Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im Freispruch unberührt bleibt, im übrigen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung in diesem Umfange an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen (auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthaltenden) Urteil wurde der 35-jährige türkische Staatsangehörige Hüseyin A des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. schuldig erkannt. Darnach hat er
1. im September 1983 380 g Heroin aus der Türkei ausgeführt und in die Schweiz eingeführt und an Ali B weitergegeben,
2. am 7.November 1982 ca. 880 g Heroin in die Schweiz eingeführt und an Ali B weitergegeben.
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 4, 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Schon der Mängelrüge (Z. 5) kommt Berechtigung zu. Denn der Beschwerdeführer verweist zutreffend darauf, daß in der letzten, gemäß § 276 a StPO. infolge geänderter Zusammensetzung des Schöffengerichts und des seit den vorhergehenden (vertagten) Hauptverhandlungen vom 28.Mai 1984 (ON. 42) und vom 27.August 1984 (ON. 61) verstrichenen Zeitraums von mehr als einem Monat neu durchgeführten Hauptverhandlung vom 29.Jänner 1985 (ON. 94) außer der Einvernahme des Angeklagten keine weiteren Beweisaufnahmen, insbesondere auch keine diese betreffenden Verlesungen vorgenommen wurden.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 258 Abs. 1 StPO. hat das Gericht bei der Urteilsfällung ausnahmslos nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in der Hauptverhandlung vorgekommen ist. Dies gilt folglich auch (und gerade) für die nach dem zweiten Absatz des § 258 StPO. gebotene sorgfältige und gewissenhafte Prüfung aller für und wider den Angeklagten (in der Hauptverhandlung) vorgebrachten Beweismittel, die es seiner (von gesetzlichen Beweisregeln freien) Überzeugungsbildung zugrunde zu legen hat, auf ihre Glaubwürdigkeit und Beweiskraft. Gegen dieses Verwertungsverbot in bezug auf nicht in der Hauptverhandlung vorgekommene (unmittelbare oder mittelbare) Beweisumstände bei der Sachverhaltsermittlung hat das Erstgericht insofern verstoßen, als es, wie den Urteilsgründen zweifelsfrei zu entnehmen ist (vgl. insbes. S. 434 f./II), den Schuldspruch auf die für glaubwürdig erachteten Angaben des (in der Schweiz wegen strafbarer Handlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz in Strafhaft befindlichen) türkischen Staatsangehörigen Ali B stützte, die dieser vor den Schweizerischen Polizeibehörden und im Verfahren vor dem Bezirksgericht Winterthur (vgl. insbes. ON. 75, 76) gemacht hat. Da das Schöffengericht sohin den Schuldspruch unter Ablehnung der leugnenden Verantwortung des Angeklagten auf in der Hauptverhandlung vom 29.Jänner 1985 nicht verlesene Aktenstücke, mithin auf nicht zu deren Gegenstand gemachte Beweismittel stützte, ist das Urteil im Sinn des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. nur offenbar unzureichend begründet (vgl. ÖJZ-LSK. 1979/303, SSt. 31/2, RZ. 1956, 91 u.a.m.). Schon deswegen ist eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz unerläßlich, sodaß nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung wie im Spruch zu erkennen war (§ 285 e StPO.), ohne daß es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedurfte.
Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf die getroffene Entscheidung zu verweisen.
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