Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei und der Nebenintervenientin die je mit S 3.495,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 96,- Barauslagen und S 309,-- USt.) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Erstkläger ist zur Hälfte, die zweit- bis viertklagenden Parteien sind je zu einem Sechstel Miteigentümer der Liegenschaft EZ 247 KG Stadt Salzburg mit dem Haus Universitätsplatz 16. Die Beklagte war Mieterin eines Geschäftslokales in diesem als 'Schatzdurchhaus' bezeichneten Objekt. Die klagenden Parteien kündigten das Bestandverhältnis zum 31.12.1984 aus den Kündigungsgründen nach § 30 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 4 und 7 MRG auf. Die Beklagte wendete mangelnde Passivlegitimation ein, weil sie ihr in dem Mietgegenstand betriebenes Unternehmen an die Firma Juwelier F & Co veräußert habe.
Die klagenden Parteien vertreten den Standpunkt, die Beklagte habe nicht das Unternehmen veräußert, sondern lediglich die Mietrechte verwertet. Die nach § 12 Abs 3 MRG vorgeschriebene Anzeige sei überdies nicht unverzüglich und nicht an alle Vermieter erfolgt. Das Erstgericht hob die Aufkündigung auf und wies das Räumungsbegehren ab. Nach seinen - vom Berufungsgericht ergänzten und in der Sachverhaltsdarstellung mitberücksichtigten - Feststellungen betrieb die Beklagte in dem Bestandobjekt einen Goldund Silberwarenhandel. Der monatliche Mietzins betrug S 333,05, den die Beklagte bis einschließlich März 1984 auf das Konto des Schuhhauses J & R B GesmbH & Co.KG bei der G Sparkasse einzahlte. Mit 1.4.1984
verkaufte die Beklagte ihr in dem Bestandobjekt betriebenes Unternehmen mit allen Aktiven, der Geschäftseinrichtung, dem Firmenwert, dem Kundenstock und den Mietrechten an dem Geschäftslokal an die Nebenintervenientin gegen eine monatliche Leibrente von S 15.000. Seit April 1984 setzt die Nebenintervenientin in dem Bestandobjekt die früher von der Beklagten betriebene Geschäftstätigkeit fort und bezahlt den Mietzins auf das obgenannte Konto. Am 19.3.1984 richteten die Beklagte und die Nebenintervenientin an den Drittkläger ein Schreiben, in dem sie unter Hinweis auf § 12 Abs 3 MRG die Unternehmensveräußerung und die Fortführung des Unternehmens durch die Käuferin mitteilten. Die übrigen Kläger wußten vor Einbringung der Aufkündigung von diesem Schreiben, weil sich der Drittkläger mit ihnen besprach. Vor dem Unternehmenskauf durch die Nebenintervenientin hatte der Drittkläger mit Wissen der übrigen Kläger im Zusammenhang mit dem Übertritt der Beklagten in den Ruhestand erfolglos eine Aufgabe der Mietrechte zu seinen Gunsten angestrebt.
Nach der Rechtsauffassung des Erstgerichtes seien die Hauptmietrechte an dem Geschäftslokal infolge der Unternehmensveräußerung gemäß § 12 Abs 3 MRG auf die Nebenintervenientin übergegangen. Bei dem Mietrechtsübergang handle es sich entgegen dem Wortlaut des § 12 Abs 3 MRG um eine gesetzliche Vertragsübernahme. Mit 1.4.1982 sei demnach die Nebenintervenientin Vertragspartner der klagenden Parteien. Die Wirksamkeit des Mietrechtsüberganges sei nicht von einer ordnungsgemäßen Anzeige des Überganges der Hauptmietrechte abhängig.
Anhaltspunkte für ein Scheingeschäft im Sinne einer bloßen Übertragung der Mietrechte lägen nicht vor.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil aus dessen Gründen und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 300.000 übersteigt.
Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der klagenden Parteien aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Urteils dahingehend, daß die Aufkündigung für rechtswirksam erklärt werde. Hilfsweise stellen die klagenden Parteien einen Aufhebungsantrag. Sie regen überdies an, beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf 'Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit' des § 12 Abs 3 MRG zu stellen. Die Beklagte und die Nebenintervenientin beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die von den Revisionswerbern vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich des § 12 Abs 3 MRG können nicht geteilt werden. Eine Verletzung des Wesensgehaltes des Eigentumsrechtes wäre nur dann anzunehmen, wenn die Beschränkung zu einer Aufhebung des Privateigentums an einer ganzen Kategorie von Sachen führen würde (Funk in Korinek-Krejci, Handbuch zum Mietrechtsgesetz, 23). Unter dem Gesichtspunkt einer angemessenen Entschädigung können Bedenken dann von vornherein nicht entstehen, wenn man mit der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die Auffassung vertritt, daß auch entschädigungslose Enteignungen zulässig sind (VfSlg.2680/1954, 2572/1953; vgl. auch EvBl 1977/255;
EvBl 1975/197). Auch aus Art.1 Abs 1 H kann für Inländer ein Anspruch auf Enteignungsentschädigung nicht abgeleitet werden. Die herrschende Rechtsprechung stieß aber in der Lehre auf Widerspruch. Auch in der Lehre wird aber anerkannt, daß bei der bloßen Eigentumsbeschränkung eine Entschädigung verfassungsrechtlich nicht geboten ist (Funk aaO 7 f.). Die Behauptung der klagenden Parteien, daß die Bestimmungen des § 12 Abs 3 MRG keine bloße Eigentumsbeschränkung, sondern eine materielle Enteignung darstellten, weil dem Eigentümer nur mehr das nudum ius bleibe, trifft jedoch nicht zu. Die Eigentumsbeschränkungen des § 12 Abs 3 MRG halten sich im Rahmen dessen, was auch sonst als bloße Beschränkung des Eigentumsrechtes gilt und nehmen dem Eigentümer die Möglichkeit einer ertragreicheren Verwendung der Liegenschaft nicht zur Gänze (vgl. Funk, aaO 19 f.). Ausdrücklich gewährleistet wird dem Vermieter die Möglichkeit, einen angemessenen Hauptmietzins zu begehren, wenn der bisherige Hauptmietzins niedriger war. Auch ein öffentliches Interesse als Regelungsmotiv ist - entgegen der Meinung der Revisionswerber - evident. Die Mietrechtsgesetzgebung ist zwar im wesentlichen sozial-politisch motiviert, an der Fortführung bestehender Unternehmen besteht jedoch ein erhebliches wirtschaftspolitisches, insbesondere ein arbeitsmarktpolitisches, Interesse. Ein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot liegt nur dann vor, wenn ein Gesetz innerhalb ein und desselben Rechtsinstitutes Differenzierungen enthält, die nicht aus entsprechenden Unterschieden im Tatsachenbereich gerechtfertigt werden können (VfSlg.7400/1974 ua). Eine sachlich gerechtfertigte Differenzierung zwischen der Wohnraummiete und der Miete von Geschäftsräumlichkeiten ergibt sich schon aus dem unterschiedlichen Zweck, dem diese Mietverhältnisse jeweils dienen. Ohne Belang ist der Aspekt, daß der Wohnungsmieter 'sozial schwächer' ist, weil die wirtschafts- oder sozialpolitische Zweckmäßigkeit einer Regelung des Gesetzgebers keiner Nachprüfung unterliegt. Auch die Revisionsausführungen zum Legalitätsprinzip können Bedenken nicht erwecken. Der Begriff des Unternehmens als Rechtsgegenstand ist in Lehre und Rechtsprechung geläufig (vgl. Koziol-Welser 7, II 13 mwN). Ein gewisses Maß an Unbestimmtheit oder Schwierigkeiten in der Erfassung von Grenzfällen, wie sie die Revision aufzeigt, sind aus verfassungsrechtlicher Sicht tolerierbar (Funk, aaO 33). Die klagenden Parteien halten auch in der Revision an ihrem Standpunkt fest, daß keine Unternehmensveräußerung, sondern nur eine Mietrechtsverwertung vorliege und die im § 12 Abs 3 MRG vorgeschriebene Anzeige konstitutiven Charakter habe. Den Revisionswerbern ist lediglich darin beizupflichten, daß ein Mietrechtsübergang nach § 12 Abs 3 MRG dann nicht eintritt, wenn die tatsächlich nur gewollte Übertragung der Hauptmietrechte in die Form einer Unternehmensveräußerung gekleidet wurde (5 Ob 597/84; vgl. auch Zingher in ÖJZ 1982,116), wenn also die auf Übertragung des gesamten Unternehmens gerichtete Willenserklärung mit Einverständnis des Empfängers nur zum Schein abgegeben wurde und demnach ein Scheingeschäft vorliegt. Wer sich auf ein Scheingeschäft beruft, muß das Vorliegen der Voraussetzungen hiefür beweisen (JBl 1983,444; Rummel im Rummel, ABGB, Rdz 5 zu § 916). Entscheidende Bedeutung kommt hiebei der Absicht der Beteiligten zu (Rummel aaO Rdz 1 zu § 916), die dem Tatsachenbereich zuzuordnen ist (Fasching IV 333 mwN). Nun hat aber das Berufungsgericht nach teilweiser Beweiswiederholung das Vorliegen einer nur auf die Übertragung der Hauptmietrechte gerichteten Absicht der Vertragsparteien des Veräußerungsgeschäftes nicht als erwiesen angenommen und ausgeführt, daß keine Anhaltspunkte hervorgekommen sind, die die Ansicht der klagenden Parteien stützen könnten (AS 109). Es ist daher von einer Unternehmensveräußerung ebenso auszugehen, wie von der von den Vorinstanzen als gegeben angenommenen Unternehmensfortführung durch die Nebenintervenientin. Auch die Rechtsansicht der Vorinstanzen über die rechtliche Bedeutung der vorgeschriebenen Anzeige des Mietrechtsüberganges ist zu billigen. Der eindeutige Wortlaut des § 12 Abs 3 MRG läßt keinen Zweifel darüber zu, daß bereits die Veräußerung und zwar ex lege zum Mietrechtsübergang führt und daß die den Parteien des Veräußerungsgeschäftes auferlegte Anzeige an den Vermieter keine Voraussetzung der Rechtswirksamkeit des Mietrechtsüberganges ist (Fenyves in Korinek-Krejci, Handbuch zum Mietrechtsgesetz,309 und 322; Würth in Rummel, ABGB, Rdz 7 zu § 12 MRG; vgl. auch Würth-Zingher, MRG 2,55; Derbolav, MRG,37). Die dem bisherigen Hauptmieter und dem Erwerber des Unternehmens und der Hauptmietrechte auferlegte Verpflichtung, dem Vermieter den Übergang der Hauptmietrechte unverzüglich anzuzeigen (§ 12 Abs 3 zweiter Satz MRG), hat demnach nur Ordnungsfunktion. Sie soll den Vermieter lediglich informieren und ihm die Möglichkeit eräffnen, die Anhebung des Mietzinses nach § 16 Abs 1 MRG zu begehren. Die Verletzung dieser Verpflichtung ist daher für den übergang des Mietrechtsverhältnisses ohne Bedeutung und kann lediglich zu Schadenersatzpflichten hinsichtlich der dem Vermieter allenfalls entgehenden Mietzinsdifferenz führen (Fenyves, aaO 323; Würth aaO;
Würth-Zingher, aaO; Schuppich, Die Neuordnung des Mietrechtes 119). Für den vorliegenden Rechtsstreit ist es daher bedeutungslos, ob dem Drittbeklagten die Stellung eines Bevollmächtigten der übrigen Miteigentümer zukam und ob bei einer Kommanditgesellschaft die Gesellschafter Träger der Bestandrechte sind. Infolge des Eintrittes des Unternehmenserwerbers in das Mietverhältnis (5 Ob 11/84; Würth, aaO mwN) haben die Vorinstanzen zu Recht die Passivlegitimation der Beklagten verneint.
Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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