OGH 13Os136/85

OGH13Os136/853.10.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.Oktober 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider (Berichterstatter), Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Wolf als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gerhard A wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach § 83 Abs 1 und 84 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 10.Juni 1985, GZ 3 e Vr 2846/85-12, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Kodek, des Angeklagten Gerhard A und des Verteidigers Dr. Schöberl zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 8 (acht) Monate herabgesetzt.

Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 1.Oktober 1953 geborene Autolackierer Gerhard A wurde des Vergehens der schweren Körperverletzung nach § 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 31.März 1984 in Wien seine Ehegattin Elfriede A zumindest durch einen (nach den Urteilsfeststellungen S. 64: wuchtigen) Schlag ins Gesicht am Körper schwer verletzte (Bruch des Nasenbeins mit Verschiebung der Bruchstücke; Blutunterlaufungen in der Umgebung beider Augen;

Prellungen der Halswirbelsäule und des rechten Ellbogens;

Rißquetschwunde an der Zungenspitze).

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 5 und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Qualifikation des Nasenbeinbruchs als schwere Verletzung, wobei er in dem auf § 281 Abs 1 Z. 5 StPO Bezug nehmenden Teil seiner Ausführungen der Sache nach keinen Begründungsmangel, sondern das Fehlen der seiner Meinung nach erforderlichen Feststellung rügt, daß die Bruchstücke des Nasenbeins ohne Verschiebung - zufolge ihrer Einrichtung in der Poliklinik - wieder zusammenwuchsen (inhaltlich eine Bestreitung des Verletzungsgrads: Z. 10). Eine solche Feststellung wurde dem Urteil offenbar ohnedies zugrundegelegt, weil ansonsten eine dauernde Verunstaltung oder wenigstens eine andere Beeinträchtigung der Verletzten, wenn auch keine Dauerfolge im Sinn des § 85 StGB, als erschwerend zu berücksichtigen gewesen wäre.

Indes war die vermißte Konstatierung gar nicht erforderlich: Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Verletzung an sich schwer ist, kommt es nämlich nicht darauf an, ob die Folgen der Verletzung durch ärztliche Hilfe komplikationslos beseitigt werden können, sondern auf die Schwere des unmittelbar eintretenden Taterfolgs. Daß ein Nasenbeinbruch, obwohl auch er eine Verletzung des knöchernen Nasengerüsts darstellt, nach Lehre und Rechtsprechung dann keine an sich schwere Verletzung ist, wenn er - anders als hier - eine Verschiebung der Bruchstücke nicht zur Folge hatte, beruht darauf, daß er diesfalls ohne Reposition der Knochenfragmente (vgl. 11 Os 67/84) verheilen kann (siehe statt vieler Leukauf-Steininger 2 RN. 7 zu § 84 StGB; EvBl 1977/224 u.a.).

Ebenso versagt die ausdrückliche Subsumtionsrüge (§ 281 Abs 1 Z. 10 StPO), die wiederum darauf abstellen will, eine schwere Verletzung läge im gegebenen Zusammenhang nur vor, wenn die Bruchstücke in so weit verschobener Stellung zusammengewachsen wären, daß sie die Durchgängigkeit der Nase für den Luftstrom oder ihr Aussehen nachteilig verändert hätten. Damit wird abermals auf den Heilerfolg statt auf den Taterfolg abgestellt, ein dem klaren Wortlaut des § 84 Abs 1 StGB ('.... ist die Verletzung ... an sich schwer') zuwiderlaufendes Unterfangen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach § 84 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe von einem Jahr. Es wertete bei der Strafbemessung die auf gleicher schädlicher Neigung beruhenden, sogar die Voraussetzungen des § 39 StGB erfüllenden Vorstrafen als erschwerend, hingegen als mildernd das Teilgeständnis. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und deren bedingte Nachsicht bzw. die Verhängung einer Geldstrafe anstelle der Freiheitsstrafe an.

Der Berufung kommt teilweise Berechtigung zu:

Bei Berücksichtigung des Ursprungs der Tat in einem ehelichen Zerwürfnis und der offenkundigen Wiederannäherung der Ehegatten seither (siehe Urteil S. 65, vierter Absatz) erscheint auf der Grundlage der vom Erstgericht zutreffend festgestellten besonderen Strafzumessungsgründe und der allgemeinen Strafbemessungsnormen (§ 32 StGB) eine Freiheitsstrafe von acht Monaten schuldangemessen.

In diesem Sinn war der Berufung ein Erfolg zuzuerkennen. Der Gewährung der bedingten Strafnachsicht (§ 43 Abs 1 StGB) steht das kriminelle Vorleben des Rechtsmittelwerbers, der Verhängung einer Geldstrafe anstelle einer Freiheitsstrafe (§ 37 Abs 1 StGB) das Ausmaß der nunmehr ausgesprochenen (sechs Monate übersteigenden) Unrechtsfolge entgegen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte