OGH 1Ob704/85

OGH1Ob704/8511.12.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A B, Salzburg, Alter Markt 3, vertreten durch Dr. Helmut Renner und Dr. Nikolaus Topic-Matutin, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei C D Aktiengesellschaft, Wien 4., Argentinierstraße 23, vertreten durch Dr. Rudolf Zitta, Dr. Eckhard Fussenegger, Dr. Alexander Hacker, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Aufkündigung und Kündigungsklage infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 11. September 1985, GZ 32 R 273/85-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 10. Juni 1985, GZ 14 C 188/85-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 11.333,85 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.030,35 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Vertrag vom 9. November 1948 nahm die beklagte Partei das Grundstück 1977, EZ 13 KG Stadt Salzburg Abteilung Äußerer Stein, in Bestand. Nach Punkt III des Vertrages beabsichtigte sie, auf diesem Grundstück eine Esso-Servicestation zu erbauen und in kürzester Zeit, spätestens aber binnen einem Jahr nach Abschluß dieses Vertrages, den Bau zu vollenden; der Abschluß dieses Vertrages war Voraussetzung für den Baubeginn. Der Vertrag wurde ursprünglich auf die Dauer von 20 Jahren abgeschlossen; in der Folge wurde er mehrfach auf bestimmte Zeit, zuletzt bis Ende Dezember 1984 verlängert. Mit Nachtrag vom 30. Dezember 1949 und Vertrag vom 27. Juli 1951 wurde die vom Bestandvertrag umfaßte Grundfläche einerseits präzisiert, andererseits ausgedehnt.

Die klagende Partei erhob gemäß § 567 Abs 4 ZPO Kündigungsklage und Kündigung für den 31. Dezember 1986. Gemäß § 49 MRG falle der Kündigungsschutz für in Bestand gegebene Grundflächen mit 31. Dezember 1986 fort.

Die beklagte Partei wendete ein, werde eine Grundfläche zwecks Errichtung eines Geschäftsgebäudes in Bestand genommen, bestehe der Kündigungsschutz auch nach den Vorschriften des Mietrechtsgesetzes weiter.

Das Erstgericht hob die Aufkündigung als unwirksam auf und wies die Kündigungsklage ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteige. Unter Anführung der bisher ergangenen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vertraten beide Instanzen die Rechtsansicht, daß eine Grundstücksmiete zum Zwecke der Errichtung eines zu geschäftlichen Zwecken genutzten Superädifikates auch unter der Geltung des Mietrechtsgesetzes Kündigungsschutz genieße.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt. Der Oberste Gerichtshof hat, gestützt auf die Ausführungen Bydlinskis in JBl 1984, 241 ff., bereits mehrfach mit ausführlicher Begründung dargelegt, daß die Miete eines Grundstückes, auf dem vereinbarungsgemäß vom Mieter ein zu geschäftlichen Zwecken verwendetes Superädifikat errichtet wurde, ungeachtet des Wegfalles des Kündigungsschutzes für bloße Lagerplätze weiterhin Kündigungsschutz nach den Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes genießt (JBl 1985, 107; MietSlg. 36.236/48, welche Entscheidung einen gleichgelagerten Fall betraf). Diese Rechtsprechung wurde von der Lehre einhellig gebilligt (Schilcher in Korinek-Krejci HBzMRG 53 ff.; Bernat ebendort 107; Glosse in RdW 1985, 75). Der Oberste Gerichtshof hielt an dieser Rechtsprechung auch in seiner Entscheidung 6 Ob 517/85 fest.

Die Ausführungen der Revision bieten keinen Anlaß, davon abzugehen. Aus den Gründen der Entscheidungen EvBl 1983/130 und RZ 1985/49 kann die Revisionswerberin für sie günstige Schlüsse nicht ableiten. Die erstgenannte Entscheidung betraf den Fall einer bloßen Grundstücksmiete, die zuletzt genannte verneinte für den Fall eines bloß als Provisorium errichteten Überbaues die Anwendung der Kündigungsschutzbestimmungen des Mietrechtsgesetzes. Beide Fälle betrafen demnach anders gelagerte Sachverhalte. Würth in Rummel, ABGB, § 1 MRG, Rdz 6, auf den sich die Revisionswerberin gleichfalls beruft, behandelt die Frage der Anwendung der Kündigungsschutzbestimmungen auf derartige Superädifikate zwar, bezeichnet es aber bloß als fraglich, ob die Miete zur Aufstellung von Geschäftshallen einer Raummiete gleichzustellen ist. Soweit die Revision die dogmatischen Voraussetzungen für die analoge Heranziehung der Kündigungsschutzbestimmungen bestreitet, übersieht sie, daß die Einbeziehung solcher Bestandverhältnisse in den Kündigungsschutz des Mietrechtsgesetzes nicht ausschließlich mit Analogie begründet wurde, sondern sowohl aus den Grundwertungen des Mietrechtsgesetzes abgeleitet wird als auch sich aus einem Größenschluß ergibt. Der Flächenmieter hätte bei Wegfall des Kündigungsschutzes nicht nur den Verlust des in Bestand genommenen Raumes, sondern bei Kündigung zusätzlich zu befürchten, daß er das von ihm errichtete Bauwerk abtragen muß. Daraus folgt, daß er typischerweise schutzwürdiger ist als der Mieter eines Geschäftsraumes (Schilcher aaO 55; Bydlinski aaO 251). Bejaht man aber die Anwendung der Kündigungsschutzbestimmungen des Mietrechtsgesetzes, ist es gleichgültig, ob im konkreten Fall eine besondere Schutzbedürftigkeit des Bestandnehmers oder eine anders geartete als die typische Interessenlage vorliegt.

Der Revision ist der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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