OGH 8Ob608/85

OGH8Ob608/8518.9.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr.Zehetner als Richter in der Pflegschaftssache der mj. H***** L*****, geboren ***** 1968, U***** L*****, geboren ***** 1971 und M***** L*****, geboren ***** 1974, infolge Revisionsrekurses des ehelichen Vaters R***** L*****, vertreten durch Dr. Dieter Havranek, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 8. August 1985, GZ 1 R 336/85-28, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 19. Juni 1985, GZ 1 P 119/84-25, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00608.850.0918.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Der im Februar 1985 geschiedenen Ehe des R***** und der E***** L***** entstammen die Kinder H*****, U***** und M*****, die von der Mutter in deren Haushalt in K***** betreut werden. Während die beiden jüngeren Kinder noch die Schule besuchen, ist der mj. H***** als Lehrling beschäftigt.

Das Erstgericht setzte die dem Vater für die beiden Kinder U***** und M***** ab 3. 4. 1984 obliegende Unterhaltsleistung mit monatlich je S 1.500,-- fest; das von der Mutter gestellte Mehrbegehren von monatlich S 1.100,-- für U***** und von monatlich S 700,-- für M***** wies es ab.

Das Erstgericht stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die Mutter bezieht aus einer Halbtagsbeschäftigung ein monatliches Nettoeinkommen von S 3.547,--. Sie besitzt kein Vermögen. Der Vater hat seit Oktober 1975 in Ferlach ein Espresso gepachtet, das er allein führt. Sein erlernter Beruf ist Kellner; diesen Beruf hat er bis zur Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit ausgeübt. Das Einkommen des Vaters aus dieser Tätigkeit betrug im Jahr 1981 S 2.719,--, im Jahr 1982 S 4.748,-- und im Jahr 1983 S 4.768,-- monatlich. Für das Jahr 1984 betrugen die Einkünfte des Vaters aus dem Gewerbebetrieb laut Einkommenssteuerbescheid des Finanzamtes Klagenfurt minus S 31.822,--, sodaß keine Einkommensteuer zur Vorschreibung gelangte. Für die Berechnung der Umsatzsteuer wurde für 1984 ein Gesamtbetrag der Entgelte von S 425.470,77 zugrundegelegt (das ergibt gegenüber dem Jahr 1983 eine Steigerung der Umsätze um S 59.249,33).

Der Vater leidet an einer Spondylarthrose der Hals- und Lendenwirbelsäule mit Bandscheibenschaden und Zustand nach Bruch der Kniescheibe links mit geringer Bewegungseinschränkung im Kniegelenk. Er kann seine derzeitige Tätigkeit ausüben, wobei gelegentliche Ruhepausen notwendig sind. Heben und Tragen von schweren Gegenständen ist ihm nicht mehr zumutbar.

Nach Mitteilung des Arbeitsamtes Klagenfurt besteht auf Grund der gesundheitlichen Einschränkungen derzeit keine Möglichkeit, dem Vater in seinem Beruf als Kellner zu vermitteln. Vermittlungsbemühungen können nur dann eingeleitet werden, wenn sie auch tatsächlich gewünscht werden. Da der Vater eine selbständige Tätigkeit ausübt, wird dies wahrscheinlich nicht der Fall sein. Bei den zu vergebenden Stellen als Kellner wird zumeist eine langjährige Praxis verlangt. Bei einer gesundheitlichen Einschränkung des Arbeitsuchenden könnte sich eine Vermittlung schwierig gestalten.

Für einen selbständig Erwerbstätigen besteht die Möglichkeit, Arbeitslosengeld – soweit ein solcher Anspruch besteht – zu beziehen. In diesem Fall müßte das Gewerbe als ruhend gemeldet und eine Bestätigung vorgelegt werden, aus der hervorgeht, daß das Gewerbe zurückgelegt wurde. Bei einem zuletzt bezogenen Einkommen von brutto S 15.000,-- würde der Anspruch auf Arbeitslosengeld täglich S 203,-- betragen.

Der Vater ist für die mj. U***** und den mj. M***** sorgepflichtig.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß der Vater monatlich nicht mehr als S 1.500,-- pro Kind zu leisten imstande sei. Die Aufgabe seines Betriebes und die Annahme einer Stelle als Kellner würde ihm keine höheren Einnahmen und den Kindern daher keine höheren Unterhaltsbeiträge bringen.

Dem gegen diese Entscheidung gerichteten Rekurs der Mutter gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß Folge. Es änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es die dem Vater ab 3. 4. 1984 obliegende Unterhaltsleistung für seine Tochter U***** mit monatlich S 2.600,-- und für seinen Sohn M***** mit monatlich S 2.200,-- festsetzte.

Das Rekursgericht führte im wesentlichen aus, daß die Behauptung, der Jahresgewinn des Vaters habe im Jahr 1981 rund S 32.600,-- und im Jahr 1982 rund S 57.000,-- betragen und das Jahr 1983 habe sogar einen Verlust von rund S 36.000,-- gebracht, an und für sich wenig glaubhaft sei. Sie werde angesichts der vom Vater bis Ende 1983 erbrachten Unterhaltsleistungen für Frau und Kinder von zusammen S 7.000,-- monatlich völlig unglaubhaft. Weil der Vater nur eine einfache Einnahmen- und Ausgabenrechnung führe, weil aus den Unterlagen nicht ermittelt werden könne, welche Privatentnahmen vorgenommen worden seien und weil ein Vergleich der Rohgewinne für das Jahr 1983 einen offensichtlich zu geringen Rohaufschlag ergebe, liege der Schluß nahe, daß die Einnahmen- und Ausgabenrechnungen des Vaters unrichtig seien. Angesichts dieses Umstandes und der Tatsache, daß der Vater für den Unterhalt seiner Familie bis Ende 1983 monatlich S 7.000,-- und bis April 1984 monatlich S 4.500,-- geleistet habe und darüber hinaus auch noch seinen eigenen Unterhalt decken habe müssen, sei es nicht möglich, daß er im Jahr 1982 monatlich nur S 4.750,-- verdient und im Jahr 1983 sogar einen Verlust von rund S 3.000,-- monatlich erwirtschaftet habe. Es sei offenkundig, daß der Vater sein wahres Einkommen verschleiere und verhindere, daß sein tatsächliches Einkommen ermittelt werden könne. Er müsse es sich daher gefallen lassen, daß bei der Unterhaltsbemessung nicht von seinen Angaben und der von ihm erstellten Einnahmen- und Ausgabenrechnung ausgegangen werde, sondern daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt nach freier Beweiswürdigung aller in Betracht kommenden Umstände eingeschätzt werde, ohne daß erst langwierig versucht werden müßte, die Beträge zu ermitteln, die er offensichtlich „schwarz“ erwirtschafte. Der Unterhaltsbeitrag sei in diesem Fall nach dem Einkommen festzusetzen, das der allgemeinen Erfahrung nach unter vergleichbaren Bedingungen erzielt werde. Die Unterhaltsbemessungsgrundlage könne unter diesen Voraussetzungen also auch geschätzt werden.

Ein Vater, der bis Ende 1983 monatlich S 7.000,-- für den Unterhalt seiner Ehefrau und seiner drei Kinder aufzubringen in der Lage gewesen sein, müsse nach Wegfall der Sorgepflicht für die Ehefrau und ein Kind und nach einer im Jahr 1984 erfolgten Umsatzsteigerung von rund S 60.000,-- in der Lage sein, seinen beiden jüngeren Kindern ab April 1984 zusammen S 4.800,-- an Unterhalt zu leisten. Das entspreche auch dem Bedarf der Kinder. Denn Unterhaltsbeiträge in der Höhe von S 2.600,-- monatlich für ein Kind im Alter von 13 Jahren (U*****) und in der Höhe von S 2.200,-- monatlich für ein Kind im Alter von 10 Jahren (M*****) seien nicht über dem gelegen, was Kinder in diesem Alter – bloß durchschnittliche Lebensverhältnisse vorausgesetzt – zur Deckung ihrer einfachen Bedürfnisse benötigten.

Angesicht des geringen Einkommens der Mutter und der Tatsache, daß sie die Kinder in ihrem Haushalt betreue, bestehe keine Veranlassung, von der Bestimmung des § 140 Abs. 2 Satz 2 ABGB Gebrauch zu machen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Revisionsrekurs ist unzulässig.

Der Vater macht in seinem Rechtsmittel im wesentlichen geltend, daß das Rekursgericht seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zur Erbringung der ihm auferlegten Unterhaltsleistungen unrichtig beurteilt habe. Aus der bloßen Tatsache, daß er durch einige Zeit weit über seinen Verhältnissen liegende Zahlungen an seine Familie geleistet habe, sei rechtlich keineswegs abzuleiten, daß er dies auf lange Dauer tun müßte. Er verdiene nicht mehr, als der Sachverständige ermittelt habe und sei auch nicht in der Lage, dem Beruf eines Kellners nachzugehen.

Gemäß § 14 Abs. 2 AußStrG sind Rekurse gegen Entscheidungen der zweiten Instanz über die Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche ausgeschlossen. Zur Bemessung gehört die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen (Jud. 60 neu = SZ 27/177). Die Anfechtung einer Entscheidung des Rekursgerichtes über die Unterhaltsbemessung wird durch § 14 Abs. 2 AußStrG ausgeschlossen, welcher Fehler immer dem Rekursgericht dabei unterlaufen sein möge (EFSlg. 42.261; 5 Ob 579/84; 8 Ob 544/85 ua.); selbst Beschwerdegründe im Sinne des § 16 Abs. 1 AußStrG sind in einem solchen Fall bei Bekämpfung bloßer Bemessungskriterien nicht zu prüfen (EFSlg. 30.514; 3 Ob 595/83; 8 Ob 544/85 ua.).

Da im vorliegenden Revisionsrekurs des Vaters ausschließlich eine Bemessungsfrage, nämlich die Beurteilung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch das Rekursgericht, releviert wird, ist dieses Rechtsmittel im Sinne des § 14 Abs. 2 AußStrG als unzulässig zurückzuweisen.

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