Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen; die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die klagende Partei beantragt zur Sicherung ihres gleichlautenden Unterlassungsbegehrens, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, beim Einzelhandel mit Artikeln des täglichen Bedarfs, insbesondere beim Letztverbrauchergeschäft mit Haushaltselektrogeräten, einen 3 % übersteigenden Barzahlungsnachlaß und/oder einen Sonderpreis, der gegen Vorweis eines Ausfolgescheines eines Gewerbetreibenden für Artikel außerhalb dessen Wiederverkaufsprogramms oder Anlagevermögens einzuräumen und/oder zu gewähren. Zur Begründung bringt sie vor, am 13.12.1984 habe der Beklagte in seinem Geschäftslokal an einen Kunden ein näher bezeichnetes Föngerät um den Preis von S 490,-- verkauft. Am selben Tag habe er das gleiche Gerät an einen anderen Kunden, nachdem er diesen zuerst denselben Preis genannt habe, gegen übergabe eines von einem Modeunternehmen ausgestellten Ausfolgescheines um S 440,-- verkauft. Der Beklagte habe durch die Gewährung dieses Sonderpreises gegen § 1 Abs 2 RabattG verstoßen.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Sicherungsantrages. Der Schutzverband der Detailhändler mit Radio-, Fernseh- und sonstigen Elektrogeräten (in der Folge Radioschutzverband genannt) habe gegen den Beklagten in der Zeit vom 16.11. bis 3.12.1984 vier Wettbewerbsklagen mit insgesamt 10 Urteilsveröffentlichungsbegehren, die zum Teil schikanös gewesen seien, eingebracht. Dies sei der klagenden Partei bekannt gewesen. Angesichts des erheblichen Kostenrisikos habe sich der Beklagte aus wirtschaftlichen Gründen veranlaßt gesehen, dem vorgenannten Verband am 12.12.1984 einen vollstreckbaren Vergleich hinsichtlich aller Unterlassungsbegehren anzubieten. Dieser Vergleich, in dem sich der Beklagte unter anderem verpflichtet habe, keine gesetzwidrigen Rabatte anzubieten und/oder zu gewähren, sei am 21.12.1984 abgeschlossen worden. Da über diesen Vergleich in der 'KRONEN ZEITUNG' vom 5.1.1985, sohin 4 Tage vor Einbringung der gegenständlichen Klage, berichtet worden sei, habe die klagende Partei davon Kenntnis haben müssen. Auf Grund dieses Vergleiches sei die Wiederholungsgefahr auch im Verhältnis zur klagenden Partei weggefallen. Der klagenden Partei fehle aber auch das Rechtsschutzinteresse, weil sie mit dem Radioschutzverband durch die Einbringung der Klagen in sittenwidriger Weise zusammengewirkt habe. Alle eidesstättigen Erklärungen, welche im gegenständlichen Verfahren und in den vom Radioschutzverband eingeleiteten Verfahren vorgelegt worden seien, seien auf derselben Schreibmaschine und von derselben Angestellten geschrieben worden. Zwei dieser eidesstättigen Erklärungen seien von ein- und derselben Person abgegeben worden. Der Beklagte habe im übrigen auch in diesem Verfahren der klagenden Partei 'jede gewünschte Unterlassungsverpflichtung' angeboten, jedoch mit der Einschränkung, daß eine Urteilsveröffentlichung nicht erfolge und nur ein Pauschalkostenbetrag von S 2.000,-- bis S 3.000,-- gezahlt werde. Da die klagende Partei auf einem Kostenpauschale von S 5.236,-- bestanden habe, habe der Beklagte den Gegenvorschlag der klagenden Partei abgelehnt.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Es nahm folgenden wesentlichen Sachverhalt als bescheinigt an:
Der Beklagte schloß mit dem Radioschutzverband am 21.12.1984 einen gerichtlichen Vergleich, in dem er sich verpflichtete, es ab sofort zu unterlassen, gesetzwidrige Rabatte, insbesondere einen 3 % übersteigenden Barzahlungsnachlaß, anzubieten und/oder zu gewähren. Dem klagenden Radioschutzverband wurde außerdem die Ermächtigung erteilt, den Vergleich binnen sechs Monaten im Anzeigenteil einer Montagausgabe der 'KRONEN ZEITUNG' auf Kosten des Beklagten zu veröffentlichen.
Am 13.12.1984 verkaufte der Beklagte in seinem Geschäft an einen Kunden ein näher bezeichnetes Föngerät, dessen Verkaufspreis S 490,-- beträgt und der von einem anderen Kunden in dieser Höhe verlangt worden war, um den Betrag von nur S 440,--. Dieser Kunde hatte einen Ausfolgeschein eines Modeunternehmens vorgelegt. Die 'KRONEN ZEITUNG' berichtete in ihrer Ausgabe vom 5.1.1985, daß die gegen den Beklagten wegen unzulässiger Rabattgewährung eingeleiteten Verfahren mit einem Vergleich geendet hätten.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, durch den Abschluß des vollstreckbaren Vergleichs sei die Wiederholungsgefahr insgesamt weggefallen. Der der vorliegenden Klage zu Grunde liegende Rabattverstoß habe sich vor dem Abschluß des Vergleichs ereignet und sei daher für die Beurteilung der Wiederholungsgefahr nicht heranzuziehen.
Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, daß es die einstweilige Verfügung erließ. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteigt und daß der Revisionsrekurs infolge Fehlens einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Wiederholungsgefahr bei 'Drittunterwerfung' zulässig sei. Es übernahm den vom Erstgericht als bescheinigt angenommenen Sachverhalt, bejahte aber das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr. Der Rabattverstoß vom 13.12.1984 sei nämlich nur einen Tag nach der Unterbreitung des Vergleichsanbotes durch den Beklagten an den Radioschutzverband erfolgt. Daraus müsse der Schluß gezogen werden, daß der am Vortag bekundete Verpflichtungswille des Beklagten nicht ernst gemeint gewesen sei, sondern nur der Beendigung eines aussichtslosen Prozesses gedient habe. Anzeichen für einen echten Sinneswandel des Beklagten lägen nicht vor. Das Rechtsschutzbedürfnis der klagenden Partei sei zu bejahen, weil ihr ein Exekutionstitel gegen den Beklagten nicht zur Verfügung gestanden sei und sie auf eine Exekutionsführung seitens des Radioschutzverbandes keinen Einfluß habe. Selbst wenn man vom Vorbringen des Beklagten über das behauptete sittenwidrige Zusammenwirken ausginge, wäre für ihn nichts gewonnen, weil selbst ein in der Verwendung derselben Schreibkraft und desselben 'Kunden' zum Ausdruck kommendes gemeinsames Vorgehen nicht sittenwidrig sei. Da der Beklagte nicht bereit gewesen sei, die Kosten der klagenden Partei für den Fall eines Vergleichsabschlusses zu tragen, habe er schon nach seinem eigenen Vorbringen keinen den gesamten Anspruch der klagenden Partei umfassenden Vergleich angeboten, so daß die Wiederholungsgefahr auch unter diesem Gesichtspunkt nicht weggefallen sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Beklagten mit einem auf die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses abzielenden Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die klagende Partei beantragt, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zwar zulässig - die Beurteilung der Wiederholungsgefahr im Falle eines zwischen dem Beklagten und einem Dritten abgeschlossenen vollstreckbaren Unterlassungsvergleiches bei weiteren Wettbewerbsverstößen in der Zeit zwischen dem Anbot und dem Abschluß eines solchen Vergleiches ist infolge der hiefür erforderlichen Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe und des Fehlens einer Judikatur des Obersten Gerichtshofes eine Frage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO -, er ist aber nicht berechtigt.
Das Rechtsschutzbedürfnis der klagenden Partei ist entgegen der Meinung des Beklagten zu bejahen, weil der der Klage zu Grunde liegende Rabattverstoß vom 13.6.1984 von den vom Radioschutzverband schon vor diesem Zeitpunkt eingebrachten Klagen nicht umfaßt war und weil Mitbewerber und Interessenverbände selbständige, voneinander unabhängige Unterlassungsansprüche haben, so daß sogar wegen desselben Wettbewerbsverstoßes auch mehrere Kläger selbständig und unabhängig voneinander gegen denselben Beklagten vorgehen können (ÖBl. 1972, 126; ÖBl. 1981, 15, jeweils mwH). Hiebei ist zu bedenken, daß die klagende Partei dieses Prozesses keinen Einfluß darauf hat, daß der Radioschutzverband von seinem gegen den Beklagten erwirkten Exekutionstitel Gebrauch macht. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt aber auch nicht etwa wegen des vom Beklagten behaupteten sittenwidrigen Zusammenwirkens der klagenden Partei mit dem Radioschutzverband. Dem Berufungsgericht ist darin beizustimmen, daß ein gemeinsames Vorgehen von Verbänden, die um den lauteren Wettbewerb bemüht sind, gegen einen sich wettbewerbswidrig verhaltenden Händler für sich allein nicht sittenwidrig ist. Der vom Beklagten behauptete gemeinsame Gebrauch einer Schreibmaschine zum Schreiben eidesstättiger Erklärungen durch ein und dieselbe Person sowie der Einsatz ein- und desselben 'agent provocateur' durch beide Verbände geht über ein solches gemeinsames Vorgehen nicht hinaus und ist daher nicht sittenwidrig.
Das Erstgericht hat aber auch das Vorliegen der Wiederholungsgefahr richtig beurteilt. Richtig ist, daß ein - wenngleich vom Kläger abgelehntes - Angebot des Beklagten, sich in einem vollstreckbaren Vergleich zu der vom Kläger verlangten Unterlassung zu verpflichten, die Wiederholungsgefahr regelmäßig ausschließt und zwar gleichgültig, ob der Beklagte gleichzeitig auch den Rechtsstandpunkt des Klägers als richtig bezeichnet oder aber weiter daran festhält, durch die beanstandete Handlung keinen Gesetzesverstoß begangen zu haben. Voraussetzung hiefür ist, daß er einen den ganzen Unterlassungsanspruch umfassenden, an keinerlei Bedingungen geknüpften Vergleich anbietet und nach den Umständen keine Bedenken gegen die Ernstlichkeit seines Willens bestehen, von gleichartigen Handlungen künftig Abstand zu nehmen (ÖBl. 1985, 16, mwH). Dies gilt auch dann, wenn der Beklagte die von ihm gegenüber einem anderen Kläger durch Vergleich übernommene Verpflichtung, bestimmte Wettbewerbsverstöße in Hinkunft zu unterlassen, eingehalten und seither keinen gleichartigen Gesetzesverstoß mehr begangen hat (ÖBl. 1985, 43). Ob in einem solchen Fall die Wiederholungsgefahr weggefallen ist, hängt vom Einzelfall ab (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht 14 EinlUWG, Rdz 260 f). Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, ist zu bedenken, daß der Beklagte dem Radioschutzverband am 12.12.1984 einen vollstreckbaren Unterlassungsvergleich mit sofortiger Wirkung angeboten, trotzdem aber am 13.12.1984 neuerlich einen unter dieses Anbot fallenden Rabattverstoß begangen hat. Unter diesen Umständen ist schon in jenem Verfahren ungeachtet des dann abgeschlossenen und vom Beklagten offenbar eingehaltenen Vergleichs die Wiederholungsgefahr nicht beseitigt worden. Dem Berufungsgericht ist darin beizustimmen, daß dieser neuerliche Wettbewerbsverstoß einen Sinneswandel, wie dies für die Annahme des Wegfalles der Wiederholungsgefahr notwendig ist, sowie die Ernstlichkeit des Verpflichtungswillens nicht erkennen ließen. Daraus folgt, daß die gegenüber allen Mitbewerbern einheitlich zu beurteilende Wiederholungsgefahr auch gegenüber der nunmehr klagenden Partei nicht weggefallen ist. Daran vermag der vom Beklagten in diesem Verfahren angebotene Vergleich nichts zu ändern. Abgesehen davon, daß der Beklagte nicht bereit gewesen ist, der klagenden Partei die Prozeßkosten zu ersetzen, sondern nur einen geringeren Betrag anbot, verhindert vor allem auch das vorerwähnte, auch gegen das Vergleichsanbot verstoßende wettbewerbswidrige Verhalten des Beklagten vom 13.12.1984 die Annahme eines den Wegfall der Wiederholungsgefahr rechtfertigenden Sinneswandels, sowie die Ernstlichkeit des Verpflichtungswillens.
Da nach den Ergebnissen des Provisorialverfahrens der - vom Beklagten an sich gar nicht bestrittene - Rabattverstoß bescheinigt ist, muß seinem Revisionsrekurs ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung ist in den §§ 78, 402, 393 Abs 1 EO, 40, 50, 52 ZPO begründet.
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