OGH 11Os146/85

OGH11Os146/8529.10.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 29.Oktober 1985 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Wolf als Schriftführer in der Strafsache gegen Rudolf A wegen des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15, 269 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Schöffengericht vom 26.Juni 1985, GZ 1 d Vr 952/84-23, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Kodek, des Angeklagten Rudolf A und des Verteidigers Dr. Fleischanderl zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß die verhängte Freiheitsstrafe auf 4 (vier) Monate herabgesetzt wird. Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 4.September 1956 geborene, zuletzt beschäftigungslose Kellner Rudolf A der Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15, 269 Abs. 1 StGB (Punkt I/1 des Urteilssatzes) und der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs. 1 StGB (Punkt I/2 des Urteilssatzes) schuldig erkannt; von einem weiteren Anklagepunkt wurde er gemäß dem § 259 Z 3 StPO rechtskräftig freigesprochen (Punkt II des Urteilssatzes). Inhaltlich des Schuldspruches (I) hat Rudolf A in Langenlois

1./ am 24.Juli 1984 in Gesellschaft mit dem gesondert verfolgten Manfred B vorsätzlich Beamte mit Gewalt an einer Amtshandlung zu hindern versucht, indem er den Gendarmeriebeamten Leopold C mit den Händen am Hals erfaßte bzw in den 'Schwitzkasten' nahm, während der gesondert verfolgte Manfred B den Gendarmen Anton D gewaltsam an dem Arm erfaßte, mit welchem Anton E den Angeklagten festhielt, um ihn gemeinsam mit Inspektor C nach vorangegangener Festnahme wegen einer Anzeige nach dem § 5 StVO zur Klärung des Sachverhaltes bzw zur niederschriftlichen Vernehmung im Gendarmeriefahrzeug zum Gendarmerieposten zu eskortieren, und den Beamten in weiterer Folge vom Angeklagten fortzuzerren trachtete, sodaß erst nach Eintreffen eines weiteren Gendarmeriebeamten der Widerstand gebrochen und die Amtshandlung fortgeführt werden konnte;

2./ am 13.April 1984 den Leopold C durch die öußerung:

'Wegen dir, Arschloch, mußte ich 8.000 S Strafe zahlen, ich schwör dir, wenn du mich noch einmal anzeigst, mach ich dich kalt', bzw er werde ihn zusammenschlagen, vorsätzlich gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Der Angeklagte Rudolf A bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und den Strafausspruch mit Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu. In der den Schuldspruch wegen versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt betreffenden Mängelrüge wird behauptet, daß die Angaben des Zeugen Leopold C in der Hauptverhandlung auf eine ungewollte Vornahme des vom Angeklagten gegen den Gendarmeriebeamten angewendeten Umklammerungsgriffes hingewiesen hätten. Dabei versucht der Beschwerdeführer jedoch, der Aussage (S 178 ff d.A) einen geradezu gegenteiligen Sinn zu unterstellen, weil der Zeuge das damalige Verhalten des Angeklagten ausdrücklich als 'aktiven Widerstand' charakterisierte und von einem 'echten Nehmen' (S 181 d.A) sowie von 'Erfassen' (S 183 d.A) sprach. Dieses Beweisergebnis bot demnach keinen Anhaltspunkt für die in der Beschwerde als lebensnah bezeichnete Möglichkeit, daß der Gendarmeriebeamte unwillkürlich in den als 'Schwitzkasten' bezeichneten Haltegriff des Angeklagten geraten sein könnte, weshalb die der Sache nach relevierte Unvollständigkeit der Entscheidungsgründe nicht vorliegt.

Bei der gegen den Schuldspruch wegen versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt erhobenen Rechtsrüge geht der Angeklagte nicht vom Urteilssachverhalt aus, weshalb die Beschwerde insoweit der gesetzmäßigen Darstellung einer materiellrechtlichen Nichtigkeit entbehrt. Gegenstand des Schuldspruches ist nämlich eine Widerstandshandlung gegen die Vollziehung der Festnahme des Angeklagten, nicht aber - wie in der Beschwerde unterstellt wird - gegen die Vornahme eines Alkotests.

In gleicher Weise versagt der gegen den Schuldspruch wegen gefährlicher Drohung erhobene und ebenfalls auf eine Nichtigkeit im Sinn der Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO abzielende Einwand, daß die Tathandlung eine milieubedingte Unmutsäußerung gewesen sei. Ob eine Willensbekundung, die ihrem objektiven Inhalt nach einer gefährlichen Drohung entspricht, als bloße Triebentladung oder als Ausdruck des Zorns gar keine echte Ankündigung des darin genannten übels darstellen soll, ist eine auf der Ebene der Tatsachenfeststellungen zu lösende Frage nach dem gewollten Sinn und der Tragweite einer öußerung (Mayerhofer-Rieder, StGB 2 , E Nr 51 zu § 74). In dieser Beziehung konstatierte das Schöffengericht aber eindeutig die ('volle') Absicht des Angeklagten, Leopold C durch die ausgesprochene Ankündigung in Furcht und Unruhe zu versetzen (S 226 d.A), weshalb die Darlegungen über die Wertung des Vorfalls als bloße Unmutsäußerung von den maßgeblichen Urteilsannahmen abweichen und lediglich eine prozeßordnungswidrige, unbeachtliche Kritik an der Beweiswürdigung der Tatsacheninstanz üben.

Die ferner vom Beschwerdeführer aufgeworfene Rechtsfrage nach der Eignung der inkriminierten öußerung, dem Bedrohten mit Rücksicht auf die Verhältnisse und die Wichtigkeit des angedrohten übels begründete Besorgnisse einzuflößen (§ 74 Z 5 StGB), wurde vom Erstgericht zutreffend gelöst. In dieser Hinsicht ist eine objektive Beurteilung vorzunehmen und an Hand eines Durchschnittsmaßstabes darauf abzustellen, ob der Bedrohte unter den Gegebenheiten des Anlaßfalles bei unbefangener Betrachtung der Situation den Eindruck zu gewinnen vermochte, der Täter sei willens und in der Lage, das angekündigte übel tatsächlich herbeizuführen (Leukauf-Steininger, StGB 2 , RN 18 zu § 74). Das unter diesen Aspekten zu prüfende (festgestellte !sh S 226 d.A ) Verhalten konnte aber für Leopold C Anlaß zur Befürchtung bieten, der Angeklagte werde ihm eine Körperverletzung zufügen, weshalb der Subsumtion als gefährliche Drohung der reklamierte Rechtsirrtum nicht anhaftet. Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 269 Abs. 1 StGB unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen und die einschlägigen Vorstrafen, als mildernd den relativ geringen Schuldgehalt beim Delikt nach dem § 269 StGB und den Umstand, daß diese Tat beim Versuch blieb. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung und bedingte Nachsicht der über ihn verhängten Freiheitsstrafe an. Der Berufung kommt teilweise Berechtigung zu.

Zwar kann dem Berufungswerber, der meint, das Erstgericht habe weitere Milderungsgründe übersehen, nicht gefolgt werden, zumal Sorgepflichten als besondere für eine Strafermäßigung sprechende Umstände nicht in Betracht kommen (siehe Leukauf-Steininger 2 RN 29 zu § 34 StGB). Die Strafzumessungsgründe wurden vielmehr in erster Instanz richtig und vollständig angeführt.

Es ist allerdings dem Berufungswerber beizupflichten, daß der Schöffensenat die festgestellten Strafzumessungsgründe nicht entsprechend würdigte, insbesondere dem von ihm selbst erkannten Umstand, daß dem strafnormierenden Delikt ein verhältnismäßig geringer (Unrechts- und) Schuldgehalt eignet, offenbar nicht die gebührende Bedeutung beimaß. Nach den Umständen dieses Falles erscheint nämlich eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von vier Monaten auch bei Rücksichtnahme auf das getrübte Vorleben des Angeklagten als Sanktion für die zu ahndenden Verfehlungen ausreichend. Insoweit war daher der Berufung Folge zu geben.

Dem weiteren Begehren auf Gewährung bedingter Strafnachsicht konnte allerdings mit Rücksicht auf die einschlägige Vorstrafenbelastung nicht näher getreten werden.

Mithin war spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

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