OGH 11Os7/86

OGH11Os7/8628.1.1986

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.Jänner 1986 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Hausmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Karl Heinz W*** wegen des Verbrechens des Mordes nach dem § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Kreisgericht Wiener Neustadt vom 23.Oktober 1985, GZ 11 b Vr 522/85-34, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, der Wahrspruch der Geschwornen und das darauf beruhende Urteil werden aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Geschwornengericht beim Kreisgericht Wiener Neustadt zurückverwiesen. Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 13.Februar 1963 geborene, zuletzt beschäftigungslose Tischlergeselle Karl Heinz W*** auf Grund des Wahrspruches der Geschwornen schuldig erkannt, am 13.April 1985 in Puchberg am Schneeberg Gabriele G*** durch Erwürgen vorsätzlich getötet und hiedurch das Verbrechen des Mordes nach dem § 75 StGB begangen zu haben. Die Geschwornen hatten die an sie (anklagekonform) gerichtete Hauptfrage nach Mord (§ 75 StGB) mit 5 : 3 Stimmen bejaht. Demgemäß blieben die in Richtung Totschlag (§ 76 StGB) und Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (§§ 83 Abs 1, 86 StGB) gestellten Eventualfragen unbeantwortet. Dieses Urteil wird vom Angeklagten im Schuldspruch mit einer auf die Z 8 und 12 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch - ebenso wie von der Staatsanwaltschaft - mit Berufung bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt schon aus dem erstangeführten Nichtigkeitsgrund Berechtigung zu.

Der Beschwerdeführer rügt nämlich zutreffend, daß der den Geschwornen erteilten Rechtsbelehrung keine Ausführungen zur Eventualfrage nach Körperverletzung mit tödlichem Ausgang zu entnehmen sind. Damit ist aber die Rechtsbelehrung in einem Maß unvollständig, das ihrer Unrichtigkeit gleichkommt. Denn die (rechtsunkundigen) Geschwornen wurden dadurch über die sich aus der Eventualfragestellung nach Körperverletzung ergebenden Rechtsbegriffe nicht informiert. Damit fehlte ihnen aber die Übersicht über die Bedeutung der ihnen zur Beantwortung vorliegenden Fragen zu einem wesentlichen Teil, sodaß die Möglichkeit eines Irrtums bei der Zurückführung der Lebenskonkreta auf die Tatbestandselemente des Fragenschemas nicht völlig auszuschließen ist.

Diese Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung stellt den Nichtigkeitsgrund der Z 8 des § 345 Abs 1 StPO her (vgl. Mayerhofer-Rieder 2 ENr. 66 zu § 345 Z 8 StPO; SSt. 47/11). Da sich sohin zeigt, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, war gemäß den §§ 285 e, 344 StPO bereits in nichtöffentlicher Sitzung spruchgemäß zu erkennen, wobei auf das weitere Beschwerdevorbringen nicht mehr eingegangen zu werden brauchte. Mit ihren durch die Urteilsaufhebung gegenstandslos gewordenen Berufungen waren die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

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