OGH 12Os101/85

OGH12Os101/8522.8.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. August 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Rechberger als Schriftführer in der Strafsache gegen Franz A wegen der Vergehen der vollendeten bzw. der versuchten Körperverletzung nach § 83 Abs 1 und § 15 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 8. Mai 1985, GZ 7 Vr 835/84-27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 58-jährige Franz A (zu A/1 bis 4) 'des Vergehens der teils versuchten, teils vollendeten Körperverletzung nach § 83 Abs 1 (§ 15) StGB', (zu B/) des Vergehens der versuchten Nötigung nach § 15, 105 Abs 1 StGB, (zu C/) des Vergehens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs 2 StGB und (zu D/) des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er

A/ nachgenannte Personen vorsätzlich am Körper verletzt oder zu verletzen versucht, und zwar

1. Ende April 1984 in Ried/Innkreis Gerlinde B durch Würgen, wodurch die Genannte Würgemerkmale am Hals erlitt;

2. am 30. April 1984 in Ried/Innkreis Isabella B durch Versetzen einer Ohrfeige, wobei die Tat beim Versuch geblieben ist;

3. im April oder Mai 1984 in Roßbach Helmut C durch Versetzen eines Stiches oder Schnittes mit einem Messer, wodurch der Genannte eine blutende Wunde an der Brust erlitt;

4. im Juni 1984 in Roßbach wiederholt Isabella B durch Versetzen von Schlägen in das Gesicht, wodurch die Genannte Schwellungen im Gesicht erlitt, und durch Versetzen von Schlägen und Schneiden mit einem Messer, wodurch Isabella B

Schnittwunden am rechten Unterarm, Blutergüsse und Prellungen im Bereich der Brust beiderseitig, am Oberarm rechts, am Ober- und Unterschenkel beiderseitig und an der linken Wange davontrug;

B/ Ende April 1984 in Ried/Innkreis Gerlinde B mit

Gewalt, nämlich durch Würgen, zu einer Handlung, nämlich zur Herausgabe des Haustorschlüssels zu nötigen versucht;

C/ am 17. April 1984 in Ried/Innkreis mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Isabella B durch die Vorgabe, er habe von der Fremdenlegion noch Zahlungen zu erwarten und werde ein erbetenes Darlehen bis zum 20. April 1984 zurückzahlen, somit durch Täuschung über Tatsachen, zur Ausfolgung eines Geldbetrages von 6.000 S, sohin zu einer Handlung verleitet, die Isabella B an ihrem Vermögen in einem 5.000 S übersteigenden Betrag in Höhe von 6.000 S schädigte; D/ am 30.April 1984 in Ried/Innkreis Isabella B durch die öußerung, er werde ihr Salzsäure ins Gesicht schütten, mit einer auffallenden Verunstaltung gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Von weiteren Anklagevorwürfen (in Richtung des Verbrechens der teils versuchten, teils vollendeten Nötigung zum Beischlaf und des Vergehens des Diebstahls) wurde A gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Während dieser Freispruch unangefochten geblieben ist, wird der Schuldspruch vom Angeklagten mit einer nominell auf die Gründe der Z 4, 5, 9 lit c und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Als Verfahrensmangel im Sinn des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes rügt der Beschwerdeführer zunächst zum Faktum A/4 des Schuldspruchs die Abweisung seines Antrages auf Einvernahme des Zeugen Johann D, durch den unter Beweis gestellt werden sollte, daß der Genannte, als er am 10. Juni 1984 den Angeklagten in Praham besuchte, Isabella B mit dem Angeklagten 'friedlich im Bett liegen' gesehen und an Isabella

B keine Verletzungen bemerkt habe, sodaß deren Verletzung in keinem Zusammenhang mit dem Angeklagten stehen könne (S 211). Wie den Gründen des angefochtenen Urteils zu entnehmen ist, ist das Erstgericht aber ohnedies davon ausgegangen, daß

D - entsprechend seinen Angaben vor der Gendarmerie (S 29) - bei Isabella B keine Verletzungen bemerkt hat, als er am 10. Juni 1984 gegen 9 Uhr den Angeklagten in seiner Wohnung besuchte (S 237, 238). Damit hat das Gericht jenen Umstand, der durch die beantragte Zeugenaussage nachgewiesen werden sollte, ohnedies (im Sinn des Antragstellers) als erwiesen angenommen, sodaß die Vernehmung des Zeugen ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten des Angeklagten unterbleiben konnte (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO 2 ENr 77 zu § 281 Z 4).

Soweit sich die Verfahrensrüge aber dagegen wendet, daß das Schöffengericht entgegen dem Widerspruch des Angeklagten die Aussage des Zeugen Helmut C vor dem Untersuchungsrichter (ON 13) verlesen hat (S 211), so vermag sie damit gleichfalls einen Verfahrensmangel nicht darzutun, weil C zur Hauptverhandlung nicht erschienen ist, nach den gepflogenen Erhebungen keinen festen Wohnsitz hat und infolgedessen auch eine Vorführung nicht möglich erschien (S 209); bei dieser Sachlage waren aber die Voraussetzungen zur Verlesung des Protokolls über die Vernehmung des Genannten als Zeugen vor dem Untersuchungsrichter gemäß § 252 Abs 1 Z 1 StPO gegeben und es haftet dem bekämpften Zwischenerkenntnis ein Mangel nicht an.

In Ausführung des Nichtigkeitsgrundes der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO wirft die Beschwerde dem Gericht in Ansehung aller Schuldspruchfakten eine offenbar unzureichende Begründung vor, zumal in mehrfacher Hinsicht auf die entlastenden Zeugenaussagen keine Rücksicht genommen worden sei. Die bezüglichen Beschwerdeausführungen stellen sich allerdings im wesentlichen lediglich als eine unzulässige und damit unbeachtliche Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung dar, indem der Versuch unternommen wird, die Glaubwürdigkeit und damit die Beweiskraft der den Angeklagten belastenden Zeugen Isabella B und Gerlinde B in Zweifel zu ziehen und solcherart der vom Erstgericht als widerlegt angesehenen leugnenden Verantwortung des Angeklagten zum Durchbruch zu verhelfen. Zum Faktum A/1 übergeht die Beschwerde die dezidierten Bekundungen der Zeugin Gerlinde B sowohl vor dem Untersuchungsrichter (S 69) als auch in der Hauptverhandlung (S 180), wonach sie durch das Würgen seitens des Angeklagten verletzt wurde, und läßt im übrigen außeracht, daß das Gericht die Urteilsgründe in gedrängter Darstellung abzufassen hatte (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO), ohne verpflichtet zu sein, auf alle Details des Beweisverfahrens einzugehen und diese im Urteil anzuführen. Die von der Beschwerde in diesem Zusammenhang herausgestellten Passagen in der Aussage der Zeugin Gerlinde B und des Zeugen Manfred E stehen den bezüglichen Urteilsannahmen betreffend eine Verletzung der Erstgenannten keineswegs entgegen, weshalb es deren gesonderter Erörterung nicht bedurfte.

Zum Faktum A/3 des Schuldspruchs konnten sich die Tatrichter auf die (nach dem eingangs Gesagten zu Recht verlesenen) Angaben des Zeugen Helmut C vor dem Untersuchungsrichter stützen und als erwiesen annehmen, daß der Genannte vom Angeklagten mit einem Messer verletzt worden ist, zumal diese Angaben in den vom Gericht für glaubwürdig erachteten Bekundungen der Zeugin Isabella B (S 60, 201) ihre Bestätigung finden. Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang moniert, es seien keine Beweise darüber aufgenommen worden, welcher Art die Verletzung war, so verkennt er das Wesen eines formellen Begründungsmangels, weil damit eine Unvollständigkeit der Beweiserhebungen nicht gerügt werden kann; ein derartiger Mangel könnte vielmehr nur unter dem Gesichtspunkt der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO geltendgemacht werden, wofür es aber vorliegend an einem entsprechenden Antrag des Beschwerdeführers (und damit schon an den formalen Voraussetzungen) fehlt.

Die Feststellungen zum Faktum A/4 des Schuldspruchs finden in den für glaubwürdig erachteten Bekundungen der Zeugin Isabella

B ihre Deckung. Daß die Genannte verletzt wurde, wird keineswegs dadurch in Zweifel gezogen, daß die Verletzung ärztlich nicht festgestellt wurde. Ebensowenig sprechen die übrigen von der Beschwerde ins Treffen geführten Umstände gegen die bekämpfte Konstatierung, zumal das Erstgericht ausführlich und einleuchtend begründet hat, warum es trotz der gegenteiligen Wahrnehmung des Johann D zur überzeugung gelangte, daß Isabella

B die von ihr geschilderte Verletzung erlitten hatte (vgl. S 237).

Zu den Fakten B/, C/ und D/ erschöpfen sich die Beschwerdeausführungen im wesentlichen in einer Bestreitung des Schuldvorwurfs; formale Begründungsmängel in der Bedeutung des § 281 Abs 1 Z 5 StPO werden damit in keiner Weise dargetan, sodaß sich weitere Erörterungen hiezu erübrigen.

Die Mängelrüge versagt somit zur Gänze.

Soweit zum Faktum A/2 teils aus der Z 9 lit c, teils aus jener der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO eine Tatbeurteilung bloß nach § 115 StGB (und damit Mangel eines berechtigten Anklägers) eingewendet wird, negiert die Beschwerde die ausdrückliche Urteilskonstatierung, wonach der Angeklagte Isabella B am Körper verletzen wollte (S 224). Die Beschwerde geht somit nicht vom Urteilssachverhalt aus und ist daher nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt. Das gilt in gleichem Maße auch für das - der Sache nach eine Nichtigkeit im Sinn der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO relevierende - Beschwerdevorbringen, das Tatverhalten zu Punkt C/ des Schuldspruchs sei nicht den § 146, 147 StGB zu unterstellen und im Faktum D/ sei mangels einer Drohung der Tatbestand des § 107 Abs 1 StGB nicht erfüllt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich somit teils als offenbar unbegründet, teils als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, sodaß sie gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 (in Verbindung mit § 285 a Z 2) StPO bzw § 285 d Abs 1 Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen war.

über die (sowohl gegen den Strafausspruch als auch gegen das Adhäsionserkenntnis gerichtete) Berufung des Angeklagten wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden (§ 296 Abs 3 StPO).

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