OGH 1Ob668/85

OGH1Ob668/8513.11.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Sonja A, geb. am 13. Dezember 1971, vertreten durch den Vater Ing. Wilhelm A, Geschäftsführer, Wels, Kleingasse 25, dieser vertreten durch DDr. Heinz Mück, Rechtsanwalt in Linz, infolge Revisionsrekurses des Vaters Ing. Wilhelm A gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Rekursgerichtes vom 26. Juni 1985, GZ. R 347/85-129, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom 12. Feber 1985, GZ. P 251/82-121, als nichtig aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Rekursgericht die Entscheidung über den Rekurs der Mutter Eva Maria B gegen den Beschluß des Erstgerichtes aufgetragen.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies mit dem Beschluß vom 12.2.1985, ON 121, die Anträge der Mutter Eva Maria B, über den Vater Ing. Wilhelm A zur Durchsetzung ihres Besuchsrechtes in Ansehung der mj. Sonja A Zwangsmaßnahmen (Beugestrafen) zu verhängen, ab. Es setzte die Ausübung des Rechtes auf persönlichen Verkehr der Mutter mit der mj. Sonja bis auf weiteres, mindestens jedoch für die Dauer eines halben Jahres, aus. Mit Schriftsatz vom 25.2.1985 lehnte die Mutter den mit der Pflegschaftssache befaßten Richter Dr. Gustav C als befangen ab. Das Kreisgericht Wels gab dem Ablehnungsantrag mit Beschluß vom 5.3.1985, 21 Nc 12/85, Folge und wies die Pflegschaftssache dem Richter Dr. Friedrich D zur weiteren Erledigung zu. Das Kreisgericht Wels führte unter Hinweis auf den Akt Jv 390-30/85 aus, es seien Äußerungen des Richters Dr. Gustav C aktenkundig, die von der Mutter als unsachlich angesehen werden könnten. Der Ablehnungsgrund sei auch nicht verspätet geltend gemacht worden.

Das Rekursgericht hob aus Anlaß des Rekurses der Mutter den Beschluß des Erstrichters vom 12.12.1985 insoweit, als die Verhängung von Beugestrafen über den Vater abgelehnt und die Ausübung des Rechtes auf persönlichen Verkehr der Mutter ausgesetzt wurde, als nichtig auf. Die Mutter habe noch vor Zustellung der angefochtenen Entscheidung den mit der Pflegschaftssache befaßten Richter Dr. Gustav C als befangen abgelehnt. Dem Ablehnungsantrag sei vom Kreisgericht Wels Folge gegeben worden. Die Entscheidung über den Ablehnungsantrag enthalte keinen Ausspruch im Sinne des § 25 letzter Satz JN, obgleich die Gründe der Ablehnung vor Erlassung der angefochtenen Entscheidung gelegen waren.

Unterbleibe ein Ausspruch im Sinne der vorgenannten Gesetzesstelle, so könne dies im Rechtsmittel gegen eine vom abgelehnten Richter getroffene Entscheidung als Nichtigkeitsgrund geltend gemacht werden; der Nichtigkeitsgrund sei auch von Amts wegen wahrzunehmen. Im vorliegenden Fall werde der angefochtene Beschluß von der Entscheidung über die Ablehnung und damit vom Nichtigkeitsgrund betroffen, so daß dieser Beschluß als nichtig aufzuheben sei.

Rechtliche Beurteilung

Dem gegen diesen Beschluß erhobenen Revisionsrekurs des Vaters kommt Berechtigung zu.

Soweit der Rechtsmittelwerber geltend macht, daß im Pflegschaftsverfahren ein Ablehnungsantrag nicht 'eingegangen' sei, ist darauf zu verweisen, daß Ablehnungsanträge gemäß § 511 Abs. 2 Geo in das Jv-Register einzutragen sind. Der Ablehnungsantrag und alle Geschäftsstücke, die mit dem Ablehnungsantrag und der Entscheidung hierüber zusammenhängen, sind zum Jv-Akt zu nehmen (Erlaß des BMJ vom 19.7.1960 über die Geschäftsbehandlung von Ablehnungsanträgen, JABl 1960, 82). Der Ablehnungsantrag wurde daher zutreffend nicht zum Pflegschaftsakt genommen.

Im übrigen erweist sich das Rechtsmittel als gerechtfertigt. Gemäß § 25 letzter Satz JN sind im Falle der Stattgebung der Ablehnung die vom angelehnten Richter vorgenommenen Prozeßhandlungen nichtig und, soweit erforderlich, aufzuheben. Über die Nichtigkeit der vom abgelehnten Richter vorgenommenen Prozeßhandlungen ist im Ablehnungsbeschluß zu entscheiden. Sein Inhalt ist daher für die Beurteilung maßgebend, inwieweit das vom abgelehnten Richter geführte Verfahren nichtig ist. Im vorliegenden Fall wurde dem Ablehnungsantrag zwar Folge gegeben, es unterblieb aber ein Ausspruch über die Nichtigerklärung von Prozeßhandlungen des abgelehnten Richters, was nur dahin verstanden werden kann, daß der Ablehnung in bezug auf vor der Entscheidung gelegene Amtshandlungen des abgelehnten Richters nicht Folge gegeben wurde; insoweit wäre ein Rekurs gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Ablehnungsgericht ungeachtet der Bestimmung des § 24 Abs. 2 JN zulässig gewesen (3 Ob 51/82 u.a.). Die Ablehnungswerberin ließ diesen Beschluß unangefochten. An den in Rechtskraft erwachsenen Beschluß des Ablehnungsgerichtes ist auch das Rechtsmittelgericht gebunden (so bereits 2 Ob 212/65). Es hat daher auch seiner Entscheidung zugrundezulegen, daß Richter Dr. Gustav C zwar in Hinkunft von jeder Tätigkeit im Verfahren ausgeschlossen ist, daß aber die von ihm bis zur Entscheidung über den Ablehnungsantrag gesetzten Verfahrenshandlungen unberührt geblieben sind. Soweit Fasching, Komm. I 214, die Rechtsansicht vertritt, daß die vom Ablehnungsgericht unterlassene Nichtigerklärung vom Rechtsmittelgericht (bei Rüge als Nichtigkeitsgrund) wahrzunehmen ist, kann dieser Rechtsansicht, die die Rechtskraft der im Ablehnungsverfahren ergangenen Entscheidung verkennt, nicht gefolgt werden.

Demnach ist dem Revisionsrekurs Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

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