Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 44-jährige Helmut Josef R*** (zu A/) des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs. 1 StGB, (zu B/) des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB und (zu C/) des Vergehens der versuchten Blutschande nach §§ 15, 211 Abs. 2 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in Kirchbichl
A/ im Dezember 1983 mit seiner am 2.Jänner 1975 geborenen, mithin unmündigen Tochter Petra R*** wiederholt den außerehelichen Beischlaf unternommen;
B/ seine nachgenannten unmündigen Töchter auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht, und zwar
1. im April 1984 seine am 7.August 1972 geborene Tochter Michaela R*** dadurch, daß er sie wiederholt an ihrem Geschlechtsteil betastete;
2. im Dezember 1983 seine am 7.August 1972 geborene Tochter Michaela R*** dadurch, daß er sie an ihrem Geschlechtsteil betastete und seine am 2.Jänner 1975 geborene Tochter Petra R*** dadurch, daß er sie aufforderte, an seinem Glied zu lecken; C/ im Dezember 1983 versucht, seine leibliche Tochter Petra R***, mithin eine Person, mit der er in absteigender Linie verwandt ist, wiederholt zum Beischlaf zu verführen.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf die Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Berechtigung zukommt.
Das Schöffengericht nahm als erwiesen an, daß der Angeklagte die zu den Punkten A/, B/2 und C/ bezeichneten Tathandlungen während der Weihnachtsferien 1983 in seiner Wohnung in Kirchbichl, und zwar wiederholt an verschiedenen Tagen, vorgenommen hat und erachtete seine leugnende Verantwortung, insbesondere auch, soweit sie dahin ging, er sei damals mit seinen beiden Töchtern gar nicht zu Hause gewesen, vor allem auf Grund der Bekundungen der beiden Mädchen vor der Gendarmerie - vor Gericht hatten sie sich letztlich der Aussage entschlagen - als widerlegt. Der anderslautenden Darstellung des Angeklagten hielt es entgegen, er habe selbst eingeräumt, am ersten Tag der Weihnachtsferien sowohl mit der minderjährigen Petra als auch mit der minderjährigen Michaela zu Hause gewesen zu sein und sodann die beiden Mädchen bereits am 3. bzw. 4.Jänner (1984) von der Taufpatin in Wildschönau, wo sie die restlichen Ferien verbrachten, zurückgeholt zu haben; im übrigen habe auch diese Taufpatin - die Zeugin Silvia P*** - deponiert, der Angeklagte sei mit den Mädchen während der Weinnachtsferien einmal nach Hause gefahren. Es könne daher, so folgert das Gericht, aus zeitlichen Gründen sehr wohl zu den geschilderten Tathandlungen (ersichtlich gemeint: in der väterlichen Wohnung in Kirchbichl zu den angeführten Tatzeiten) gekommen sein (S 169). In diesem Zusammenhang macht die Beschwerde zutreffend eine unvollständige und damit im Sinn der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO mangelhafte Begründung des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen geltend, indem sie einwendet, das Gericht habe wesentliche Teile der Aussage der Zeugin Silvia P***, welche die bezügliche Verantwortung des Beschwerdeführers zu stützen geeignet wären, mit Stillschweigen übergangen. Denn die genannte Zeugin hat deponiert, daß sowohl Petra als auch Michaela R*** während der ganzen Weihnachtsferien bei ihr in Wildschönau gewesen seien, und zwar bis zum 6.Jänner (1984) und nicht nur bis zum 3. oder 4.Jänner, daß weiters beide Mädchen während der Ferien immer bei ihr genächtigt haben und der Angeklagte in dieser Zeit nur einmal mit den Kindern heimgefahren sei, um Wäsche zu holen (S 144). Diesen Bekundungen zufolge wäre es demnach nicht möglich gewesen, daß sich der Angeklagte während der in Rede stehenden Weihnachtsferien an verschiedenen Tagen in seiner Wohnung in Kirchbichl an seinen beiden Töchtern unsittlich vergangen hat, wie dies das Erstgericht annimmt (vgl. hiezu S 165, 166). Bei dieser Sachlage wäre das Gericht, um der im § 270 Abs. 2 Z 5 StPO normierten Begründungspflicht zu entsprechen, verhalten gewesen, die eben wiedergegebenen Angaben der Zeugin P*** im Urteil zu erörtern; da es dies nicht getan hat und nicht auszuschließen ist, daß es bei Würdigung dieser Angaben zu anderen Konstatierungen gelangt wäre, haftet dem angefochtenen Urteil in Ansehung des Schuldspruchs zu A/, B/2 und C/ des Urteilssatzes der relevierte Begründungsmangel an (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO 2 ENr. 62 ff zu § 281 Z 5), der zur Kassierung des betreffenden Schuldspruchs führen muß. Im Recht ist die Beschwerde aber auch, soweit sie den Schuldspruch zu B/1 des Urteilssatzes als mangelhaft begründet bekämpft. Das Gericht stützt diesbezüglich seine Feststellungen auf die als glaubwürdig erachteten Angaben der Zeugin Michaela R***, durch welche die leugnende Verantwortung des Angeklagten widerlegt sei (S 170, 171). Bei diesen Angaben der genannten Zeugin kann es sich - da Michaela R*** sich in der Hauptverhandlung am 15. Juli 1985 der Aussage entschlagen hat (S 143) und daher ihre Bekundungen vor dem Untersuchungsrichter bei der Urteilsfällung nicht verwertet werden durften (und auch nicht verwertet wurden; vgl. S 163, 173, 174) - nur um ihre Aussage vor der Gendarmerie handeln, in welcher sie jedoch einen Vorfall vom April 1984 nicht erwähnt (S 43); sie hat damals vielmehr ausdrücklich erklärt, daß ihr der Angeklagten "sonst" - nämlich außer zu Weihnachten 1983 - "nichts getan" hat. Für den bekämpften Ausspruch fehlt daher eine tragfähige Begründung, sodaß das Urteil auch in diesem Umfang gemäß der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO nichtig ist.
In Stattgebung der somit berechtigten Nichtigkeitsbeschwerde war daher das angefochtene Urteil zur Gänze aufzuheben und dem Erstgericht die Erneuerung des Verfahrens aufzutragen. Im Hinblick auf die Kassierung auch des Strafausspruchs war der Angeklagte mit seiner Berufung auf die getroffene Entscheidung zu verweisen.
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