Spruch:
I. Die Revision des Erstklägers wird zurückgewiesen. Der Erstkläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen; ein Kostenzuspruch an die beklagte Partei findet nicht statt.
II. Der Revision des Zweitklägers und des Drittklägers wird teilweise Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichtes wird als Teilurteil bestätigt, soweit damit ein Teilbegehren dieser beiden Kläger von je S 22.000,- sA abgewiesen worden ist.
Im übrigen, also in Ansehung der Abweisung der weiteren Begehren von S 12.220,- sA (Zweitkläger) und S 18.868,75 sA (Drittkläger) sowie im Kostenpunkt, werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur ergänzenden Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bleibt dem Endurteil vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Kläger befanden sich im August 1982 als Arbeitnehmer der beklagten Partei auf einer Baustelle im Irak. Als sie mit den sanitären Verhältnissen auf ihrer Baustelle nicht einverstanden waren und deshalb die Heimreise antreten wollten, erklärte ihnen der zuständige Bauleiter, daß der Rückflug auf ihre eigenen Kosten gehe; zugleich wurde ihnen am 28.8.1982 ein sogenanntes "Statement" zur Unterfertigung vorgelegt, wonach sie die Baustelle auf eigenes Verlangen verließen und die daraus resultierenden Folgen selbst zu tragen hätten. In der Folge traten die Kläger gemeinsam den Heimflug an und kamen am Abend des 1.9.1982 in Wien-Schwechat an. Tags darauf suchten sie zunächst den praktischen Arzt Dr. Georg F*** in Marz auf, welcher ihnen bestätigte, daß sie vom 2.9. bis 9.9.1982 zur Pflege ihrer erkrankten Ehegattinnen dringend zu Hause benötigt würden. Erst am 3.9.1982 erschienen die Kläger bei der beklagten Partei, wo sie mit dem Geschäftsführer sprechen wollten. Da dieser nicht anwesend war, verhandelten sie mit dem Lohnbuchhalter Ludwig S*** und machten ihm gegenüber ihre Lohnansprüche geltend. Ludwig S*** verfaßte für jeden der drei Kläger eine Aufstellung über die Höhe der noch offenen Ansprüche. Da er jedoch von Wolfgang G***, welcher sich bei der Arbeitsgruppe im Irak befand, erfahren hatte, daß die Kläger die dortige Baustelle verlassen hatten, war ihm auch bekannt, daß die beklagte Partei gegenüber den Klägern Gegenforderungen wegen der Kosten der Flugtickets hatte; die genaue Höhe dieser Gegenforderungen kannte er allerdings nicht. Ludwig S*** erklärte deshalb den Klägern, daß sie ihr Geld für die geleisteten Stunden nicht bekämen, weil noch Gegenforderungen in unbekannter Höhe bestünden. Zugleich sprach er die Kündigung der Kläger aus und übergab ihnen Arbeitsbescheinigungen mit dem Vermerk, daß das Arbeitsverhältnis durch Kündigung seitens des Arbeitgebers beendet wurde.
Zwischen dem 3.9. und dem 15.9.1982 erhielten die Kläger von der beklagten Partei die Verständigung, daß ihnen für die Heimreise-Flugtickets je S 22.000 abgezogen würden. Es war ihnen daher spätestens am 15.9.1982 bekannt, daß die beklagte Partei keinem von ihnen irgendwelche Lohnzahlungen leisten werde. Die Gewerkschaft der Bau- und Holzarbeiter in Eisenstadt, bei welcher die Kläger vorgesprochen hatten, richtete am 15.9.1982 ein Schreiben an die beklagte Partei, in welchem sie u.a. auf die "unmenschlichen hygienischen Bedingungen" an der Arbeitsstelle im Irak sowie darauf verwies, daß nach Mitteilung der Kläger auch die ärztliche Versorgung "miserabel" gewesen sei. Die Unterschrift der Kläger unter dem "Statement" vom 28.8.1982 sei "regelrecht erpreßt" worden, weil die Kläger sonst kein Flugticket für die Heimreise erhalten hätten. Von der beklagten Partei hätten die Kläger nur sehr dürftige Lohnabrechnungen bekommen, in welchen beim Erstkläger und beim Zweitkläger je S 22.000 für Flugkosten abgezogen worden seien. Die beklagte Partei werde deshalb ersucht, den Klägern genaue Lohnabrechnungen zu übermitteln und die noch offenen Entgeltbeträge zu zahlen.
In ihrem Antwortschreiben vom 24.9.1982 verwies die beklagte Partei unter anderem darauf, daß die Kläger die Baustelle im Irak auf eigenes Verlangen verlassen hätten, obgleich sie auf die in ihren Arbeitsverträgen für einen solchen Fall vorgesehenen Folgen aufmerksam gemacht worden seien. Der Buchhalter der beklagten Partei sei bis zum 4.10.1982 auf Urlaub; nach seiner Rückkehr würden die Kläger eine Aufstellung der Lohnabrechnung erhalten. Die Gewerkschaft der Bau- und Holzarbeiter erwiderte hierauf am 22.10.1982, daß sie gezwungen sei, gerichtliche Schritte einzuleiten, wenn den Klägern die von der beklagten Partei einbehaltenen Flugkosten von S 22.000 nicht ausgezahlt würden. Dieses Schreiben hat die beklagte Partei nicht beantwortet.
Mit der Behauptung, daß die beklagte Partei ihre arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt habe und die Kläger nur deshalb nach Wien zurückgeflogen seien, um hier die auf der Baustelle herrschenden Mißstände aufzuzeigen, beantragten die Kläger in ihren am 7.2.1983 getrennt überreichten und in der Folge vom Erstgericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung noch offener Entgeltbeträge von (zuletzt) S 19.397,50 sA (Erstkläger) S 34.220 sA (Zweitkläger) und S 40.868,75 sA (Drittkläger).
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung dieser Klagebegehren. Die restlichen Entgeltansprüche der Kläger beliefen sich auf S 10.419,80 (Erstkläger), S 16.735,25 (Zweitkläger) und S 19.974,55 (Drittkläger); gegen diese Ansprüche würden jedoch die durch den eigenmächtigen Rückflug der Kläger entstandenen Kosten in der Höhe von S 10.319,20 (Erstkläger), S 20.810 (Zweitkläger) und S 20.810 (Drittkläger) zur Aufrechnung eingewendet. Im übrigen seien die Ansprüche der Kläger bereits verjährt, weil sie nicht innerhalb der im Kollektivvertrag für Bauindustrie und Baugewerbe vorgesehenen Frist geltend gemacht worden seien.
Das Erstgericht wies die Klagebegehren ab. Gemäß § 14 Z 3 des angeführten Kollektivvertrages seien Forderungen jeder Art spätestens binnen einem Monat (nach einer späteren Fassung des Kollektivvertrages: binnen drei Monaten), gerechnet vom Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses, bei sonstigem Erlöschen beim Arbeitgeber geltend zu machen; lehne der Arbeitgeber den Anspruch ab, dann verfalle dieser, wenn er nicht innerhalb von 8 Wochen nach der Ablehnung gerichtlich geltend gemacht werde. Im vorliegenden Fall habe die beklagte Partei die Lohnansprüche der Kläger schon am 3.9.1982 abgelehnt; spätestens am 15.9.1982 sei den Klägern auch die Höhe der Gegenforderungen der beklagten Partei bekannt gewesen. Zwischen dem zweiten Schreiben der Gewerkschaft (22.10.1982) und der Einbringung der drei Klagen am 7.2.1983 seien rund dreieinhalb Monate verstrichen und damit die achtwöchige Ausschlußfrist des Kollektivvertrages bei weitem überschritten worden. Unter diesen Umständen bedürfe es keiner weiteren Beweisaufnahmen über die Zustände auf der Baustelle im Irak.
Die Berufung der Kläger blieb erfolglos. Das Berufungsgericht führte die Verhandlung gemäß § 25 Abs.1 Z 3 ArbGG von neuem durch und kam dabei zu den gleichen Tatsachenfeststellungen wie das Ersturteil; davon ausgehend, billigte es auch die rechtliche Beurteilung dieses Sachverhaltes durch das Prozeßgericht erster Instanz. Die Kläger hätten zumindest nach dem Verstreichen einer angemessenen Wartefrist von etwa 14 Tagen nach dem (zweiten) Schreiben der Gewerkschaft vom 22.10.1982 nicht mehr damit rechnen können, von der beklagten Partei eine Antwort oder eine Zahlung zu erhalten; sie hätten vielmehr von diesem Zeitpunkt an die Vergleichsverhandlungen als gescheitert ansehen müssen. Da die achtwöchige Ausschlußfrist des Kollektivvertrages demgemäß etwa Mitte November 1982 zu laufen begonnen habe, seien die erst am 7.2.1983 gerichtlich geltend gemachten Klageansprüche verfallen.
Das Urteil des Berufungsgerichtes wird seinem ganzen Inhalt nach von den Klägern mit Revision aus den Gründen des § 503 Abs. 1 Z 2 und 4 ZPO bekämpft. Die Kläger beantragen, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß ihrem Zahlungsbegehren stattgegeben werde; hilfsweise stellen sie einen Aufhebungsantrag. Die beklagte Partei beantragt, die Revision als verspätet und unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.
Nachdem die Akten dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über die Revision der Kläger vorgelegt worden waren, wurde mit Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt vom 1.10.1984 über das Vermögen der beklagten Partei der Konkurs eröffnet und Rechtsanwalt Dr. Günther P*** in Mattersburg zum Masseverwalter bestellt. Am 4.1.1985 beantragten sowohl die Kläger als auch der Masseverwalter die Aufnahme des unterbrochenen Revisionsverfahrens. Dabei berichtigten die Kläger unter Hinweis darauf, daß die eingeklagten Forderungen im Konkurs angemeldet, jedoch vom Masseverwalter bestritten worden seien, für den Fall der Stattgebung der Revision ihr Klagebegehren auf die Feststellung der im Konkurs über das Vermögen der beklagten Partei angemeldeten Forderungen in der Höhe der eingeklagten Beträge sowie der bis zum Tag der Konkurseröffnung aufgelaufenen, gleichfalls im Konkurs angemeldeten Prozeßkosten als Konkursforderungen.
Rechtliche Beurteilung
Der Verspätungseinwand der beklagten Partei ist nicht berechtigt. Das Urteil des Berufungsgerichtes ist dem Klagevertreter nach der Aktenlage am 26.3.1984 zugestellt worden. Da das Ende der vierwöchigen Revisionsfrist des § 505 Abs. 2 ZPO infolgedessen auf den 23.4.1984 und damit auf einen gesetzlichen Feiertag - nämlich den Ostermontag - gefallen wäre, war gemäß § 126 Abs. 2 ZPO der 24.4.1984 als nächstfolgender Werktag der letzte Tag der Rechtsmittelfrist; an diesem Tag hat aber der Klagevertreter die Revision zur Post gegeben.
I. Die Revision des Erstklägers ist unzulässig: Gemäß § 23 a Abs. 4 ArbGG ist die Revision gegen ein, wie hier, bestätigendes Berufungsurteil unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, an Geld oder Geldeswert S 30.000 nicht übersteigt. Die Verbindung mehrerer Streitsachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung (§ 187 ZPO) hat auf die Zulässigkeit von Rechtsmitteln gegen das gemeinsame Urteil keinen Einfluß. Die Streitwerte der verbundenen Ansprüche sind nicht zusammenzurechnen; vielmehr hat als Streitgegenstand jeder einzelne dieser Ansprüche zu gelten (SZ 37/22; JBl. 1980, 430; JBl. 1984, 554 uva; ebenso Fasching II 893 § 187 ZPO Anm 11, ErgBd 100 § 502 ZPO Anm 28). Da die drei Kläger nur formelle Streitgenossen im Sinne des § 11 Z 2 ZPO sind, kommt eine Zusammenrechnung ihrer Ansprüche auch unter dem Gesichtspunkt des § 55 Abs. 1 Z 2 JN nicht in Betracht. Die vom Erstkläger geltend gemachte Forderung von S 19.397,50 s.A. liegt unter der maßgebenden Wertgrenze von S 30.000; seine Revision ist daher unzulässig. Die Kostenentscheidung hiezu beruht auf den §§ 40, 50 ZPO. Da die beklagte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung auf die sich aus § 23 a Abs 4 ArbGG ergebende Unzulässigkeit der Revision des Erstklägers nicht hingewiesen hat, gebührt ihr kein Kostenersatz.
II. Die Revisionen des Zweitklägers und des Drittklägers sind nach der oben dargestellten Rechtslage zulässig; sie sind auch zum Teil berechtigt:
Die hier maßgebende Verfallsklausel des § 14 Z 3 des Kollektivvertrages für Bauindustrie und Baugewerbe (in der bis zum 1.4.1983 geltenden Fassung) hatte unstreitig folgenden Wortlaut:
"Nach Lösung des Arbeitsverhältnisses sind Forderungen jeglicher Art spätestens binnen einem Monat, gerechnet vom Zeitpunkt der Lösung, bei sonstigem Erlöschen beim Dienstgeber geltend zu machen. Lehnt der Dienstgeber den Anspruch ab, verfällt er, wenn er nicht innerhalb von 8 Wochen nach Ablehnung gerichtlich geltend gemacht wird".
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hatte der Buchhalter Ludwig S*** den Klägern am 3.9.1982 erklärt, daß sie den noch ausständigen Arbeitslohn nicht bekämen, weil noch Gegenforderungen in unbekannter Höhe bestünden. Im Zusammenhalt mit dieser Äußerung konnte dann aber die den Klägern zwischen dem 3.9. und dem 15.9.1982 zugegangene Mitteilung ihrer Arbeitgeberin, daß zur Deckung der Kosten des Rückfluges jedem von ihnen S 22.000,- abgezogen würden, nur als - endgültige - Ablehnung ihrer Ansprüche bis zur Höhe des genannten Betrages verstanden werden. Die vom Zweitkläger und vom Drittkläger erst am 7.2.1983 gerichtlich geltend gemachten Entgeltforderungen sind infolgedessen gemäß § 14 Z 3 Satz 2 des Kollektivvertrages jedenfalls mit einem Teilbetrag von je S 22.000,-
verfallen, so daß den Revisionen in diesem Umfang ein Erfolg zu versagen war.
Anders verhält es sich mit den weitergehenden Ansprüchen des Zweitklägers und des Drittklägers: Eine klare und eindeutige Ablehnung ihrer S 22.000,- jeweils übersteigenden Forderungen hat die beklagte Partei bis zur Einbringung der vorliegenden Klagen nicht ausgesprochen. Da sie noch in ihrem Schreiben vom 24.9.1982 den Klägern für die Zeit nach dem 4.10.1982 eine "Aufstellung der Lohnabrechnung" zugesagt hatte, konnte auch der Umstand, daß sie das Schreiben der Gewerkschaft vom 22.10.1982 unbeantwortet ließ, noch nicht zweifelsfrei als endgültige Ablehnung jeder weiteren Zahlung angesehen werden. Die restlichen Forderungen des Zweitklägers im Betrag von (S 34.220,- - S 22.000,- =) S 12.220,- sA und des Drittklägers im Betrag von (S 40.868,75 - S 22.000,- =) S 18.868,75 sA waren also im Zeitpunkt der Einbringung der Klagen am 7.2.1983 noch nicht verfallen; ob und in welcher Höhe sie zu Recht bestehen, wird im fortgesetzten Verfahren zu klären sein. Die Urteile der Vorinstanzen waren daher in diesem Umfang aufzuheben und die Rechtssache insoweit zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Der Vorbehalt der Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht insoweit auf § 52 Abs 2 ZPO.
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