehens des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 "erster Fall" (gemeint wohl: erster Strafsatz) StGB schuldig erkannt, weil er am 6.Feber 1985 in Wien versucht hat, die Polizeibeamten Walter S***, Günter B***, Robert S*** und Erwin W*** mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich seiner Vorführung zum Antritt von Ersatzfreiheitsstrafen, zu hindern, indem er sich dagegen durch Herumschlagen und Treten heftig zur Wehr setzte. Vom weiteren Anklagevorwurf, in Tateinheit damit zusätzlich auch das Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 4 StGB dadurch begangen zu haben, daß er den Polizeibeamten Erwin W*** durch Fußtritte vorsätzlich am Körper leicht verletzte, erging ein (im Gesetz allerdings nicht vorgesehener; vgl. Foregger-Serini StPO 3 Anm. IV zu § 259 sowie Mayerhofer-Rieder StPO 2 ENr. 61 zu § 259) Freispruch gemäß § 259 Z 3 StPO
Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer nominell nur auf die Z 9 lit a, der Sache nach aber auch auf die Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
Was zunächst jene Einwände betrifft, mit welchen dargetan werden soll, daß der Angeklagte den Tatbestand des § 269 Abs 1 StGB nicht erfüllt habe (Z 9 lit a), so geht die Beschwerde zum einen nicht vom festgestellten Urteilssachverhalt aus, sodaß insoweit der angerufene materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht wird, während sie zum anderen den Begriff der Gewalt im Sinn des in Rede stehenden Tatbestands verkennt. Nach den Konstatierungen des Schöffengerichtes kann nämlich von einer bloßen (verbalen bzw. passiven) Weigerung des Angeklagten, mit den Beamten mitzugehen, ebenowenig die Rede sein wie davon, daß der Angeklagte, nachdem die Beamten zur Vornahme der Amtshandlung körperlichen Zwang gegen ihn anwenden mußten, lediglich instinktiv Abwehrbewegungen gemacht habe; der Angeklagte ist darnach vielmehr, wiewohl ihm vom zuständigen Sachbearbeiter des Polizeikommissariates Floridsdorf telefonisch der aufrechte Bestand des Vorführauftrags bestätigt worden war, gezielt vorerst gegen die Beamten S*** und B*** und sodann auch gegen die zur Verstärkung herbeigekommenen Beamten S*** und W*** gewaltsam vorgegangen, um sie an der Durchführung der Amtshandlung zu hindern (S 289 d A). Die festgestellten Widerstandsakte wurden dabei zutreffend als Anwendung von Gewalt beurteilt (vgl. hiezu Mayerhofer-Rieder StGB 2 ENr. 1 und 2 zu § 269; Leukauf-Steininger, Kommentar 2 § 269 RN 12 und Liebscher im WK § 269 Rz. 44), sodaß dem bezüglichen Ausspruch des Erstgerichtes ein Rechtsirrtum nicht anhaftet.
Soweit der Beschwerdeführer aber der Sache nach das Vorliegen der Voraussetzungen des § 269 Abs 4 StGB und damit die Straflosigkeit seiner Widerstandshandlungen mit der Begründung reklamiert, die Amtshandlung der Polizeibeamten habe gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen (Z 9 lit b), so übersieht er, daß das Recht, sich strafgesetzwidriger Amtshandlungen zu widersetzen, keineswegs die Befugnis umfaßt, bei tatsächlicher oder vermeintlicher Unrichtigkeit von Behördenentscheidungen deren Vollziehung durch gewaltsamen Widerstand gegen die Vollzugsorgane zu hindern (vgl. Liebscher aaO § 269 Rz. 54). Ein solches Widerstandsrecht kann der von einer Vorführung zum Strafantritt Betroffene daher nicht aus der materiellen Unrechtmäßigkeit des Straferkenntnisses oder der Vollzugsanordnung ableiten, sondern nur unmittelbar aus einem deliktischen Vorgehen der einschreitenden Vollzugsorgane, wodurch die Zwangsmaßnahme strafgesetzwidrig im Sinn des § 302 Abs 1 StGB bzw. des § 303 StGB wird (vgl. EvBl 1976/187). Einen derartigen Charakter der gegenständlichen Amtshandlung, die durch einen nach telefonischer Rückfrage bekräftigten dienstlichen Auftrag gedeckt und gerechtfertigt war (S 289 d A), vermag der Beschwerdeführer aber gar nicht zu behaupten. Die von ihm reklamierten Feststellungsmängel beziehen sich vielmehr ausschließlich auf Umstände der Verwaltungsstrafverfahren, in welchen die Geldstrafen und die im Falle deren Uneinbringlichkeit an ihre Stelle tretenden Ersatzfreiheitsstrafen verhängt wurden und auf welche es nach dem Gesagten für die Beurteilung der gegenständlichen Amtshandlung unter dem Gesichtspunkt des § 269 Abs 4 StGB nicht ankommt. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 269 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 7 (sieben) Monaten. Dabei wertete es die zahlreichen einschlägigen (gemeint: wegen Körperverletzungsdelikten erfolgten) Vorstrafen des Angeklagten als erschwerend, während es den Umstand, daß die Tat beim Versuch geblieben ist, als mildernd in Betracht zog und dem Angeklagten darüber hinaus auch zugute hielt, daß er zur Tatzeit deshalb erregt gewesen ist, weil er unmittelbar nach Verbüßung einer zweimonatigen Haftstrafe sogleich wieder zum Strafantritt vorgeführt wurde (S 292 d A).
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Strafe und deren bedingte Nachsicht an.
Auch der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Die vom Erstgericht festgestellten Strafzumessungsgründe bedürfen lediglich insoweit einer Korrektur, als die leichte Verletzung eines der Polizeibeamten (S 290 d A) als weiterer erschwerender Umstand hinzukommt (vgl. Mayerhofer-Rieder StGB 2 ENr. 36 zu § 269); im übrigen wurden sie aber zutreffend angenommen, zumal - entgegen der Meinung des Berufungswerbers - nach den Urteilsfeststellungen von einer Tatbegehung unter Umständen, die einem Rechtfertigungsgrund nahekommen, nicht gesprochen werden kann und ein Geständnis im Sinn des § 34 Z 17 StGB nach der Aktenlage nicht vorliegt, während der Einwand, die angewendete Gewalt habe nicht auf die Hinderung der Amtshandlung abgezielt, den Inhalt des Schuldspruchs negiert. Ausgehend von den gegebenen Strafzumessungsgründen erweist sich aber das vom Erstgericht gefundene Strafmaß als durchaus tatschuldangemessen, weshalb dem Begehren um Strafreduzierung nicht nähergetreten werden konnte. Angesichts der zahlreichen Vorstrafen des Angeklagten und der offenkundigen Wirkungslosigkeit der bisher erlittenen Strafen bedarf es aus spezialpräventiver Sicht des sofortigen Strafvollzuges; eine bedingte Nachsicht der verhängten Strafe kam demnach nicht in Betracht.
Über die Rechtsmittel des Angeklagten war somit spruchgemäß zu erkennen.
Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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