Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin hat dem Beklagten die mit S 3.997,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 308,85 Umsatzsteuer und S 600,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin begehrt vom Beklagten - nach Klagseinschränkung - die Zahlung eines Benützungsentgeltes von S 104.655,35 s.A. mit der Behauptung, die Ehe der Streitteile sei geschieden worden und der Beklagte benütze seit 21. Juli 1979 das im jeweiligen Hälfteeigentum der Streitteile stehende Reihenhaus Salzburg, Zeisigstraße 14 b allein bzw. gemeinsam mit dem ehelichen Sohn Albert. Der Klagsbetrag beziehe sich unter Berücksichtigung auf die vom Beklagten für die Klägerin erbrachten Zahlungen und einen von ihr eingenommenen Mietzins von S 1.500 auf den Benützungszeitraum August 1979 bis Oktober 1983.
Der Beklagte beantragte Klagsabweisung und wendete unter anderem Verjährung und Verzicht der Klägerin auf ein Benützungsentgelt ein. Das Erstgericht sprach der Klägerin einen Betrag von S 43.055,35 s. A. zu und wies das Mehrbegehren ab.
Das Berufungsgericht gab der lediglich von der Klägerin erhobenen Berufung nicht Folge; es erklärte die Revision im Sinne des § 503 Abs 4 Z 1 ZPO für zulässig.
Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhebt die Klägerin eine auf § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Revision mit dem Antrage auf Abänderung der unterinstanzlichen Urteile im Sinne voller Klagsstattgebung; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Beklagte beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht gerechtfertigt.
Das Erstgericht traf folgende, für das Revisionsverfahren erhebliche Feststellungen: Seit 21. Juli 1979, an welchem Tag die Klägerin mit den beiden Töchtern der Streitteile aus dem Hause auszog, benützt der Beklagte zusammen mit dem ehelichen Sohn Albert von dem eine Gesamtnutzfläche von ca. 100 m 2 aufweisenden Haus der Streitteile die Kellerräumlichkeiten, das ein Wohnzimmer, eine Küche, ein WC und eine Diele aufweisende Erdgeschoß und im Obergeschoß weiterhin das ehemalige eheliche Schlafzimmer, der Sohn Albert eines der dort gelegenen beiden Kinderzimmer. Das zweite Kinderzimmer im Ausmaß von ca. 14 m 2 stand zunächst leer. In einem - schließlich unwirksam gewordenen - Schenkungsanbot hatte die Klägerin im Sommer 1981 unter verschiedenen vom Beklagten zu erfüllenden Bedingungen erklärt, ihren Hälfteanteil dem Sohn Albert zu schenken, wobei festgehalten wurde, daß bisher noch keine Vereinbarung über ein Benützungsentgelt betreffend ihre Liegenschaftshälfte zustandegekommen sei. Im November 1983 stellte die Klägerin zu 2 Nc 111/83 des Bezirksgerichtes Salzburg den Antrag auf Festsetzung eines Benützungsentgeltes, der zu einem Vergleich führte, von welchem die streitgegenständliche Forderung ausgenommen wurde. Einen Verzicht auf diese Forderung hat die Klägerin nicht abgegeben. Bei Vermietung des Hauses Zeisigstraße 14 b erscheinen die vom Erstgericht für die einzelnen Zeiträume im einzelnen angeführten Beträge als monatlicher Mietzins angemessen. In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, zwischen den Streitteilen sei eine konkludente Gebrauchsregelung zustande gekommen, weil die Klägerin nach ihrem Auszug keine Maßnahmen gesetzt habe, den Beklagten von der Benützung ihrer Haushälfte auszuschließen und dieser das Haus bis auf ein Zimmer benützt habe. Im Zweifel sei keine Unentgeltlichkeit der Benützung zu vermuten, sodaß der Klägerin ein angemessenes Benützungsentgelt in der Höhe des Klagsbetrages zustünde. Da ein Benützungsentgelt eine wiederkehrende Leistung im Sinne des § 1480 ABGB darstelle, unterliege es der dreijährigen Verjährung. Die den Zeitraum August 1979 bis März 1981 betreffende Klagsforderung sei daher verjährt und demgemäß lediglich ein Betrag von S 43.055,35 zuzusprechen.
Das Berufungsgericht erklärte, entgegen früheren Entscheidungen, welche Benützungsentgeltforderungen für die Vergangenheit abgelehnt hätten, müsse nach der neueren Judikatur ein Miteigentümer ab dem Zeitpunkt, da er ohne Vertrag oder zureichenden Rechtsgrund eine fremde Sache benütze, auch für vergangene Zeiträume Benützungsentgelt leisten. Dieser Anspruch sei ein Bereicherungs- bzw. Verwendungsanspruch, der der dreißigjährigen Verjährung unterliege. Die Qualifikation als Verwendungsanspruch setze jedoch voraus, daß die Gebrauchnahme ohne Titel erfolgt sei. Vorliegendenfalls habe das Erstgericht eine konkludente Gebrauchsregelung angenommen, welche Ansicht vom Berufungsgericht geteilt werde und der die Klägerin auch nicht entgegengetreten sei. Da der Beklagte somit einen gültigen Titel für seine Benützung habe, scheide eine Qualifizierung des Benützungsentgeltes als Verwendungsanspruch im Sinne des § 1041 ABGB und demgemäß die Zugrundelegung der langen Verjährungszeit aus. Es handle sich um periodisch fällig werdende Leistungen, die in analoger Anwendung der §§ 1480, 1486 Z 4 ABGB der dreijährigen Verjährungszeit unterlägen. Demgemäß habe das Erstgericht die von der Klägerin für die Zeit von August 1979 bis März 1981 gestellte Entgeltforderung zu Recht als verjährt abgewiesen.
In der Revision wird die Rechtsansicht der Unterinstanzen, zwischen den Streitteilen sei konkludent eine Gebrauchsregelung hinsichtlich der Benützung der Liegenschaftshälfte der Klägerin durch den Beklagten zustandegekommen, bekämpft. Tatsächlich handle es sich bloß um ein faktisches Verhältnis ohne jegliche Vertragsgrundlage bzw. ohne jeden Titel. Eine konkludente Gebrauchsregelung sei vom Beklagten auch im anhängigen Außerstreitverfahren niemals behauptet worden. Der Anspruch der Klägerin leite sich somit aus § 1041 ABGB ab, sodaß die dreißigjährige Verjährungszeit gelte und demgemäß eine Verjährung der Klagsforderung eingetreten sei.
Den Revisionsausführungen kommt im Ergebnis keine Berechtigung zu.
Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, vorliegendenfalls sei eine konkludente Gebrauchsregelung der Miteigentümer schon deswegen anzunehmen, weil die Klägerin nach ihrem Auszug keine Maßnahme gesetzt habe, den Beklagten von der Benützung des Hauses auszuschließen und dieser es sodann tatsächlich benützt habe, kann nicht gebilligt werden. Der Oberste Gerichtshof hat in seiner auf einen gleichgelagerten Fall bezogenen Entscheidung
1 Ob 702/84 = JBl 1985, 614 umfassend zur Judikatur betreffend die Frage der Entgeltforderung des nicht benützenden Miteigentümers Stellung genommen und dabei ausgeführt, der lediglich in der Entscheidung MietSlg. 34.171 = JBl 1983, 486 ohne eigenständige Begründung vertretenen Ansicht, der Miteigentümer, der das gemeinschaftliche Gut über die Quote hinaus benütze, habe auch für die Vergangenheit ein im Rechtsweg durchzusetzendes Benützungsentgelt zu entrichten, stehe der überwiegende Teil der Rechtsprechung (MietSlg. 23.063, 24.067, 25.046, 31.139 ua.) und die Lehre (Klang in Klang 2 III 1093; Gamerith in Rummel, ABGB, Rz 2 zu 839; Rummel in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 1041) entgegen. Danach kann der Miteigentümer von dem anderen ohne besondere Vereinbarung keine Vergütung dafür fordern, daß dieser in der Vergangenheit einen größeren Teil der gemeinsamen Sache benützte als seinem Miteigentumsanteil entsprach. Eine solche Benützung ist aus der im Miteigentum wurzelnden Befugnis jedes Miteigentümers abzuleiten, die Sache nach Willkür zu gebrauchen und zu benützen, soweit nicht andere Miteigentümer ihrerseits Anteilsrechte geltend machen. Es steht zwar den anderen Miteigentümern frei, die bisherige Art der Nutzung im Wege einvernehmlicher Regelung oder durch Anrufung des Gerichtes zu ändern, doch wirkt eine solche Neugestaltung des Gebrauches und der Nutzung als konstitutiver Akt bloß für die Zukunft. Ein Miteigentümer kann daher vom anderen nicht deshalb eine Vergütung verlangen, weil dieser in der Vergangenheit das gemeinschaftliche Gut zur Gänze oder über seinen Anteil hinaus benützt hatte. Entscheidend ist, daß letzterer hiedurch nicht den Gebrauch oder die Benützung des anderen beeinträchtigt hat. Dabei ist aber nicht auf abstrakte Gebrauchsmöglichkeiten anderer Miteigentümer abzustellen, sondern auf den konkreten Gebrauch durch den anderen Bedacht zu nehmen, sodaß der Gebrauch des einen nur in dem tatsächlichen Mitgebrauch des anderen seine Schranke findet (JBl 1980, 31 ua.; Gamerith a.a.O. Rz 4 zu § 828 und Rz 1 zu § 833; Klang a.a.O.). Überläßt daher ein Miteigentümer aus welchem Grund immer die Benützung der gemeinschaftlichen Liegenschaft dem anderen, so handelt dieser nicht rechtswidrig, wenn er von der ihm hiedurch eröffneten Möglichkeit konkret Gebrauch macht (Gamerith a.a.O., vgl. auch Apathy in JBl 1977, 341). Will nun der andere Miteigentümer seinerseits Anteilsrechte geltend machen, ohne daß er sich auf eine schon zustandegekommene Benützungsregelung berufen könnte, steht es ihm frei, eine Änderung des bisherigen Gebrauchs durch eine einvernehmliche Regelung beziehungsweise - wenn eine solche nicht zu erzielen ist - durch Anrufung des Außerstreitrichters anzustreben. Eine solche Neuordnung des Gebrauchs der gemeinsamen Sache wirkt als konstitutiver Akt jedoch nur für die Zukunft. Der bloße Widerspruch eines Miteigentümers gegen den Umfang der bisherigen Benützung durch den anderen allein schafft noch keinen Anspruch auf ein Benützungsentgelt, weil erst die außergerichtliche Einigung der Miteigentümer oder die Entscheidung des Gerichtes mit Wirkung ab Antragstellung die Änderung der bisherigen Gebrauchsordnung herbeiführt (MietSlg. 24.067). Bezieht sich das Gebrauchsrecht des einzelnen Miteigentümers auf die ganze Sache und findet es nur im Mitgebrauch der übrigen seine Schranke, so hat der Miteigentümer selbst bei Benützung der gesamten Liegenschaft nicht ohne zureichenden Rechtsgrund gehandelt, weil der andere Miteigentümer eben keinen Gebrauch der gemeinschaftlichen Sache in Anspruch genommen hat. Bei Vorliegen eines zureichenden Rechtsgrundes für die Vermögensverschiebung im Vertrag oder Gesetz ist aber auch ein Verwendungsanspruch zu verneinen (JBl 1985, 634).
Im gegebenen Fall steht die Klägerin und Revisionswerberin selbst ausdrücklich auf dem Standpunkt, daß eine konkludente Gebrauchsregelung nicht zustandegekommen sei. Aus dem festgestellten Sachverhalt ist zumindest für die Zeit bis zum Sommer 1981 ein den Voraussetzungen des § 863 ABGB entsprechendes diesbezügliches Verhalten der Streitteile auch nicht erkennbar. Demnach ist aber davon auszugehen, daß die Klägerin, die es (zunächst) unterließ, eine ihrem Miteigentumsanteil entsprechende Gebrauchsordnung beziehungsweise Benützungsregelung herbeizuführen, den Beklagten nicht auf Entrichtung eines diesbezüglichen Benützungsentgelts in Anspruch nehmen kann, weil er den über seinen Anteil hinausgehenden Gebrauch der gemeinschaftlichen Liegenschaft nicht ohne zureichenden Rechtsgrund vornahm.
Der in der Revision behauptete Anspruch besteht daher unabhängig von der Verjährungsfrage nicht zu Recht. Demgemäß war ihr nicht Folge zu geben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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