Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der zur Tatzeit etwas mehr als siebzehn Jahre alt gewesene (damalige) Rohrschlosserlehrling Dietmar A der Vergehen der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen nach § 81 Z 2 StGB sowie der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und Abs 3 (mit Bezug auf § 81 Z 2) StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er am 23.April 1983 im Gemeindegebiet St.Pantaleon/Erla als Lenker eines Mopeds, auf dessen Sozius Herbert B mitfuhr, durch das überholen eines von Harald C
gelenkten anderen Mopeds in einem zu geringen Seitenabstand, wobei letzterer mit seinem Fahrzeug nach links geriet und mit dem Rückspiegel den rechten Ellbogen des Angeklagten derart berührte, daß alle Unfallbeteiligten stürzten, fahrlässig den Tod des C sowie eine leichte Verletzung des B, nämlich Abschürfungen an einem Knie, herbeigeführt, nachdem er sich vor der Tat durch den Genuß von zwei Liter Bier fahrlässig in einen die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand (mit einem Blutalkoholgehalt von etwa 1,8 %o) versetzt und dabei vorhergesehen hatte, daß ihm noch das Lenken seines Kraftfahrzeuges bevorgestanden war.
Rechtliche Beurteilung
Der auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen dieses Urteil kommt keine Berechtigung zu.
Formelle Begründungsmängel des Urteils (Z 5) in Ansehung der Feststellung, daß B und er schon rund eineinhalb Kilometer vor der späteren Kollisionsstelle ein beträchtliches Schwanken CS, der die gleiche Menge Bier konsumiert hatte wie sie und in einem Abstand von etwa 200 m vor ihnen vom Gasthaus weggefahren war, bemerkt sowie beschlossen hatten, jenen möglichst rasch einzuholen und auf die mit seiner Fahrweise verbundene Gefahr aufmerksam zu machen (US 4), vermag der Beschwerdeführer ncht aufzuzeigen. Soweit er eine im Vergleich zur dahin gegangenen Darstellung des Zeugen B in der neu durchgeführten Hauptverhandlung stärkere Beweiskraft von dessen ursprünglichen Angaben vor der Gendarmerie und in der ersten Verhandlung darzutun sucht, mit denen letzterer eine derartige Wahrnehmung vorerst nicht erwähnt und in der Folge sogar bestritten hatte, ficht er nur nach Art und Zielsetzung einer im schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung unzulässigerweise die erstinstanzliche Beweiswürdigung an.
Von einem zudem behaupteten inneren Widerspruch im Urteil aber kann jedenfalls keine Rede sein, weil ihm das Erstgericht an anderer Stelle keineswegs konzedierte, daß er das Schwanken des vor ihm gefahrenen C allenfalls nicht gesehen haben könnte, sondern mit der solcherart relevierten Passage (US 10) lediglich hypothetisch auch diesen Fall einer rechtlichen Beurteilung unterzog, ohne damit von der in Rede stehenden gegenteiligen Konstatierung abzurücken. Nicht gesetzmäßig ausgeführt ist die Rechtsrüge (Z 9 lit a) des Angeklagten insoweit, als er dabei von der Annahme ausgeht, er hätte im Fall eines nicht auszuschließenden ruckartigen Verreißens des von C gelenkten Mopeds selbst bei 2 m Seitenabstand 'keine Chance' gehabt, den Unfall zu verhindern; denn nach den - entgegen den Beschwerdeausführungen durchaus auch mit dem (im Detail sinnentstellend zitierten) Sachverständigengutachten (S 146 f. in ON 3, S 47 f.) im Einklang stehenden - Urteilsfeststellungen wäre bei der tatsächlichen Fahrweise des Genannten im Fall eines derartigen Seitenabstands sehr wohl ein promptes Brems- oder Lenkmanöver des Beschwerdeführers 'noch unfallvermindernd oder -verhindernd wirksam geworden' (US 5 f., 8). Materiellrechtliche Nichtigkeitsgründe können jedoch nur durch einen Vergleich des im Urteil als erwiesen angenommenen Sachverhalts mit dem darauf angewendeten Gesetz prozeßordnungsgemäß dargestellt werden. Rechtsirrig hinwieder ist die Beschwerdeauffassung (Z 9 lit a), der vom Angeklagten beim überholen des C eingehaltene Seitenabstand von (maximal, im Zweifel aber jedenfalls) 1,40 m sei nach Lage des Falles ausreichend gewesen. In dieser Frage ist nämlich der Auffassung des Erstgerichtes, daß beim überholen eines für den Täter bekanntermaßen und überdies durch eine auffallend schwankende Fahrweise ersichtlich alkoholisierten Lenkers eines einspurigen, also schon an sich labilen Kraftfahrzeugs zur Nachtzeit mit einer Geschwindigkeit von etwa 40 km/h durch einen seinerseits gleichfalls nicht unerheblich alkoholbeeinträchtigten Lenker eines ebenfalls einspurigen Kraftfahrzeugs, auf dessen Sozius eine gleichermaßen unter Alkoholeinfluß stehende weitere Person mitfährt, zur Ausschaltung der Gefahr einer Kollision im Sinn des § 15 Abs 4 StVO die Einhaltung eines Seitenabstands im Ausmaß von zumindest 2 m erforderlich ist, vollauf beizupflichten. Damit erübrigt sich eine Erörterung (Z 9 lit a) der vom Jugendschöffengericht zudem vertretenen Auffassung, der Beschwerdeführer hätte den überholvorgang überdies durch ein Warnzeichen anzeigen müssen; denn bei einem ihm allenfalls anzulastenden Verstoß auch gegen eine dahingehende Verpflichtung würde es sich nach dem Gesagten lediglich um eine zusätzliche Fahrlässigkeitskomponente handeln, die weder für die Schuldfrage noch für die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes von Belang ist (vgl JBl 1983, 659; 10 Os 65/85 ua).
Mit dem Einwand schließlich, daß ihn das Erstgericht nur zu einer Zusatzstrafe (§ 31, 40 StGB) hätte verurteilen dürfen, macht der Angeklagte weder den reklamierten (Z 10) noch sonst einen Nichtigkeitsgrund, sondern vielmehr einen bei der überprüfung des gleichfalls bekämpften Strafausspruchs im Rahmen der Berufung zu berücksichtigenden Umstand geltend.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 28, 81 StGB, § 11 JGG zu fünf Monaten Freiheitsstrafe. Dabei wertete es seine Vorverurteilung wegen § 83 Abs 1 StGB und die Deliktshäufung als erschwerend, das Mitverschulden des Getöteten hingegen als mildernd. Im Hinblick auf die einschlägige Vorstrafe des Angeklagten und darauf, daß er schon öfter solche gefährliche Gasthaustouren mit dem Fahrzeug unternommen hatte, sowie darauf, daß solche Verhaltensweisen in seinem Bekanntenkreis und auch allgemein weit verbreitet seien, nahm es von der Gewährung bedingter Strafnachsicht Abstand.
Der Berufung des Angeklagten, mit der er der Sache nach eine Strafherabsetzung, die Verhängung einer Geldstrafe anstatt einer Freiheitsstrafe sowie die Anwendung des § 43 StGB anstrebt, kommt gleichfalls keine Berechtigung zu.
Verfehlt ist die Auffassung des Berufungswerbers, daß er mit Bezug auf das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 20.September 1984, GZ 24 Vr 247/84-14b, nur zu einer Zusatzstrafe hätte verurteilt werden dürfen. Denn die dazu erforderliche Voraussetzung (§ 31 StGB), daß er mit dem relevierten Vor-Urteil 'bereits zu einer Strafe verurteilt' worden sein müßte, liegt nicht vor, weil damit der Ausspruch einer von ihm verwirkten Strafe nach § 13 JGG vorläufig aufgeschoben worden war. Dementsprechend ist ihm aber auch die betreffende Vor- (besser: Zwischen-) Verurteilung - die im Fall einer Anwendbarkeit der § 31, 40 StGB als Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen zu berücksichtigen gewesen wäre - mit Recht als erschwerend angelastet worden; lediglich seine Unbescholtenheit zur Tatzeit ist ihm allerdings zusätzlich als mildernd zugute zu halten. Das Mitverschulden des Unfallsopfers dagegen hat das Jugendschöffengericht ohnehin als Milderungsumstand gewertet und der Bedeutung nach durchaus zutreffend ins Kalkül gezogen.
Auch nach Maßgabe der korrigierten Strafzumessungsgründe erweist sich die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten bei einem nach § 11 Z 2 JGG reduzierten Rahmen bis zu eineinhalb Jahren (§ 81 StGB) nach seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) als angemessen. Die Verhängung einer Geldstrafe (§ 37 Abs 1 StGB) oder die Gewährung bedingter Strafnachsicht (§ 43 Abs 1 StGB) kamen aus den vom Erstgericht angeführten Gründen der Spezial- und Generalprävention gleichfalls nicht in Betracht. Daß der Unfallstod seines Freundes keinen ausreichenden spezialpräventiven Effekt erzielt hat, erhellt augenscheinlich daraus, daß er sich kaum fünf Monate später zu einer keineswegs geringfügigen Gewalttätigkeit hinreißen ließ, die zu seiner Verurteilung nach § 83 Abs 1 StGB führte, und in bezug auf die Erfordernisse der Generalprävention schließt sich der Oberste Gerichtshof im Kern vollauf den erst jüngst veröffentlichten Argumenten Schmids (RZ 1985, 181 ff.; ebenso OLG Wien, RZ 1985, 183 f.) an, denen insoweit nichts hinzuzufügen ist.
Der Berufung mußte daher ebenfalls ein Erfolg versagt bleiben.
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