European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00558.85.0918.000
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit S 4.329,75 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Barauslagen von S 1.500,‑ und die USt. von S 257,25) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin kündigte am 7. 9. 1983 den Beklagten die Mietrechte an den Geschäftsräumen *, zum 31. 10. 1983 mit der Begründung auf, daß diese Räumlichkeiten nicht zu der im Vertrag bedungenen oder einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet werden.
Der Beklagte wandte dagegen ein, daß die aufgekündigten Geschäftsräume zu einer geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet werden und daß der herangezogene Kündigungsgrund verfehlt sei.
Das Erstgericht erkannte die auf § 30 Abs. 2 Z 7 MRG gestützte Aufkündigung des Geschäftslokals für rechtswirksam und verurteilte den Beklagten zur Räumung dieses Objektes. Es traf nachstehende Feststellungen:
Die Klägerin vermietete dem Beklagten mit Mietvertrag vom 7. 2. 1958 das aufgekündigte Bestandobjekt zur Führung eines Elektrohandels. Gemäß Punkt 2 dieses Vertrages wurde die gänzliche oder teilweise, entgeltliche oder unentgeltliche Überlassung des Mietobjektes an Dritte oder die Verwendung für andere Zwecke untersagt und vereinbart, daß jede Änderung sowie jede Verpachtung der Geschäftsräume der schriftlichen Zustimmung der Vermieterin bedarf.
Nach Abschluß dieses Vertrages betrieb der Beklagte in dem Bestandobjekt zunächst vertragsgemäß einen Elektrohandel. In weiterer Folge wurden in dem Lokal ein Kindermodengeschäft und anschließend ein Sportgeschäft betrieben. Dann standen die Geschäftsräume einige Zeit lang leer. Seit Oktober 1983 befindet sich in dem Lokal ein „Second‑Hand‑Shop“.
Rechtlich sei der geltend gemachte Kündigungsgrund erfüllt, weil dem Beklagten laut Mietvertrag nur die Führung eines Elektrohandels im aufgekündigten Objekt erlaubt sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und änderte die erstgerichtliche Entscheidung dahin ab, daß es die Aufkündigung aufhob und das Räumungsbegehren abwies. Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschied, S 15.000,‑‑ nicht aber S 300.000,‑‑ übersteigt. Es erklärte die Revision für zulässig, weil zur Gleichwertigkeit der geschäftlichen Betätigung im Sinne des § 30 Abs. 2 Z 7 MRG noch keine ständige oberstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.
Das Berufungsgericht stellte ergänzend fest, daß im aufgekündigten Objekt schon seit etwa Anfang September 1983 Vorbereitungen zur Eröffnung des Geschäftsbetriebes einer „Tauschzentrale“ getroffen wurden und führte rechtlich aus:
Der Kündigungsgrund nach § 30 Abs. 2 Z 7 MRG liege vor, wenn die vermieteten Räumlichkeiten nicht zu der im Mietvertrag bedungenen oder einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet werden. Im konkreten Fall habe der Beklagte das aufgekündigte Objekt zur Führung eines Elektrohandels gemietet. Es müsse daher geprüft werden, ob die Führung eines sogenannten „Second‑Hand‑Shops“ oder einer „Tauschzentrale“ dieser geschäftlichen Tätigkeit gleichwertig ist. Fraglich sei es, ob noch von einer Gleichwertigkeit der Verwendung gesprochen werden kann, wenn ein als Verkaufslokal gemietetes Objekt etwa zur Produktion von Waren oder zur Führung eines Dienstleistungsbetriebes verwendet wird. Werde aber ein zum Zwecke des Verkaufes bestimmter Waren gemietetes Objekt weiterhin als Verkaufslokal benützt, dann bleibe die Gleichwertigkeit der Verwendung grundsätzlich auch dann gewahrt, wenn nunmehr andere Waren verkauft werden. Es sei nicht einzusehen, worin in einem solchen Fall das generell eine Kündigung rechtfertigende wichtige Interesse des Vermieters oder der Allgemeinheit gelegen sein könnte.
Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Anfechtungsgrund des § 503 Abs. 1 Z 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Der Beklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Zunächst ist auf die vom Beklagten aufgeworfene Frage einzugehen, ob die Revision rechtzeitig eingebracht wurde. Dies ist im Gegensatz zur Ansicht des Beklagten zu bejahen:
Wurde, wie im vorliegenden Fall, Prozeßvollmacht erteilt, dann dürfen die Zustellungen bis zur Wirksamkeit der Aufhebung der Prozessvollmacht nur an den Prozeßbevollmächtigten erfolgen (vgl § 93 Abs. 1 ZPO). Eine Zustellung an die Partei selbst ist in diesem Fall wirkungslos und setzt keine Rechtsmittelfrist in Lauf. Gelangt das zuzustellende Schriftstück durch die Partei in die Hände des Prozeßbevollmächtigten, dann ist dadurch gemäß § 7 ZustG der Zustellungsmangel beseitigt und die Zustellung mit diesem Zeitpunkt als rechtswirksam erfolgt anzusehen (Fasching Zivilprozeßrecht Rdz 528; JBl. 1957, 76). Da das Urteil des Gerichtes zweiter Instanz irrtümlich zunächst an eine der Magistratsabteilungen der Klägerin zugestellt wurde und erst am 7. 2. 1985 an deren Prozeßbevollmächtigten gelangte, ist die Rechtsmittelfrist ab diesem Datum zu berechnen. Die am 6. 3. 1985 zur Post gegebene Revision wurde somit rechtzeitig eingebracht (§ 505 Abs. 2 ZPO).
Die Revision ist auch im Sinne des oben wiedergegebenen Standpunktes der Klägerin zulässig, jedoch nicht berechtigt:
Hinsichtlich der Kündigungsschutzbestimmungen wurden vom Mietrechtsgesetz im wesentlichen das bisherige System und auch weitgehend die Einzelbestimmungen des Mietengesetzes übernommen (425 BlgNR 15. GP 42). Dem bisherigen Kündigungstatbestand des § 19 Abs. 2 Z 14 MG entspricht die Bestimmung des § 30 Abs. 2 Z 7 MRG. Durch die Formulierung „zu der im Vertrag bedungenen oder einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung“ sollte nur einer Umwandlung von Räumlichkeiten, die zur regelmäßigen geschäftlichen Betätigung gemietet worden sind, in nicht gleichwertige Verwendungsformen entgegengewirkt werden (880 BlgNR 15. GP 5; Würth‑Zingher, MRG 106 Anm. 8 zu § 30; Derbolav MRG 92; 7 Ob 701/83). Im Gegensatz zur Ansicht der Klägerin kann aber nicht gesagt werden, daß es sich bei dem nunmehrigen Verkauf von Gebrauchtgegenständen um eine geschäftliche Betätigung handelt, die dem vorher betriebenen Verkauf von Elektrogegenständen ungleichwertig wäre. Nach der zitierten Gesetzesstelle kommt es auf die gleichwertige Verwendungsform der gemieteten Räumlichkeiten an, nicht aber auf die Gleichwertigkeit der verkauften Gegenstände, wie dies die Klägerin in der Revision zum Ausdruck zu bringen sucht.
Richtig erkannte daher das Berufungsgericht, daß der herangezogene Kündigungsgrund nicht gegeben ist, weshalb der Revision der Erfolg zu versagen war.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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