OGH 1Ob649/85

OGH1Ob649/859.10.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Schobel, Dr. Hofmann und Dr. Riedler als weitere Richter in der Verlassenschaftssache Ernestine A, verstorben am 2. Jänner 1981, infolge Revisionsrekurses der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 18. Juli 1985, GZ 1 R 241/85-38a, womit der Rekurs der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 23. Jänner 1985, GZ 1 A 50/81-30, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß und Punkt a) des Beschlusses des Erstgerichtes ON 30, soweit in ihm die Einverleibung des Eigentumsrechtes für die Gemeinde B am Ossiachersee ob dem Hälfteanteil der Ernestine A an der EZ 323 KG Stiegl angeordnet wurde, werden aufgehoben.

Text

Begründung

Ernestine A verstarb unter Hinterlassung eines Testamentes vom 16.6.1970 am 2.1.1981. Im Punkt Drittens dieses Testamentes setzte sie die Pfarrkirche ST. C in Wien 3 zum Alleinerben ein. Punkt Zweitens enthält die Anordnung verschiedener Vermächtnisse, darunter zugunsten der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien, der nunmehrigen Rekurswerberin und der Gemeinde B am Ossiachersee. Ernestine A vermachte ihren Hälfteanteil an dem Haus samt Grund in B am Ossiachersee der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien und ihren Anteil an dem Gartengrund ebendort (die Straße links aufwärts) der Gemeinde B am Ossiachersee. Nach Punkt Fünftens des Testamentes wurde als Testamentsvollstrecker und Abhandlungspfleger Notar Dr. Oskar D ernannt, der ihre letzten Wünsche kenne und daher in der Lage und berechtigt sei, ihren letzten Willen verbindlich auszulegen.

In der Tagsatzung zur Verlassenschaftsabhandlung vom 27.7.1982, bei der ein Vertreter der Rekurswerberin nicht anwesend war, stellte der Gerichtskommissär fest, daß die Rekurswerberin das ihr vermachte Legat angenommen habe. Die von der Erblasserin im Punkt Zweitens des Testamentes verfügten Legate seien von Notar Dr. Oskar D dahin interpretiert worden, daß die Universität Wien den Hälfteanteil der Erblasserin an den Grundstücken 73/2, 493/3, 663/2 und 496/2 und die Gemeinde B am Ossiachersee alle übrigen Grundstücke in der KG Stiegl, das seien der Hälfteanteil an den Grundstücken 493/1, 495, 496/1, 493/4, 496/3 und 496/4 erhalten solle.

Mit Einantwortungsurkunde vom 16.8.1982, ON 17, wurde der Nachlaß der Ernestine A der Pfarrkirche ST. C

eingeantwortet. Nach der in der Einantwortungsurkunde enthaltenen Verbücherungsanordnung können von der Liegenschaft EZ 89 KG Stiegl die Grundstücke 493/1, 495, 496/1, 493/4, 496/3 und 496/4 unter Mitübertragung des Eigentumsrechtes in E 11 und der in COZ 1 verbücherten Wasserleitungsservitut abgeschrieben und auf der neu eröffneten Einlagezahl die Einverleibung des Eigentumsrechtes für die Gemeinde B am Ossiachersee auf dem Hälfteanteil der Verstorbenen erfolgen, während auf der restlichen Liegenschaft auf dem Hälfteanteil der Verstorbenen die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Rekurswerberin erfolgen könne. Die Einantwortungsurkunde wurde der Rekurswerberin nicht zugestellt. Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 23.1.1985, ON 30, wurde gemäß § 29 LiegTeilG unter anderem die Abschreibung der in der Einantwortungsurkunde genannten Grundstücke von der EZ 89 KG Stiegl unter Mitübertragung der bestehenden Eigentumsrechte und der in COZ 1 intabulierten Dienstbarkeit des Wasserleitungsrechtes, die Neueröffnung der EZ 323 KG Stiegl und auf dem Hälfteanteil der Ernestine A die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Gemeinde B am Ossiachersee angeordnet.

Gegen die Anordnung der Verbücherung erhob die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Wien insoweit Rekurs, als das Eigentumsrecht der Gemeinde B am

Ossiachersee einverleibt wurde.

Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Rekursgericht diesen Rekurs zurück. Der Rekurswerberin sei zwar beizupflichten, daß ein Legatar dann Beteiligter des Verlassenschaftsverfahrens sei, wenn durch eine Verfügung des Abhandlungsgerichtes unmittelbar in seine Vermögensrechte eingegriffen werde. Es mangle aber an einer Beschwer der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien. Sie behaupte zwar, daß sie materiell beschwert sei, weil durch den angefochtenen Beschluß eine Aufteilung der Nachlaßliegenschaft zwischen zwei Legataren vorgenommen worden sei, die weder dem Wortlaut des Testamentes noch dem wahren Willen der Erblasserin entspreche, weil die Legatsbestimmungen unrichtig ausgelegt worden seien. Sie stelle damit ganz allgemein gehaltene Behauptungen auf, aus denen nicht zu entnehmen sei, daß sie auch behaupte, an einem oder mehreren der von der Liegenschaft EZ 89 KG Stiegl abgeschriebenen Grundstücken, für die neue Einlagezahl eröffnet und an der auf den Hälfteanteil der Erblasserin das Eigentumsrecht für die Gemeinde B am Ossiachersee einverleibt worden sei, stünde ihr auf Grund des Vermächtnisses das Eigentumsrecht zu. Es fehle somit eine schlüssige Tatsachenbehauptung, die eine Beschwer der Rechtsmittelwerberin begründen könne. Die Erblasserin habe in ihrem Testament Notar Dr. Oskar D ermächtigt, ihren letzten Willen verbindlich auszulegen. Dieser habe mit Schreiben vom 1.3.1982 die Vermächtnisanordnung dahin ausgelegt, daß die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Wien den Hälfteanteil der Erblasserin an den Grundstücken 73/2, 493/3, 563/2 und 496/2 erhalten solle, den Hälfteanteil an den restlichen Grundstücken der EZ 89 KG Stiegl aber die Gemeinde B am Ossiachersee. Der Rekurswerberin sei durch den angefochtenen Beschluß ohnedies das zuerkannt worden, was auch in einem gesetzmäßig durchgeführten Verfahren erreichbar gewesen wäre.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien ist berechtigt.

Das Erstgericht hat zugunsten der Vermächtnisnehmer nicht gemäß § 178 AußStrG eine Amtsbestätigung erlassen, nach deren Rechtskraft (SZ 5/114) das Buchgericht (nicht das Abhandlungsgericht) zur Verbücherung der Abhandlungsergebnisse zuständig gewesen wäre (EvBl 1957/112; Welser in Rummel, ABGB, Rdz 8 zu § 647), es nahm vielmehr den gegen den Erben gerichteten schuldrechtlichen Anspruch der Vermächtnisnehmer (Welser aaO Rdz 3 und § 531; Koziol-Welser II 7 332) auf Leistung, d.i. auf übertragung des Eigentumsrechtes, in die Verbücherungsanordnung seiner Einantwortungsurkunde auf. Wenn einem Vermächtnisnehmer das Recht zusteht, den Inhalt der gemäß § 178 AußStrG erlassenen Amtsurkunde mit Rekurs zu bekämpfen (EvBl 1972/351; 7 Ob 567, 568/78), so muß er auch berechtigt sein, eine in der Einantwortungsurkunde erfolgte, seine Rechte beeinträchtigende Verbücherungsanordnung zu bekämpfen. Die Einantwortungsurkunde war der Rekurswerberin auch zuzustellen, weil in ihr eine Verfügung über deren Rechte enthalten war, sie ist daher mangels Zustellung nicht rechtskräftig geworden; ihre Verbücherung hätte daher, da § 29 LiegTeilG die Rechtskraft der Einantwortungsurkunde voraussetzt, nicht erfolgen dürfen.

Die Rekurswerberin ist aber auch entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes durch die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Gemeinde B am Ossiachersee beschwert. In ihrem Rekurs gegen den Verbücherungsbeschluß des Erstgerichtes brachte die Vermächtnisnehmerin ausdrücklich vor, daß die Aufteilung der Nachlaßliegenschaft nicht dem wahren Willen der Erblasserin entsprochen habe, was nur bedeuten kann, daß die Gemeinde B am Ossiachersee durch die Einverleibung Eigentümerin von Grundstücken wurde, die in Wahrheit der Rekurswerberin zustünden. Mit dieser Behauptung hat die Rekurswerberin hinreichend ihre Beschwer dargetan.

Da das Rekursgericht neben der Frage der Zulässigkeit des Rechtsmittels in der Sache selbst ausführte, daß der Rekurswerberin infolge der verbindlichen Auslegung des letzten Willens durch Notar Dr. Oskar D ohnehin das zuerkannt worden sei, was ihr auch in einem gesetzmäßig durchgeführten Verfahren erreichbar gewesen wäre, würde bei Wiederholung dieser Rechtsansicht bei Abstandnahme vom in erster Linie gebrauchten Zurückweisungsgrund sowohl eine Nullität als auch eine offenbare Gesetzwidrigkeit im Sinne des § 16 AußStrG vorliegen. Die Entscheidung über die Gültigkeit und damit auch über den Umfang eines zugedachten Vermächtnisses hat selbst bei privilegierten Vermächtnissen im streitigen Verfahren zu erfolgen (EFSlg. 42.084; JBl 1967, 367; 7 Ob 611,612/84; Welser aaO Rdz 13 zu § 817); das Rekursgericht hätte demnach im außerstreitigen Verfahren über eine Frage entschieden, die nur im ordentlichen Rechtsweg hätte geklärt werden können. Die grundbücherliche Durchführung der Einantwortungsurkunde vor deren Rechtskraft wäre auf Grund des klaren Wortlautes des § 29 LiegTeilG auch offenbar gesetzwidrig. Wenn auch ausgesprochen wurde, daß der Oberste Gerichtshof im außerstreitigen Verfahren im Rahmen der Entscheidung über den Rekurs, mit dem die Zurückweisung des Rekurses durch das Rekursgericht bekämpft wird, sachlich dann nicht entscheiden dürfe, wenn ein Revisionsrekurs gemäß § 16 AußStrG auf die dort genannten Rekursgründe beschränkt wäre (SZ 49/88), hindert dies hier nicht die Entscheidung in der Sache selbst, weil die vom Rekursgericht für den Eventualfall einer Sachentscheidung angeführte Begründung sowohl offenbar gesetzwidrig als auch mit einer Nichtigkeit behaftet wäre. Dem Rekurs ist Folge zu geben, der Zurückweisungsbeschluß ersatzlos und vom Beschluß des Erstgerichtes die Anordnung der Einverleibung des Eigentumsrechtes der Gemeinde B am Ossiachersee aufzuheben.

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