OGH 11Os119/85

OGH11Os119/8523.9.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 23.September 1985 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Schneider, Dr. Friedrich und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Wolf als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Corinna A und andere wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls als Beteiligte nach den §§ 12, 15, 127 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Corinna A gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Jugendschöffengerichts vom 26. März 1985, GZ 23 Vr 241/85-12, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwalts Dr. Bassler und der Verteidigerin Dr. Bertha Mühl, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die am 12.April 1970 geborene Schülerin Daniela A des Vergehens des versuchten Diebstahls nach den §§ 15, 127 Abs. 1 StGB und deren am 9. August 1968 geborene Schwester Corinna A des Vergehens des versuchten Diebstahls als Beteiligte nach den §§ 12, 15, 127 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Den Schuldspruch bekämpft die Angeklagte Corinna A unter Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes nach dem § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO mit Nichtigkeitsbeschwerde. überdies ficht sie den Strafausspruch mit Berufung an.

Nach den wesentlichen Urteilsannahmen beschlossen die Schwestern am 27.Oktober 1984, aus dem DM-Drogerie-Markt in Innsbruck Kosmetikartikel zu stehlen. Vor dem DM-Drogerie-Markt vereinbarten sie, das Geschäft getrennt zu betreten, um ihre Zusammengehörigkeit zu verschleiern, und besprachen, daß 'jede für sich in günstigen Augenblicken Kosmetikartikel an sich nimmt'. Corinna A betrat als erste das Geschäft, 'überlegte es sich im Geschäft jedoch anders und verübte keinen Diebstahl'. Daniela A stahl eine Packung Make-up im Wert von 114,90 S, wurde beim Verstecken der Beute in ihrer Kleidung beobachtet und nach Passieren der Kassa angehalten (S 67, 68). Auf Grund der Angaben der Daniela A bei ihrer Anhaltung (S 13, 16) konstatierte der Schöffensenat, 'daß Corinna A ihre jüngere Schwester Daniela A zum Mitmachen beim Diebstahl im DM-Markt überredete' und durch die Absprachen mit ihrer Schwester daheim und vor Betreten des Geschäftes 'deren Tatentschluß bestärkte' (S 69).

Letztere Urteilsannahmen (tatsächlicher Natur) übergeht die Beschwerdeführerin, wenn sie behauptet, das Erstgericht habe weder konstatiert, daß Daniela A von ihr zum Diebstahl überredet, noch, daß sie von ihr in ihrem Tatentschluß bestärkt worden sei. Die gesetzmäßige Geltendmachung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes erfordert aber ein Festhalten an dem gesamten Urteilssachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf angewendeten Gesetz und den daraus abgeleiteten Nachweis, daß dem Erstgericht bei Beurteilung des Sachverhaltes ein Rechtsirrtum unterlief. Mit dem weiteren Vorbringen, die wegen Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch und Vergehens der schweren Sachbeschädigung vorbestrafte Daniela A 'besitze genug kriminelle Energie', um ohne 'irgendjemandes Anraten oder Bestärken' einen geringfügigen Ladendiebstahl zu begehen, bekämpft die Beschwerde bloß in unzulässiger und daher unbeachtlicher Weise die schöffengerichtliche Beweiswürdigung, ohne den angerufenen oder sonst einen der im § 281 Abs. 1 StPO taxativ aufgezählten Nichtigkeitsgründe zur gesetzmäßigen Darstellung zu bringen. Es versagt aber auch der Einwand, der Schuldspruch sei deshalb nicht gerechtfertigt, weil der Vorsatz der Beschwerdeführerin nicht darauf gerichtet war, 'daß ihre Schwester etwas stehle', sondern darauf, 'sich selbst zu bereichern'. Denn mit diesem Vorbringen setzt sich die Beschwerdeführerin neuerdings über die Urteilskonstatierung hinweg, wonach Corinna A (vorsätzlich) 'ihre jüngere Schwester Daniela zum Mitmachen beim Diebstahl überredete' (S 69), sohin dazu bestimmte, die in der Folge versuchte

Straftat auszuführen. Dabei ist (vgl. § 127 Abs. 1 StGB: '... sich oder einen Dritten ... zu bereichern ...') unerheblich, wer aus dem

von ihr initiierten, nach dem ursprünglichen Tatplan gemeinsam auszuführenden Diebstahl bereichert werden sollte. Wenn auch die Angeklagte Corinna A entgegen ihrem ursprünglichen Vorhaben von einer unmittelbaren Mitwirkung an der Tatausführung letztlich Abstand nahm, vermag dies doch nichts daran zu ändern, daß sie in Daniela A durch ihre (der Handlungsweise der unmittelbaren Täterin vorangegangene) Einwirkung den Tatentschluß erweckte und solcherart die von dieser Angeklagten - ohne ihre

Mitwirkung - versuchte Tat (vorsätzlich) veranlaßte. Ein solches Veranlassen erfüllt aber (als gelungene Bestimmung eines anderen zu einer strafbaren Handlung) alle Voraussetzungen des § 12 (zweiter Fall) StGB.

Rechtliche Beurteilung

Sofern die Beschwerdeführerin allenfalls der Meinung ist, ihre Strafbarkeit sei deshalb aufgehoben, weil sie ihren ursprünglichen Entschluß änderte und sich schon vor der Begehung des Diebstahls durch ihre Schwester aus dem Geschäft entfernt hatte, wäre auch dies rechtsirrig. Denn ein strafaufhebender Rücktritt im Fall der Tatbeteiligung mehrerer setzt voraus, daß der betreffende Beteiligte die Tatausführung auch des (oder der) anderen Beteiligten verhindert oder (freiwillig) den Erfolg abwendet (§ 16 Abs. 1 StGB). Wurde aber die Tat durch den (oder die) anderen, wenn auch - wie im vorliegenden Fall - nur bis zum Entwicklungsstadium eines mißlungenen Versuches, tatsächlich ausgeführt, dann bleibt für einen strafaufhebenden Rücktritt kein Raum (vgl. i.d. Zusammenhang ÖJZ-LSK 1979/33).

Dem Erstgericht unterlief sohin kein Rechtsirrtum; die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Jugendschöffengericht verurteilte Corinna A nach dem § 127 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 11 JGG zu einer Geldstrafe von 50 (fünfzig) Tagessätzen, im Fall der Uneinbringlichkeit 25 (fünfundzwanzig) Tage Ersatzfreiheitsstrafe, und bestimmte den Tagessatz mit 30 (dreißig) Schilling. Bei der Strafzumessung wurden die beiden einschlägigen Vorstrafen und der rasche Rückfall als erschwerend und als mildernd das Geständnis, der geringe Wert des Diebsgutes und der Umstand, daß es beim Versuch blieb, gewertet.

Dem Berufungsbegehren auf Herabsetzung der Geldstrafe kommt Berechtigung nicht zu.

Die Berufung sucht den Umstand, daß die Rechtsmittelwerberin selbst den (beim Versuch gebliebenen) Diebstahl nicht ausführte, als untergeordnete Beteiligung (§ 34 Z 6 StGB) hinzustellen, übersieht aber, daß nach den Urteilsfeststellungen ihre jüngere Schwester Daniela die Tat unter ihrem Einfluß beging (S 69, 70), was dem Erschwerungsumstand der Anstiftung (überredung) zur Tat gleichkommt (§ 33 Z 4 StGB) und somit bei Abwägung des Verschuldens beider Beteiligter eher zum Nachteil der Berufungswerberin ausschlägt. Da die Anzahl der Tagessätze mit weniger als einem Drittel der alternativ angedrohten, durch § 11 Z 1 JGG mittelbar ebenfalls halbierten (SSt. 47/70) Geldstrafe (180 Tagessätze) ausgemessen wurde, ist im Hinblick auf die Vorbelastung die verhängte Strafe auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Berufungswerberin selbst von der Begehung eines Diebstahls Abstand nahm, nicht überhöht. Sie entspricht auch der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Jugendlichen, die zwar zum Zeitpunkt des Urteiles erster Instanz ihre Lehrstelle verloren hatte, nach dem Bericht der Bewährungshilfe nunmehr aber wieder beschäftigt ist, zumal ohnehin nur ein Tagessatz von knapp über der gesetzlichen Untergrenze von 20 S (§ 19 Abs. 2 StGB) auferlegt wurde. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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