OGH 7Ob681/85

OGH7Ob681/8512.12.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Irene A, Angestellte, Neustift 276, vertreten durch Dr. Werner Beck, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider den Antragsgegner Günther A, Gastwirt, Neustift 276, vertreten durch Dr. Hans Forcher-Mayr, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Abgeltung der Mitwirkung im ehelichen Betrieb, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 20.September 1985, GZ 2 b R 186/85-16, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 10.Juli 1985, GZ 3 F 10/84-11, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Streitteile waren ab dem 5.5.1979 miteinander verheiratet. Der Ehe entstammen keine Kinder. Die Ehe wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 6.12.1984 aus dem Alleinverschulden der Antragstellerin geschieden.

Die Antragstellerin begehrt die Abgeltung der Mitwirkung im ehelichen Betrieb mit dem eingeschränkten Betrag von 155.000 S. Nach den erstrichterlichen Feststellungen hat der Antragsgegner am 2.3.1981 von der Gemeinde Neustift das Freizeitzentrum gepachtet. Hiebei handelt es sich um einen gastronomischen Betrieb. Die Antragstellerin war im Betrieb des Antragsgegners als Kellnerin während der vom Erstgericht genau festgestellten Zeiträume bei der Tiroler Gebietskrankenkasse gemeldet, und zwar zum kollektivvertraglichen Lohn. Auf Grund einer internen Vereinbarung zwischen den Streitteilen wurde der Antragstellerin jedoch kein Lohn ausbezahlt, sondern der Lohnanspruch wurde vom Antragsgegner bei Ansparung eines Bausparvertrages, eines Prämiensparbuches, sowie zur Leistung der Prämien einer Lebensversicherung und einer Krankenzusatzversicherung für die Antragstellerin und zur Tilgung eines für die Gründung des Hausstandes aufgenommenen Kredites verwendet.

Das Erstgericht hat ferner Feststellungen über die Art und den Umfang der Führung des Freizeitzentrums sowie über das Ausmaß und die Art der von der Antragstellerin in diesem Zentrum erbrachten Leistungen getroffen. Ferner hat es festgestellt, daß die Streitteile zwar eine gemeinsame Wohnung hatten, in dieser jedoch nur geringe Arbeiten anfielen, weil beide Streitteile ihr Leben hauptsächlich im Freizeitzentrum verbrachten, wo auch die Mahlzeiten eingenommen wurden. Im Einvernehmen mit dem Antragsgegner hat die Antragstellerin wöchentlich ca. 200 S aus der Kasse des Freizeitzentrums entnommen und diesen Betrag für persönliche Ansprüche verwendet.

Aus den getroffenen Feststellungen zog das Erstgericht den Schluß, die Antragstellerin sei beim Antragsgegner als Kellnerin angestellt gewesen. Sie habe keine über das übliche eines derartigen Berufes hinausgehenden Leistungen für den Antragsgegner erbracht, sodaß ihr lediglich ein Lohnanspruch gegen den Antragsgegner zustehe. Tatsächlich habe sie im Zuge dieses Verfahrens beim Arbeitsgericht Innsbruck auch einen Lohnanspruch eingeklagt. Nach § 100 ABGB berühre der im § 98 ABGB festgesetzte Anspruch nicht vertragliche Ansprüche eines Ehegatten gegen den anderen aus einem Mit- oder Zusammenwirken im Erwerb. Solche Ansprüche schließen einen Anspruch nach § 98 ABGB aus. Da die Antragstellerin keine ihre vertraglichen Verpflichtungen übersteigenden Leistungen erbracht habe, stehe ihr kein Anspruch nach § 98 ABGB zu. Entsprechend dieser Rechtsansicht hat das Erstgericht das Begehren der Antragstellerin abgewiesen.

Das Rekursgericht hat mit dem angefochtenen Beschluß die erstgerichtliche Entscheidung aufgehoben und ausgesprochen, daß gegen seine Entscheidung der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zugelassen wird. Es führte hiebei aus, nach den getroffenen Feststellungen könne noch nicht beurteilt werden, ob die Antragstellerin überhaupt einen Lohnanspruch gegenüber dem Antragsgegner habe. Vielmehr besage die Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse diesbezüglich nichts. Es sei nämlich ohne weiters denkbar, daß nach den internen Vereinbarungen eine Anstellung der Antragstellerin durch den Antragsgegner nicht erfolgt sei, in welchem Falle ein Lohnanspruch nicht bestünde. Wäre dies der Fall, so stünde § 100 ABGB dem Begehren der Klägerin nicht entgegen. Es müsse also geprüft werden, ob zwischen den seinerzeitigen Ehegatten überhaupt ein Anstellungsverhältnis bestanden habe. Sollte das Erstgericht diese Frage bejahen, so müsse der der Antragstellerin zustehende Lohn festgestellt werden. Erst eine solche Feststellung könne eine Prüfung ermöglichen, ob die Antragstellerin darüber hinausgehende Ansprüche aus dem Titel des § 98 ABGB habe. Im übrigen begründe die Mitwirkung eines Ehegatten im Erwerb des anderen nicht einen Vergütungsanspruch wie bei einem Arbeitsverhältnis, sondern eine Art Gewinnbeteiligungsanspruch, ähnlich dem Anspruch aus einem Gesellschaftsverhältnis. Dem mitwirkenden Ehegatten stehe nur ein angemessener Anteil am gemeinsam erzielten Gewinn zu. Haben die Bemühungen beider Ehegatten zu keinem Gewinn geführt, komme auch ein Anspruch auf Abgeltung der Mitwirkung nicht in Betracht. Demnach sei also entscheidend, ob aus der Führung des Betriebes des Freizeitzentrums Neustift ein Gewinn erzielt worden sei und in welcher Höhe. Diesbezüglich fehle es an Feststellungen.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Antragsgegner gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist nicht gerechtfertigt.

Das Rekursgericht hat die Rechtssache in jeder Hinsicht rechtlich richtig beurteilt und diese seine rechtliche Beurteilung eingehend und überzeugend dargelegt. Es kann daher auf seine diesbezüglichen Ausführungen verwiesen werden, zumal der Rekurs nichts gegen die Rechtsansicht des Rekursgerichtes vorbringt. Entgegen den Ausführungen des Antragsgegners hat das Erstgericht keineswegs die Feststellung getroffen, daß zwischen den Streitteilen ein einen Lohnanspruch der Antragstellerin begründendes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Dies wäre im übrigen auch keine Tat- sondern eine Rechtsfrage, weil der Schluß auf das Bestehen eines Vertrages aus festgestellten Tatsachen eine Angelegenheit der rechtlichen Beurteilung ist. Das Erstgericht hat lediglich Tatsachen festgestellt und daraus den rechtlichen Schluß gezogen, die Antragstellerin habe gegen den Antragsgegner einen Lohnanspruch. Zutreffend verweist jedoch das Rekursgericht darauf, daß die rechtlichen Schlußfolgerungen des Erstgerichtes nicht zwingend sind. Die bloße Anmeldung eines Familienmitgliedes bei der Gebietskrankenkasse erfolgt häufig aus betriebsinternen Gründen, ohne daß tatsächlich ein Arbeitsverhältnis zwischen diesen Familienangehörigen vorliege. Maßgebend für die Beurteilung eines Lohnanspruches der Antragstellerin ist aber nicht, wie die Streitteile ihr Verhältnis gegenüber einem Außenstehenden (Tiroler Gebietskrankenkasse) deklariert haben, sondern die zwischen den Streitteilen getroffene Vereinbarung. Diese kann auch dahin lauten, daß zwar aus betrieblichen Gründen nach außenhin das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses angegeben wird, intern jedoch kein solcher Vertrag geschlossen werden solle. Zwar ist es richtig, daß der Abschluß eines Arbeitsvertrages auch stillschweigend erfolgen kann, doch lassen die getroffenen Feststellungen keinen zwingenden Schluß in dieser Richtung zu. Die Einbringung einer Klage beim Arbeitsgericht macht eine Beziehung anderer Art noch nicht zum Arbeitsvertrag, zumal gar nicht feststeht, inwieweit eine solche Klage Erfolg haben wird. Erst ein rechtskräftiges Urteil im Arbeitsgerichtsprozeß hätte bindende Wirkung.

Im übrigen ist auch im Außerstreitverfahren der Oberste Gerichtshof nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz. Er kann daher Ergänzungsaufträgen des Rekursgerichtes, soweit diese auf einer richtigen rechtlichen Beurteilung beruhen, nicht entgegentreten (JBl 1966, 149, 3 Ob 501/84 ua.). Daß aber das Rekursgericht die Sache rechtlich richtig beurteilt hat, wurde bereits oben dargetan. Der Revisionsrekurs erweist sich sohin als nicht gerechtfertigt. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 234 AußStrG, weil die für eine endgültige Entscheidung erforderlichen Billigkeitserwägungen erst nach abschließender Sachverhaltsfeststellung möglich sein werden.

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