Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die klagende A B AG befaßt sich (ua) mit der Abwicklung des nationalen und internationalen Fernschreibverkehrs.
Die beklagte C D E Ltd. (F) bemüht
sich seit dem Frühjahr 1984, in die Abwicklung des Telex-Verkehrs von Österreich nach übersee eingeschaltet zu werden. Sie hat deshalb an einen Großteil der österreichischen Fernschreibteilnehmer ein Fernschreiben gerichtet, welches (ua) nachstehende Werbebehauptungen enthält (Beilagen A, C):
'Mit Hilfe unseres Hauptbüros in DK und UK bietet F-Relay
1.) 41/30/25 Prozent Ersparnis auf allen Radio-Austria-Tarifen zu
S 72/54 und 40 pro Minute;
2.) bessere Abfertigung Ihrer Nachrichten, da Sie alle interkontinentalen Nachrichten nur an eine einfach zu erreichende
Nr. durchzugeben brauchen: der F-Relay Nummer in DK;
3.) eine detaillierte monatliche Analyse Ihrer TLX-Rechnung, welche zusammengefaßt Datum, Zielort und Kosten bekanntgibt.
Ergebnis - wesentlich geringere TLX-Kosten:
Radio Austria F-Relay übermittlungsk. Nettoersparnis
Tarif Tarif nach DK in S pro Min.
72,- 36,90 5,10 30,-
54,- 32,90 5,10 16,-
40,- 24,90 5,10 10,-
Wichtig: Keine zusätzlichen Kosten wie zum Beispiel
Einschreibegebühren.'
Die Klägerin sieht in diesen Behauptungen der Beklagten eine sittenwidrige vergleichende Werbung. Die Abfertigung der Nachrichten über die Klägerin sei in allen Fällen einfacher als über die Beklagte, weil der Teilnehmer entweder den gewünschten Korrespondenzpartner direkt anwählen oder aber die Anwahlhilfe 'Storetext' in Anspruch nehmen könne. Die Wahrung des Fernmeldegeheimnisses sei sichergestellt, weil die Fernschreiben weder gespeichert noch aufbewahrt würden. Auch die Klägerin übermittle ihren Teilnehmern eine Aufstellung der im jeweiligen Verrechnungszeitraum abgeschickten Fernschreiben und Telegramme, aufgeschlüsselt nach Telex-Nummer, Telegramm-Nummer und Einzelgebühren. Die beanstandete Werbung sei geeignet, den Betrieb der Klägerin zu schädigen, weil sie Fernschreibteilnehmer davon abhalten könne, den überseeverkehr auch weiterhin über die Klägerin abzuwickeln. Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches werde daher beantragt, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung im geschäftlichen Verkehr die oben angeführten oder ähnliche Behauptungen zu untersagen. Die Beklagte hat sich gegen den Sicherungsantrag ausgesprochen. Da sich ihr Sitz in Kopenhagen befinde, werde die inländische Gerichtsbarkeit ebenso bestritten wie die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes. Mit den hier beanstandeten, der Wahrheit entsprechenden Informationen habe die Beklagte nur einen sachlichen und objektiven Systemvergleich vorgenommen. Die Nennung des Namens der Klägerin könne schon deshalb nicht gegen die guten Sitten verstoßen, weil die Klägerin auf Grund ihrer Marktposition die Hauptanbieterin für die übermittlung fernschriftlicher Nachrichten nach übersee sei, so daß jede Werbemaßnahme eines Konkurrenten auch ohne Namensnennung sogleich auf die Klägerin bezogen werde. Die Qualität der beiderseitigen Leistungen sei nahezu gleich, das Leistungsvolumen der Beklagten jedoch wesentlich umfangreicher als das der Klägerin. Im übrigen fehle es auch an der Wiederholungsgefahr, weil die Beklagte in der Zwischenzeit die notwendigen Maßnahmen zur Berichtigung der beanstandeten Werbebehauptungen getroffen und dafür gesorgt habe, daß der Name der Klägerin künftig nicht mehr genannt werde. Da die beantragte Sicherungsmaßnahme mit einer erheblichen Beeinträchtigung der Interessen der Beklagten verbunden wäre, werde für den Fall der Erlassung der einstweiligen Verfügung beantragt, der Klägerin den Erlag einer Sicherheit von S 300.000,-- aufzutragen. Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab und nahm folgenden weiteren Sachverhalt als bescheinigt an:
In den beanstandeten Fernschreiben wird auch darauf verwiesen, daß sich in den letzten 12 Jahren die Telex-Tarife in Dänemark und Großbritannien anders entwickelt hätten als in den meisten anderen Ländern; die Tarife in Dänemark und Großbritannien seien im internationalen Verkehr wesentlich günstiger als der Tarif der Klägerin.
Nach der Einbringung der vorliegenden Klage hat die Beklagte den Text des beanstandeten Fernschreibens geändert und das solcherart neugefaßte Fernschreiben, in welchem der Name der Klägerin nicht mehr genannt wird (Beilage 2), an weitere 100 bis 200 österreichische Fernschreibteilnehmer verschickt.
Die in Beilage B angeführten Tarife der Klägerin entsprechen ebenso den Tatsachen wie die prozentuelle Ersparnis bei Inanspruchnahme der Dienste der Beklagten. Zwischen den Anwahlmodalitäten der Parteien bestehen nur geringfügige Unterschiede, ohne daß gesagt werden könnte, daß die hier vorgesehenen Formalitäten bei einer Partei wesentlich komplizierter wären als bei der anderen.
Rechtlich meinte das Erstgericht, daß die Beklagte nur beim Preisvergleich auf die Klägerin als ihre einzige Konkurrentin in Österreich verwiesen habe; die übrigen beanstandeten Werbeaussagen könnten weder nach ihrem Inhalt noch nach ihrer Gliederung als Vergleiche mit den Leistungen der Klägerin aufgefaßt werden. Die Gegenüberstellung der beiderseitigen Preise sei nicht sittenwidrig, weil das angesprochene Publikum die von der Beklagten bekanntgegebenen Preise in jedem Fall sogleich mit den Preisen der Klägerin vergleichen werde und deshalb der Klägerin aus der Nennung ihres Namens kein wie immer gearteter Nachteil entstehen könne. Die gegenteilige Auffassung würde zu dem untragbaren Ergebnis führen, daß die Beklagte die Preise der von ihr angebotenen Leistungen den interessierten Verkehrskreisen überhaupt nicht bekanntgeben dürfte. Das Rekursgericht verbot der Beklagten, die oben angeführten 'oder ähnliche, die Preise der Streitteile vergleichende und zugleich Vorzüge der eigenen Leistungen gegenüber denen der Klägerin anpreisende Behauptungen' zu verbreiten; zugleich sprach es aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 300.000,-- übersteigt. Das Rekursgericht nahm ergänzend als bescheinigt an, daß - anders als bei Vermittlung durch die Beklagte - bei Inanspruchnahme der Dienste der Klägerin die direkte Verbindung mit dem gewünschten Korrespondenzpartner hergestellt wird. Auf dieser tatsächlichen Grundlage erweise sich der Rekurs der Klägerin als berechtigt:
Entgegen der Ansicht der Beklagten sei die örtliche Zuständigkeit des Erstgerichtes zu bejahen, ebenso die inländische Gerichtsbarkeit; bei sinngemäßer Auslegung des § 83 c Abs 3 JN seien nämlich die beanstandeten Fernschreiben als 'vom Ausland abgesendete Schriften' anzusehen, die (ua) im Sprengel des Erstgerichtes verbreitet wurden. Daß der vorliegende Sachverhalt nach österreichischem Wettbewerbsrecht zu beurteilen ist, ergebe sich aus § 48 Abs 2 IPRG. Danach liege aber entgegen der Meinung des Erstgerichtes ein Wettbewerbsverstoß im Sinne des § 1 UWG vor:
Da die Klägerin ausdrücklich genannt worden sei, werde zumindest ein Teil der angesprochenen Verkehrskreise nicht nur den Preisvergleich, sondern auch die unmittelbar folgenden Werbebehauptungen auf die Klägerin - und nicht auf die früheren Leistungen der Beklagten - beziehen. Ein Preisvergleich und eine Bezugnahme auf einen bestimmten Mitbewerber seien aber selbst dann sittenwidrig, wenn damit eine wahrheitsgemäße Herausstellung der Vorteile der eigenen Leistungen gegenüber denen der Mitbewerber verbunden ist und dadurch der Eindruck entsteht, der Preis der Konkurrenzware sei überhöht. Sei darüber hinaus, wie hier, die mit dem Preisvergleich verbundene Hervorhebung der eigenen Leistungen gegenüber denen der Konkurrenz nicht einmal sachlich gerechtfertigt, weil die beiderseitigen Leistungen annähernd gleichwertig sind, dann verstoße die gesamte Ankündigung nicht nur gegen § 1, sondern auch gegen § 2 UWG. Ein weiteres Unlauterkeitsmerkmal liege im Verschweigen des Umstandes, daß bei der Klägerin - anders als bei der Beklagten - eine Direktverbindung mit dem Korrespondenzpartner hergestellt wird und auch ein Konferenz-Telexverkehr möglich ist. Die beanstandeten Behauptungen der Beklagten müßten deshalb als sittenwidrige vergleichende Werbung qualifiziert werden. Da die Beklagte den Unterlassungsanspruch der Klägerin nicht anerkannt, sondern die Auffassung vertreten habe, mit den beanstandeten Werbebehauptungen rechtmäßig gehandelt zu haben, bestehe auch die Wiederholungsgefahr weiter fort. Dem Sicherungsbegehren der Klägerin sei daher stattzugeben, zugleich aber dem Spruch der einstweiligen Verfügung durch eine am Inhalt des Antrages orientierte Einschränkung des Begriffes 'ähnliche Behauptungen' eine übersichtlichere und bestimmtere Fassung zu geben gewesen. Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag auf Wiederherstellung des abweisenden Beschlusses der ersten Instanz.
Die Klägerin hat keine Rekursbeantwortung erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Auf die Ausführungen der Beklagten zur (vermeintlichen) 'unrichtigen Sachverhaltsfeststellung und unrichtigen Beweiswürdigung' ist schon deshalb nicht weiter einzugehen, weil der vom Rekursgericht als bescheinigt angenommene Sachverhalt einer überprüfung durch den Obersten Gerichtshof - welcher auch im Provisorialverfahren nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz ist - entzogen ist (SZ 22/40; ÖBl 1971, 156; ÖBl 1980, 41; ÖBl 1980, 138; ÖBl 1983, 74 uva).
Die von der Beklagten geltend gemachten Verfahrensmängel liegen nicht vor (§ 528 a in Verbindung mit § 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Auch die Rechtsrüge der Beklagten ist nicht begründet. Das Rekursgericht hat den als bescheinigt angenommenen Sachverhalt rechtlich richtig beurteilt; zur Vermeidung von Wiederholungen kann deshalb zunächst auf die ausführliche und schlüssige Begründung des angefochtenen Beschlusses verwiesen werden. Was im Revisionsrekurs dagegen vorgebracht wird, ist nicht stichhältig:
Soweit die Beklagte abermals die örtliche Zuständigkeit des
angerufenen Gerichtes und zugleich auch das Vorliegen der
inländischen Gerichtsbarkeit bezweifelt, ist sie auf § 83 c Abs 1
Satz 3 JN zu verweisen, welcher für Klagen aus gewerblichem
Rechtsschutz gegen Personen, die im Inland weder ein Unternehmen
noch einen allgemeinen Gerichtsstand haben, subsidiär jenes Gericht
für zuständig erklären, in dessen Sprengel die Handlung begangen worden ist. Daß die hier beanstandeten, aus Dänemark einem Großteil der österreichischen Fernschreibteilnehmer übermittelten Fernschreiben bei ausdehnender, am Regelungszweck orientierter Interpretation des § 83 c Abs 3 JN als 'vom Ausland abgesendete Schriften, Druckwerke oder andere Gegenstände' anzusehen sind, deren Ankunft im Inland jeden Ort, an dem sie hier einlangen, zum Begehungsort im Sinne des ersten Absatzes dieser Gesetzesstelle macht, hat schon das Rekursgericht zutreffend ausgeführt. Rechtsstreitigkeiten um einen Wettbewerbsverstoß, der im Inland begangen worden ist oder sich auf dem österreichischen Markt auswirkt, können in jedem Fall vor einem österreichischen Gericht geführt werden (Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Allgemeiner Teil 111 f RN 911; Seber, Der Umfang der österreichischen inländischen Gerichtsbarkeit für Klagen im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, ZfRV 1983, 270 ff 278 f, 283).
Unrichtig ist auch die Rechtsansicht der Beklagten, die beanstandeten Werbebehauptungen seien keine unzulässige vergleichende Werbung, sondern ein zulässiger Systemvergleich. Nach ständiger Rechtsprechung verstößt die sogenannte vergleichende Werbung dann gegen die guten Sitten, wenn sie gleichzeitig einen Hinweis auf die Minderwertigkeit der Waren oder Leistungen eines oder mehrerer bestimmter, namentlich genannter oder doch deutlich erkennbarer Mitbewerber enthält, mag dieser Hinweis auch den Tatsachen entsprechen (ÖBl 1982, 12 mit weiteren Nachweisen). In den hier beanstandeten Schreiben hat die Beklagte nicht nur ihre eigenen Telex-Tarife als 'wesentlich günstiger als die Radio-Austria-Tarife' bezeichnet und diese Behauptung durch eine Gegenüberstellung der Tarife der Klägerin mit ihren eigenen, entsprechend niedrigeren Tarifen anschaulich gemacht, sondern darüber hinaus auch noch andere Vorteile ihres Angebotes - vor allem die bessere Abfertigung der Nachrichten und die übermittlung einer detaillierten monatlichen Analyse der Telex-Rechnung - gegenüber den Leistungen der Klägerin hervorgehoben. Ein solcher Vergleich, mit dem die Preise sowie sonstige Vorzüge der eigenen Leistungen denen eines bestimmten Mitbewerbers gegenübergestellt werden, begründet einen Verstoß gegen § 1 UWG (ÖBl 1982, 12 mit weiteren Nachweisen). An diesem Ergebnis kann der von der Beklagten mehrfach hervorgehobene Umstand nichts ändern, daß die Klägerin ihre einzige Konkurrentin auf dem österreichischen Markt ist: Von einer 'Ausschaltung des freien Leistungswettbewerbs' kann hier entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Meinung schon deshalb nicht gesprochen werden, weil es der Beklagten selbstverständlich auch weiterhin unbenommen bleibt, in ihrer Werbung wahrheitsgemäße Angaben über die von ihr angebotenen Leistungen und deren Preise zu machen, mögen auch alle diese Angaben von den mit der Marktsituation vertrauten Interessenkreisen sogleich auf die Klägerin bezogen und mit deren Preis- und Leistungsangebot verglichen werden; der Beklagten ist es lediglich untersagt, einen derartigen Vergleich selbst vorzunehmen und die Werbung für ihr eigenes Unternehmen mit einem - wenngleich wahrheitsgemäßen - Hinweis auf die Nachteile des Angebotes der Klägerin zu verbinden.
Schließlich kann der Beklagten auch insoweit nicht gefolgt werden, als sie weiterhin das Bestehen einer Wiederholungsgefahr bestreitet und in diesem Zusammenhang auf die - nach der Einbringung dieser Klage veranlaßte - Änderung des beanstandeten Fernschreibens hinweist. Nach ständiger Rechtsprechung (ÖBl 1982, 102 mit weiteren Nachweisen; ÖBl 1984, 161) kann nämlich die materiellrechtliche Anspruchsvoraussetzung der Wiederholungsgefahr nur dann verneint werden, wenn der Verletzer besondere Umstände dartut, die eine Wiederholung seiner gesetzwidrigen Handlung als ausgeschlossen oder doch zumindest äußerst unwahrscheinlich erscheinen lassen. Eine solche Gewähr für das Unterbleiben künftiger Wettbewerbsverstöße besteht aber in der Regel dann nicht, wenn der Beklagte - wie hier - im Rechtsstreit weiterhin die Auffassung vertritt, er sei zu der beanstandeten Handlung berechtigt gewesen.
Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Beschlusses.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50, 52 ZPO in Verbindung mit §§ 78, 402 Abs 2 EO; die Klägerin hat keine Revisionsrekursbeantwortung erstattet.
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