OGH 9Os170/85

OGH9Os170/854.12.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.Dezember 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Hausmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Emil A wegen des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems a. d. Donau als Schöffengericht vom 25.Juli 1985, GZ 10 c Vr 47/85- 15, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tschulik, und des Verteidigers Dr. Fiegl jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 55-jährige Zirkusunternehmer Emil A des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 7. November 1984 in Martinsberg versucht, (seine Ehegattin) Edith A durch gefährliche Drohung mit Brandstiftung und erheblicher Verstümmelung zur Herausgabe eines Zeltes zu nötigen, indem er ankündigte, er werde mit seiner Zugmaschine 'alles' niederfahren und anzünden, wobei er einen Wohnwagen samt Anhänger und ein Ausstellungszelt der Edith A sowie verschiedene Fahrzeuge ihres Lebensgefährten Wilhelm B, als auch Edith A selbst meinte.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer (nominell) auf die Z 4 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt. Den Verfahrensmangel (Z 4) erblickt er in der Abweisung seines in der Hauptverhandlung gestellten Antrages (S 68 f) auf Vernehmung 'der Zeugen' Franz C, Peter D, Lorenz E, Gerhard F und Emil A jun zum Beweis dafür, daß Äußerungen, wie sie ihm zur Last gelegt werden, in Schausteller- und Zirkuskreisen allgemein übliche Ausdrucksweisen seien, denen keineswegs wörtliche Bedeutung zugemessen werde, und daß dieser Umstand auch Edith A bekannt gewesen sei.

Die Durchführung dieser Beweise war allerdings tatsächlich nicht erforderlich, weil sie keine zusätzliche Klärung des Sachverhaltes erwarten ließen. Denn es schließt der Umstand, daß derartige Äußerungen in dem auf einen kleinen Personenkreis beschränkten Milieu des Angeklagten üblich sind und demgemäß von den Betroffenen regelmäßig nicht ernst genommen werden, nicht aus, daß sie vorliegend nicht doch die ihnen allgemein zukommende Bedeutung haben, die ihnen das Erstgericht letztlich denkfolgerichtig beigemessen hat. Im übrigen wäre es Sache des Angeklagten gewesen, darzutun, welchen anderen Sinn (als den vom Erstgericht angenommenen) seine Worte haben könnten.

Im Rahmen der Rechtsrüge (Z 9 lit a) wendet der Beschwerdeführer ein, die inkriminierten Drohungen seien objektiv nicht geeignet gewesen, seiner Ehegattin begründete Besorgnisse einzufläßen. Der damit behauptete Rechtsirrtum liegt indes nicht vor. Zwar hat das Erstgericht festgestellt, daß es zwischen den Ehegatten A bereits wiederholt zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen ist, in deren Verlauf Edith A vom Angeklagten mehrmals geschlagen und - bisher allerdings ohne 'Morddrohungen' - bedroht worden ist (vgl S 73); es ist aber in tatsachenmäßiger Beziehung zudem davon ausgegangen, daß Edith A eben deswegen, weil ihr nämlich die Neigung ihres Ehegatten zur Gewalttätigkeit bekannt und darüber hinaus auch bewußt war, daß der Angeklagte sie für seine triste finanzielle Situation verantwortlich machte und sich deshalb in ihm ein tiefer Haß aufgestaut hatte (vgl S 76), die inkriminierten Drohworte ernst genommen, ihnen wörtliche Bedeutung beigemessen hat und darum durch sie tatsächlich 'in Furcht und Unruhe' versetzt worden ist. Daß der Angeklagte selbst die betreffenden Äußerungen für geeignet hielt, seine Ehegattin in einen Angstzustand zu versetzen, schloß das Erstgericht aus seinem eigenen Zugeständnis, mit den Drohungen die Herausgabe des Zeltes bezweckt zu haben (vgl S 75 f iVm S 31, 32, 37). Aus all diesen Umständen konnte das Erstgericht bei der nach objektiven Gesichtspunkten unter Anlegung eines Durchschnittsmaßstabes vorzunehmenden Beurteilung der Drohungen auf ihre Eignung begründete Besorgnisse einzufläßen, denkrichtig und ohne Rechtsirrtum ableiten, daß Edith A bei unbefangener Betrachtung der Situation die Verwirklichung des angedrohten Übels erwarten, dh den Eindruck gewinnen konnte, der Angeklagte sei willens und in der Lage, das angedrohte Übel wahrzumachen (und dies, was für die Tatbestandsverwirklichung gar nicht erforderlich ist, sogar tatsächlich befürchtet hat).

Soweit der Beschwerdeführer die Qualifikation seiner Äußerungen als Drohung mit einer erheblichen Verstümmelung und einer Brandstiftung nach § 106 Abs 1 Z 1 StGB mit der Behauptung bestreitet, sein Vorsatz sei nicht auf diese schwerwiegenden Drohungen gerichtet gewesen, bringt er die damit der Sache nach erhobene Subsumtionsrüge (Z 10) nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Läßt er doch hiebei jene Konstatierungen (vgl insbesondere S 76) unberücksichtigt, wonach er bei seinen Drohungen bewußt Worte gewählt hat, die ihm geeignet erschienen, Edith A 'in Furcht und Unruhe' zu versetzen und er ihr gezielt und vor allem deshalb mit dem (erfahrungsgemäß zu auffallenden Verunstaltungen führenden) Anzünden (auch) ihrer Person gedroht hat, um sie zur Herausgabe des Zeltes zu veranlassen. Damit hat das Erstgericht aber unmißverständlich seine Überzeugung zum Ausdruck gebracht, daß (auch) die in Rede stehenden strafsatzerhöhenden Umstände (§ 106 Abs 1 Z 1 StGB) sehr wohl vom Vorsatz des Angeklagten umfaßt gewesen sind und keinesfalls eine bloß verbale Übertreibung bei einer Drohung mit einer Verletzung dargestellt haben. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 106 Abs 1 StGB zu zehn Monaten Freiheitsstrafe, die es gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah.

Bei der Strafbemessung wertete es die einschlägigen Vorstrafen als erschwerend, das Teilgeständnis hingegen als mildernd. Der auf eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe antragenden Berufung des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Die vorerwähnten Strafzumessungsgründe bedürfen zwar insoweit einer Korrektur, als dem Angeklagten eine gewisse finanzielle Notlage zur Tatzeit, sein zu Recht bestehender Anspruch (gegen Edith A) auf Herausgabe des verfahrensgegenständlichen Zeltes und der - allerdings schon aus dem Urteilsspruch resultierende und demnach vom Erstgericht offensichtlich ohnedies mitberücksichtigte - Umstand, daß die (schwere) Nötigung nur bis zum Versuch gediehen war, als weitere Milderungsgründe zuzurechnen gewesen wären. Dennoch ergibt ein sachgemäßes Abwägen der sohin tatsächlich vorliegenden (korrigierten) Strafzumessungsgründe, daß die vom Schöffengericht über den Angeklagten (bei einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren) verhängte zehnmonatige (zudem bedingt nachgesehene) Freiheitsstrafe - insbesondere unter Bedacht auf sein (durch mehrere einschlägige Vorverurteilungen) belastetes Vorleben und den Umstand, daß er erst rund drei Wochen vor der Tatbegehung, nämlich am 15.Oktober 1984, nach der an diesem Tag erfolgten (rechtskräftigen) Verurteilung wegen schweren Betruges aus der Untersuchungshaft entlassen worden war - nach seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) keineswegs zu streng ausgefallen ist.

Auch der Berufung mußte daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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