OGH 9Os108/85

OGH9Os108/8518.9.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.September 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Hardegg als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gertraud A und Elmar B wegen des Vergehens des fahrlässigen Ansichbringens, Verheimliches und Verhandelns von Sachen nach § 165 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 28.Mai 1985, GZ. 24 a Vr 2210/84-24, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, und des Verteidigers der Erstangeklagten, Dr. Kraml, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten Gertraud A und Elmar B zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil in dem die Erstangeklagte Gertraud A betreffenden Schuldspruch (Punkt 1) zur Gänze, im Schuldspruch bezüglich des Zweitangeklagten Elmar B (Punkt 2) jedoch nur in Ansehung der ersichtlich angenommenen Qualifikation nach § 164 Abs. 2 StGB., sowie in Ansehung der Nichtannahme der Qualifikation nach dem zweiten Satz des § 164 Abs. 3 StGB. und im Strafausspruch hinsichtlich beider Angeklagten aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen.

Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 8.Mai 1960 geborene Gertraud A des Vergehens des fahrlässigen Ansichbringens, Verheimlichens und Verhandelns von Sachen nach § 165 StGB. sowie der am 2.Oktober 1958 geborene Elmar B des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z. 2 StGB. (gemeint wohl: nach § 164 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 2 StGB.; vgl. den angewendeten Strafsatz sowie die Urteilsbegründung AS. 159, 160) schuldig erkannt. Darnach hat die Angeklagte A am 25.Mai 1984 in Bregenz fahrlässig die Täter eines Verbrechens gegen fremdes Vermögen, nämlich die abgesondert verfolgten Friedrich A, Hubert C und Harald D,

welche am 15.April 1984 einen Einbruchsdiebstahl in der Waffenschule Ferlach verübt hatten, nach der Tat dabei unterstützt, Sachen, die diese hiedurch erlangt hatten, nämlich ein Vorderladergewehr (Scheibenstutzen) und eine Doppelflinte, zu verheimlichen und zu verhandeln, indem sie dem Angeklagten Elmar B im Auftrag ihres Gatten Friedrich A das Vorderladergewehr als Pfand für ein Darlehen von 10.000 S und überdies (in Erwartung einer bevorstehenden Hausdurchsuchung) auch die Doppelflinte übergab (Pkt. 1 des Urteilssatzes). Dem Zweitangeklagten Elmar B wird zur Last gelegt, in der Zeit vom 25.Mai 1984 bis 16.Juni 1984 in Bregenz die erwähnten Gewehre, sohin Sachen in einem 100.000 S nicht übersteigenden Wert, die andere durch ein Verbrechen gegen fremdes Vermögen erlangt hatten, als Pfand besessen (richtig: verheimlicht) zu haben.

Nach den Urteilsfeststellungen brachte der abgesondert verfolgte Friedrich A nach Verübung des erwähnten Einbruchsdiebstahls, bei welchem Waffen im Gesamtwert von 1,5 Millionen Schilling erbeutet worden waren, einen Teil der Beute nach Vorarlberg und versteckte die Waffen dort an verschiedenen Orten. Zwei hieraus stammende Gewehre in einem zwar 5.000 S, nicht jedoch mit Sicherheit 100.000 S übersteigenden Wert verwahrte er in der ehelichen Wohnung in Bregenz. Am 25.Mai 1984 ließ sich der Zweitangeklagte Elmar B trotz von ihm vorerst geäußerter 'Bedenken über den Besitz der Waffe' von Friedrich A überreden, ihm ein Darlehen von 10.000 S zur Bezahlung einer Geldstrafe zu gewähren, für welches A ihm eines der Gewehre als Pfand anbot. Noch an diesem Tage wurde Friedrich A jedoch bei Betreten seines Wohnhauses von der Kriminalpolizei verhaftet. Zuvor hatte er noch der Erstangeklagten erklärt, sie solle dem Angeklagten B das zum Pfand bestimmte Gewehr aushändigen. Daraufhin übergab die Erstangeklagte A dem Zweitangeklagten jedoch beide Gewehre. Deren Herkunft war ihr zu diesem Zeitpunkt zwar nicht bekannt, doch war ihr der unredliche Besitz ihres Gatten an den Waffen bewußt. Sie bezweckte damit, die Waffen vor der Gendarmerie beiseitezuschaffen, weil sie nach der Festnahme ihres Gatten eine Hausdurchsuchung befürchtete. Der Zweitangeklagte B wurde einige Tage nach Übernahme der Waffen durch einen Bekannten darüber informiert, daß ein Zusammenhang mit Friedrich A äußerst gefährlich sei und 'die Sache sehr heiß werden würde'. Kurz nach der Übernahme erfuhr er überdies aus der Zeitung, daß aus der Büchsenmacherschule in Ferlach durch Einbruch etwa 100 Faustfeuerwaffen und Jagdgewehre gestohlen worden waren. Aus dem Zeitungsbericht war auch zu entnehmen, daß ein Teil der gestohlenen Waffen in Vorarlberg sichergestellt worden sei und der amtsbekannte Zuhälter Friedrich A damit in Zusammenhang gebracht werde; der nähere Hergang des Einbruchs in Ferlach wurde jedoch nicht beschrieben. Auf Grund dieser Berichte überlegte der Zweitangeklagte B zwar, die Waffen wieder loszuwerden, er hatte sie aber noch in seinem Gewahrsam, als die Gendarmerie ihn im Zuge ihrer Ermittlungen bereits als übernehmer von Beutestücken ausgeforscht hatte. Zur subjektiven Tatseite führte das Erstgericht zusammenfassend und beweiswürdigend aus, die Verantwortung der Erstangeklagten, vom Diebstahl der gegenständlichen Waffen nichts gewußt zu haben, sei nicht widerlegbar; doch habe sie nach ihren eigenen Angaben Bedenken hinsichtlich der Redlichkeit des Besitzes gehabt. Daraus, daß sie nicht - wie zunächst beabsichtigt - nur ein Gewehr, sondern beide Waffen an den Zweitangeklagten ausfolgte, weil sie auf Grund der Verhaftung ihres Gatten eine Hausdurchsuchung befürchtete, ergebe sich ihr Bestreben, 'zumindest fahrlässig' die gesuchten Waffen zu verheimlichen (S. 158, 159 erster Absatz). Der Zweitangeklagte hingegen habe spätestens ab Kenntnis des Diebstahls auf Grund der Zeitungsberichte gewußt, daß die übernommenen Waffen aus dieser Tat stammten und zusammen mehr als 5.000 S wert waren. Nicht mit Sicherheit habe er jedoch aus dem Inhalt der Zeitungsberichte ableiten können, daß die Tat durch Einbruch im Sinne des § 129 StGB. begangen worden war; denn in den Berichten sei wohl von Einbruchsdiebstählen, nicht aber von den eine solche Qualifikation herstellenden näheren Tatumständen die Rede gewesen. Diesbezügliche Feststellungen, daß dem Angeklagten B auch die Umstände bekannt gewesen seien, die eine Strafdrohung von mindestens 5 Jahren begründeten, könnten daher nicht getroffen werden (AS. 159 zweiter Absatz).

Gegen die Schuldsprüche hat die Staatsanwaltschaft eine auf die Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützte Nichtigkeitsbeschwerde erhoben.

Zur Erstangeklagten Gertraud A:

Rechtliche Beurteilung

Bei dieser Angeklagten releviert die Anklagebehörde zu Recht einen Feststellungsmangel in Ansehung der subjektiven Tatseite; denn die Urteilsannahme, denen zufolge Gertraud K. Bedenken hinsichtlich der (ihr nicht bekannten) Herkunft der Waffen hegte, deren Sicherstellung bei einer Hausdurchsuchung befürchtete und diese Sachen 'zumindest fahrlässig' zu verheimlichen trachtete, bringen nicht klar zum Ausdruck, was der Grund für die diesbezüglich bei der Erstangeklagten aufgetretene Skepsis war; sie schließen jedenfalls nicht zweifelsfrei aus, daß bei dieser Angeklagten der Verdacht einer Herkunft aus einer Vermögensstraftat entstand, daß sie diese Möglichkeit ernstlich erwog und als naheliegend erkannte und daß sie sich dessen ungeachtet damit abfand. Eine solche innere Einstellung - wobei sogar bewußte Gleichgültigkeit hinsichtlich des Erfolges genügte; vgl. Leukauf-Steininger, Komm. 2 RN. 17, Mayerhofer-Rieder 2 , E. 17, Foregger-Serini 3 Erl. IV letzter Absatz, jeweils zu § 5 StGB.) - würde jedoch für die Annahme bedingt vorsätzlicher (§ 5 Abs. 1 StGB.) Erfüllung des Tatbestandes nach § 164 Abs. 1 Z. 1 StGB. ausreichen. Da es sonach an Konstatierungen gebricht, die eine verläßliche Beurteilung des inneren Vorhabens der Angeklagten

A - insbesondere die Abgrenzung bewußter Fahrlässigkeit im Sinne des § 6 Abs. 2 StGB. von bedingtem Vorsatz nach dem

2. Halbsatz des § 5 Abs. 1 StGB. betreffend - zuließen und es dem Obersten Gerichtshof verwehrt ist, diesen Mangel zu sanieren, war in Stattgebung der staatsanwaltschaftlichen Nichtigkeitsbeschwerde spruchgemäß zu verfahren.

Zum Zweitangeklagten Elmar B:

Das schöffengerichtliche Diktum, diesem Angeklagten sei (für die Zeit seines Besitzes an den gestohlenen Gewehren) die Kenntnis der Umstände nicht nachweisbar, die eine Strafdrohung von mindestens 5 Jahren für den Diebstahl begründeten, bezieht sich, wie aus der bezüglichen Urteilspassage (vgl. S. 159 unten) eindeutig hervorgeht (arg.: 'diesbezüglich'), ausschließlich darauf, ob der Vorsatz des Angeklagten B die Qualifikation des Diebstahls als Einbruch umfaßt hat. Die Möglichkeit hingegen, daß der (bedingte) Vorsatz dieses Angeklagten allenfalls auch einen die Vortat, aus der die Sachen stammten (§ 164 Abs. 3) nach § 128 Abs. 2 StGB. als zum Verbrechen qualifizierenden Wert der Diebsbeute von mehr als 100.000 S in sich begriff, wurde vom Erstgericht nicht in Erwägung gezogen, obwohl die Ergebnisse des Beweisverfahrens (vgl. insbes. die in der Hauptverhandlung verlesenen !S. 140 Zeitungsberichte ON. 10, durch welche der Zweitangeklagte vom Diebstahl der Gewehre erfuhr) Konstatierungen in dieser Richtung fraglos indizierten; wird doch in diesen Berichten nicht nur die weitere Erläuterungen gar nicht mehr erfordernde (vgl. SSt. 41/61 u.a.) Art der Tatbegehung, sondern auch die äußerst hohe Anzahl der gestohlenen Waffen oder sogar ausdrücklich ein Wert der Gesamtbeute erwähnt, welcher die Grenze des § 128 Abs. 2 StGB. um ein Mehrfaches übersteigt. Da eine alle indizierten Möglichkeiten umfassende Beurteilung der Rechtsfrage, ob dem Angeklagten B die Qualifikation nach dem zweiten Satz des § 164 Abs. 3 StGB. zur Last liegt, aufgrund der erstgerichtlichen Annahmen sohin nicht möglich und daher der von der Anklagebehörde relevierte Feststellungsmangel nach § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. gegeben ist, mußte auch insoweit der bekämpfte Schuldspruch kassiert und dem Erstgericht Verfahrenserneuerung aufgetragen werden.

Mit ihrer Berufung war die Staatsanwaltschaft hinsichtlich beider Angeklagten auf die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde zu verweisen.

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