OGH 12Os119/85

OGH12Os119/8519.9.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. September 1985 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger, Dr.Horak, Dr.Hörburger und Dr.Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Zimmermann als Schriftführer, in der Strafsache gegen Roman A wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 129 Z 1 und 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 1. April 1985, GZ 27 Vr 60/85-20, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, und des Verteidigers Dr. Göbel, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in dem zu Punkt 1 des Urteilssatzes enthaltenen Ausspruch, wonach der Diebstahl von 2.100 S in Gesellschaft des abgesondert verfolgten Harald B als Beteiligter (§ 12 StGB) begangen wurde, und in der darauf beruhenden Beurteilung der Tat nach § 127 Abs. 2 Z 1 StGB sowie demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Roman A hat durch die ihm laut den Punkten 1 und 2 des Urteilssatzes zur Last fallenden Taten das Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 129 Z 1 und 2 StGB begangen und wird hiefür nach § 129 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 8 (acht) Monaten verurteilt.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Roman A des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 129 Z 1 und 2 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 7. Jänner 1985 in Linz fremde bewegliche Sachen dem Ludwig C mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

1. in Gesellschaft des abgesondert verfolgten Harald B als Beteiligter (§ 12 StGB) 2.100 S Bargeld und

2. allein durch Einsteigen in ein Gebäude über ein eingeschlagenes Fenster und durch gewaltsames Aufreißen von versperrten Kästen, somit durch Aufbrechen eines Behältnisses, verschiedene Kleidungsstücke, drei Handtücher, eine Schuhbürste und ein Maßband im Gesamtwert von ca. 2.000 S.

Rechtliche Beurteilung

Nur gegen die zu Punkt 1 des Schuldspruchs erfolgte Beurteilung der Tat als Gesellschaftsdiebstahl nach § 127 Abs. 2 Z 1 StGB richtet sich die auf die Z 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der aus dem letztbezeichneten Grund Berechtigung zukommt.

Ein Diebstahl ist dann nach § 127 Abs. 2 Z 1 StGB

qualifiziert, wenn mindestens zwei Personen im Einverständnis über die Verübung des Diebstahls zur Tatzeit am Tatort oder in dessen näherer Umgebung zur Erreichung des gemeinsamen Zieles zusammenwirken, mag dieses Einverständnis auch ohne vorherige Verabredung erst bei der Tatbegehung zustandekommen und auch nur einer von ihnen die Ausführungshandlung setzen, während der andere die Ausführung bloß ermöglicht, fördert oder doch erleichtert. Für die Annahme eines Gesellschaftsdiebstahls ist daher einerseits ausreichend, andererseits aber (zumindest) erforderlich, daß der andere mit der Tatausführung durch den unmittelbaren Täter einverstanden ist und diese am Tatort oder in dessen Nähe in irgendeiner Weise unterstützt; seine bloße Anwesenheit am Tatort oder in dessen Nahbereich ohne Leistung irgendeines (physischen oder psychischen) Tatbeitrags (im Sinn des § 12 dritter Fall StGB) genügt für sich allein nicht (Leukauf-Steininger Kommentar 2 § 127 RN 74, 76 mwN).

Im vorliegenden Fall hat das Schöffengericht festgestellt, daß der Angeklagte und Harald B ohne Diebstahlsvorsatz in die Wohnung des Ludwig C eingestiegen sind (S 133); erst in der Wohnung faßte der Angeklagte einen solchen Vorsatz (S 134). Während B in der Küche stand, setzte sich der Angeklagte auf die (auf einer Kiste abgelegte) Hose des C, aus welcher er sodann die 2.100 S stahl (S 124). Mit diesem Geld 'verließen dann der Beschuldigte (richtig: Angeklagte) und Harald B die Wohnung' (S 125). Diese Konstatierungen reichen nach dem eingangs Gesagten nicht aus, um darauf die Annahme eines Gesellschaftsdiebstahls zu gründen, weil sie offen lassen, ob zwischen dem Angeklagten und B ein Einverständnis über die Verübung des Diebstahls bestand und B die Ausführung des Diebstahls in irgendeiner Weise unterstützte. Die Urteilspassage, wonach der Angeklagte und B mit dem Geld die Wohnung verließen, läßt keinen

verläßlichen Rückschluß in dieser Richtung zu. Somit leidet das angefochtene Urteil, wie die Beschwerde zutreffend aufzeigt, an einem Feststellungsmangel, der an sich die Anordnung der Verfahrenserneuerung in erster Instanz zur Folge haben müßte. Da jedoch nach der Aktenlage, insbesondere schon nach dem Ergebnnis der sicherheitsbehördlichen Erhebungen (vgl. S 5), aber auch nach den sonstigen Verfahrensergebnnissen nicht angenommen werden kann, daß die fehlenden Feststellungen in einem neuerlichen Rechtsgang nachgeholt werden können, war sogleich in der Sache selbst zu erkennen, die Qualifikation des § 127 Abs. 2 Z 1 StGB aus dem Urteil auszuschalten und die Strafe neu zu bemessen, wobei der Umstand, daß der Angeklagte derzeit unbekannten Aufenthaltes ist und zum Gerichtstag nicht vorgeladen werden konnte, der Entscheidung nicht entgegensteht (vgl. 10 Os 33/85).

Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, daß für eine (vom Verteidiger im Gerichtstag der Sache nach angeregte) Maßnahme gemäß § 290 Abs. 1 StPO in Ansehung der im Faktum 2 des Schuldspruchs angenommenen Qualifikation nach § 129 Z 1 und 2 StGB angesichts der insoweit eindeutigen Urteilsfeststellungen (S 125) kein Grund gefunden wurde.

Bei der Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten, den raschen Rückfall sowie die Wiederholung des Diebstahls; als mildernd kam demgegenüber kein Umstand in Betracht. Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen und im Hinblick darauf, daß der Entfall der Qualifikation des § 127 Abs. 2 Z 1 StGB die Schuld des Angeklagten nur unwesentlich zu mildern vermag, war die verwirkte Strafe in der aus dem Spruch ersichtlichen Höhe auszumessen. Eine bedingte Strafnachsicht kam angesichts des kriminellen Vorlebens des Angeklagten nicht in Betracht.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die getroffene Entscheidung zu verweisen.

Der Ausspruch über die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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