OGH 3Ob571/85

OGH3Ob571/8516.10.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Brigitte L i t s c h a u e r , Universitätsassistentin, 1070 Wien, Kaiserstraße 94/21, vertreten durch Dr. Markus Freund, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1) Hermine A, Hauseigentümerin, 1070 Wien, Kaiserstraße 94, 2) B. C D E,

1040 Wien, Favoritenstraße 24/10, 3) Friederike A, Hauseigentümerin, 1070 Wien, Kaiserstraße 94, und 4) Rudolf A, Hauseigentümer, 1190 Wien, Pantzergasse 27, alle vertreten durch F G H M.B.H., I, 1070 Wien,

Zieglergasse 6, diese vertreten durch Dr. Herbert Machatschek, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 38.848,- s.A. infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 10. Jänner 1985, GZ. 41 R 967/84-20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 19. Juli 1984, GZ. 47 C 383/83-15, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 3.635,70 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 308,70 Umsatzsteuer und S 240,- Barauslagen) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Mietvertrag vom 1.3.1983 mietete die Klägerin von den vier Beklagten eine Wohnung in deren Haus in Wien 7., Kaiserstraße 94, um den Hauptmietzins von S 302,50 monatlich. Auf Grund eines Verfahrens auf Hauptmietzinserhöhung gemäß § 7 MietenG, auf das im Mietvertrag hingewiesen wurde, beträgt aber der erhöhte Hauptmietzins derzeit S 987,92. Da die Klägerin zwar wegen ihres Studiums die Wohnung in Wien benötigt, andererseits aber in Salzburg wohnte und auch ein Auslandsstipendium im Gespräch war, war sie an einem Untermietrecht interessiert. Mit einer Zusatzvereinbarung räumten daher die Beklagten der Klägerin auf die Dauer von 5 Jahren das Recht ein, im Falle ihrer Ortsabwesenheit in die gemietete Wohnung einen Untermieter aufzunehmen. Die Beklagten sollten dagegen nur in der Person des Untermieters liegende Einwendungen erheben können.

Bei Mietvertragsabschluß bezahlte die klagende Partei an die beklagten Parteien einen Betrag von S 38.848,-. Dieser Betrag war nicht für die Erlangung der Wohnung bezahlt worden, sondern für die Einräumung des Untervermietrechtes (im Ersturteile ist hier etwas widersprüchlich von 'Mietrecht' die Rede).

Auf Grund dieses jetzt nicht mehr strittigen Sachverhaltes begehrt die klagende Partei die Rückforderung der ihrer Ansicht nach unzulässigen Ablöse von S 38.848,- samt Anhang. Die beklagten Parteien sind der Auffassung, sie müßten den Betrag von S 38.848,-

nicht zurückerstatten und beantragten die Abweisung der Klage. Das Erstgericht wies die Klage ab.

Es vertrat die Ansicht, daß die Voraussetzungen des § 27 Abs 2 lit b MRG erfüllt seien, weil der strittige Betrag für den Verzicht des Vermieters auf den Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 4 und 6 MRG bezahlt worden sei und konkrete Umstände dafür nachgewiesen seien, daß der Abschluß des Mietvertrages für die Klägerin ohne einen solchen Verzicht sinnlos gewesen wäre. Der Betrag übersteige auch nicht den Hauptmietzins für 10 Jahre, wobei nicht vom reinen Kategoriemietzins, sondern vom wirklichen und zulässigen Hauptmietzins ausgegangen werden müsse. Selbst wenn man aber nur vom Kategoriemietzins ausgehe, seien S 36.300,- für den Kündigungsverzicht und die restlichen S 2.548,- immerhin für das zusätzlich eingeräumte Untervermietrecht anzurechnen. übrigens würde auch dieses Recht allein schon die Forderung eines Entgelts rechtfertigen.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil im Sinn einer Klagsstattgebung ab.

Es war der Auffassung, daß die festgestellte Zusatzvereinbarung den Ausnahmetatbestand des § 27 Abs 2 lit b MRG nicht erfülle. Die Zusatzvereinbarung enthalte nämlich in Wahrheit keinen Verzicht des Vermieters auf die im Gesetz genannten Kündigungsgründe, sondern die Beklagten seien nur für die Dauer von 5 Jahren gebunden. Für einen so eingeschränkten Kündigungsverzicht könne aber der im Gesetz genannte Betrag nicht gefordert werden. Das für die Dauer von 5 Jahren eingeräumte Recht stelle keine Gegenleistung dar, weil der klagenden Partei dieses Recht auch ohne Zusatzvereinbarung zugestanden hätte.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die Revision zulässig sei und begründete diesen Ausspruch mit dem Fehlen einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Anwendung des § 27 Abs 2 lit b MRG auf einen befristeten Kündigungsverzicht.

Rechtliche Beurteilung

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der beklagten Parteien wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne einer Wiederherstellung des Urteiles des Erstgerichtes abzuändern.

Die klagende Partei beantragt, der Revision keine Folge zu geben. Die Revision ist zulässig, weil zur Frage der Zulässigkeit eines Entgeltes für die Gestattung einer Untervermietung nur widersprechende Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes aus älterer Zeit und zur Anwendung des § 27 Abs 2 lit b MRG überhaupt noch keine Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes vorliegen.

Der Revision kommt aber keine Berechtigung zu.

Gemäß § 27 Abs 1 Z 5 MRG sind unter anderem Vereinbarungen ungültig und verboten, wonach der Vermieter sich gegen die guten Sitten Leistungen versprechen läßt, die mit dem Mietvertrag in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen.

Gemäß § 27 Abs 2 lit b MRG fallen darunter aber nicht Beträge, die beim Abschluß des Mietvertrages vom Mieter für den Verzicht des Vermieters auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 und 6 MRG gezahlt werden, sofern die konkreten Umstände die für den Mieter schon damals den Abschluß des Mietvertrages ohne einen solchen Verzicht sinnlos gemacht hätten, nachgewiesen werden und der für den Verzicht gezahlte Betrag den Hauptmietzins für 10 Jahre nicht übersteigt.

Der Sinn der Bestimmung des § 27 Abs 2 lit b MRG liegt darin, daß für die Genehmigung der Weitergabe und der Nichtbenützung erlaubterweise ein der Höhe nach limitierter Betrag bezahlt werden kann, sofern die dort genannten Kündigungsgründe wegen der besonderen Interessenlage des Mieters (z.B. voraussichtlicher Aufenthalt im Ausland) ausgeschlossen werden sollen (vgl. Würth-Zingher, Anm. 4 zu § 27 MRG). Sowohl der Wortlaut dieser Bestimmung ('und' und nicht 'oder') als auch der Zweck der Regelung erfordern die Auslegung, daß der Vermieter auf beide genannten Kündigungsgründe verzichten muß. Nur dann erhält der Mieter einen wirklich wirksamen zusätzlichen Kündigungsschutz. Wenn bei fehlendem gegenwärtigen dringenden Bedarf zwar untervermietet werden darf, nicht aber das Recht zusteht, die Wohnung unbenützt leerstehen zu lassen, kommt der Mieter mehr oder weniger in die Zwangslage, einen Untermietvertrag abschließen zu müssen, hat aber dann bei wieder entstehendem Bedarf das schwierige Problem zu gewärtigen, den Untermieter unter Umständen nicht rechtzeitig zur Räumung zwingen zu können. Steht ihm zwar das Recht der Nichtbenützung nicht aber jenes der Untervermietung zu, kann der Mieter mit doppelten Wohnungskosten belastet werden, die seine finanzielle Leistungsfähigkeit überschreiten.

§ 27 Abs 2 lit b MRG ist im übrigen eine Ausnahmebestimmung, sodaß auch deshalb kein Anlaß zu einer ausdehnenden Interpretation besteht.

Einen solchen Verzicht auf den Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 4 MRG und auf den Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z. 6 MRG haben aber die beklagten Parteien sicher nicht erklärt. Dabei muß nicht näher untersucht werden, ob das tatsächlich eingeräumte Untervermietrecht überhaupt einen Verzicht auf den Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 4 MRG in sich schließt; denn das Recht, die Wohnung auch bei einer nicht nur vorübergehenden Abwesenheit im Sinne des § 30 Abs 2 Z. 6 MRG leerstehen zu lassen, wurde der klagenden Partei keinesfalls gestattet. Ebenso muß nicht auf die Frage eingegangen werden, ob eine Anwendung des § 27 Abs 2 lit b MRG auch auf einen nur für einen beschränkten Zeitraum geltenden Kündigungsverzicht anwendbar ist, sowie, ob es auf den eigentlichen Hauptmietzins oder den zulässigerweise erhöhten Hauptmietzins ankommt. Der Tatbestand des § 27 Abs 2 lit b MRG wurde nämlich schon deshalb jedenfalls nicht verwirklicht, weil nicht auf beide dort genannten Kündigungsgründe verzichtet wurde. Außerhalb des Rahmens des § 27 Abs 2 lit b MRG fällt aber die vorliegende Vereinbarung unter das Verbot des § 27 Abs 1 Z 5 MRG.

Das Recht der Untervermietung gehört gemäß § 1098 ABGB zu dem schon mit dem Mietzins abgegoltenen grundsätzlichen Recht des Mieters. Und gemäß § 11 Abs 1 MRG kann sich der Vermieter auf ein vertragliches Verbot der Untervermietung (wie es im vorliegenden Mietvertrag enthalten ist) nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gegen die Untervermietung, insbesondere eines der in der zitierten Gesetzesstelle genannten vier Fälle berufen. Verlangt also der Vermieter für die Gestattung der Untervermietung ein Entgelt, ohne daß ein solcher wichtiger Grund vorliegt, dann bietet er dem Mieter keine gleichwertige Gegenleistung für den begehrten Betrag. Als die Vorläufer der Bestimmungen der jetzigen Regelung gemäß § 11 Abs 1 MRG (§ 3 der Verordnung vom 5.9.1939, RGBl. I S 1671 und § 18 a MG idF des MRöG) noch nicht in Kraft waren und daher nur die Regelung des § 1098 ABGB Geltung hatte, wonach der Vermieter die Untervermietung im Vertrag auch ohne Vorliegen wichtiger Gründe untersagen konnte, gab es zum Teil widersprechende Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes. In der Entscheidung NZ 1933, 85, wurde ausgesprochen, daß der Vermieter nicht berechtigt sei, etwas dafür zu verlangen, wenn er dem Mieter die Untervermietung gestattet, da darin eine unerlaubte Zinserhöhung liege. In der Entscheidung JBl 1935,236, wurde dies dahin verdeutlicht, daß dann, wenn eine Mietzinserhöhung zulässig sei, auch ein Betrag für die Gestattung des Untervermietrechtes begehrt werden könne. In SZ 19/107 wurde hingegen der Standpunkt vertreten, daß die Vereinbarung eines Entgeltes für die Zustimmung zu der früher untersagten Untervermietung nicht gemöß § 17 MG ungültig sei. Aber auch hier wird immerhin damit argumentiert, daß das Entgelt hier für eine durch den ursprünglich vereinbarten Mietzins nicht abgedeckte Begünstigung, also für eine besondere Leistung des Vermieters, begehrt werde.

Bei der jetzt gegebenen Rechtslage liegt aber in der Erteilung eines Rechtes, einen Untermieter aufzunehmen, sicher keine solche besondere Leistung des Vermieters, die als Gegenleistung für den begehrten Geldbetrag in Frage käme. Denn der Vermieter gibt in diesem Fall keines der Rechte auf, die ihm ohne Abschluß der strittigen Vereinbarung zustehen würden.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 50, 41 ZPO. Der Streitgenossenzuschlag beträgt gemäß § 15 RAT nur 20 %, nämlich gem. lit a 10 % für die ersten beiden Beklagten und gemäß lit b je 5 % für den dritten und vierten Beklagten.

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