OGH 3Ob580/85

OGH3Ob580/8513.11.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr Warta, Dr. Zehetner und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Helmut A, geboren am 2. Oktober 1964, Kellner, 9361 St. Salvator 65, vertreten durch Dr. Anton Knees, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Ehrenfried Mittermüller, Postbeamter, 8240 Friedberg, Schweighof 38, vertreten durch Dr. Otmar Franiek, Rechtsanwalt in Graz, wegen Vaterschaft und Unterhalt infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom 11. Juni 1985, GZ. 3 R 91/85-50, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes St.Veit/Glan vom 20. Juni 1984, GZ. 2 C 71/83-41, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 3.069,75 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 257,25 S Umsatzsteuer und 240 S Barauslagen) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Nachdem im Rechtsstreit 2 C 63/80 des Bezirksgerichtes St. Veit a. d.Glan rechtskräftig festgestellt wurde, daß Johann B der ursprünglich die Vaterschaft anerkannt hatte, nicht der uneheliche Vater des Klägers sei (Ausschluß auf Grund von Blutmerkmalen), erhob dieser gegen den Beklagten die Vaterschaftsklage und begehrte für die Zeit bis 31.August 1983 einen monatlichen Unterhalt von 500 S. Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage.

Das Erstgericht gab der Klage statt.

Es traf folgende Tatsachenfeststellungen:

Die Mutter des am 2.Oktober 1964 außer der Ehe geborenen Klägers hat in der kritischen Zeit vom 7.Dezember 1963 bis 5.April 1964 nur mit dem Beklagten und dem eingangs schon erwähnten Johann B geschlechtlich verkehrt. Der Beklagte hat der Mutter einmal im Jänner 1964 geschlechtlich beigewohnt.

Auf Grund der Untersuchung der Blutmerkmale ist der Beklagte als Vater nicht ausgeschlossen, seine Vaterschaft ist vielmehr mit einem Wahrscheinlichkeitswert von 98,8 % sehr wahrscheinlich. Auch auf Grund der anthropologisch-erbbiologischen Untersuchung ist der Beklagte als Vater nicht auszuschließen, sondern seine Vaterschaft ist im höchsten Maße wahrscheinlich.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes. Dem erstmals im Berufungsverfahren gestellten Antrag des Beklagten, ein Tragzeitgutachten sowie ein Gutachten über eine mögliche Überschwängerung einzuholen, gab das Berufungsgericht nicht statt und verneinte diesbezüglich das Vorliegen eines Verfahrensmangels. Im übrigen übernahm das Berufungsgericht die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision des Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen im Sinne einer Klagsabweisung abzuändern oder sie aufzuheben. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

1.) Zum Revisionsgrund nach § 503 Abs.1 Z 2 ZPO:

Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens erblickt der Beklagte in der Unterlassung einer Einholung eines Tragzeitund Reifegutachtens und eines Gutachtens in Richtung Gravidität der Mutter im Zeitpunkt der Beiwohnung, wobei er auf die späte Einbringung der Vaterschaftsklage hinweist und anführt, daß nur ein einziger Geschlechtsverkehr stattgefunden habe und über das Intimleben der Mutter ziemliche Unklarheit herrsche. Des weiteren rügt der Beklagte auch, daß zur Unterhaltshöhe nicht alle beantragten Beweismittel aufgenommen worden seien. Weil das Vaterschaftsverfahren gem. Art.V Z 5 UeKindG von der Offizialmaxime beherrscht wird, kann die Mängelrüge, mit der der Beklagte ins Treffen führt, die Vorinstanzen hätten kein Tragzeitund Überschwängerungsgutachten eingeholt, auch noch im Revisionsverfahren erhoben werden. Wie schon das Berufungsgericht zutreffend angeführt hat, erfordert aber der Untersuchungsgrundsatz nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht, daß immer sämtliche nur erdenklichen Beweise aufgenommen werden müssen. Die Unterlassung der Durchführung weiterer Beweise ist vielmehr nur dann ein Verfahrensmangel, wenn die Grenzen des pflichtgemäßen Ermessens überschritten wurden (EFSlg. 33.589, 34.524, 34.525, 40.832, 40.833, 41.781, 43.308).

Auch wenn sich der Beklagte in einem Beweisnotstand befindet und wegen der späten Inanspruchnahme als Vater und der drohenden Ersatzpflicht gegenüber dem bisher als Vater geltenden Mann vor schwierigen finanziellen Problemen steht, sind im Sinne dieser Judikatur trotzdem nicht etwa schlechthin immer alle nur möglichen Beweise aufzunehmen. Es kommen vielmehr nur Beweise in Frage, in denen zumindest irgend ein Anhaltspunkt dafür spricht, daß eine Chance für einen Vaterschaftsausschluß gegeben ist. Zweifellos sind grundsätzlich auch Tragzeitgutachten geeignet, die Nichtvaterschaft des als unehelicher Vater in Anspruch genommenen Mannes nachzuweisen (so die in der Revision zitierte Entscheidung EFSlg. 9.809, ebenso EFSlg. 33.583, 38.346, 40.828). Und gleiches gilt auch für ein Überschwängerungsgutachten. Aber fürein Tragzeitgutachten ist nur dann Raum, wenn der genaue Zeitpunkt der Beiwohnung feststeht. Im vorliegenden Fall war der Geschlechtsverkehr des Beklagten "in Jänner 1964" und am 2.Oktober 1964 wurde die klagende Partei geboren. Ein Verkehr am 1.Jänner 1964 würde daher bei einem überreifen Kind und ein Verkehr am 31.Jänner 1964 bei einer Frühgeburt keinen Ausschluß ergeben. Und für einen Mehrverkehr (außer dem ausgeschlossenen Johann B) gibt es keine Anhaltspunkte und daher auch nicht für eine im Zeitpunkt des Geschlechtsverkehrs des Beklagten schon bestehende Schwangerschaft. Berücksichtigt man darüber hinaus den hohen Grad von Wahrscheinlichkeit, der auf Grund der Blutmerkmale und der erbbiologisch-anthropologischen Untersuchung für die Vaterschaft des Beklagten spricht, so kann in der Unterlassung der angeführten Beweisaufnahme kein Verfahrensmangel erblickt werden. Mit Fragen der Unterhaltsbemessung hat sich der Oberste Gerichtshof auch im Rahmen einer zulässigen Revision nicht zu befassen (EFSlg. 44.075 u.a.), was auch für die Erhebung einer Mängelrüge gilt (EFSlg. 44.076).

2.) Zum Revisionsgrund nach § 503 Abs.1 Z 4 ZPO:

In der Rechtsrüge wiederholt der Beklagte zur Frage der Vaterschaft nur die Mängelrüge, weshalb auf das oben Gesagte zu verweisen ist.

Zur Frage der Unterhaltshöhe macht der Beklagte nur eine Fehlbeurteilung hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit und der Selbsterhaltungsfähigkeit der klagenden Partei geltend, worauf aber im Sinne der soeben zitierten Rechtsprechung

gem. § 502 Abs.1 Z 1 ZPO nicht eingegangen werden kann, weil beide Fragen zum Komplex der Unterhaltsbemessung gehören (EFSlg. 44.077, 44.091 u.a.).

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 50, 41 ZPO.

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