OGH 8Ob65/85

OGH8Ob65/8521.11.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Theresia T*****, vertreten durch Dr. Rudolf Gürtler, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Ludwig R*****, und 2.) A*****‑Aktiengesellschaft, *****, beide vertreten durch Dr. Richard Steinpach, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 371.049,48 s.A. und S 3.260,‑ ‑ monatlich infolge Revisionen der klagenden Partei und der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 12. Juni 1985, GZ 18 R 124/85‑54, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Teilurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 13. Februar 1985, GZ 40 d Cg 144/81‑49, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

 

1.) den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00065.850.1121.000

 

Spruch:

a) Die Revision der Beklagten wird zurückgewiesen;

b) dem Rekurs der Klägerin wird nicht Folge gegeben;

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten;

 

2.) zu Recht erkannt:

 

c) Der Revsion der Klägerin wird nicht Folge gegeben. Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin an Kosten des Revisionsverfahrens S 121,59 (darin an Barauslagen S 16,‑ ‑ und an USt. S 9,43) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Am 13. 8. 1979 wurde der Ehegatte der Klägerin bei einem Verkehrsunfall als Insasse eines vom Erstbeklagten gelenkten und bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten PKWs getötet. Der Erstbeklagte wurde deshalb mit dem rechtskräftig gewordenen Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 7. 5. 1979, 10 E Vr 121/79-26, wegen des Vergehens nach § 80 StGB verurteilt, weil er durch Fahren in alkoholisiertem Zustand und durch Einhaltung einer überhöhten Geschwindigkeit fahrlässig den Tod des Ehegatten der Klägerin herbeiführte.

Die Klägerin begehrte von den Beklagten S 371.049,48 s.A. und eine monatliche Rente von S 3.260,‑ ‑. Zur Begründung des Begehrens auf Bezahlung von S 371.049,48 werden folgende Ansprüche geltend gemacht:

 

1.) Kosten einer Schneerechenanlage S 9.020,‑ ‑

2.) Kosten einer Sitzbank S 8.496,‑ ‑

3.) Kosten der Gartenarbeiten S 10.000,‑ ‑

4.) Kosten einer Heizungsanlage S 68.979,‑ ‑

5.) Kosten eines Verbaues im Jagdzimmer S 60.000,‑ ‑

6.) Kosten des Heizöls für 7 Jahre S 90.000,‑ ‑

7.) Todfalls- und Begräbniskosten S 86.554,48

8.) Kosten des Grabmals S 86.000,‑ ‑

9.) Kreditkosten S 8.000,‑ ‑

S 427.049,48

von den Beklagten bezahlt - S 65.000,‑ ‑

S 362.049,48.

 

S 9.000,-- bleiben von der Klägerin unaufgeklärt.

 

Die Beklagten wenden dem Grunde nach ein Mitverschulden des Klägers von einem Drittel ein. Dem Ehegatten der Klägerin sei die Alkoholisierung des Erstbeklagten bekannt gewesen oder hätte ihm zumindest bekannt sein müssen. Zur Höhe der Ansprüche bringen sie vor, daß der Ehegatte der Klägerin die behaupteten Anschaffungen auf Grund seines Einkommens nicht hätte machen können. Es handle sich hiebei außerdem um Schenkungen und nicht um Unterhaltsleitsungen. Die Begräbniskosten seien zum Teil nicht durch das Begräbnis verursacht worden, zum Teil gingen sie weit über den standesgemäßen oder ortsüblichen Umfang hinaus. Dies gelte auch für die Kosten des Grabmals. Von den Begräbniskosten seien die Kosten für Baumeisterarbeiten von S 23.745,10 und für das Versetzen und Abtragen eines Grabprovisoriums von S 17.280,‑ ‑ verjährt, weil sie erst mit dem Schriftsatz vom 5. 10. 1983 (ON 39) geltend gemacht wurden. Die Klägerin müsse sich auf die Begräbniskosten den „Bestattungskostenbeitrag der Sozialversicherung bzw. des Bundesrechenamtes“ anrechnen lassen. Kreditkosten seien der Klägerin nicht entstanden, weil die Beklagten Zahlungen in der Höhe des behaupteten Darlehens von S 65.000,‑ ‑ geleistet hätten.

Das Erstgericht gab auf der Grundlage des Alleinverschuldens des Erstbeklagten dem Klagebegehren mit S 324.769,48 s.A. statt und wies das Mehrbegehren von S 46.280,‑ ‑ ab. Das Rentenbegehren blieb unerledigt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge, änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es der Klägerin S 58.298,58 s.A. zuerkannte, ein Mehrbegehren von S 85.255,90 abwies und im übrigen hinsichtlich eines Betrages von S 227.495,‑ ‑ s.A. unter Zitierung des § 519 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 502 Abs. 4 Z 2 ZPO (3 Ob 571, 572/84) unter Rechtskraftvorbehalt aufhob.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision und der Rekurs der Klägerin; sie beantragt die Abänderung des angefochtenen Urteils durch Zuspruch von S 82.043,68 s.A. sowie die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung auf Bezahlung von S 227.495,-- s.A.; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Beklagten erheben ebenfalls Revision und beantragen die Abänderung des angefochtenen Urteils dahin, daß der Klägerin nur S 17.199,05 zugesprochen werden. Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen oder ihm nicht Folge zu geben. Die Beklagten führen Revision- und Rekursbeantwortung aus und beantragen, den Rechtsmitteln der Gegenseite nicht Folge zu geben.

 

Rechtliche Beurteilung

1.)a) Die Revision der Beklagten ist unzulässig, weil diesbezüglich ein bestätigendes Urteil der zweiten Instanz vorliegt.

b) Der Rekurs der Klägerin ist ebenso wie

2.)c) die Revision der Klägerin nicht berechtigt.

Die Vorinstanzen gingen bei ihren Entscheidungen im wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus:

Der Ehegatte der Klägerin war Gendarmeriebeamter und mit dem Erstbeklagten gut befreundet. Am 12. 8. 1978 besuchte er mit ihm und drei weiteren Personen ein Feuerwehrfest, bei dem diese Personen an einem großen Tisch saßen. Auf dem Tisch befanden sich Achtlgläser und Wein in Flaschen. Wieviel der Erstbeklagte und der Ehegatte der Klägerin bei dem Fest, bei dem auch getanzt wurde, tranken, konnte nicht festgestellt werden, weil niemand darauf achtete. Um 2 Uhr war der Grad der Alkoholisierung des Erstbeklagten am größten; der Blutalkoholgehalt betrug etwa 2,5 o / oo .

Um 2 Uhr verließ die Gesellschaft das Fest. Dabei fiel keinem eine besondere Alkoholisierung des Erstbeklagten auf. Gegen 3 Uhr gingen der Erstbeklagte und der Ehegatte der Klägerin schlafen. Beim Frühstück, das sie zwischen 8 und 8,30 Uhr einnahmen, wurden keine alkoholischen Getränke getrunken. Beide fuhren dann zu einem Freund des Ehegatten der Klägerin, wo der Erstbeklagte ein Achtel Wein gespritzt zu sich nahm. Gegen 12 Uhr brachen sie auf und gegen 12,10 Uhr ereignete sich der Unfall. Der zur Unfallstelle gerufene Gendarmeriebeamte führte keine Erhebungen über die Alkoholisierung der Verletzten durch. Auch den anderen Personen fiel nichts auf. Leopold F*****, der bei der Bergung der Verletzten half, stellte keinerlei Alkoholdunst fest. Dem zur Unfalllstelle gerufenen Gendarmeriebeamten wurde später im Spital von einem behandelnden Arzt mitgeteilt, daß beim Erstbeklagten Alkoholdunst festgestellt worden sei. Der Erstbeklagte hatte zum Unfallszeitpunkt einen Blutalkoholgehalt von 1,5 o / oo .

An Todfallskosten erwuchsen insgesamt S 172.554,48, darunter S 14.000,‑ ‑ Sarg- und Überführungskosten, S 8.400,‑ ‑ für Trauerkleidung, S 3.800,‑ ‑ für Kränze, S 3.230,‑ ‑ Bewirtungsspesen, S 23.745,10 für Baumeisterarbeiten zur Errichtung des Grabes und S 86.000 für das Grabmal. Das Grab wurde in Traismauer „im ortsüblichen Maß“ errichtet und unterscheidet sich nicht von anderen Gräbern auf diesem Friedhof. Es handelt sich um eine Gruftanlage mit gemauertem Aushub sowie einem Aufbau aus Baltic‑Granit. Das Grab wurde tiefer ausgehoben und bietet daher Platz für 2 Personen, was aber nur Mehrkosten von S 1.000,‑ ‑ verursachte, die im angeführten Betrag nicht enthalten sind.

Der Verstorbene arbeitete im Garten des Hauses in Traismauer und hätte aufgrund seiner Fähigkeiten auch eine Schneerechenanlage auf dem Dach des Hauses errichten können, wobei er die Materialkosten dafür selbst aufgebracht hätte. Die Klägerin bezahlte nach seinem Tode für Gartenarbeiten S 10.000,‑ ‑ und für die Anbringung der Schneerechenanlage S 9.020,‑ ‑. Der Ehegatte der Klägerin bezahlte seit Jahren die Heizölrechnungen für das Haus in Traismauer, die jährlich etwa S 8.000,‑ ‑ bis S 9.000,‑ ‑ betrugen.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß kein Mitverschulden des Ehegatten der Klägerin gegeben sei, weil im Unfallszeitpunkt keine Anzeichen von Alkoholisierung des Erstbeklagten zu sehen waren. Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche von S 371.049,48 s.A. seien mit Ausnahme eines Betrages von S 46.280,‑ ‑ (Grabprovisorium, Kränze, Heizöl) berechtigt.

Auch das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, daß der Ehegatte der Klägerin aus dem Verhalten des Erstbeklagten, das er vom Morgen des Unfallstages bis zum Unfall an den Tag legte, nicht auf dessen noch vorhandene Alkoholisierung hätte schließen müssen. Das Grab habe nach den Feststellungen dem Ortsgebrauch entsprochen. Beide Ehegatten hätten zusammen etwa S 29.000,‑ ‑ verdient, wobei fast S 20.000,‑ ‑ auf den Mann fielen. Die Grabkosten seien im Endeffekt mit S 86.000,‑ ‑ berechtigt, wobei feststehe, daß sich das Grab von den anderen Gräbern auf dem Friedhof nicht unterschieden habe. Von einer Unangemessenheit könne nicht die Rede sein. Im übrigen wären die Baumeisterkosten von S 23.745,10 verjährt, weil sie erst in der Tagsatzung vom 24. 2. 1984, also nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1489 ABGB, erhoben wurden. Die Begräbniskosten seien unter Berücksichtigung der Dauer und der Außerstreitstellungen im Berufungsverfahren mit S 37.298,58 zu veranschlagen. Einschließlich der Kosten des Grabmales von S 86.000,‑ ‑ ergebe dies den Betrag von S 123.298,58. Davon seien die bezahlten S 65.000,‑ ‑ abzuziehen, sodaß S 58.298,58 verblieben. Nach den tatsächlichen Unterhaltsleistungen, die mit der gesetzlichen Unterhaltspflicht ins Verhältnis zu setzen sind, seien Feststellungen über die Wohnverhältnisse der Klägerin und ihres verstorbenen Ehegatten insofern zu treffen, als zwei Wohngelegenheiten bestanden, ohne daß geklärt worden wäre, ob eine oder beide zur Befriedigung des angemessenen Wohnbedürfnisses gedient hätten. Es fehlten auch nähere Feststellungen über die geltend gemachten Kreditkosten. Die Posten 1 bis 6 sowie 9 im Betrag von S 227.495,‑ ‑ seien daher noch aufklärungsbedürftig.

1.)a) Zur Revision der Beklagten:

Das Erstgericht sprach der Klägerin S 324.769,48 s.A. zu. Das Berufngsgericht bestätigte davon den Zuspruch von S 58.298,58 s.A. In diesem Umfang handelt es sich demnach um einen bestätigenden Teil der im übrigen abändernden bzw. aufhebenden Entscheidung. Gemäß § 502 Abs. 3 ZPO ist gegen ein Urteil des Berufungsgerichtes, soweit es das angefochtene Urteil bestätigt, die Revision unzulässig, wenn der davon betroffene Streitgegenstand oder Teil des Streitgegenstandes an Geld oder Geldeswert S 60.000,‑ ‑ nicht übersteigt. Damit wird klar zum Ausdruck gebracht, daß gegen den bestätigenden Teil eines Berufungsurteiles die Revision nur noch zulässig ist, wenn der gesamte Wert dieses Teiles S 60.000,‑ ‑ übersteigt ( Petrasch , Das neue Revisions-[Rekurs‑]Recht, ÖJZ 1983, 169 f.). Dies ist aber hier nicht der Fall, weshalb die Revision als unzulässig zurückzuweisen war.

b) Zum Rekurs der Klägerin:

Gegenüber der Auffassung des Berufungsgerichtes, daß es zu den oben wiedergegebenen Punkten 1 bis 6 sowie 9 noch ergänzender Feststellungen bedarf, stellt sich die Klägerin auf den Standpunkt, daß dies nicht der Fall sei. Das Berufungsgericht zitiert für seine Auffassung die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß für die Leistungen 1 bis 6 der Grundsatz gilt, wonach der anspruchsberechtigte Hinterbliebene nicht besser, aber auch nicht schlechter gestellt sein soll, als wenn der zum Unterhalt Verpflichtete nicht getötet worden wäre. Da die im Fall der Tötung zustehenden Schadenersatzansprüche im § 1327 ABGB erschöpfend aufgezählt sind, kommt ein Ersatz für den Entgang dieser Leistungen nur im Rahmen des entgangenen Unterhalts in Betracht. Es ist daher nur insoweit Schadenersatz zu leisten, als die entgangenen Leistungen Unterhaltscharakter haben (vgl. SZ 42/3; ZVR 1971/102 und 1976/271; EFSlg. 36.208 ua). Gemäß § 1327 ABGB ist nicht nur auf die gesetzliche Unterhaltspflicht abzustellen, sondern sind vielmehr die tatsächlichen Unterhaltsleistungen maßgebend, wenn sie nur einigermaßen mit der gesetzlichen Unterhaltspflicht ins Verhältnis gesetzt und gerechtfertigt werden können (EFSlg. 36.232; 8 Ob 143, 144/80 ua). Ferner ist anerkannt, daß die Verschaffung einer angemessenen Wohnung dem Begriff der Unterhaltsleistungen zu unterstellen ist (ZVR 1976/271; EFSlg 36.207 ua). Im Rahmen dieser Grundsätze hielt das Berufungsgericht verschiedene Umstände ebenso für klärungsbedürftig wie die näheren Details bei der Aufnahme des Kredites Punkt 9. Wenn das Gericht zweiter Instanz ‑ ausgehend von richtiger rechtlicher Beurteilung ‑ den Sachverhalt noch näher ergänzt wissen will, kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten.

2.)c) Zur Revision der Klägerin:

Diese begehrt den Zuspruch von weiteren S 23.745,10 als nicht verjährt. In der Klage hatte sie an Todfallskosten S 111.021,68 (Beilage J Konvolut Todfallskosten) begehrt. Auf Grund der Stellungnahme der Gegenseite (AS 114) hatte sie davon S 56.374 selbst in Abzug gebracht, weil ihr dieser Betrag rückersetzt worden sei (AS 121). Schließlich schlüsselte sie die Todfallskosten dahin auf, daß einige Beträge „wegen Geringfügigkeit“ in Wegfall gerieten, S 56.374,‑ ‑ als refundiert abgezogen wurde, dafür aber „hinzukommen“ S 23.745,10 als Kosten für Baumeisterarbeiten der Gruft im Friedhof Traismauer. Es kann daher keine Rede davon sein, daß es sich hiebei schon um einen in der Klage geltend gemachten Anspruch handelte. Demgemäß erkannte das Berufungsgericht richtig, daß der erst nach Ablauf der Frist des § 1489 ABGB geltend gemachte Anspruch verjährt ist (vgl. auch ZAS 1981, 143 ua).

Es war daher wie im Spruch zu erkennen.

Beim Kostenausspruch hinsichtlich des Revisionsverfahrens war gemäß § 43 Abs. 1 ZPO der überwiegende Abwehrerfolg der Klägerin entsprechend zu berücksichtigen.

Der Kostenvorbehalt des Rekursverfahrens beruht auf § 52 ZPO.

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