OGH 10Os144/85

OGH10Os144/853.12.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.Dezember 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch sowie Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Regen als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz A wegen des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB. über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Strafverfügung des Strafbezirksgerichtes Wien vom 11. April 1983, GZ. 17 U 718/83-5, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Rzeszut, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten A zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Strafverfügung des Strafbezirksgerichtes Wien vom 11.April 1983, GZ. 17 U 718/83-5, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 461 Z. 1 StPO.

Diese Entscheidung und alle darauf beruhenden Verfügungen werden aufgehoben; die Sache wird zu neuer Entscheidung an das Strafbezirksgericht Wien verwiesen.

Text

Gründe:

Aus den Akten AZ. 17 U 718/83 des Strafbezirksgerichtes Wien und AZ. 4 b E Vr 5846/80 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien ergibt sich:

Mit der Strafverfügung des Strafbezirksgerichtes Wien vom 11. April 1983, GZ. 17 U 718/83-5, wurde Franz A des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB. schuldig erkannt, weil er (so der Wortlaut der Strafverfügung) "im August 1982 in Maria-Anzbach den Verlag B & Co., Wirtschaftsverlag, Ges.m.b.H.,

Biberstraße 2, 1010 Wien, um den Betrag von 4.248,36 S am Vermögen geschädigt" hatte; er wurde zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu 200 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 15 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt. Ein Einspruch des Franz A gegen diese Strafverfügung wurde als verspätet zurückgewiesen; die Strafverfügung erwuchs demnach in Rechtskraft.

Dem Verfahren lag eine Anzeige des Verlages B & Co., Wirtschaftsverlag Ges.m.b.H. zugrunde, derzufolge A am 24. August 1982 als Geschäftsführer der Firma C, D & A Ges.m.b.H. zwei Bücher im Fakturenwert von insgesamt 4.284,36 S bestellte und bezog, die er trotz mehrerer nachfolgender Mahnungen nicht bezahlte. Anläßlich einer sicherheitsbehördlichen Vernehmung vom 11.Februar 1983 bestritt er den (äußeren) Sachverhalt nicht, machte aber über die Gründe der Nichtzahlung keine Angaben Den Akten (Seite 61 in AZ. 17 U 718/83 des Strafbezirksgerichtes Wien) ist weiters zu entnehmen, daß über das Vermögen des Franz A mit Beschluß des Kreisgerichtes St. Pölten vom 9.März 1984, AZ. 8 S 5/84, der Anschlußkonkurs eröffnet wurde.

Mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 17. August 1981, GZ. 4 b E Vr 5846/80-39, (teilweise abgeändert durch das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 25.Mai 1982, AZ. 25 Bs 23/82) war Franz A bereits wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z. 2 StGB. zu einer - unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen - Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Wochen verurteilt worden. Mit dem Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 1.Oktober 1984, GZ. 4 b E Vr 5846/80-86, wurde die bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe auf Grund der erwähnten Strafverfügung des Strafbezirksgerichtes Wien gemäß § 53 Abs. 1 StGB. widerrufen. Über die von Franz A gegen den Widerrufsbeschluß erhobene Beschwerde wurde bisher noch nicht entschieden.

Rechtliche Beurteilung

Die Strafverfügung des Strafbezirksgerichtes Wien vom 11. April 1983, GZ. 17 U 718/83-5, verletzt das Gesetz. Gemäß § 461 Z. 1 StPO. muß in der Strafverfügung (unter anderem) die Beschaffenheit der Tat angegeben sein, worunter die Individualisierung und Konkretisierung der den in Betracht kommenden Tatbestand in objektiver und subjektiver Richtung verwirklichenden

Tathandlungen zu verstehen ist (SSt. 52/37 = JBl. 1981, 661 =

EvBl. 1981/239 = RZ. 1981/7, ÖJZ-LSK. 1977/239 und andere mehr).

Die eingangs wiedergegebene Fassung der Strafverfügung des Strafbezirksgerichtes Wien wird diesen Anforderungen weder in bezug auf die objektiven noch in Ansehung der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen gerecht, weil sie eine Anführung sowohl der betrugsessentiellen Täuschungshandlungen als auch der Komponenten des Betrugsvorsatzes (Irreführung, Schädigung, unrechtmäßige Bereicherung) vermissen läßt.

Die aufgezeigte Gesetzesverletzung war festzustellen und dieser Feststellung konkrete Wirkung zu verleihen (§ 292 letzter Satz StPO.), somit die Strafverfügung aufzuheben und dem Strafbezirksgericht Wien die erneute Entscheidung aufzutragen, bei der - nach Vornahme der dafür erforderlichen Erhebungen - auch die Frage einer allfälligen zwischenzeitigen Verjährung der Tat in den Kreis der Überlegungen einzubeziehen sein wird.

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