OGH 10Os112/85

OGH10Os112/8515.10.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.Oktober 1985 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Kuch sowie Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Stupka als Schriftführerin in der Strafsache gegen Klaus A wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB. über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht in Jugendstrafsachen vom 11.Juni 1985, GZ. 8 Vr 359/85-13, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben sowie die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung gegen die Entscheidung über die privatrechtlichen Ansprüche wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Klaus A - von der wegen schwerer Körperverletzung (§§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB.) erhobenen Anklage abweichend (nur) - des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt; darnach liegt ihm zur Last, am 5.Jänner 1985 in St. Marienkirchen bei Schärding Josef Ferdinand B durch einen Faustschlag auf die linke Gesichtshälfte vorsätzlich am Körper verletzt zu haben, wobei die Tat (nicht, wie in der Anklageschrift angenommen, einen Bruch des Unterkiefers, sondern bloß) eine leichte Körperverletzung, nämlich eine Kieferprellung, zur Folge hatte.

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 281 Abs. 1 Z. 5, 9 lit. a, 9 lit. b und 10 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen dieses Urteil kommt wegen eines damit geltend gemachten Begründungsmangels (Z. 5) Berechtigung zu.

Das Jugendschöffengericht stützte nämlich die Feststellung einer Kieferprellung als Tatfolge allein auf das Gutachten des Sachverständigen Univ.Prof. Dr. C, indem es nach dieser Konstatierung in Klammern (mit dem Hinweis auf dessen Namen und auf S. 66) ausschließlich darauf Bezug nahm und beifügte, daß die Feststellungen 'auf den hinter ihnen angeführten Beweismitteln' beruhen (US. 3); auch sonst ist dem Urteil insoweit eine darüber hinausgehende Beweisgrundlage nicht zu entnehmen.

Der genannte Experte beschäftigte sich indessen im Anschluß an eine auf den (tatsächlich diagnostizierten) Kieferbruch bezogene Stellungnahme zum Grad jener Verletzung sowie zur Dauer der damit verbundenen Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit sowie zum anzunehmenden Zeitpunkt ihrer Entstehung und zur konkreten Wahrscheinlichkeit ihrer möglichen Ursachen nur rein hypothetisch und lediglich in Ansehung des zuerst bezeichneten Themenkreises mit der dem Schuldspruch zugrunde liegenden (anderen) Variante einer tatbedingten bloßen Kieferprellung, ohne dabei auf die entscheidende Frage einzugehen, ob und allenfalls unter welchen Voraussetzungen im Fall einer Entstehung des Kieferbruchs erst bei einem Schiunfall des B am 13.Jänner 1985 anzunehmen wäre, daß der Genannte außerdem schon am 5. dieses Monats durch den Faustschlag des Beschwerdeführers eine derartige Kieferprellung erlitten hatte. Für deren Konstatierung ist demnach das bisher vorliegende Gutachten nicht tragfähig; dies umsoweniger, als B nach der Aussage des als Zeugen vernommenen Dentisten D letzterem gegenüber am 10.Jänner 1985 nichts von einem Schlag als Ursache seiner 'Zahnschmerzen' erwähnt hatte, derentwegen er ihn konsultierte (S. 41 f.).

Im Hinblick auf diesen in der Beschwerde zutreffend gerügten Begründungsmangel war die Anordnung einer Verfahrenserneuerung in erster Instanz unumgänglich, sodaß nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung wie im Spruch zu erkennen war (§ 285 e StPO.), ohne daß es erforderlich gewesen wäre, auf die weiteren geltend gemachten Nichtigkeitsgründe einzugehen; denn auch einer Entscheidung, ob die Voraussetzungen des § 42 StGB. vorliegen, steht der aufgezeigte Mangel entgegen, weil er eine abschließende Beurteilung der Frage nach den Folgen der Tat (§ 42 Abs. 1 Z. 2 StGB.) noch nicht zuläßt.

Mit seiner Berufung gegen die Entscheidung über die privatrechtlichen Ansprüche war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Die Aufhebung des Schuldspruches erfaßt auch den Ausspruch über die (grundsätzliche) Kostenersatzpflicht, sodaß damit die in die Rechtsmittelschrift aufgenommene, inhaltlich als Kostenbeschwerde anzusehende (vgl. ÖJZ-LSK. 1980/83) - und insoweit übrigens verfehlte, weil diesen Ausspruch mit der erst nach Rechtskraft des Urteils zu treffenden Entscheidung über die Einbringlichkeit der Kosten (§ 44 Abs. 2 JGG. i.V.m. § 391 StPO.)

vermengende - Kritik an der Kostentscheidung, die zudem keinen ausdrücklichen Rechtsmittelantrag enthält, gegenstandslos ist.

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