OGH 6Ob667/85

OGH6Ob667/8530.10.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch, Dr.Schobel, Dr.Riedler und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Grete A, Hauseigentümerin, Böheimkirchen, Dr.Eichhorn-Straße 3, vertreten durch Dr.Georg Thum, Rechtsanwalt in St.Pölten, wider die beklagte Partei B C BA KY D,

Masseur, Böheimkirchen, Neustiftgasse 36 a, vertreten durch Dr.Georg Krasser, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes St.Pölten als Berufungsgerichtes vom 3.Juli 1985, GZ.R 329/85-20, womit das Urteil des Bezirksgerichtes St.Pölten vom 5.April 1985, GZ.C 508/84 -16, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Berufungsgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, seinen Beschluß durch den Ausspruch zu ergänzen, ob der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteigt.

Text

Begründung

Die Klägerin beantragte unter Berufung auf § 1118 ABGB das Urteil, daß der zwischen den Parteien über näher bezeichnete Räume (samt Inventar) abgeschlossene Mietvertrag aufgehoben und der Beklagte verpflichtet sei, diese Räumlichkeiten von den persönlichen Fahrnissen geräumt der Klägerin zu übergeben.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Seinen Rechtskraftvorbehalt begründete es damit, daß Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO vorlägen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs des Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben, in eventu durch Urteil in der Sache selbst zu erkennen.

Die Klägerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Ob und inwieweit der Rekurs zulässig ist, kann noch nicht beurteilt werden.

Gemäß § 519 Abs. 2 ZPO darf das Berufungsgericht einen Rechtskraftvorbehalt nach § 519 Abs. 1 Z 3 ZPO nur aussprechen, wenn der Rekurs nicht schon nach § 528 Abs. 1 ZPO unstatthaft ist und es die Voraussetzungen des § 502 Abs. 4 ZPO für gegeben erachtet. Das Berufungsgericht hat, wenn es in seinem Aufhebungsbeschluß einen Rechtskraftvorbehalt anordnet und der Beschwerdegegenstand nicht in einem Geldbetrag besteht, in sinngemäßer Anwendung der §§ 526 Abs. 3, 500 Abs. 2 Z 1 und 3 ZPO in die Entscheidung einen Ausspruch darüber aufzunehmen, ob der von der Aufhebung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 15.000, bejahendenfalls auch, ob er S 300.000 übersteigt. Der Rechtskraftvorbehalt selbst ersetzt die erforderlichen Aussprüche über die Bewertung des Streitgegenstandes nicht, weil er an sich nur ausgesprochen werden darf, wenn der Streitwert den im § 500 Abs. 2 Z 1 ZPO genannten Schwellwert übersteigt, und der Oberste Gerichtshof außerdem gemäß § 526 Abs. 2 ZPO bei der Prüfung der Zulässigkeit des Rechtsmittels an einen Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 519 Abs. 1 Z 3 ZPO nicht gebunden ist, wohl aber an einen Bewertungsausspruch des Gerichtes zweiter Instanz (Petrasch in ÖJZ 1983, 201, RZ 1984/87 S 256, 8 Ob 575/84 ua.). Letzteres gilt allerdings nur dann, wenn die Bewertung des Berufungsgerichtes in im § 49 Abs. 2 Z 5 JN genannten Streitigkeiten nicht entgegen der Bestimmung des § 500 Abs. 2 Z 3 letzter Satz ZPO, die immer eine Bewertung über S 15.000 vorschreibt, erfolgt. Eine dieser Bestimmung widersprechende niedrigere Bewertung ist unbeachtlich. Deshalb bedarf es in den im § 49 Abs. 2 Z 5 JN genannten Streitigkeiten - eine solche liegt hier vor - zwar nicht schon dann eines Verbesserungsauftrages an das Berufungsgericht, wenn Ausspruch oder Ausführungen darüber fehlen, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000 übersteigt. Anders ist es aber, wenn Ausspruch oder Ausführungen darüber fehlen, ob der Wert des Streitgegenstandes auch S 300.000 übersteigt. Dies ist aber hier der Fall, weil sich aus den Ausführungen des Berufungsgerichtes, es lägen erhebliche Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO vor, nicht zwingend ergibt, daß das Berufungsgericht den Wert des Streitgegenstandes mit über S 300.000 festgesetzt hat. Durch den Ausspruch des Berufungsgerichtes, ob der Streitgegenstand S 300.000 (nicht) übersteigt, wird die überprüfung des Aufhebungsbeschlusses durch den Obersten Gerichtshof bestimmt, die sich dann, wenn der Wert S 300.000 nicht übersteigt, auf erhebliche Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zu beschränken hat. Es ist daher vom Berufungsgericht eine ausdrückliche Erklärung über diese Wertbestimmung zu verlangen. Die Nachholung des Ausspruches, ob der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteigt, war daher dem Berufungsgericht, dem es überlassen bleibt, auch den Ausspruch, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000 übersteigt, nachzuholen, aufzutragen.

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