Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die durch seine Rechtsmittel verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurde der 34-jährige Dietmar Klaus A (1.) des Verbrechens des schweren Raubes nach § 142 Abs 1, 143 erster Fall StGB sowie der Vergehen (2.) der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB und (3.) der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er Monika B
(zu 1.) am 18.Juli 1984 im Lokal 'HERZ-DAME' in Freistadt in Gesellschaft des abgesondert verfolgten Beteiligten (§ 12 StGB) Johann C mit Gewalt, nämlich durch Versetzen von Schlägen, 11.000 S Bargeld mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen anderen durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern; (zu 2.) im April 1984 im Lokal 'VIDEO-CLUB' in Wels mit Gewalt, nämlich durch Faustschläge ins Gesicht und durch Reißen an den Haaren, zur Zahlung einer Schuld von 4.000 S genötigt; und (zu 3.) im April 1984 im Lokal 'VIDEO-CLUB' in Wels durch Faustschläge ins Gesicht und durch Reißen an den Haaren am Körper verletzt (Prellmarke mit Hautabschürfungen in der linken Wangengegend sowie striemenförmige Hautabschürfungen bzw. Schleifspuren am Rücken).
Die Geschwornen hatten in bezug auf den den Gegenstand der Punkte 2. und 3. des Urteilssatzes bildenden Tatkomplex die (anklagekonform) auf Raub lautende Hauptfrage (Nr. 1 des Fragenschemas) mehrheitlich (mit 5 : 3 Stimmen) und die in Richtung Erpressung gestellte Eventualfrage (Nr. 3) stimmeneinhellig verneint, hingegen die auf Nötigung bzw. Körperverletzung lautenden Eventualfragen (Nr. 5 bzw. Nr. 6) aber jeweils stimmeneinhellig bejaht. In Ansehung des Punktes 1. des Urteilssatzes wurde die (anklagekonforme) Hauptfrage (Nr. 2) in Richtung schweren Raubes mit 5 : 3 Stimmen bejaht, die bezüglichen auf Erpressung bzw. Körperverletzung lautenden Eventualfragen (Nr. 4 bzw. Nr. 7 des Fragenschemas) blieben dementsprechend unbeantwortet.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z. 4, 6, 8, 9 und 12 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Aus dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund rügt er, daß das Hauptverhandlungsprotokoll vom 3.Mai 1985 nach der seinem Verteidiger zugekommenen Ablichtung der Bestimmung des § 271 Abs 1 StPO zuwider weder vom Vorsitzenden noch vom Schriftführer unterfertigt worden sei. Die Rüge geht jedoch fehl. Denn abgesehen davon, daß nach der zitierten Gesetzesbestimmung nur die gänzliche Unterlassung der Protokollierung, nicht aber ein (noch dazu behebbarer) Formfehler derselben mit Nichtigkeit bedroht ist (vgl. Mayerhofer/Rieder StPO 2 ENr. 22 zu § 271), entspricht das bemängelte Hauptverhandlungsprotokoll ON 65 ohnedies dem (solcherart zu Unrecht) relevierten Formerfordernis (vgl. S. 521 e). Ebenso versagt der auf § 345 Abs 1 Z. 6 StPO gestützte Einwand, auf Grund der Aussage der Zeugin Monika B wäre in bezug auf das Schuldspruchfaktum Punkt 1. des Urteilssatzes (Verbrechen des schweren Raubes) freiwilliger Rücktritt vom Versuch gemäß § 16 Abs 1 StGB und damit eine entsprechende (vom Erstgericht unterlassene) Zusatzfrage gemäß § 313 StPO indiziert gewesen. Denn der Beschwerdeführer übersieht dabei, daß die von ihm (erstmals) in der Rechtsmittelschrift relevierte Zusatzfrage in Richtung eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch (neben der anklagekonform nach vollendetem schweren Raub gestellten Hauptfrage) jedenfalls eine auf Raubversuch lautende Eventualfrage erfordert hätte. Ein darauf abzielendes Begehren ist jedoch der Beschwerdeschrift in keiner Weise zu entnehmen, sodaß für die vermißte Zusatzfrage schon die logische Voraussetzung fehlt. Im übrigen war aber eine derartige Eventualfrage schon deshalb nicht indiziert, weil gemäß § 16 Abs 1 StGB bei Beteiligung mehrerer Täter strafaufhebender Rücktritt vom Versuch nur für einen Beteiligten in Betracht kommt, der freiwillig die (weitere) Ausführung der Tat verhindert oder (im Fall des sog. beendeten Versuchs) den Erfolg abwendet. Diese Voraussetzung traf aber weder nach der Aussage der tatbetroffenen Zeugin B noch nach den übrigen Beweisergebnissen der Hauptverhandlung auf den Angeklagten zu. Daß sich die unmittelbare Beteiligung des Angeklagten A auf die Frühphase der vom Einverständnis beider Täter getragenen Tatausführung beschränkte, bleibt für seine aus der Mittäterschaft folgende Verantwortlichkeit für den gesamten vom gemeinsamen Vorsatz umfaßten Erfolg ohne Belang, weil alle Mittäter für ihre Tatbeiträge bei Ausführung der Straftat wechselseitig haften (vgl. Leukauf-Steininger Kommentar 2 § 12 RN. 10) und die Frage Deliktsversuch bzw. -vollendung für alle Mittäter nur einheitlich beurteilt werden kann (EvBl 1982/97).
Soweit der Angeklagte eine Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung (Z. 8) mangels Eingehens auf den Strafaufhebungsgrund des Rücktritts vom Versuch geltend macht, genügt der Hinweis, daß sich die Rechtsbelehrung nur auf tatsächlich gestellte Fragen zu erstrecken hatte (§ 321 Abs 2 StPO; Mayerhofer-Rieder a.a.O. ENr. 16 zu § 345 Z. 8).
Insoweit der Beschwerdeführer gestützt auf die Z. 9 des § 345 Abs 1 StPO eine Urteilsnichtigkeit in Ansehung des den Gegenstand der Punkte 2. und 3. des Urteilssatzes bildenden Tatkomplexes in der Verneinung der auf Raub lautenden Hauptfrage Nr. 1 des Fragenschemas mit 5 : 3 Stimmen bei gleichzeitiger stimmeneinhelliger Bejahung der Eventualfrage in Richtung Nötigung erblickt, bringt er weder den angezogenen noch sonst einen gesetzlichen Nichtigkeitsgrund zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung; wird doch solcherart ein Widerspruch im Wahrspruch oder ein sonstiger im § 332 Abs 4 StPO umschriebener Mangel gar nicht behauptet. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, daß sich die bei Verneinung der Hauptfrage überstimmten Geschwornen keinesfalls der Abstimmung über die Eventualfrage hätten enthalten müssen; § 331 Abs 1 StPO räumt vielmehr den bei Bejahung einer Schuldfrage überstimmten Geschwornen bloß das Recht ein, sich der Abstimmung über die für diesen Fall gestellten Zusatzfragen zu enthalten (vgl. Mayerhofer-Rieder a.a.O., ENr. 3 und 4 zu § 331).
Die Subsumtionsrüge (Z. 12) hinwieder entbehrt einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung, weil sie nicht die durch den Wahrspruch der Geschwornen zu Punkt 1. des Urteilssatzes festgestellten Tatsachen mit dem Gesetz vergleicht, sondern mit der Reklamation einer statt auf Geldwegnahme auf bloßes Gefügigmachen des Tatopfers ausgerichteten Gewaltanwendung auf der Grundlage in subjektiver Hinsicht abweichender Voraussetzungen eine (im Vergleich zum schweren Raub) günstigere Beurteilung der Tat anstrebt. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang - erneut unter Bezugnahme auf die Aussage der Zeugin B - eine auf Nötigung lautende Eventualfrage vermißt und solcherart der Sache nach abermals einen Verfahrensmangel (Z. 6) geltend macht, setzt er sich unter sinnentstellender Hervorhebung einzelner Teile der Aussage darüber hinweg, daß die genannte Zeugin den unmittelbaren Zusammenhang der Gewaltanwendung (auch) des Angeklagten A mit der Geldwegnahme insgesamt unmißverständlich zum Ausdruck gebracht hat (vgl. S. 451, 452 und 458). Darnach war aber eine (bloß) auf das Vergehen der Nötigung lautende (weitere) Eventualfrage nicht indiziert.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten nach § 28, 143 erster Strafsatz StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünfeinhalb Jahren.
Dabei wertete es das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit zwei Vergehen und die einschlägigen Vorstrafen als erschwerend, das teilweise Tatsachengeständnis und die untergeordnete Rolle beim Raub hingegen als mildernd.
Den Berufungen, mit denen der Angeklagte eine Strafherabsetzung anstrebt, während die Staatsanwaltschaft eine Erhöhung der verhängten Freiheitsstrafe beantragt, kommt keine Berechtigung zu. Davon, daß der Angeklagte den Raub unter der Einwirkung des abgesondert verfolgten Johann C verübt habe bzw., sich in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewewgung zur Tat habe hinreißen lassen, kann nach den Verfahrensergebnissen keine Rede sein. Wenn der Angeklagte Milderungsgründe daraus ableiten will, daß der (ihm zu Punkt 1. des Urteilssatzes angelastete) Raub 'beim Versuch geblieben' und seine Handlungsweise 'sehr nahe am Rücktritt vom Versuch einzuordnen' sei, ignoriert er den rechtskräftigen Schuldspruch wegen vollendeten schweren Raubes. Inwieweit das von ihm behauptete Bemühen, von der Zuhälterszene wegzukommen, den besonderen Milderungsgrund nach § 34 Z. 2 StGB und der Umstand, daß er nach der Tat 'keineswegs geflohen' ist, jenen der Z. 16 der bezeichneten Gesetzesstelle verwirklichen soll, ist dem Berufungsvorbringen nicht zu entnehmen. Ebensowenig vermag die vom Angeklagten aufgezeigte Möglichkeit, er hätte Monika B durch Versetzen weiterer Schläge (auch) eine schweren Verletzung zufügen können, einen Milderungsgrund darzustellen; wäre doch diesfalls eine zusätzliche Qualifikation der Tat zum schweren Raub nach § 143 StGB und damit ein weiterer Erschwerungsumstand gegeben. Demgegenüber ist der Anklagebehörde allerdings einzuräumen, daß die vom Erstgericht als mildernd gewertete 'untergeordnete Rolle' des Angeklagten bei der Ausführung des Raubes durch die von ihm erfolgte eingehende Planung und Vorbereitung dieser Tat weitgehend aufgehoben wird. Die Tatsache allein aber, daß der Raub im Zuhältermilieu verübt wurde, kann weder einen Erschwerungs- noch einen Milderungsgrund darstellen.
Die dementsprechend im wesentlichen richtig und vollständig angenommenen Strafzumessungsgründe - das teilweise 'Tatsachen'geständnis kann immerhin als Beitrag zur Wahrheitsfindung gewertet werden - hat das Geschwornengericht im Ergebnis auch ihrem Gehalt entsprechend durchaus zutreffend gewürdigt. Zieht man zudem noch in Betracht, daß den bisherigen Verurteilungen des Angeklagten nicht allzu schwerwiegende Straftaten zugrundelagen, sodaß er dementsprechend vor den gegenständlichen Taten das Strafübel des Freiheitsentzuges noch nicht erlitten hat, so zeigt sich, daß die vom Erstgericht (bei einem Strafrahmen von fünf bis zu fünfzehn Jahren) verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von fünfeinhalb Jahren nach seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) nicht zu gering, aber auch keineswegs zu hoch ausgemessen wurde.
Den Berufungen mußte daher gleichfalls ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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