OGH 9Os159/85

OGH9Os159/8523.10.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 23.Oktober 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Zimmermann als Schriftführer in der Strafsache gegen Leopold A wegen des Vergehens des Hausfriedensbruches nach § 109 Abs. 1, Abs. 3 Z. 1 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom 2.August 1985, GZ. 11 a Vr 179/85-22, sowie über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 7.Mai 1985, GZ. 11 a Vr 179/85-20, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Nach Verkündung des oben bezeichneten Urteils meldeten der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft jeweils 'Berufung wegen Strafe' an. Nach Zustellung einer Urteilsausfertigung an den Verteidiger am 19.Juli 1985 brachte dieser am 31.Juli 1985 die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung zur Ausführung. Die Anklagebehörde zog ihre Berufung zurück.

Mit dem angefochtenen Beschluß wurde hierauf die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen und dies im wesentlichen damit begründet, daß der Angeklagte weder bei der Urteilsverkündung noch später ein derartiges Rechtsmittel angemeldet habe. Die dagegen vom Angeklagten erhobene Beschwerde ist nicht begründet.

Rechtliche Beurteilung

Darin, daß der Angeklagte nach Urteilsverkündung lediglich das Rechtsmittel der Berufung anmeldete, kann zwar - und hierin ist der Beschwerde durchaus beizutreten - gewiß kein Verzicht auf weitere Rechtsmittel erblickt werden (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO. 2 , § 285 a Nr. 13) und es wäre mithin dem Angeklagten freigestanden, innerhalb der dreitägigen Frist des § 284 Abs. 1 StPO. die Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde nachzuholen. Da er dies aber unterließ und die Beschwerde sohin von einer Person ausgeführt wurde, der dieses Rechtsmittel demnach nicht zusteht, verfiel deren Ausführung gemäß § 285 a Z. 1 StPO. zu Recht der Zurückweisung. In eine meritorische Erörterung der Frage, ob vorliegend das Strafgesetz zum Nachteil des Angeklagten unrichtig angewendet wurde, war nicht einzutreten, weil § 290 Abs. 1 StPO. eine derartige Prüfung allein 'aus Anlaß einer Nichtigkeitsbeschwerde' vorsieht, gegenständlich aber bloß über eine Beschwerde nach § 285 b StPO. zu befinden war.

Nur der Vollständigkeit halber sei jedoch bemerkt, daß nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs (vgl. 12 Os 180/76; Kienapfel BT I 2 RN. 64, 65, Leukauf-Steininger Komm. 2 , RN. 32; a.M. Bertl in WK. RN. 48 und 51, jeweils zu § 109) mit Rücksicht auf die Unterschiedlichkeit der geschützten Rechtsgüter echte Konkurrenz zwischen § 109 und §§ 83 ff., 125 f. StGB. durchaus in Betracht kommt. Bei der Zitierung des § 109 Abs. 1 StGB. im Urteilsspruch hingegen handelt es sich ersichtlich bloß um ein Vergreifen im Ausdruck. Lassen doch die Entscheidungsgründe (die zur Auslegung eines mißverständlich gefaßten Urteilsspruchs herangezogen werden können; vgl. Mayerhofer-Rieder StPO. 2 § 260 Nr. 2 a) keinen Zweifel daran, daß der Angeklagte nur wegen eines Vergehens, nämlich des nach § 109 Abs. 3 StGB., schuldig erkannt wurde. Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten waren die Akten gemäß § 285 b Abs. 6 StPO. dem zuständigen Gerichtshof zweiter Instanz zuzuleiten.

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