OGH 4Ob105/85

OGH4Ob105/8510.9.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl und Dr.Gamerith sowie die Beisitzer Herbert Bauer und Mag.Karl Dirschmied als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Beatrix A, Angestellte, Wien 3., Obere Weißgerberlände 19, vertreten durch Dr.Erhard Doczekal, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B C, Wien 1.,

Opernring 6, vertreten durch Dr.Gerhard Engin-Deniz, Rechtsanwalt in Wien, wegen restl. S 203.265,43 s.A., infolge Revision und Rekurses der beklagten Partei gegen das Teilurteil und den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 28. Februar 1985, GZ 44 Cg 9/85-30, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Wien vom 28.Juni 1984, GZ 4 Cr 817/82-23, teils bestätigt und teils aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Rekurs der beklagten Partei wird zurückgewiesen. Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Das angefochtene Teilurteil des Berufungsgerichtes wird bestätigt.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 8.713,05 bestimmten Kosten des Revisions- und Rekursverfahrens (davon S 617,55 USt. und S 1.920,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit einem (zunächst mündliche geschlossenen) Dienstvertrag stellte die beklagte Luftfahrtgesellschaft die Klägerin für die Zeit vom 14.2.1983 bis 13.2.1984 als Angestellte ihrer Wiener Niederlassung mit einem monatlichen Gehalt von S 15.018 ein. Erst nach Beginn des Dienstverhältnisses, am 22.3.1983 unterfertigte die Klägerin einen in mangelhaftem Englisch abgefaßten Dienstvertrag, der zur Frage der Beendigung des Dienstverhältnisses zum Teil abweichende Bestimmungen enthielt. In diesem Dienstvertrag wurde im Einklang mit § 44 Abs 1 IPRG die Anwendung örtlichen (= österreichischen) Arbeitsrechts vereinbart. Am 27.5.1983 wurde die Klägerin vorzeitig entlassen, weil sie früher bei der D (israelische Luftfahrtgesellschaft) gearbeitet hatte. Auf das Dienstverhältnis der Klägerin kommt der Kollektivvertrag betreffend die Angestellten und sonstigen Dienstnehmer der ausländischen Luftverkehrsgesellschaften in Österreich (im folgenden kurz: Kollektivvertrag) zur Anwendung.

Die Klägerin begehrte zuletzt (ON 7, 8; die spätere Berechnung

der gebührenden Bruttobezüge mit S 177.469,40 im Schriftsatz ON 17

und mit S 183.726,90 im Schriftsatz ON 19 wurde in den folgenden

Streitverhandlungen nicht als Einschränkung bzw. Ausdehnung

vorgetragen)

a) an Gehalt, Weihnachtsremuneration und Urlaubszuschuß bis

13.2.1984, sowie an Urlaubsentschädigung unter Berücksichtigung der

am 1.5.1983 eingetretenen 3 %-igen Erhöhung der Ist-Löhne, sowie für

fünf überstunden insgesamt S 193.904,28 brutto

abzüglich einer Teilzahlung von S 11.814,-- brutto;

sohin S 182.090,28 brutto

b) und als Ersatz für einen ihr

und ihrer Familie vertraglichen zuge-

sicherten Freiflug S 35.000,-- netto

mit der Behauptung, ohne berechtigten Grund entlassen worden zu sein, sodaß ihr die vollen Bezüge für die gesamte (restliche) Vertragsdauer zustünden. Vertragswille sei es gewesen, ein befristetes Dienstverhältnis abzuschließen (AS 58). Aus Art 8 des Vertrages könne eine frühere Kündigungsmöglichkeit nicht abgeleitet werden. Die Vereinbarung einer Probezeit von sechs Monaten sei unzulässig (AS 26).

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, die Klägerin begründet vorzeitig entlassen zu haben. die Klägerin habe der beklagten Partei bei der Bewerbung um den Posten arglistig verheimlicht, daß sie von 1969 bis 1971 bei der D beschäftigt gewesen sei, obwohl ihr bekannt gewesen sei, daß die beklagte Partei mit Personen, die in den Diensten dieser Luftfahrtgesellschaft gestanden seien, keine Dienstverträge abschließe. Nach Erhalt der Mitteilung über das frühere Beschäftigungsverhältnis der Klägerin bei der D habe die beklagte Partei die Klägerin durch ihr Wiener Büro am selben Tag entlassen. Die Klägerin habe das Dienstverhältnis bei der beklagten Partei durch arglistige Täuschung erschlichen und sich damit als vertrauensunwürdig erwiesen. Wegen dieser Täuschung sei der Dienstvertrag nichtig.

Bis zum Entlassungstag habe die Klägerin die ihr gebührenden Bezüge erhalten. Für den Fall, daß das Dienstverhältnis der Klägerin erst zum 30.9.1983 durch ordnungsgemäße Kündigung hätte gelöst werden können, stünden ihr S 87.822,-- brutto, für den Fall, daß sie Anspruch auf Kündigungsentschädigung bis 13.2.1984 habe, S 167.752,-- brutto zu (ON 16).

Die Klägerin gab zu, in ihrem Bewerbungsschreiben an die beklagte Partei, das eine Zusammenstellung ihrer Schulbildung und ihrer speziellen Erfahrungen im Luftgeschäft enthielt (Beilage 2), die kurze Tätigkeit bei der D nicht erwähnt zu haben, was sie damit begründete, daß diese Fluggesellschaft in der Branche einen schlechten Ruf habe. Sie sei von der beklagten Partei niemals gefragt worden, ob sie bei der D beschäftigt gewesen sei, und niemals aufgefordert worden, sämtliche Tätigkeiten ihres Berufslebens anzugeben. Daß die frühere Beschäftigung bei der D wegen der gespannten politischen Verhältnisse eine Beschäftigung bei der beklagten Partei ausschließe, sei keinesfalls notorisch. Das Erstgericht sprach der Klägerin S 168.265,43 brutto und S 35.270,-- netto s.A. zu und wies ein Mehrbegehren von S 9.203,57 brutto s.A. - insoweit unbekämpft - ab, sodaß es - infolge eines Rechenfehlers - insgesamt nur über einen Betrag von S 212.739,-- entschied, was ungerügt blieb.

Das Erstgericht traf folgende wesentliche Feststellungen:

Der Inhalt des Dienstvertrages der Klägerin wurde vor dem Dienstantritt am 14.2.1983 mündlich fixiert. Die Klägerin wollte ein Dienstverhältnis für ein Jahr abschließen; davon war auch beim Einstellungsgespräch die Rede. Der beiderseitige Parteiwille war daher auf ein befristetes Dienstverhältnis gerichtet. Der (erst am 22.3.1983 ausgefertigte) schriftliche Dienstvertrag zwischen den Streitteilen ist 'offenbar' eine übersetzung aus dem Arabischen, die in recht mangelhaftem Englisch verfaßt ist.

Die von einem allgemein beeideten gerichtlichen Dolmetscher für die englische Sprache angefertigte beglaubigte übersetzung lautet in den wesentlichen Punkten wie folgt:

'Artikel 1: Umfang der Leistung

Die zweite Gruppe (gemeint: der zweite Vertragsteil = Klägerin)

arbeitet mit der ersten Gruppe (gemeint: erster

Vertragsteil = beklagte Partei) in ihrer Eigenschaft in einem Büro oder einer Station als örtlicher Arbeitnehmer oder in irgendeiner anderen der angemessenen Tätigkeiten gemäß den Vertragsbestimmungen.

Artikel 2: Vertragsdauer

Die Dauer des Vertrages ist ein Jahr (14.2.1983 bis 13.2.1984). Sie ist erneuerbar und beginnt mit dem Tag unmittelbar nach Arbeitsbeginn, und dieser Zeitraum umfaßt Feiertagsurlaube, welche die zweite Gruppe entweder innerhalb oder außerhalb des Landes zu nehmen berechtigt ist.

Artikel 3: Probe

A) Nach den Vertragsbestimmungen wird der Arbeitnehmer während

einer Zeit von sechs Monaten, beginnend unmittelbar mit dem Tag seiner Anstellung, auf Probe (tätig) sein.

B) Der Arbeitgeber hat das Recht, auf die Dienste des Arbeitgebers (gemeint: Arbeitnehmers) während der Probezeit zu verzichten, wenn der Arbeitnehmer während der Probezeit den Anforderungen dieser Stellung nicht völlig entsprechen kann.

...

...

Artikel 8: Beendigung des Dienstvertrages

Der Arbeitgeber des Arbeitnehmers kann diesen Vertrag während der Dauer seiner Durchführung ohne Verständigung innerhalb eines Zeitraumes von zwei Monaten beenden, und der Vertrag gilt als mit der Verständigung beendet.

Artikel 9

Falls erforderlich, kann der Dienstgeber den Arbeitsvertrag beenden, und in diesem Fall hat der Dienstnehmer Anspruch auf zwei Monatslöhne oder auf Zahlung für den bis zum Ende des Dienstvertrages verbleibenden Zeitraum, je nachdem, welcher Betrag niedriger ist.

Artikel 10: Vertragserneuerung

Die Erneuerung des Vertrages wird durch Willensübereinstimmung der beiden Vertragsteile und zu den gleichen Bedingungen und für den gleichen Zeitraum, wie sie in Artikel 2 festgehalten sind, bewirkt, und ein zusätzlicher Zuschlag ist in dieser Erneuerung umfaßt.

...'

Das Erstgericht war der Ansicht, daß ein wichtiger Grund, der die beklagte Partei zur vorzeitigen Entlassung der Klägerin berechtigte, nicht vorliege. Daß die Klägerin (früher) bei der israelischen Luftfahrtgesellschaft gearbeitet habe, bilde nach dem anzuwendenden österreichischen Recht keinen Entlassungsgrund. Ein arglistiges, Vertrauensunwürdigkeit bewirkendes Verhalten der Klägerin sei nicht vorgelegen.

Das Dienstverhältnis der Streitteile sei nach dem Parteiwillen auf ein Jahr befristet gewesen. Die in Art 3 des Dienstvertrages vereinbarte sechsmonatige Probezeit sei in eine einmonatige umzudeuten. Die Bestimmungen der Art 8 und 9 des Vertrages, mit denen dem Dienstgeber eine einseitige zusätzliche Kündigungsmöglichkeit, sogar ohne Einhaltung einer Frist eingeräumt wurde, seien in sich widersprüchlich und einseitig und hätte daher als nicht beigesetzt zu gelten.

Von dem bis 13.2.1984 gebührenden Gehalt müsse sich die Klägerin die erhaltene Teilzahlung abziehen lassen, so daß ihr einschließlich der Urlaubsentschädigung in Höhe von S 16.739,70 brutto ein Betrag von S 168.265,43 brutto und 270 S netto (Wohnungsbeihilfe) sowie für den entgangenen Freiflug ein Betrag von S 35.000 netto zustehe. Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei teilweise Folge. Es sprach der Klägerin an Kündigungsentschädigung, Urlaubsentschädigung und überstundenentgelt, so wie das Erstgericht, S 168.265,43 brutto zu und wies - unter Berichtigung eines dem Erstgericht in dem nicht angefochtenen abweisenden Teil des Urteils unterlaufenen Rechenfehlers - ein Mehrbegehren von S 13.824,85 brutto ab. Die Entscheidung über die begehrte Wohnungsbeihilfe in Höhe von S 270 hob die zweite Instanz ersatzlos auf. Im Umfang des Zuspruches von S 35.000,-- netto s.A. (Ersatz für Freiflug) hob das Berufungsgericht das Ersturteil ohne Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Das Berufungsgericht verhandelte die Rechtssache gemäß § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG von neuem und traf dieselben Feststellungen wie das Erstgericht mit folgenden Ausnahmen und Ergänzungen:

Es ist nicht gerichtsbekannt, daß Angestellte von Luftfahrtgesellschaften allgemein nach sechs Monaten Dienstdauer Freiflüge erhalten. Anläßlich der Einstellung der Klägerin wurde über ihre allfällige Tätigkeit bei der D nicht gesprochen. Die Behauptung der beklagten Partei, die Klägerin habe die Anstellung bei der beklagten Partei angestrebt, um im Falle der unzweifelhaft zu erwartenden Entlassung offene Ansprüche einzuklagen, ist durch das Beweisverfahren nicht gedeckt.

Das Berufungsgericht war der Ansicht, daß die Nichterwähnung der früheren Tätigkeit bei der D durch die Klägerin keinen Entlassungsgrund bilde. Das die Vertrauensunwürdigkeit bedingende Verhalten eines Dienstnehmers müsse sich grundsätzlich während der Dauer des Arbeitsverhältnisses ereignet haben; vorher liegende Umstände, wie etwa schwere Vorstrafen, die dem Dienstgeber nachträglich bekannt würden, könnten nur ausnahmsweise eine Entlassung rechtfertigen. Die Tatsache, daß die Klägerin bei mehreren Konkurrenzunternehmen der beklagten Partei gearbeitet habe, könne nicht ernstlich als Mangel der Vertrauenswürdigkeit angesehen werden. Wenn auch möglicherweise das Recht des Irak auf Grund der politischen Spannungen mit Israel die Beschäftigung von Angestellten, die vormals bei einem israelischen Unternehmen angestellt gewesen seien, mißbillige, könne diese Bestimmung nach österreichischem Recht für einen in Österreich tätigen Angestellten nicht gelten. Es widerspreche den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung, einen Angestellten ausschließlich deshalb zu entlassen, weil er vor rund dreizehn Jahren bei der Luftfahrtgesellschaft eines Staates kurze Zeit beschäftigt gewesen sei, der sich zu dem Staat, dem der jetzige Arbeitgeber angehöre, in politischem Spannungszustand befinde. Inwiefern die Klägerin für die beklagte Partei ein 'Sicherheitsrisiko' darstelle, sei nicht objektiviert worden. Der beklagten Partei mochte es zwar freigestanden sein, die Nichtbeschäftigung bei der D zu einer Bedingung ihrer Arbeitsverträge zu machen, das sei aber hier nicht geschehen. Ein objektiver Grund für eine Entlassung liege nicht vor. Der die Entlassung rechtfertigende wichtige Grund müsse in der Person des Arbeitnehmers gelegen sein. Die bloße Besorgnis, ein Arbeitnehmer könne Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse verraten, stelle den Tatbestand der Vertrauensunwürdigkeit nicht her. Objektiv nachvollziehbare, berechtigte Interessen des Arbeitgebers seien durch die frühere Tätigkeit der Klägerin bei der D nicht berührt worden.

Die Rechtsprechung halte eine vertragliche Vereinbarung, wonach ein befristetes Dienstverhältnis aufgekündigt werden könne, für zulässig, obwohl die im Schrifttum hiezu vertretenen Ansichten nicht einhellig seien. Da aber ein befristetes Dienstverhältnis mit gleichzeitiger Kündigungsvereinbarung ein eher seltener Fall sei, müsse an die Ausdrücklichkeit einer solchen Vereinbarung ein strenger Maßstab gelegt werden.

Aus Art 8 des Dienstvertrages lasse sich kein logischer Sinn entnehmen. Auch Art 9 sei wenig aussagekräftig. Diese Regelungen stünden zueinander in Widerspruch, sodaß von einer ausdrücklichen Vereinbarung einer Kündigungsmöglichkeit keine Rede sein könne. Eine Regelung, die dem Arbeitgeber eine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit einräume, verstoße zudem gegen § 20 Abs 2 und 3 AngG. Die KLägerin habe bei der nachträglichen Unterfertigung des schriftlichen Arbeitsvertrages, der im Widerspruch zu den mündlichen Vereinbarungen eine Kündigungsmöglichkeit durch den Arbeitgeber vorgesehen habe, keine Veranlassung gehabt, auf textliche Unklarheiten hinzuweisen. Sie habe vielmehr mit Grund davon ausgehen können, daß die formularmäßig vorgedruckten Vertragsbestimmungen angesichts fehlender mündlicher Vereinbarungen gegenstandslos seien. Gemäß § 864 a ABGB seien die der Klägerin nachteiligen Bestimmungen ungewöhnlichen Inhalts nicht Vertragsbestandteil geworden. Eine Lösung des Dienstverhältnisses vor dem 13.2.1984 wäre daher der beklagten Partei nur aus wichtigen Gründen zugestanden.

Was die Urlaubsentschädigung betreffe, sei die Klägerin so zu stellen, als ob das Arbeitsverhältnis gesetzmäßig beendet worden wäre. Die Klägerin behalte ihre vertragsmäßigen Ansprüche auf das Entgelt für den Zeitraum, der bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses durch Ablauf der bestimmten Vertragszeit hätte verstreichen müssen (§ 29 Abs 1 AngG). Der Ersatzanspruch für den entgangenen Freiflug sei nicht spruchreif, weil erst die Grundlage dieses Anspruches geklärt werden müsse.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Teilaufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes erhobene Rekurs der beklagten Partei ist unzulässig, die gegen das Teilurteil des Berufungsgerichtes wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist nicht berechtigt.

Nach § 23 ArbGG gelten auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren

für die Rechtsmittel und das Rechtsmittelverfahren die Bestimmungen

des Vierten Teiles der Zivilprozeßordnung (§§ 461 bis 528 ZPO),

soweit nicht im folgenden (§§ 23 a ff ArbGG) etwas anderes

bestimmt ist. Mangels einer solchen einschränkenden Anordnung des

Arbeitsgerichtsgesetzes gilt § 519 ZPO auch im

arbeitsgerichtlichen Verfahren. Der Oberste Gerichtshof sah zwar im

Hinblick auf den Neuverhandlungsgrundsatz des § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG

bestimmte Beschlüsse der zweiten Instanz, die im Rahmen der

Neuverhandlung der Rechtssache gefaßt wurden, als nicht unter die

Rechtsmittelbeschränkungen des § 519 ZPO fallend an (wie zB

Beschlüsse über die Zulassung einer Klagsänderung, ArbSlg.5.692, die

Unterbrechung des Verfahrens, Arb.6.077, 6.513, 4 Ob 56/84,

Entscheidungen über eine erst im Berufungsverfahren erhobene

Unzuständigkeitseinrede, Arb.8.028, die Verhängung einer

Ordnungsstrafe über Zeugen, 4 Ob 87/84 ua). Für alle Beschlüsse

aber, die im eigentlichen Berufungsverfahren und nicht im Zuge einer

Neuverhandlung gemäß § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG ergehen, gilt

§ 519 ZPO uneingeschränkt (JBl 1960,233 = Arb.7.153;

SZ 33/6 = Arb.7.165; Arb.7.267, 8.630; zuletzt 4 Ob 25,26/79). Da

das Berufungsgericht dem gemäß §§ 496 Abs 1 Z 2 und 3,

519 Abs 1 Z 3 gefaßten Aufhebungsbeschluß keinen

Rechtskraftvorbehalt beisetzte, erweist sich der Rekurs als

unstatthaft.

Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens

liegt nicht vor (§ 23 ArbGG, § 510 Abs 3 ZPO). Die Ablehnung

einer Beweisaufnahme durch das Berufungsgericht, weil dieses den rechtlich erheblichen Sachverhalt als ausreichend geklärt und vollständig erhoben ansieht, kann auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht mit Revision bekämpft werden (Arb.7.588, 8.588 ua; 4 Ob 22/85). Wenn das Berufungsgericht schon auf Grund der Aussage der Klägerin davon überzeugt war, daß bei den Vorstellungsgesprächen nicht über ihre allfällige frühere Beschäftigung bei der D gesprochen wurde, kann der Oberste Gerichtshof die unterlassene Vernehmung des Zeugen Abdullah E zu diesem Beweisthema nicht anordnen und damit in die Beweiswürdigung der zweiten Instanz eingreifen. Daß die Klägerin ihre frühere Anstellung bei der D bei den Einstellungsgesprächen aus eigenem unerwähnt ließ, steht ohnehin fest. Daß sie aber vor der Anstellung ausdrücklich gefragt wurde, ob sie dort früher beschäftigt gewesen sei, und dies wahrheitswidrig verneinte, behauptete die beklagte Partei in erster und zweiter Instanz gar nicht. Sie brachte vielmehr vor, es sei 'im Bereich sämtlicher Fluglinien' (und daher auch der Klägerin) bekannt gewesen, daß sie mit früheren Bediensteten der D keine Dienstverträge abschließe.

Auch eine - für die Entscheidung erhebliche - Aktenwidrigkeit liegt nicht vor, weil der Oberste Gerichtshof ohnehin von der im schriftlichen Dienstvertrag zwischen den Streitteilen vorgesehenen Kündigungsmöglichkeit ausgeht.

In der Rechtsrüge vertritt die beklagte Partei weiterhin den Standpunkt, infolge eines andauernden kriegsähnlichen Zustandes zwischen Israel und dem Irak aus Sicherheitsgründen berechtigt gewesen zu sein, die Klägerin, die als frühere Angestellte der D deren Vertrauen genossen habe, nach Bekanntwerden dieser Tatsache vorzeitig zu entlassen.

Dem ist nicht zu folgen. Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, muß sich das die Vertrauensunwürdigkeit bedingende Verhalten grundsätzlich während der Dauer des Arbeitsverhältnisses ereignet haben. Vorher liegende Umstände, die dem Dienstgeber erst nachträglich bekannt werden, rechtfertigen die Entlassung nur ausnahmsweise, auch wenn sie den Dienstgeber bei rechtzeitigem Bekanntwerden von einem Vertragsabschluß mit dem Dienstnehmer abgehalten hätten. Auf Grund des Zugeständnisses der Klägerin steht nur fest, daß sie ihre frühere Anstellung bei der D (absichtlich) nicht erwähnte (weil diese Fluggesellschaft in der Branche einen schlechten Ruf habe). Das Verschweigen dieses Vordienstverhältnisses stellt den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit nicht her, weil es dem Bewerber um einen Posten grundsätzlich freisteht, sich nur auf solche Referenzen zu berufen, von denen er sich einen günstigen Einfluß auf seine Bewerbung erhofft. Daß die Klägerin gewußt habe, daß die beklagte Partei unter keinen Umständen frühere Angestellte der D in ihre Dienste aufnehme, und aus diesem Grund dieses Vordienstverhältnis vorsätzlich verschwiegen habe, steht nicht fest. überdies hätte selbst ein solches Vorgehen der Klägerin mit Rücksicht darauf, daß ihr Dienstverhältnis zur D nur kurze Zeit gedauert hatte und im Zeitpunkte der Bewerbung um den Posten bei der beklagten Partei schon dreizehn Jahre zurücklag, keine die Entlassung rechtfertigende Vertrauensunwürdigkeit zur Folge, zumal nicht hervorgekommen ist, daß die frühere Tätigkeit der Klägerin bei der D irgendwelche nachteiligen Auswirkungen auf die Erfüllung ihrer Dienstpflichten gegenüber der beklagten Partei besorgen ließ. Solche Umstände wurden von der beklagten Partei auch gar nicht behauptet. Die bloß abstrakte Besorgnis, die Klägerin werde wegen ihrer früheren Tätigkeit bei der D die Interessen der beklagten Partei nicht mit Sorgfalt und Treue wahren, stellt den Tatbestand der Vertrauensunwürdigkeit nicht her.

Wenn es der beklagten Partei aus angeblichen Sicherheitsgründen so wichtig war, unter keinen Umständen frühere D-Bedienstete in ihren Luftfahrtbetrieb aufzunehmen, hätte sie das Fehlen einer solchen Vorbeschäftigung zur Bedingung für die Aufnahme machen und die Klägerin vor dem Abschluß danach fragen müssen. Ein solches Vorgehen hat die Beklagte nicht einmal behauptet. Die Vorinstanzen gelangten daher zutreffend zum Ergebnis, daß kein wichtiger Grund im Sinne des § 27 AngG zur vorzeitigen Lösung des Dienstverhältnisses der Klägerin bestand.

Wenn der Dienstgeber den Angestellten ohne wichtigen Grund vorzeitig entläßt, behält dieser, unbeschadet weitergehenden Schadenersatzes, seine vertragsmäßigen Ansprüche auf das Entgelt für den Zeitraum, der bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses durch Ablauf der bestimmten Vertragszeit oder durch ordnungsgemäße Kündigung durch den Dienstgeber hätte verstreichen müssen (§ 29 Abs 1 AngG). Für die Höhe der Ansprüche der Klägerin ist daher entscheidend, ob ihr Dienstverhältnis ohne wichtigen Grund zur vorzeitigen Lösung nur durch Ablauf der bestimmten Vertragszeit, wie sie mündlich vereinbart wurde, oder (auch) durch (frühere) ordnungsgemäße Kündigung seitens des Dienstgebers entsprechend den Art 8 und 9 des Dienstvertrages rechtmäßig beendet werden konnte. Der Ansicht des Berufungsgerichtes, den Art 8 und 9 des Dienstvertrages sei kein Sinn zu entnehmen, die Regelungen stünden miteinander in unlösbarem Widerspruch, sodaß von einer ausdrücklichen Vereinbarung einer Kündigungsmöglichkeit keine Rede sein könne, ist nicht zu folgen. Aus diesen - wenngleich nicht gerade glücklich formulierten - Bestimmungen geht immerhin unmißverständlich hervor, daß sich der Dienstgeber ein Kündigungsrecht unter Einhaltung einer Frist von zwei Monaten vorbehalten wollte. Wenn Martinek-Schwarz (AngG 6 354) die Ansicht vertreten, Kündigung und Befristung schlössen einander grundsätzlich aus, so ist ihnen für den Fall der Beendigung zum selben Termin zuzustimmen. Die Parteien können aber für ein auf bestimmte Zeit eingegangenes Arbeitsverhältnis (zusätzlich) die Möglichkeit einer Kündigung (zu einem früheren Termin) vereinbaren (ZAS 1970/7 mit Anm.von Buchsbaum; Arb.10.215; 4 Ob 111,112/80; im Ergebnis sinngleich 4 Ob 124/78; auch Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht 2 I 183,197; aM Heinrich in ZAS 1981,22). Eine solche Vereinbarung liegt dem von der Klägerin unterfertigten schriftlichen Dienstvertrag vom 22.März 1983 zugrunde.

Diese Vereinbarung ist aber aus folgenden Gründen unwirksam:

Wie Martinek-Schwarz (aaO 354) zutreffend hervorheben, darf die in einem auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Vertrag (zusätzlich) vereinbarte (frühere) Kündigungsmöglichkeit nicht gegen zwingende Vorschriften über die Kündigung von Arbeitsverhältnissen verstoßen. Der die Dienstnehmerkündigung behandelnde § 20 Abs 4 AngG ordnet an, daß die vom Angestellten einzuhaltende Kündigungsfrist durch Vereinbarung bis zu einem halben Jahr ausgedehnt werden kann; doch darf die vom Dienstgeber einzuhaltende Frist nicht kürzer sein als die mit dem Angestellten vereinbarte Kündigungsfrist. Darin kommt im Sinne des das Arbeitsrecht beherrschenden Günstigkeitsprinzips zum Ausdruck, daß dem Angestellten die Lösbarkeit des Dienstverhältnisses jedenfalls nicht schwerer gemacht werden darf als dem Dienstgeber; wie der Vergleich der zwingenden (§ 40 AngG) Bestimmungen der §§ 20 Abs 2 und 4 AngG zeigt, geht die Wertung des Gesetzgebers sogar dahin, dem Angestellten die Lösung des Dienstverhältnisses leichter zu machen als dem Dienstgeber. Dieser Grundsatz muß auch beim Zusammentreffen von Kündigung und Zeitablauf gelten, da sonst der Schutzzweck des § 20 Abs 4 AngG leicht umgangen werden könnte. Es geht daher nicht an, daß der Dienstnehmer durch Vereinbarung eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Dienstverhältnisses für die vereinbarte Vertragsdauer an die Einhaltung des Vertrages gebunden wird, während sich der Dienstgeber zusätzlich (frühere) Lösungsmöglichkeiten durch Kündigung einräumen läßt. Wird gegen den Grundsatz, daß der Angestellte bei der Möglichkeit der Lösung des Dienstverhältnisses (jedenfalls) nicht schlechter gestellt werden darf als der Dienstgeber, verstoßen, so hat dies nicht bloß zur Folge, daß ihm die selbe - wenngleich im Vertrag nicht vereinbarte - Lösungsmöglichkeit wie dem Dienstgeber zur Verfügung steht. Vielmehr ergibt sich aus der (hier: analogen) Anwendung des § 20 Abs 4 AngG, daß die vom Dienstgeber einzuhaltende Frist nicht kürzer sein darf, als die mit dem Angestellten vereinbarte Kündigungsfrist, so daß die unter Berufung auf eine kürzere, nur dem Dienstgeber eingeräumte Frist erfolgte Lösung dieselben Wirkungen wie sonst eine zeitwidrige Kündigung hat. Die beklagte Partei hätte somit das Dienstverhältnis der Klägerin mangels Einräumung einer gleichen Lösungsmöglichkeit für diese nicht durch ordnungsgemäße Kündigung (unter Einhaltung einer Frist von zwei Monaten) zum 30.9.1983 aufkündigen können. Die Klägerin behielt vielmehr ihre Ansprüche für den Zeitraum, der bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses durch Ablauf der bestimmten Vertragszeit hätte verstreichen müssen. Es steht ihr daher bis zum 13.2.1984 die Kündigungsentschädigung zu.

Die Revisionswerberin bestreitet noch, daß der Klägerin eine Urlaubsentschädigung gebührt. Wie das Berufungsgericht dazu unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zutreffend erkannte, kann der Arbeitnehmer aus § 9 UrlG allein einen Urlaubsanspruch nur ableiten, wenn das Arbeitsverhältnis nach Entstehung des Urlaubsanspruches endete. Dies trifft hier nicht zu, weil der Urlaubsanspruch der Klägerin erst nach der Entlassung innerhalb jener Frist entstand, die bei gesetzmäßiger Beendigung des Dienstverhältnisses einzuhalten gewesen wäre, nämlich nach einer ununterbrochenen Dienstzeit von sechs Monaten am 14.8.1983 (§§ 17 AngG, 2 Abs 2 UrlG). Bei ungerechtfertigter Entlassung ist aber der Angestellte auch in bezug auf den Urlaubsanspruch so zu stellen, als ob das Dienstverhältnis gesetzmäßig beendet worden wäre. In die Fiktion des § 29 AngG ist der Urlaubsanspruch miteinzubeziehen. Gerade weil die Klägerin infolge ihrer ungerechtfertigen Entlassung am 27.5.1983 nicht mehr in die Lage kam, ihren Urlaub tatsächlich anzutreten - weshalb sich auch die Frage der Möglichkeit und Zumutbarkeit eines Urlaubsverbrauches während der Kündigungsfrist (§ 9 Abs 1 Z 4 UrlG) in einem solchen Fall gar nicht stellt - steht ihr anstelle des (nicht mehr möglichen) Erfüllungsanspruches auf Bezahlung des für den (nicht verbrauchten) Urlaub gebührenden Urlaubsentgelts ein nach § 29 AngG zu gewährender Ersatzanspruch zu (Arb.9.866, 9.871, 9.938, 10.177, 10.275).

Die Klägerin hat somit Anspruch auf den von den Vorinstanzen ermittelten Betrag von S 168.265,43 an Kündigungsentschädigung, Urlaubsentschädigung und überstundenentgelt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 und 52 ZPO.

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