Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Am 27.1.1984 errichtete ein öffentlicher Notar einen Notariatsakt, in welchem die Verpflichtung zur Leistung von Zahlungen aus dem Schuldschein vom gleichen Tage, insbesondere der am 30.1.1984 fällig werdenden ersten Amortisationsrate von S 19.000,-- zur Abdeckung der Schuld aus einem gewährten Darlehen von S 1,500.000,--, der Zinsen, der ab dem 15.4.1989 fällig werdenden weiteren monatlichen Tilgungsraten von S 19.000,-- und des gesamten Schuldkapitals im Falle der Fälligstellung, wozu die Gläubigerin bei Verzug mit der Erfüllung einer im Schuldschein übernommenen Verbindlichkeit berechtigt sei, festgestellt wurde und die Verpflichtete ihre Zustimmung erteilte, daß der Notariatsakt sofort vollstreckbar sein soll (§ 3 NotO).
Am 1.2.1984 beantragte die betreibende Gläubigerin, ihr auf Grund dieses Notariatsaktes zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von S 1,500.000,-- samt 5,25 % Zinsen vom 27.1.1984 bis 31.3.1989 und 8,5 % Zinsen ab dem 15.4.1989 und einer Manipulationsgebühr die Exekution durch Pfändung des von der Verpflichteten betriebenen Apothekenunternehmens und der ihr erteilten Konzession zu bewilligen.
Die betreibende Partei behielt sich die Stellung eines Verwertungsantrages vor.
Am 7.2.1984 bewilligte das Erstgericht die Exekution durch Pfändung des Apothekenunternehmens und der Apothekenkonzession und gebot der Verpflichteten, sich jeder Verfügung über das Unternehmen und die zugrunde liegende Konzession zu enthalten.
Als in der Folge kein Verwertungsantrag gestellt wurde, teilte das Erstgericht mit einem 'Beschluß' am 8.6.1984 der betreibenden Partei mit, es sei beabsichtigt, die Exekution nach § 39 Abs 1 Z 8 EO einzustellen, weil die betreibende Partei durch eine unangemessen lange Zeit ohne hinreichenden Grund nichts zu Verwertung des gepfändeten Rechts unternommen habe. Die betreibende Partei werde daher aufgefordert, binnen vierzehn Tagen einen geeigneten Antrag zur Verwertung des gepfändeten Rechts zu stellen, widrigens ihr Einverständnis zur Einstellung der Exekution angenommen werde.
Diese Aufforderung bakämpfte die betreibende Partei mit Rekurs, weil das Erstgericht entgegen dem Exekutionsbewilligungsbeschluß, wonach 'die Stellung des Verwertungsantrags der betreibenden Partei vorbehalten wird', unter Androhung der Exekutionseinstellung eine Frist zur Stellung des Verwertungsantrages gestellt habe. Ihrem Rechtsmittel ist zu entnehmen, daß es ihr nicht um die Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung sondern um deren Sicherung durch die Pfändung des Apothekenunternehmens und der Konzession ging und daß sie deren Aufrechterhaltung ohne Notwendigkeit einer Fortsetzung des Exekutionsverfahrens durch Verwertung des gepfändeten Rechtes anstrebe.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Erstgericht die neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Das Rekursgericht erblickte einen Verfahrensmangel im Unterbleiben der Einvernehmung der Parteien, um der betreibenden Partei Gelegenheit zu geben, eine die angedrohte Exekutionseinstellung ausschließende Erklärung für ihre Untätigkeit in der Stellung des Verwertungsantrages zu geben. Das Zuwarten des betreibenden Gläubigers mit einem Verwertungsantrag durch unangemessen lange Zeit könne allerdings zur amtswegigen Einstellung der Exekution auf das Gewerbe führen, weil Zweck dieser Exekution die Befriedigung nicht aber die Sicherstellung des Gläubigers sei. Es gehe nicht an, die Exekution als eine Art Sicherungsmittel aufrecht zu erhalten. Der Ansicht der betreibenden Partei, daß die Pfändung eines Apothekenunternehmens auch zur Sicherung der gegebenen Gründungs- und Betriebsmittelkredite zulässig sei, werde nicht geteilt. Sie sei auch nicht aus der Entscheidung SZ 15/80 = JB 45 neu zu entnehmen, weil dort nur die Bestimmung des § 341 Abs 1 Satz 2 EO als nicht anwendbar angesehen wurde. Der gegen den Aufhebungsbeschluß von der betreibenden Partei erhobene und vom Erstgericht vorgelegte Revisionsrekurs wurde vom Rekursgericht rechtskräftig mit dem Hinweis auf § 78 EO und § 527 Abs 2 Satz 1 ZPO zurückgewiesen.
Das Erstgericht teilte nun der betreibenden Partei wieder mit, daß die Exekutionseinstellung beabsichtigt sei, weil die betreibende Partei durch eine unangemessen lange Zeit ohne hinreichenden Grund nichts zur Verwertung des gepfändeten Rechtes unternommen habe, und gab Gelegenheit zur öußerung.
In dieser rechtzeitig erstatteten öußerung verwies die betreibende Bank wieder darauf, sie entnehme der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 11.4.1983, JB 45 neu = SZ 15/80, daß Apothekenunternehmen zur Sicherstellung der Forderungen der Apothekenkreditinstitute durch Pfändung des Unternehmens und der Konzession herangezogen werden können, weil Apotheker oft kein sonstiges Vermögen zur Erlangung von Kredit besitzen, und daß es nicht eines Verwertungsschrittes bedarf, weil sonst die gewährte Sicherstellung entzogen und das Pfandobjekt entwertet würde. Zu einer Verwertung habe die betreibende Bank überhaupt keinen Anlaß, weil die Verpflichtete 'alle' (!) übernommenen Leistungen pünktlich erbringe. Die angekündigte Exekutionseinstellung müßte der Verpflichteten nachteilig sein, weil die betreibende Partei dann die Fälligstellung ihrer Darlehensforderung in Erwägung ziehen müsse, wenn ihr Pfandrecht beseitigt werde.
Das Erstgericht beschloß nun die Einstellung der Exekution nach § 39 Abs 1 Z 8 EO. Die von der betreibenden Partei vorgebrachten Erwägungen rechtfertigten die Säumnis bei Stellung eines Verwertungsantrages nicht. Nur die zwangsweise Pfandrechtsbegründung könne allein zu dem Zweck bewilligt werden, dem Gläubiger ein Pfandrecht am unbeweglichen Gut ohne unmittelbare Befriedigung seiner Geldforderung zu verschaffen. Die Exekution durch Pfändung und Verwertung des Apothekenunternehmens könne, wenn die betreibende Partei eine Befriedigung ihrer Geldforderung gar nicht erreichen wolle, nicht aufrecht bleiben (Heller-Berger-Stix 2433; SZ 7/254; SZ 21/154; EvBl 1964/11).
Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der betreibenden Partei nicht Folge. Es teilte wie schon in seinem Aufhebungsbeschluß die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß die Aufrechterhaltung der bewilligten Exekutionsakte zur Sicherstellung der betreibenden Partei mit dem Ziel der Exekutionsführung zur Hereinbringung der Geldforderung nicht in Einklang zu bringen sei und gerechtfertigte Gründe für das Zuwarten mit dem Verwertungsantrag nicht vorlägen. Das Judikat JB 45 neu = SZ 15/80 gestatte nur den Zugriff auf Apothekenunternehmen auch dann, wenn sie der Apothekeninhaber allein oder mit höchstens vier Hilfskräften betreibe (§ 341 Abs 1 EO), besage aber nicht, daß das Gesetz hier eine Sicherungsexekution besonderer Art zulasse.
Mit ihrem Revisionsrekurs bekämpft die betreibende Bank diese im bestätigenden Beschluß des Rekursgerichtes zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht und beantragt, den Beschluß dahin abzuändern, daß der erstrichterliche Einstellungsbeschluß behoben wird. Das Erstgericht wies den Revisionsrekurs zurück, weil er sich gegen eine Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richte, mit der der angefochtene Beschluß des Erstgerichtes bestätigt wurde (§ 78 EO; § 528 Abs 1 Z 1 ZPO).
Das Rekursgericht gab dem gegen den Zurückweisungsbeschluß erhobenen Rekurs der betreibenden Partei durch dessen Aufhebung Folge und trug die Vorlage des Revisionsrekurses auf. Es seien die Voraussetzungen des nun auch im Revisionsrekursverfahren anzuwendenden § 502 Abs 3 ZPO gegeben, wonach der Beschluß des Rekursgerichtes nicht als bestätigend gilt, wenn im ersten Rechtsgang ein Beschluß ohne Rechtskraftvorbehalt aufgehoben und die Sache mit Ausspruch einer bindenden Rechtsansicht an dieses zur Ergänzung und Erneuerung zurückverwiesen wurde und das Erstgericht unter Bindung an die Rechtsansicht neuerlich entschieden und das Rekursgericht diesen Beschluß bestätigt hat (Fasching, Lehrbuch Rz 2017).
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist jedoch unzulässig.
Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes, das den Obersten Gerichtshof bei Prüfung der Rechtsmittelzulässigkeit nicht binden kann, fehlen die Voraussetzungen für die durch die Beisetzung des Klammerzitats '§ 502 Abs 3' im § 528 Abs 1 Z 1 ZPO durch die Zivilverfahrens-Novelle BGBl. 1983/135 eingeführte sinngemäße Anwendung des 2. Satzes des § 502 Abs 3 ZPO. Nach dieser früher im § 502 Abs 5 ZPO enthaltenen Bestimmung gilt das Berufungsurteil nicht als bestätigend, wenn das Urteil der ersten Instanz vor Rechtskraft des Beschlusses des Berufungsgerichtes, das ein früheres Urteil der ersten Instanz gemäß § 496 Abs 1 Z 2 und 3 ZPO aufgehoben hatte, gefällt worden ist (§ 519 Abs 1 Z 3 ZPO) und wegen einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung, von der das Berufungsgericht in jenem Beschluß ausgegangen ist (§ 499 Abs 2 ZPO), angefochten wird. Der Zweck dieser Vorschrift, die vor der Neuordnung des Verfahrensrechts durch die Zivilverfahrens-Novelle BGBl. 1983/135 auch nicht analog auf das Rekursverfahren anzuwenden war (Fasching IV, 293), liegt in der erkannten Notwendigkeit der Eröffnung einer weiteren überprüfungsmöglichkeit durch das Revisionsgericht in den Fällen, in denen das Erstgericht einer bindenden Rechtsansicht des Berufungsgerichtes folgend ein Urteil fällt, das gewissermaßen als Vollzug des berufungsgerichtlichen Entscheidungswillens in Erscheinung tritt, während auch das Berufungsgericht an die geäußerte Rechtsansicht im folgenden Rechtsmittelverfahren gebunden bleibt und es daher am Erfordernis selbständiger Prüfung durch zwei Instanzen fehlt. Eine solche Erweiterung der Zulässigkeit der Anfechtung ist aber nur vertretbar, wenn im Aufhebungsbeschluß tatsächlich eine bindende Rechtsansicht geäußert wurde und diese sodann für das neue Urteil des Erstgerichtes wie für das anzufechtende Urteil des Berufungsgerichtes kausal war (Fasching IV, 287). Das Rechtsmittelgericht mußte daher im ersten Rechtsgang eine das Erstgericht bindende Rechtsansicht ausgesprochen haben, die von der des Erstgerichtes abgewichen ist (Fasching IV 289; JBl 1957, 135; JBl 1954, 19; EvBl 1953/15; MietSlg. 34.771 ua.).
Diese zur Zulässigkeit der Revision gegen bestätigende Urteile, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, die Wertgrenze des § 502 Abs 3 ZPO nicht überschritten hat, vertretenen grundsätzlichen Erwägungen haben nach der Einführung dieser Zulässigkeitserweiterung in das Rekursverfahren (RV 669 BlgNR 15.GP Zur Z 83 - § 528 - Abs 3; Fasching, Handbuch Rz 2017) auch hier zu gelten. Im Exekutionsverfahren ist (soweit nicht Ausnahmen in der Exekutionsordnung angeordnet sind) § 528 Abs 1 Z 1 ZPO über § 78 EO zur Prüfung der Rechtsmittelzulässigkeit heranzuziehen. Der Ansicht des Rekursgerichtes, sein Beschluß habe nach § 528 Abs 1 Z 1 und § 502 Abs 3 Satz 2ZPO nicht als bestätigend zu gelten, kann nicht beigetreten werden. Es handelte sich überhaupt nicht um einen ersten und einen zweiten Rechtsgang über den gleichen Gegenstand, denn im ersten Rekursverfahren war die Aufforderung zur Stellung eines Antrages auf Einleitung des Verwertungsverfahrens, im zweiten Rekursverfahren der Einstellungsbeschluß bekämpft. Das Erstgericht war durch die über seine Aufforderung ergangene Rekursentscheidung nur an die Rechtsansicht gebunden, daß ein Auftrag zur Stellung eines Verwertungsantrages nicht zu ergehen hat, nicht aber an eine von seinem durch die Ankündigung des weiteren Vorgehens deutlich zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht gar nicht abweichende und im weiteren Verfahren zu beachtende Meinung, daß das Verfahren einzustellen sei, wenn die betreibende Partei ohne zureichenden Grund mit der Stellung eines Verwertungsantrages säumig bleibt. Darin haben Erstgericht und Rekursgericht schon von Anfang an übereingestimmt. Es kann also keine Rede davon sein, daß sich der Erstrichter einer überbundenen und von ihm zunächst nicht vertretenen Rechtsansicht beugen mußte und daher in Wahrheit nur die Rechtsmeinung einer Instanz als Entscheidungsgrundlage diente. Der Erstrichter beabsichtigte von Anfang an die Einstellung der ohne Absicht einer Verwertung aufrecht gehaltenen Exekution und das Rekursgericht teilte diese Rechtsauffassung.
Bei dieser Verfahrenslage ist eine Ausnahme von dem Grundsatz des § 528 Abs 1 ZPO nicht erkennbar, daß der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz unanfechtbar ist, soweit damit der erstrichterliche Beschluß bestätigt wurde.
Die Unzulässigkeit der Anfechtung der rekursgerichtlichen bestätigenden Entscheidung führt zur Zurückweisung des Revisionsrekurses und hindert ein Eingehen auf die darin aufgeworfene Rechtsfrage.
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