Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten (nach Ausforschung des Aufenthaltsortes des Angeklagten) dem Oberlandesgericht Wien vorzulegen sein.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Adalbert R*** des Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 13.Juli 1978 in Wien vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien in der Strafsache gegen Nikolaus SCH*** wegen §§ 146, 147 Abs 2 StGB, AZ 27 d Vr 3158/78, als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache durch die Behauptungen: "Mir ist Paul H*** vollständig unbekannt. Wenn er behauptet, der SCH*** sei in meiner Begleitung nach dem Ankauf von Ring und Uhr in seiner Firma in Wien erschienen und ich hätte die Begleichung dieser Rechnung ausdrücklich zugesagt, dann muß hier ein Irrtum vorliegen. Ich war niemals mit irgend jemandem und schon gar nicht mit dem SCH*** bei H*** persönlich oder in seiner Firma in Wien", falsch ausgesagt.
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde, wobei er die Gründe der Z 3, 4, 5 und 9 lit. b des § 281 Abs 1 StPO geltend macht; gegen den Strafausspruch hat er Berufung ergriffen.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist teils offenbar unbegründet, teils nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt.
Soweit die Beschwerde zunächst eine Nichtigkeit im Sinn der Z 3 des § 281 Abs 1 StPO bewirkende Verletzung der Vorschrift des § 271 StPO reklamiert, weil die vorliegenden Protokolle, insbesondere jene über die Hauptverhandlung vom 20. und 21.Oktober 1980, nur von der Schriftführerin und nicht vom Vorsitzenden unterschrieben seien, so setzt sie sich zum einen darüber hinweg, daß die betreffenden Protokolle nach der Aktenlage sehr wohl vom Vorsitzenden unterschrieben sind (vgl. S 402 und 432/Bd. I sowie S 473/Bd. I), und übersieht zum anderen, daß nur die gänzliche Unterlassung der Protokollierung mit Nichtigkeit bedroht ist, nicht aber ein bloßer Formmangel bei Abfassung des Protokolls (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO 2 ENr. 22 zu § 271).
Mit dem Einwand hinwieder, das Schöffengericht hätte nach Ausscheidung des Verfahrens wegen der in der Anklageschrift ON 26 inkriminierten strafbaren Handlungen (vgl. S 467/Bd. I) über den (im einbezogenen Verfahren erhobenen) Vorwurf des Vergehens der falschen Beweisaussage nicht erkennen dürfen, weil hiefür der Einzelrichter (und nicht das Schöffengericht) zuständig gewesen sei und dem Beschwerdeführer solcherart die Möglichkeit einer Schuldberufung genommen werde, vermag die Beschwerde eine Verletzung von Vorschriften, deren Mißachtung ausdrücklich mit Nichtigkeit bedroht ist, nicht darzutun. Durch die (gemäß § 56 StPO erfolgte) Einbeziehung des Verfahrens wegen falscher Beweisaussage in das wegen der zum Schöffengericht ressortierenden strafbaren Handlungen anhängige Strafverfahren (S 319 a/Bd. I) wurde vielmehr (zu Recht) die schöffengerichtliche Zuständigkeit auch hinsichtlich jener Straftat begründet, die für sich allein lediglich in die Zuständigkeit des Einzelrichters gefallen wäre, und es wurde diese schöffengerichtliche Zuständigkeit durch die (nachfolgende) Ausscheidung des Verfahrens hinsichtlich der den Gegenstand der Anklageschrift ON 26 bildenden Straftaten nicht wieder beseitigt. Der Beschwerdeführer vermag in diesem Zusammenhang auch keine Vorschrift anzuführen, deren Verletzung ausdrücklich mit Nichtigkeit bedroht wäre.
Was schließlich den Vorwurf betrifft, es sei die Bestimmung des § 221 (Abs 1) StPO verletzt worden, weil der Angeklagte nur zur Verhandlung über die Anklageschrift ON 26 vorgeladen worden sei, nicht aber auch zur Verhandlung über den Anklagevorwurf wegen § 288 Abs 1 StGB, so übersieht die Beschwerde, daß das Verfahren wegen dieses Vergehens bereits am 30.Mai 1980 in das vorliegende Strafverfahren einbezogen worden ist (vgl. abermals S 319 a/Bd. I), daß weiters die Hauptverhandlung wegen aller dem Beschwerdeführer angelasteten Straftaten erst am 8.September 1980 (für 20., 21. und 22. Oktober 1980) angeordnet worden ist (ON 39) und daß die Vorladung des Beschwerdeführers zu dieser Hauptverhandlung diesem am 12. September 1980 (s. Rückschein S 326/Bd. I), somit rechtzeitig zugestellt und daher die Vorbereitungsfrist gewahrt worden ist. Daß in dieser Vorladung das Vergehen nach § 288 Abs 1 StGB nicht gesondert angeführt gewesen sein sollte, widerspräche nicht der Vorschrift des § 221 StPO (vgl. SSt. 20/123). Im übrigen läge eine Verletzung der Vorschrift des § 221 StPO selbst dann nicht vor, wenn die Anklage wegen des urteilsgegenständlichen Vorwurfs erst in der Hauptverhandlung ausgedehnt worden wäre (vgl. Mayerhofer-Rieder aaO ENr. 22 zu § 221).
Als Verfahrensmangel im Sinn der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO rügt der Beschwerdeführer die Abweisung bzw. teilweise Nichterledigung (vgl. S 473/Bd. I) mehrerer von ihm in der Hauptverhandlung (vgl. S 471,472/Bd. I) gestellter Beweisanträge; auch das im Ergebnis zu Unrecht. Denn auch wenn davon ausgegangen wird, daß der Beschwerdeführer seine vor der Hauptverhandlung (nämlich am 5. März 1979 in ON 16 im einbezogenen Verfahren 3 e E Vr 3744/78 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien) schriftlich gestellten Beweisanträge (auf Einvernahme der Zeugen D***, B***, B*** und C***) in der Hauptverhandlung vom 17. November 1980 - trotz der insoweit nicht eindeutigen Protokollierung der bezüglichen Erklärung
(S 471/Bd. I) - ausdrücklich wiederholt und damit dem Erfordernis eines wirksamen Beweisantrages entsprochen hat (vgl. 12 Os 219/63 uva), so konnte die Aufnahme der begehrten Beweise bei der gegebenen Sachlage ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten des Angeklagten unterbleiben. Das gilt zunächst für die beantragte Einvernahme der Zeugen Josef D*** und Herta B*** deshalb, weil insoweit im Beweisantrag nicht dargetan wurde, aus welchen Gründen diese Zeugen, die nach dem Antragsvorbringen (und nach der Aktenlage) bei dem Gespräch zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen Paul H*** nicht zugegen waren, dennoch Auskunft über den Wissensstand des Angeklagten in Ansehung der Identität desjenigen, mit dem der Angeklagte damals in Gegenwart des Zeugen SCH*** gesprochen hat, geben und überdies bekunden können sollten, daß der Angeklagte dabei nicht die Begleichung der Rechnung für den Ankauf eines Ringes und einer Uhr zugesagt hat, mithin seine diesbezügliche Zeugenaussage vom 13.Juli 1978 richtig sei, worauf allein es vorliegend ankommt. Ohne entsprechende Dartuung derartiger Gründe schon im Beweisantrag war aber nicht erkennbar, inwieweit das Ergebnis der angestrebten Beweisaufnahmen für die Lösung der Schuldfrage von Bedeutung ist, sodaß die begehrten Einvernahmen zu Recht unterblieben sind (vgl. Mayerhofer-Rieder aaO ENr. 19 zu § 281 Z 4). Aber auch die Vernehmung der Zeugen Richard B*** und Csaba C*** zu den angeführten Beweisthemen, nämlich daß Nikolaus SCH*** selbständiger Handelsvertreter und als solcher nicht berechtigt gewesen sei, im Namen und auf Rechnung der Firma A***-Handelsgesellschaft mbH Geschäfte abzuschließen (S 257 in 3 e E Vr 3744/78 in Verbindung mit S 471/Bd. I), und daß anzunehmen sei, Nikolaus SCH*** habe den Ring und die Uhr bei der Firma H*** im eigenen Namen ohne Hinweis auf ein Bevollmächtigungsverhältnis zur A***-Handelsgesellschaft mbH gekauft (s. abermals S 257 in 3 e E Vr 3744/78 in Verbindung mit S 471/Bd. I), konnte ohne Verstoß gegen Grundsätze des Verfahrens, deren Beobachtung durch das Wesen eines die Verteidigung sichernden Verfahrens geboten ist, unterbleiben, weil die genannten Beweisthemen einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Schuldvorwurf der falschen Beweisaussage nicht erkennen lassen und es daher auch diesbezüglich erforderlich gewesen wäre, schon im Beweisantrag (und nicht erst in der Verfahrensrüge) begründet darzulegen, weshalb die Aussagen dieser Zeugen zur Widerlegung des Anklagevorwurfs geeignet sein sollen. Nichts anderes gilt schließlich auch für den in der Hauptverhandlung vom 17.November 1980 gestellten Antrag (S 472/Bd. I) auf neuerliche Vernehmung des Zeugen H*** zum Beweis dafür, da, wenn die Firma A***-Handelsgesellschaft (Waren bei H***) bestellte, diese Geschäfte jeweils ordnungsgemäß durchgeführt worden seien.
Gestützt auf die Z 5 des § 281 Abs 1 StPO wirft die Beschwerde dem Urteil eine unvollständige, zum Teil auch aktenwidrige und widersprüchliche Begründung in Ansehung entscheidungswesentlicher Konstatierungen vor.
Entgegen dem bezüglichen Beschwerdevorbringen bedurfte es im Urteil keiner gesonderten Erörterungen darüber, daß Nikolaus SCH*** bei seiner polizeilichen Einvernahme am 10.März 1978 (S 41 in ON 12 im einbezogenen Akt 3 e E Vr 3744/78 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien) davon sprach, etwa vier Monate nach dem 6.Oktober 1976 mit dem Angeklagten R*** bei Paul H*** gewesen zu sein, wobei ersterer dem letzteren die Bezahlung der Rechnung über den Ankauf des Ringes und der Uhr zusagte, während er bei seiner gerichtlichen Einvernahme am 20.Juli 1978 angab, er glaube, mit R*** Ende November, jedenfalls aber im Herbst 1976 bei H*** gewesen zu sein (S 53 in ON 12 des bezeichneten Aktes). Denn auf den genauen Zeitpunkt des Besuches bei H*** kommt es vorliegend nicht entscheidend an und es kann der Umstand, daß SCH*** bezüglich dieses Zeitpunkts divergierende Angaben gemacht hat, keineswegs als Indiz gegen die Richtigkeit seiner in der Sache den Beschwerdeführer belastenden (und insoweit stets gleichlautend vorgebrachten) Bekundungen ins Treffen geführt werden, dies umso weniger, als SCH*** jeweils nur Zirka-Angaben über den in Rede stehenden Zeitpunkt machte und bei einer Rechtshilfevernehmung am 27.Juli 1978 (S 61 in ON 12 im oben bezeichneten einbezogenen Akt) ausdrücklich darauf hinwies, in bezug auf diesen Zeitpunkt infolge der seither verstrichenen Zeit keine genauen Angaben machen zu können. Die behauptete Unvollständigkeit haftet somit dem Urteil nicht an.
Der Einwand hinwieder, es sei aktenwidrig, wenn das Gericht davon ausgeht, daß der Angeklagte von H*** die Beteiligung an einem Finanzvergehen verlangt habe, verkennt, daß es sich bei den betreffenden Urteilsausführungen nicht um den Ausspruch einer - bezogen auf den Schuldvorwurf - entscheidungswesentlichen Tatsache handelt, sondern um Schlußfolgerungen, die das Gericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung gezogen hat. Die Richtigkeit derartiger Schlußfolgerungen kann aber unter dem Gesichtspunkt einer Aktenwidrigkeit nicht angefochten werden (vgl. Mayerhofer-Rieder aaO ENr. 191 zu § 281 Z 5). Daß der Angeklagte gegenüber H*** von einer pro-forma-Rechnung über Brillanten im Wert von 5 1/2 Millionen S gesprochen hat, findet in der bezüglichen Angabe des Zeugen H*** (S 470/Bd. I) Deckung.
Jene Urteilspassage schließlich, in der es heißt, der Angeklagte habe jedenfalls gewußt, daß er mit einem Berechtigten der Firma H*** sprach und welche die Beschwerde als zu den vorangehenden Urteilsausführungen widersprüchlich bezeichnet, betrifft lediglich die (ersichtlich bloß illustrativ beigefügte) Erwiderung des Gerichtes auf die Verantwortung des Angeklagten, wonach es ihm nicht bewußt gewesen sei, daß er es mit Paul H*** zu tun habe. Ein innerer Widerspruch in der Bedeutung des geltend gemachen Nichtigkeitsgrundes der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO wird damit nicht dargetan.
Die Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich demnach, soweit sie auf formelle Nichtigkeitsgründe gestützt ist, zur Gänze als offenbar unbegründet.
Was dagegen die aus der Z 9 lit. b der zitierten Gesetzesstelle erhobene Rechtsrüge betrifft, mit welcher Aussagenotstand gemäß § 290 Abs 1 StGB reklamiert wird, so negiert die Beschwerde dabei die ausdrückliche Urteilskonstatierung, wonach dem Angeklagten vor seiner Vernehmung als Zeuge am 13.Juli 1978 vom Untersuchungsrichter die Vorschrift des § 153 StPO vorgehalten worden ist (S 488/Bd. I;
s. hiezu auch S 47 in ON 12 im einbezogenen Akt 3 e E Vr 3744/78 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien), woraus folgt, daß der Angeklagte - was er auch nie bestritten hat - von dem ihm zustehenden Aussageverweigerungsrecht Kenntnis hatte, hievon aber keinen Gebrauch machte, sondern als Zeuge aussagte, womit es aber - was hier nur der Vollständigkeit halber angeführt sei - in tatsachenmäßiger Beziehung an einer essentiellen Voraussetzung für die Annahme des Schuldausschließungsgrundes nach § 290 Abs 1 StGB fehlt (vgl. Leukauf-Steininger Kommentar 2 § 290 RN 9). Indem die Beschwerde diese Feststellung des Erstgerichtes übergeht, entbehrt sie daher der gesetzmäßigen Ausführung, weil eine solche auch in Ansehung eines geltend gemachten Straflosigkeitsgrundes das Festhalten am bezüglichen Urteilssachverhalt voraussetzt (Mayerhofer-Rieder aaO ENr. 29 zu § 281 Z 9 b).
Der angerufene materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund wird aber auch insweit nicht dem Gesetz gemäß zur Darstellung gebracht, als damit eine irrtümliche Annahme eines Aussagenotstandes und damit der Entschuldigungsgrund des § 10 Abs 2 StGB releviert wird. Denn abgesehen davon, daß sich die Beschwerde auf die bloße Behauptung beschränkt, das Gericht hätte zumindest einen Putativnotstand annehmen müssen, geht sie bei diesem Vorbringen (abermals) nicht vom festgestellten Urteilssachverhalt aus, demzufolge - im Einklang mit der Verantwortung des Angeklagten und den übrigen Verfahrensergebnissen - keine Anhaltspunkte dafür gegeben sind, daß der Beschwerdeführer bei Ablegung der inkriminierten falschen Beweisaussage infolge eines Irrtums über Tatsachen (vgl. Pallin in Wr. Kommentar § 290 Rz. 27) irrig angenommen hat, sich in einem exkulpierenden Aussagenotstand zu befinden.
Somit war die Nichtigkeitsbeschwerde teils gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO, teils gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen
Beratung - übereinstimmend mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - sofort zurückzuweisen.
Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes über die Berufung kommt nicht in Betracht, weil der Angeklagte derzeit flüchtig ist (vgl. S 3 l verso); über die Berufung wird deshalb seinerzeit - nach Ausforschung des Aufenthaltsortes des Angeklagten - der hiefür an sich zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu erkennen haben.
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