OGH 6Ob701/85

OGH6Ob701/855.12.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Riedler und Dr. Schlosser als Richter in der Sachwalterschaftssache Franz A, Hauptschuloberlehrer i.R., Köstendorf-Schleedorf, Wallsberg 27, infolge Revisionsrekurses des Betroffenen gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 9. Oktober 1985, GZ. 33 R 611/85-14, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 30. August 1985, GZ. 4 SW 20/85-10, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht hatte gegen den nunmehr Betroffenen im März 1985 fünf Gehaltsexekutionen zur Hereinbringung einer Verwaltungsstrafe samt Verfahrenskostenersatz sowie zur Hereinbringung von einer im Verwaltungsstrafverfahren und von vier im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof über den nunmehr Betroffenen verhängten Ordnungsstrafen bewilligt; schriftliche Rekurse stellte das Exekutionsgericht dem Verpflichteten zur Verbesserung durch Unterfertigung seiner Schriftsätze durch einen Rechtsanwalt zurück. Das nahm der Verpflichtete zum Anlaß eines als Klage gegen das Exekutionsgericht bezeichneten, selbst verfaßten Schriftsatzes an den Obersten Gerichtshof. Einer Anregung dieses Gerichtes folgend teilte die Exekutionsabteilung des Erstgerichtes der zuständigen Pflegschaftsabteilung gemäß § 6 a ZPO (§ 78 EO) den Sachverhalt zur Prüfung der Voraussetzungen für die amtswegige Bestellung eines Sachwalters gemäß § 273 ABGB mit.

Das Erstgericht nahm auf Grund der Aktenlage (Bezeichnung der Amtstätigkeit des Exekutionsgerichtes als "Plünderungen" und "Terror der Salzburger Gerichtsmafia", Anträge auf Amtsenthebung der als unzurechnungsfähige, rechtsbrecherische Mafiosi bezeichneten Organwalter und auf deren Einweisung in eine geschlossene psychiatrische Anstalt zum Schutz von Recht und Öffentlichkeit; Bezeichnung des Beamten, der die Exekutionsanträge stellte, als "tollwütigen Beamten" und Bezeichnung der Beamten des Exekutionsgerichtes als "Gangstersyndikat"; regelmäßige Verweigerung der Unterschriftsleistung auf Rückscheinen und Protokollen, Verweigerung der Abgabe eines formularmäßigen Vermögensbekenntnisses zu den in den einzelnen Exekutionsverfahren gestellten Anträgen auf Bewilligung der Verfahrenshilfe) hinreichende Anhaltspunkte dafür an, daß die Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters für den Betroffenen in dem formellen, dafür nach dem Sachwaltergesetz vorgesehenen Verfahren geprüft werde. Nach der erforderlich gewordenen Vorführung des Betroffenen vermochte der Außerstreitrichter von diesem einen persönlichen Eindruck zu gewinnen. Er befand danach, daß das gerichtliche Verfahren darüber, ob für den Betroffenen ein Sachwalter zu bestellen sei, fortzusetzen sei. Das Erstgericht bestellte daher einen Rechtsanwaltsanwärter einerseits gemäß § 238 Abs 1 AußStrG zur Wahrung der Interessen des Betroffenen im anhängigen Verfahren zur Prüfung der Notwendigkeit, einen Sachwalter zu bestellen, und anderseits gemäß § 238 Abs 2 AußStrG mit Rücksicht auf die fünf Exekutionsverfahren, in denen der Betroffene als Verpflichteter Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung erhoben, den Verbesserungsaufträgen aber nicht entsprochen hatte, unter entsprechender Umschreibung seines Wirkungskreises zum einstweiligen Sachwalter.

Das Rekursgericht bestätigte diese Bestellung des einstweiligen Sachwalters.

Der Betroffene brachte hierauf am 4. Tag nach Zustellung der Rekursentscheidung einen Schriftsatz in Form einer Postkarte an das Rekursgericht zur Postaufgabe. Dieses Schriftstück bezeichnete der Betroffene als "Berufung" gegen die nach Datum, Aktenzeichen und Gericht angegebene Rekursentscheidung. Den Ausführungen des Schriftsatzes sind die Auffassung des Betroffenen, keinen Sachwalter zu benötigen, und der Abänderungsantrag zu entnehmen, die Bestellung des einstweiligen Sachwalters aufzuheben und das Verfahren nicht fortzusetzen.

Der Schriftsatz erfüllt die an ein Rechtsmittel im Außerstreitverfahren zu stellenden Inhaltserfordernisse. Er ist als Revisionsrekurs zu behandeln.

Der Rechtsmittelwerber brachte die Rechtsmittelschrift an das Rekursgericht zur Postaufgabe, das die Eingabe an das Erstgericht weiterleitete. Der für die Wahrung der Rechtsmittelfrist entscheidende Tag des Einlangens beim Erstgericht ist nicht aktenkundig gemacht worden. Die Frage der Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels ist aber wegen seiner darzulegenden Unzulässigkeit nicht erheblich.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist mangels schlüssiger Ausführung eines im § 16 Abs 1 AußStrG genannten Anfechtungsgrundes unzulässig. Nach der genannten Gesetzesstelle findet - mangels einer im vorliegenden Fall nicht gegebenen besonderen Verfahrensregelung - gegen eine bestätigende Rekursentscheidung im Außerstreitverfahren nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit oder einer Nichtigkeit die Anfechtung an den Obersten Gerichtshof statt.

Der Rechtsmittelwerber hält dem Rekursgericht vor, es sei zu Unrecht von "anhängigen Exekutionsverfahren" ausgegangen; er wertete diese gegen ihn eingeleiteten Verfahren als "nicht existent". Darunter versteht er offenkundig nicht eine Beendigung der gegen ihn bewilligten Gehaltsexekutionen durch restlose Tilgung der betriebenen Forderungen, sondern vielmehr die seiner Ansicht nach zu Unrecht gegen ihn erfolgte Einleitung der Zwangsvollstreckungen. Nach der dem Rekursgericht bei der Fällung seiner bestätigenden Rechtsmittelentscheidung bekannten Aktenlage hat das Erstgericht in den eingangs erwähnten fünf Fällen Exekutionsbewilligungen gegen den Rechtsmittelwerber bewilligt und dieser hat als Verpflichteter gegen die Exekutionsbewilligungsbeschlüsse Rekurs erhoben, wenn er auch den Aufträgen zur Verbesserung dieser Rechtsmittel und seiner Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe nicht nachgekommen ist. Mit den Ausführungen gegen die vom Rekursgericht zugrunde gelegten anhängigen Exekutionsverfahren bringt der Rechtsmittelwerber den Anfechtungsgrund der Aktenwidrigkeit nicht schlüssig zur Darstellung. Der von unsachlichen Werturteilen bereinigte Kern der sonstigen Rechtsmittelausführungen enthält den erkennbaren Vorwurf, daß das Rekursgericht das Fehlen jeder Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit einer Verfahrensfortsetzung und damit auch den Abgang jeder Voraussetzung für die Bestellung eines einstweiligen Sachwalters hätte erkennen müssen.

Das gerichtliche Verfahren über die Bestellung eines Sachwalters für eine Person wegen deren Behinderung im Sinne des § 273 ABGB ist gemäß § 236 AußStrG, soferne die behinderte Person nicht ihrerseits die Bestellung eines Sachwalters beantragt, dann einzuleiten, wenn begründete Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Sachwalterbestellung vorliegen. Das Erstgericht hat aus den eingangs aufgezählten Gründen hinlängliche Anhaltspunkte dafür als gegeben angenommen, daß die Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters für den Rechtsmittelwerber nicht von vornherein von der Hand zu weisen sei, weshalb diese Frage in dem gesetzlich hiefür vorgesehenen gerichtlichen Verfahren ins Klare gesetzt werden müsse. Das Erstgericht sah nach dem mit dem Betroffenen geführten Gespräch diesen Verdacht nicht soweit als entkräftet an, daß der Betroffene mit Sicherheit eines Sachwalters nicht bedürfe. Willkür und eine in die Augen fallende Ermessensüberschreitung kann dem Gericht bei dieser Beurteilung entgegen der subjektiven Auffassung des Betroffenen nach objektiven Gesichtspunkten nicht angelastet werden. Die vom Rekursgericht mit seiner bestätigenden Entscheidung gebilligte Ansicht des Pflegschaftsgerichtes, das von ihm eingeleitete Verfahren zur Klärung der Frage, ob für den Betroffenen gemäß § 273 ABGB ein Sachwalter zu bestellen sei, formell fortzusetzen, kann daher nicht offenbar gesetzwidrig sein. Auf der Grundlage dieser vom Obersten Gerichtshof wegen der bereits erwähnten Beschränkung der zulässigen Anfechtungsgründe sachlich nicht nachzuprüfenden Würdigung sind die im § 238 Abs 1 AußStrG umschriebenen Voraussetzungen für die Bestellung eines einstweiligen Sachwalters zur Wahrung der Interessen eines gesetzlichen oder selbst gewählten Vertreters entbehrenden Betroffenen im fortzusetzenden Verfahren zur Klärung der Voraussetzungen für die Bestellung eines Sachwalters erfüllt, so daß die auf § 238 Abs 1 AußStrG gegründete Bestellung eines einstweiligen Sachwalters nicht offenbar gesetzwidrig sein kann. Das Pflegschaftsgericht hat aus den ihm bekannt gewordenen Eingaben, insbesondere den Rechtsmittelschriften des Betroffenen den Schluß gezogen, daß bis zur Entscheidung darüber, ob für den Betroffenen ein Sachwalter gemäß § 273 ABGB zu bestellen sei, wegen der bewilligten Exekutionen, in diesen im einzelnen angeführten Verfahren sowie in den sogenannten Titelverfahren (in denen die der Exekutionsführung zugrundegelegten, den Betroffenen zur Geldzahlung verpflichtenden Erkenntnisse, Beschlüsse oder Bescheide erlassen worden sind) die Vertretung des Betroffenen durch einen rechtskundigen Beistand angezeigt erscheine. Der Rechtsmittelwerber bezweifelt die Zweckmäßigkeit einer solchen Bestellung, ohne aber darzulegen, aus welchen Umständen diese Bestellung offenbar gesetzwidrig sein soll.

Nach der oben erwähnten Beschränkung der zulässigen Anfechtung von bestätigenden Rechtsmittelentscheidungen nach § 16 Abs 1 AußStrG ist dem Obersten Gerichtshof eine sachliche Nachprüfung der in der angefochtenen Entscheidung getroffenen Beurteilungen verwehrt. Der Revisionsrekurs war vielmehr zurückzuweisen.

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