OGH 4Ob400/84

OGH4Ob400/8410.12.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl, Dr. Resch, Dr. Kuderna und Dr. Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma A, Alleininhaber Hannes A, Kitzbühel, Hornweg 18, vertreten durch Dr. Albert Feichtner, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wider die beklagte Partei B - SCHÖNE C D E F Gesellschaft m.b.H.,

Salzburg, Linzergasse 13, vertreten durch Dr. Ernst Pallauf, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 50.000,- s.A. und Unterlassung (Revisionsstreitwert S 303.000,-) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 27.August 1984, GZ 1 R 214/84-28, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 24.Mai 1984, GZ 2 Cg 174/82-24, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 10.318,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 960,- Barauslagen und S 850,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Vereinbarung vom 5.6.1979 (Beilage C) hat die Firma WUPPER-EXQUISIT-Vertrieb Ewald W. G in Wuppertal (im folgenden: H) dem Alleininhaber der klagenden Firma, Hannes A, das Alleinvertriebsrecht für ihre Artikel, insbesondere ihre Porzellanpuppen, mit absolutem Gebietsschutz für die Republik Österreich eingeräumt.

Die Klägerin verlangt die Verurteilung der beklagten GmbH,

a) das Ausstellen, das Anbieten und den Verkauf von H-Produkten, nämlich Porzellanpuppen in Originalfassung oder sonst zusätzlich bearbeiteter oder ergänzter Fassung, im Bereich der Republik Österreich zu unterlassen und

b) der Klägerin S 50.000 s.A. zu zahlen.

Obgleich sich die Beklagte am 30.12.1981 schriftlich verpflichtet habe, ab sofort keine H-Produkte in Österreich zu vertreiben, habe sie dennoch bei der Frühjahrsmesse "Souvenir"-"Crea'Tisch", welche vom 19. bis 21.2.1982 im Ausstellungszentrum Salzburg stattgefunden habe, neuerlich den Versuch unternommen, H-Puppen zu verkaufen. Rechtsgrund der Klage sei nicht nur ein Verstoß gegen § 1 UWG, sondern auch das konstitutive Anerkenntnis vom 30.12.1981. Da die Beklagte zumindest 245 H-Puppen mit einem Reingewinn von S 200 pro Stück widerrechtlich verkauft habe, belaufe sich der Schadenersatzanspruch der Klägerin (§ 16 Abs 1 UWG) auf S 50.000 s.A.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe keine H-Produkte, sondern nur solche Puppen ausgestellt und vertrieben, die sie auf dem freien Markt in Taiwan erworben, nach Österreich eingeführt und hier mit ihren eigenen "Verpackungs- , Firmen- und Marktmerkmalen" versehen habe. Die Erklärung vom 30.12.1981 sei nur ein deklaratives Anerkenntnis und beziehe sich lediglich auf die vorangegangene Zeit. Der Schadenersatzanspruch der Klägerin sei weder dem Grunde noch der Höhe nach gerechtfertigt, die von ihr angeführten Verkaufszahlen reine "Phantasiezahlen" ohne tatsächliche Grundlage. Bei der Souvenirmesse im Frühjahr 1982 habe Hannes A dem Geschäftsführer der Beklagten erklärt, daß er an einer Rücknahme der beanstandete Ware nicht interessiert sei, weil diese Puppen, soweit es sich dabei überhaupt um H-Produkte handle, unverkäufliche "Ladenhüter" seien.

Das Erstgericht wies die Klage ab und nahm folgenden weiteren Sachverhalt als erwiesen an:

Im Sommer 1981 wurden dem Geschäftsführer der Beklagten bei der Münchener Kunsthandwerksmesse von dem Vertreter der H-Puppen für Bayern, Horst I, derartige Puppen angeboten;

gleichzeitig wurde ihm unter Hinweis darauf, daß Horst I als Vertreter für Bayern nicht nach Österreich liefern könne, die Firma J & K als Zwischenhändler genannt. In der Folge bestellte die Beklagte bei J & K insgesamt 245 Puppen, welche diese von H bezog.

Als die Beklagte bei der "Souvenir"-"Crea'Tisch" vom 18. bis 20.9.1981 in Salzburg H-Puppen anbot, wurde sie von Hannes A erstmals auf sein Alleinvertriebsrecht aufmerksam gemacht. Am 24.9.1981 wurde der Firma J & K mitgeteilt, daß der Klägerin das Alleinvertriebsrecht für H-Puppen in Österreich zustehe und daher an die Beklagte keine Puppen mehr geliefert werden dürften.

Am 30.12.1981 richtete der Beklagtenvertreter nachstehendes Schreiben an den Vertreter der Klägerin (Beilage E):

"In obiger Angelegenheit kann ich Ihnen nunmehr nach Rücksprache mit meinem Mandanten mitteilen, daß dieser ausdrücklich die Erklärung abgibt, es ab sofort zu unterlassen, Produkte der Firma H aus Wuppertal, für die Ihrem Mandanten das Alleinvertriebsrecht für Österreich eingeräumt wurde, in Österreich zu vertreiben".

Bei der "Souvenir-"Crea'Tisch" im Februar 1982 stellte die Beklagte abermals H-Puppen aus, allerdings ohne deren typische Verpackung und ohne das Etikett, das H-Puppen als solche kennzeichnet. Die Puppen wurden zusammen mit Puppen anderer Hersteller als "B-Puppen" präsentiert. Daraufhin erwirkte die Klägerin am 19.2.1982 beim Bezirksgericht Salzburg eine einstweilige Verfügung, mit welcher der Beklagten für die Dauer der angeführten Veranstaltung verboten wurde, auf dieser Messe Produkte der Firma H, nämlich Porzellanpuppen in Originalfassung oder sonst zusätzlich bearbeiteter oder ergänzter Fassung, auszustellen, anzubieten oder zu verkaufen.

Von den insgesamt 245 bei J & K bezogenen

H-Puppen hat die Beklagte im Jahr 1982 22 Stück verkauft. Auf der Grundlage dieser Tatsachenfeststellungen hielt das Erstgericht einen Verstoß gegen § 1 UWG nicht für gegeben, weil die Beklagte zur Zeit der Bestellung der Puppen im Sommer 1981 das Alleinvertriebsrecht der Klägerin nicht gekannt habe, ein bewußtes Ausnützen fremden Vertragsbruches oder gar ein Verleiten dazu also schon aus diesem Grund nicht in Betracht komme. Das Verkaufen gutgläubig erworbener Ware verstoße auch dann nicht gegen § 1 UWG, wenn es, wie hier, in Kenntnis dieses Rechtes fortgesetzt werde. Eine nach den wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen gar nicht betehende Unterlassungspflicht der Beklagten könne auch durch ein konstitutives Anerkenntnis nicht ins Leben gerufen werden, weil diesem Anerkenntnis sonst der Charakter eines - dem österreichischen Recht fremden - abstrakten Schuldversprechens zukäme. Das Berufungsgericht erkannte im Sinne des Unterlassungsbegehrens und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von S 3.000 s.A; das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer S 47.000 s.A. blieb abgewiesen. Auf der Grundlage der als unbedenklich übernommenen Sachverhaltsfeststellungen des Ersturteils sei die Rechtsrüge der Klägerin begründet: Mit ihrer Erklärung vom 30.12.1981, welche als konstitutives Anerkenntnis zu werten sei, habe sich die Beklagte verpflichtet, in Hinkunft keine Produkte mehr zu verkaufen, die Gegenstand des Alleinvertriebsrechtes der Klägerin sind. Da die allgemeine Fassung dieser Unterlassungsverpflichtung auch solche Erzeugnisse einschließe, die von der Beklagten in Unkenntnis des für die Klägerin bestehenden Gebietsschutzes erworben worden waren, könne sich die Beklagte für die Zeit ab dem 30.12.1981 auf den gutgläubigen Erwerb der beanstandeten Puppen nicht mehr berufen. Ob der Alleininhaber der Klägerin im Frühjahr 1982 zur Rücknahme der beanstandeten Puppen bereit war, sei ohne rechtliche Bedeutung, weil auch die gegenteilige Annahme keinen Schluß auf sein mangelndes Interesse an der Einhaltung der Unterlassungsverpflichtung zuließe. Bei dem vom Erstgericht als erwiesen angenommenen Verkauf von 22 H-Puppen durch die Beklagte seit dem Beginn des Jahres 1982 sei der Gewinnentgang der Klägerin gemäß § 273 ZPO mit S 3.000 anzunehmen.

Das Urteil des Berufungsgerichtes, nach dessen Ausspruch der Wert des Streitgegenstandes einschließlich des Feststellungsbegehrens S 300.000 übersteigt, wird in seinem stattgebenden Teil von der Beklagten mit Revision aus den Gründen des § 503 Abs 1 Z 3 und 4 ZPO bekämpft. Die Beklagte beantragt, die angefochtene Entscheidung im Umfang der Anfechtung aufzuheben (richtig: abzuändern) und das Klagebegehren zur Gänze abzuweisen. Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO).

Auch die Rechtsausführungen der Revision sind nicht stichhältig:

Die Beklagte rügt hier zunächst das Fehlen einer Feststellung, wonach Hannes A im Frühjahr 1982 "am Puppenbestand der Beklagten keinerlei Interesse mehr zeigte", dieser Puppenbestand für ihn "keine Konkurrenzware war und ist", es sich dabei vielmehr um "Ladenhüter" handle. Der damit geltend gemachte, auf (vermeintlich) unrichtiger rechtlicher Beurteilung beruhende Feststellungsmangel des angefochtenen Urteils ist aber schon deshalb nicht gegeben, weil selbst bei Richtigkeit dieses Vorbringens die bloße Ablehnung einer Rücknahme des Lagerbestandes der Beklagten an H-Puppen noch keinen Schluß auf ein mangelndes Interesse der Klägerin an dem mit der Klage begehrten Verbot des künftigen Vertriebes solcher Puppen sowie am Ersatz des bis dahin entgangenen Gewinnes zuließe. Von einem schikanösen, ausschließlich von Schädigungsabsicht getragenen Vorgehen der Klägerin kann unter diesen Umständen keine Rede sein. Der Beklagten kann aber auch insoweit nicht gefolgt werden, als sie in dem Schreiben des Beklagtenvertreters vom 30.12.1981 (Beilage E) nur ein "unklagbares abstraktes Schuldversprechen" sehen will, welches sich lediglich auf die äußere Form der H-Puppen bezogen habe und eine bloße Wissenserklärung gewesen sei. Wie schon das Berufungsgericht unter Hinweis auf die einschlägige Lehre und Rechtsprechung zutreffend ausgeführt hat, ist das sogenannte "konstitutive Anerkenntnis" eine Willenserklärung, die dadurch zustande kommt, daß der Gläubiger seinen Anspruch ernstlich behauptet und der Schuldner die Zweifel am Bestehen dieses Rechtes dadurch beseitigt, daß er das Recht zugibt. Das konstitutive Anerkenntnis setzt somit die Absicht des Erklärenden voraus, unabhängig von dem bestehenden Schuldgrund eine neue, selbständige Verpflichtung zu schaffen; es ist ein Feststellungsvertrag, in welchem eine Partei das von ihr bezweifelte Recht durch einseitiges Nachgeben im vollen Umfang zugesteht, und hat damit insoweit (hilfsweise) rechtsgestaltende Wirkung, als es das anerkannte Rechtsverhältnis auch für den Fall, daß es nicht bestanden haben sollte, ins Leben ruft. Je mehr bei den Parteien das Bewußtsein von der Unsicherheit der Rechtslage hervortritt, umso eher ist ein konstitutives Anerkenntnis anzunehmen (SZ 51/176 = EvBl 1979/101 = JBl 1980, 39 mit weiteren Nachweisen; ebenso JBl 1977, 486; EvBl 1981/122 = RdA 1982, 298 ua; vgl. auch Koziol-Welser 7 I 261 bei und in FN 1; Ertl in Rummel, Kommentar zum ABGB II 2609 § 1380 RN 6). Alle diese Voraussetzungen liegen hier vor: Zwischen den Parteien war bei der Salzburger Fachmesse "Souvenir"-"Crea'Tisch" im Herbst 1981 eine konkrete Meinungsverschiedenheit darüber entstanden, ob die von der Beklagten dort ausgestellten und zum Kauf angebotenen H-Puppen unter das der Klägerin für ganz Österreich eingeräumte Alleinvertriebsrecht an solchen Erzeugnissen fielen oder nicht. Die von der Beklagten zunächst geäußerten Zweifel am Bestehen dieses - von der Klägerin ernstlich behaupteten - Rechtes wurden in der Folge durch die Erklärung der Beklagten beseitigt, künftig keine Produkte der Firma H, für welche der Klägerin das Alleinvertriebsrecht für Österreich eingeräumt wurde, in Österreich mehr zu vertreiben. Von einem unechten (deklarativen) Anerkenntnis - im Sinne einer bloßen Wissenserklärung des Schuldners über die bestehende Rechtslage (Ertl a.a.O. 2610 f RN 7) - kann unter diesen Umständen ebensowenig gesprochen werden wie von einem abstrakten, ohne konkreten und ernsthaften Streit abgegebenen Zahlungsversprechen der Beklagten. Mit ihrer Behauptung, daß sie die beanstandeten Puppen "im freien Handel" erworben habe, entfernt sich die Beklagte von den für den Obersten Gerichtshof bindenden Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanzen; diese haben vielmehr ausdrücklich als erwiesen angenommen, daß es sich bei den hier beanstandeten Puppen um Erzeugnisse der Firma H handelte, welche die Beklagte über die Zwischenhändlerin J & K bezogen hatte. Soweit jedoch die Beklagte auch in dritter Instanz daran festhält, ihre Unterlassungsverpflichtung vom 30.12.1981 habe sich nur auf den Verkauf der Puppen "in der äußeren Form der H-Puppen" bezogen, wird dieses Vorbringen durch den klaren Wortlaut der Erklärung Beilage E widerlegt.

Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Urteils.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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