OGH 8Ob595/85

OGH8Ob595/8518.9.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J*****, vertreten durch Dr. Manfred Lampelmayer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei G*****, vertreten durch Dr. Friedrich Willheim, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 2.500.000 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgerichts vom 6. Mai 1985, GZ 4 R 93/85‑13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 5. März 1985, GZ 12 Cg 75/84‑9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00595.850.0918.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 20.550 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Barauslagen von 1.800 S.‑ und Umsatzsteuer von 1.705 S) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Aufgrund eines vom Kläger ausgestellten und von der Beklagten akzeptierten Wechsels vom 14. 7. 1984 (Verfallsdatum 15. 9. 1984) erließ das Erstgericht am 4. 10. 1984 gegen die Beklagte einen Wechselzahlungsauftrag über die Wechselsumme von 2.500.000 S samt Nebengebühren.

Die Beklagte behauptete in ihren Einwendungen, zwischen den Streitteilen sei am 10. 4. 1984 eine Vereinbarung geschlossen worden, wonach der Kläger der Beklagten „einen größeren Geldbetrag“ zur Veranlagung übergeben habe. Dieser Betrag hätte zuzüglich der vereinbarten Zinsen bis spätestens 30. 11. 1984 an den Kläger rückerstattet werden sollen. Zur Besicherung seien dem Kläger drei Blankoakzepte übergeben worden, die er unter der Voraussetzung, dass zu dem vorgesehenen Fälligkeitszeitpunkt die vereinbarten Rückzahlungen nicht erfolgt sein sollten, verwenden hätte sollen. Da die erwähnte Vereinbarung als Fälligkeitsdatum für die Rückzahlung des übergebenen Betrags spätestens den 30. 11. 1984 vorsehe, sei die Ausfüllung des übergebenen Blankoakzepts durch den Kläger mit einer Fälligkeit zum 15. 9. 1984 vereinbarungswidrig und wider besseres Wissen erfolgt. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 10. 12. 1984 (ON 3) brachte die Beklagte ergänzend vor, neben den schriftlichen Vereinbarungen seien zwischen den Parteien mündliche Absprachen getroffen worden, durch die die Fälligkeit der Rückzahlung bis zum 15. 1. 1985 hinausgeschoben worden sei. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 31. 1. 1985 (ON 6) brachte die Beklagte schließlich nach vor, zwischen den Streitteilen sei darüber konferiert worden, die Gesamtobliegenheit der Beklagten von 28.500.000 S gegenüber dem Kläger bis Ende 1985 zu prolongieren. Am 30. 1. 1985 sei zwischen der Beklagten und dem Prokuristen des Klägers eine Einigung dahin zustande gekommen, dass die klagsgegenständliche Verbindlichkeit bis Ende April 1985 gestundet werde.

Der Kläger bestritt diese Behauptungen der Beklagten. Richtig sei, dass am 19. 1. 1985 zwischen den Streitteilen eine Besprechung stattgefunden habe, bei der über eine Stundung der Verbindlichkeiten der Beklagten in der Höhe von 28.500.000 S verhandelt worden sei. Weitere Verhandlungen seien davon abhängig gemacht worden, dass die Beklagte bis 29. 1. 1985 2.500.000 S, also die hier strittige Forderung, bezahle, was die Beklagte auch versprochen habe. Letztlich habe aber die Beklagte am 30. 1. 1985 erklärt, nichts zu zahlen.

Das Erstgericht schloss die mündliche Streitverhandlung am 1. 3. 1985 (ON 8) und hielt mit seinem Urteil vom 5. 3. 1985 (ON 9) den Wechselzahlungsauftrag aufrecht.

Es stellte im Wesentlichen fest, dass die Beklagte die als Beilage ./B im Akt erliegende Urkunde, in der sie den Erhalt von 2.500.000 S bestätigte und Rückzahlung zuzüglich der Bankzinsen und Spesen bis längstens 15. 9. 1984 zusagte, unterschrieben hat. Mündliche Nebenabreden, durch die die Fälligkeit der Darlehensrückzahlung hinausgeschoben worden wäre, konnten nicht festgestellt werden. Ebenso wurde der von der Beklagten angebotene Beweis einer schriftlichen Vereinbarung vom 10. 4. 1984, nach der die Fälligkeit des Darlehens erst am 30. 11. 1984 eintreten sollte, nicht erbracht. Nach Ablauf der Zahlungsfrist wurde das von der Beklagten übergebene Blankoakzept vom Kläger vervollständigt und der Betrag von 2.500.000 S eingesetzt.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im Wesentlichen dahin, dass der Kläger das von ihm von der Beklagten zur Besicherung ihrer Darlehensschuld übergebene Blankoakzept vereinbarungsgemäß ausgefüllt und ergänzt habe. Die Beklagte habe sich somit mangels Rückzahlung der Darlehenssumme am 15. 9. 1984 im Verzug befunden, zumal eine Stundung der Darlehensschuld von ihr nicht bewiesen worden sei.

Dieses Urteil wurde von der Beklagten nur aus dem Berufungsgrund der unrichtigen Beweiswürdigung bekämpft. Sie führte in ihrer Berufung sinngemäß nur aus, daß das Erstgericht aufgrund einer von ihr angeblich vorgelegten mit 10. 4. 1984 datierten schriftlichen Vereinbarung feststellen hätte sollen, dass nach dieser Vereinbarung die Fälligkeit der Klagsforderung erst am 30. 11. 1984 eintreten hätte sollen.

Das Berufungsgericht gab mit dem angefochtenen Urteil diesem Rechtsmittel der Beklagten keine Folge.

Das Berufungsgericht führte im Wesentlichen aus, es könne dahingestellt bleiben, ob eine Urkunde des behaupteten Inhalts eine ausreichende Grundlage für eine Feststellung über eine Fälligkeit des strittigen Darlehens am 30. 11. 1984 bilden hätte können. Der im Berufungsverfahren erstmals konkret behauptete Inhalt der zitierten Vereinbarung lasse nämlich in Verbindung mit dem übereinstimmenden Parteienvorbringen über die Gesamtverbindlichkeiten der Beklagten gegenüber dem Kläger in einer Höhe von 28.500.000 S eindeutig den Schluss zu, dass sich diese Vereinbarung auf den strittigen Darlehensbetrag gar nicht beziehe. Dahingestellt bleiben könne auch, ob eine allenfalls nachgewiesene Fälligkeit mit 30. 11. 1984 im Hinblick auf die auch für das Wechselmandatsverfahren uneingeschränkte Geltung des § 406 ZPO überhaupt rechtlich relevant gewesen wäre. Entscheidend sei nämlich, dass die Beklagte zwar in ihren Einwendungen eine Vereinbarung vom 10. 4. 1984 als Beweis ihres Vorbringens angeboten habe, eine solche Urkunde aber im Lauf des Verfahrens nach der Aktenlage niemals vorgelegt und dadurch selbst eine Beweisaufnahme durch Einsicht in diese Urkunde verhindert habe. Aus einer von der Beklagten nicht vorgelegten Urkunde könnte jedenfalls kein Schluss auf eine Vereinbarung der Streitteile gezogen und insbesondere nicht die von der Beklagten angestrebte Feststellung getroffen werden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten. Sie bekämpft sie aus dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Der Kläger beantragt, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Beklagte führt in ihrer Revision – abgesehen von einer teilweisen Wiedergabe von Ausführungen des Berufungsgerichts – nur aus, sie lege gemäß § 504 Abs 2 ZPO zur Dartuung ihrer Behauptung, wonach die Fälligkeit des Darlehens erst am 30. 11. 1984 gegeben sein sollte, die am 10. 4. 1984 zwischen den Streitteilen geschlossene Vereinbarung vor. Mit ihrer Revision legte sie tatsächlich eine derartige Urkunde vor.

Da die Beklagte im Verfahren erster Instanz diese Urkunde nicht vorgelegt hat, war das Berufungsgericht keinesfalls in der Lage den Inhalt dieser Urkunde in die von ihm aufgrund der Art der Berufung der Beklagten allein anzustellenden Erwägungen über die Richtigkeit der Beweiswürdigung und der getroffenen Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts – wozu auch die Feststellung gehört, dass eine bestimmte Tatsache nicht festgestellt werden kann (JBl 1981, 206; ZVR 1982/16; 8 Ob 186/82; 1 Ob 2/83; 2 Ob 23/85 uva) – einzubeziehen. Worin unter diesen Umständen ein dem Berufungsgericht unterlaufener Verfahrensmangel zu erblicken wäre, ist dem Rechtsmittel der Beklagten nicht zu entnehmen und auch sonst nicht erkennbar. Die Bestimmung des § 504 Abs 2 ZPO ermöglicht im Revisionsverfahren nur die Geltendmachung von Neuerungen zur Dartuung der Revisionsgründe der Nichtigkeit oder der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, nicht aber die Überprüfung der Beweiswürdigung der Vorinstanzen aufgrund neuer Beweismittel, die die Beklagte mit ihren Revisionsausführungen in Wahrheit anstrebt.

Der von der Beklagten allein geltend gemachte Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt somit nicht vor. Darauf, ob nicht auch bei Fälligkeit der Klagsforderung erst am 30. 11. 1984 der Wechselzahlungsauftrag aufrecht zu erhalten gewesen wäre, weil § 406 ZPO auch im Wechselprozess anzuwenden ist (siehe dazu SZ 44/33 ua), braucht unter diesen Umständen nicht mehr eingegangen zu werden.

Der Revision der Beklagten musste daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte