OGH 4Ob406/85

OGH4Ob406/8514.1.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl, Dr. Resch, Dr. Kuderna und Dr. Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D*** C*** AUSTRIA Gesellschaft mbH Wien 4., Rainergasse 1, vertreten durch Dr. Ernst Ploil, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei ZENTRALS*** UND

K*** WIEN, Wien 3., Vordere Zollamtsstraße 13, vertreten durch Dr. Hannes Pflaum und Dr. Herwig Hauser, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert S 500.000), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 7. Oktober 1985, GZ 4 R 146/85-9, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 30.Mai 1985, GZ 18 Cg 27/85-5, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies den zur Sicherung ihres gleichlautenden Unterlassungsanspruchs gestellten Antrag der klagenden Partei auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ab, mit welcher der beklagten Partei zu behaupten verboten werde, die Z-Visa-Karte sei die einzige Kreditkarte Österreichs mit kompletter Reiseversicherung fürs ganze Jahr. Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, daß es die beantragte einstweilige Verfügung erließ. Es sprach aus, daß der Wert des von der Abänderung betroffenen Beschwerdegegenstandes zwar S 15.000, nicht aber S 300.000,-

übersteigt; der Rekurs sei zulässig.

Diesen Entscheidungen liegt folgender als bescheinigt angenommener Sachverhalt zu Grunde:

Beide Parteien betreiben das Kreditkartengeschäft, das heißt, sie schließen mit Unternehmen (Vertragsunternehmen) Verträge ab, mit welchen sie diese Unternehmen verpflichten, zum Gegenstand ihres Geschäftsbetriebes gehörige Geschäfte mit Inhabern von Kreditkarten abzuschließen und für die Inanspruchnahme ihrer Leistung nicht sofortige Barzahlung durch den Inhaber der Kreditkarte zu fordern, sondern zunächst die Bezahlung von der Kreditkartengesellschaft zu verlangen, sofern der Kreditkarteninhaber eine gültige Kreditkarte vorweist, die Rechnung des Vertragsunternehmens unterschreibt und die Unterschriften auf Rechnungen und Kreditkarten übereinstimmen. In dem mit den Inhabern von Kreditkarten abgeschlossenen Verträgen verpflichten sich die Kreditkartengesellschaften, die Rechnungen des Kreditkarteninhabers an die Vertragsunternehmen zu bezahlen. Sie gewährleisten damit, daß der Kreditkarteninhaber nicht bar bezahlen muß, sondern die Rechnung unter Vorweisung seiner Kreditkarte nur zu unterschreiben braucht. Das Kreditkartengeschäft wird in Österreich nur von den beiden Prozeßparteien und einer weiteren Kreditkartengesellschaft betrieben.

Die beklagte Partei warb für ihre unter der Bezeichnung "Z-Visa-Karte" vertriebene Kreditkarte in zahlreichen Werbeeinschaltungen in zwei Tageszeitungen sowie in anderen periodischen Druckschriften im Feber und März 1985 ua mit den Worten: "Die Z-Visa-Karte ist übrigens die einzige Karte Österreichs mit kompletter Reiseversicherung fürs ganze Jahr". Dabei waren fallweise die Worte "komplette Reiseversicherung" durch Unterstreichung oder durch Fettdruck hervorgehoben. Alle drei in Österreich tätigen Kreditkartengesellschaften gewähren mit ihrer Kreditkarte ein mehr oder minder großes Bündel von Versicherungen unter dem zusammengefaßten Begriff "Reiseversicherung".

In der Folge wurde von den Untergerichten der Inhalt der Reiseversicherung der klagenden Partei und jener der beklagten Partei im einzelnen festgestellt.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, der Werbeslogan der beklagten Partei sei nicht unrichtig und verstoße entgegen der Ansicht der klagenden Partei daher nicht gegen den § 2 UWG. Unter einer kompletten Reiseversicherung sei eine vollständige Reiseversicherung zu verstehen. Hiebei komme es darauf an, ob alle wesentlichen mit Reisen verbundenen Risken versichert seien. Dies sei bei der Reiseversicherung der klagenden Partei nicht der Fall, weil hier im Gegensatz zu jener der beklagten Partei weder eine Reisegepäckversicherung noch Reisen mit dem eigenen PKW erfaßt seien. Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, daß es die beantragte einstweilige Verfügung erließ. Die Werbeankündigung sei insofern mehrdeutig, als ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise annehmen werde, die Reiseversicherung der beklagten Partei biete nicht nur die quantitativ umfangreichste, sondern auch eine den anderen Reiseversicherungen qualitativ überlegene Versicherung an. In diesem mehrdeutigen Sinn sei jedoch die Werbeankündigung unrichtig und irreführend, weil die mit der Kreditkarte der klagenden Partei verbundene Reiseversicherung insofern jener der beklagten Partei überlegen sei, als die mitreisenden Familienangehörigen des Kreditkarteninhabers ohne weiteres in den Versicherungsschutz einbezogen seien, wogegen bei der beklagten Partei zum Teil erst eine Zusatzversicherung abgeschlossen werden müsse. Ferner seien die Deckungshöchstsummen der Reiseversicherung der klagenden Partei zum Teil erheblich höher als jene der beklagten Partei. Die der Ankündigung zu entnehmende Spitzenstellung der beklagten Partei bestehe nicht in allen vergleichbaren Bereichen, so daß sie unrichtig sei und daher gegen den § 2 UWG verstoße.

Da in Österreich neben den Prozeßparteien nur noch ein weiteres Kreditkartenunternehmen tätig sei, verstoße die vergleichende Bezugnahme auch gegen den § 1 UWG. Der Kreis der Konkurrenten der beklagten Partei auf dem österreichischen Markt sei überaus klein und leicht überschaubar. Die beklagte Partei hätte daher dem angesprochenen Publikum alle wesentlichen Umstände mitteilen müssen, um es in die Lage zu versetzen, sich selbst ein objektives Urteil über die Vorzüge der angebotenen Leistung im Vergleich zu jener der Mitbewerber zu bilden. Mit der beanstandeten schlagwortartigen Behauptung einer kompletten Reiseversicherung fürs ganze Jahr habe die beklagte Partei eine der objektiven Nachprüfung entzogene Pauschalabwertung (auch) der klagenden Partei vorgenommen und damit den Boden einer sachlichen Aufklärung des Publikums verlassen. Gegen diese Entscheidung richtet sich der - nach dem § 528 Abs2 ZPO iVm § 502 Abs4 Z 1 ZPO zulässige

(ÖBl.1984, 48 u.a.) - Revisionsrekurs der beklagten Partei mit einem auf die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils abzielenden Abänderungsantrag.

Die klagende Partei beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Der Auffassung des Rekursgerichtes, die beanstandete Werbung verstoße gegen den § 2 UWG, ist entgegen den Rechtsmittelausführungen der beklagten Partei zuzustimmen. Die Werbebehauptung der beklagten Partei, ihre Z-Visa-Karte sei die einzige Kreditkarte Österreichs mit kompletter Reiseversicherung fürs ganze Jahr, schließt die Behauptung ein, die betreffenden Reiseversicherungen der anderen Kreditkartenunternehmen seien nicht komplett und damit im Vergleich zur "kompletten Reiseversicherung" der beklagten Partei unvollständig und weniger wert. In dieser schlagwortartigen Werbebehauptung der beklagten Partei wird somit Überlegenheit der Leistung der beklagten Partei gegenüber den gleichartigen Leistungen der Mitbewerber deutlich erkennbar zum Ausdruck gebracht.

Sie ist somit vor allem nach dem § 2 UWG zu beurteilen und unter diesem Gesichtspunkt dann zu beanstanden, wenn die ernstlich und objektiv nachprüfbare behauptete Spitzenstellung nicht den Tatsachen entspricht oder die Ankündigung sonst zur Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise geeignet ist (ÖBl.1983, 42 mwH). Diese Voraussetzungen einer zur Irreführung geeigneten Ankündigung liegen hier vor. Zumindest ein nicht ganz unerheblicher Teil der von dieser Werbung angesprochenen Verkehrskreise wird, wie das Rekursgericht richtig erkannt hat, annehmen, die beklagte Partei biete eine Reiseversicherung an, die sowohl in quantitativer als auch qualitativer Hinsicht allen anderen derartigen Reiseversicherungen von österreichischen Kreditkartenunternehmen überlegen sei. Die schlagwortartige Ankündigung ist jedenfalls in diesem Sinn mehrdeutig. Die beklagte Partei muß aber die für sie ungünstigste Auslegung ihrer Werbeankündigung gegen sich gelten lassen (ÖBl.1984, 75 mwH). Eine Überlegenheit der Reiseversicherung der beklagten Partei in dem oben erläuterten Sinn besteht aber keineswegs in allen Bereichen der von ihr angebotenen Reiseversicherung. Die von der klagenden Partei angebotene, mit ihrer Kreditkarte verbundene Reiseversicherung ist vielmehr, insgesamt gesehen, jener der beklagten Partei überlegen, weil die mitreisenden Familienangehörigen (Ehegatte und abhängige Kinder bis zum 23.Lebensjahr) des Kreditkarteninhabers generell in den Versicherungsschutz einbezogen sind, wogegen bei der beklagten Partei für die Bereiche Unfall-, Behandlungskosten- und Ambulanzkostenversicherung für Familienangehörige erst eine Zusatzversicherung abgeschlossen werden muß. Die von der beklagten Partei in ihren Rechtsmittelausführungen dagegen vorgebrachten Einwände sind, soweit sie nicht überdies von dem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt abweichen und daher unberücksichtigt bleiben müssen, nicht stichhältig, weil sie an der als bescheinigt angenommenen Einschränkung des Versicherungsschutzes für mitreisende Familienangehörige jedenfalls dem Grunde nach nichts zu ändern vermögen. Daß die Deckungshöchstsummen bei der Reiseversicherung der beklagten Partei erheblich niedriger sind als jene der klagenden Partei, wird auch von der Rechtsmittelwerberin nicht in Abrede gestellt. Ihre Auffassung, die Höhe dieser Deckungssummen falle nicht unter den Begriff einer "kompletten" Versicherung, weil sie von den Versicherten nur als "quantitatives Element" beurteilt werde und infolge ihrer an sich ausreichenden Höhe mit der Annahme einer kompletten Reiseversicherung nicht in Widerspruch stehe, kann nicht zugestimmt werden. Nicht zuletzt die Höhe der Deckungshöchstsummen ist für die Beurteilung der Überlegenheit einer Versicherung gegenüber einer anderen, niedrigere Deckungshöchstsummen aufweisenden Versicherung für die Interressenten ebenfalls von Bedeutung. In diesem Teilbereich ist jedoch die Reiseversicherung der klagenden Partei jener der beklagten Partei eindeutig überlegen. Da somit nach den Ergebnissen des Provisorialverfahrens die beanstandete Werbung irreführend im Sinne des § 2 UWG und der Unterlassungsanspruch der klagenden Partei somit schon aus diesem Grund bescheinigt ist, braucht auf das Vorliegen weiterer Voraussetzungen einer sittenwidrigen Alleinstellungswerbung im Sinne des § 1 UWG nicht mehr eingegangen zu werden. Dem Revisionsrekurs war sohin ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 78, 402 EO, 40, 50,52 ZPO begründet. Ein Ausspruch über die Kosten der klagenden Partei hatte zu entfallen, weil in der Revisionsrekursbeantwortung keine Kosten verzeichnet wurden.

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