OGH 12Os110/85

OGH12Os110/8522.8.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.August 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof.Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Rechberger als Schriftführer in der Strafsache gegen Hans A wegen des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs. 1 StGB. über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 26.März 1985, GZ. 12 Vr 2378/84-54, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Schuldberufung werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Strafberufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugemittelt.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 23-jährige Hans A des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt. Darnach hat er am 28.August 1982 in Ferndorf Sigrid B dadurch, daß er sie gegen ihren Willen mit einem PKW. auf einen einsamen Weg brachte, dort versuchte, ihre Arme mit einem Riemen zu fesseln und ihr mit den Worten: 'Willst Du das Messer auch noch' drohte, sohin mit Gewalt und durch gefährliche Drohung zum außerehelichen Beischlaf genötigt.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z. 4 und 5 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die indes zur Gänze einer prozeßordnungsgemäßen Ausführung entbehrt.

Soweit die Beschwerde zunächst aus dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund rügt, daß das Gericht keinen Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Gefäßchirurgie beigezogen habe, so gebricht es mangels eines entsprechenden Antrags des Beschwerdeführers in erster Instanz schon an den formellen Voraussetzungen für die Geltendmachung einer Verfahrensrüge. Der Angeklagte hatte in der Hauptverhandlung am 5.März 1985 die Beiziehung 'eines ärztlichen Sachverständigen' zum Beweis dafür beantragt, daß bei dem von Sigrid B geschilderten Vorgang im PKW. - Knieen des Angeklagten auf den Oberschenkeln, Befreiungsversuche mit den Beinen und der damit verbundenen objektiven Gewalt - bei der Genannten Verletzungsfolgen (Rötungen, blaue Flecken) aufgetreten sein mußten, und solche Verletzungen auch bei dem Versuch einer Fesselung entstanden sein mußten (S. 221). Diesem Beweisantrag hat das Gericht durch Beiziehung des medizinischen Sachverständigen Dr. C entsprochen, der in der Hauptverhandlung am 26.März 1985 sein Gutachten erstattete (S. 231 ff.). Im Zuge der Befragung durch den Verteidiger hat der genannte Sachverständige in bezug auf die Feststellbarkeit einer eventuell erhöhten Blutungsneigung bei der Zeugin B (unter anderem) ausgeführt, daß die Beantwortung der Frage, inwieweit Endgefäße vermehrt brüchig oder durchlässig sind, in das Fachgebiet eines Gefäßchirurgen falle (S. 233). Weder der Angeklagte noch sein Verteidiger haben aber - nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls ON. 53 - in der Folge einen Antrag auf Beiziehung eines Sachverständigen aus diesem Fachgebiet gestellt. Ein derartiges Begehren ergibt sich aber auch nicht aus dem in der vorangegangenen Hauptverhandlung gestellten Beweisantrag, weil dieser ganz allgemein die Beiziehung eines ärztlichen Sachverständigen zum Gegenstand hatte (vgl. abermals S. 221). Die Ausführungen zum Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. hinwieder - mit welchen behauptet wird, das Urteil sei undeutlich, unvollständig, zum Teil mit sich in Widerspruch, es lägen mangelnde und offenbar unzureichende Gründe vor und das Urteil sei auch aktenwidrig - erschöpfen sich nach Inhalt und Zielsetzung insgesamt als eine im Nichtigkeitsverfahren unzulässige und damit unbeachtliche Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung, indem versucht wird, die Glaubwürdigkeit und damit die Beweiskraft der den Beschwerdeführer belastenden Aussagen der Zeugin B sowie des Zeugen D, auf die sich die Tatrichter stützten, zu erschüttern und solcherart der vom Gericht als widerlegt beurteilten leugnenden Verantwortung des Angeklagten zum Durchbruch zu verhelfen. Formale Begründungsmängel in der Bedeutung des geltendgemachten Nichtigkeitsgrundes werden damit nicht dargetan. Was den Umfang der Begründungspflicht betrifft, so verkennt die Beschwerde die Vorschrift des § 270 Abs. 2 Z. 5 StPO., wonach die Urteilsgründe in gedrängter Darstellung abzufassen sind und das Gericht nicht verpflichtet ist, im Urteil alle Verfahrensergebnisse schlechthin und ohne Rücksicht auf ihre Bedeutung für die zu fällende Entscheidung zu erörtern und sich bei Würdigung der Beweisergebnisse von vornherein mit allen denkbaren nachträglich dagegen ins Treffen geführten Gesichtspunkten zu befassen (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO. 2 ENr. 78 zu § 270 sowie ENr. 6 ff. zu § 281 Z. 5). Letztlich räumt die Beschwerde selbst ein, daß die Begründung des angefochtenen Urteils 'dem Angeklagten tatsächlich wenig Spielraum' lasse und alle Beweisergebnisse, sofern sie mit der Aussage der Zeugin B im Widerspruch stehen, 'wegdiskutiert' werden, mithin (auch nach Auffassung des Beschwerdeführers) jedenfalls bei der tatrichterlichen Beweiswürdigung nicht unberücksichtigt geblieben sind. Wenn die Beschwerde in diesem Zusammenhang meint, der Inhalt des Urteils vermöge nicht mit ausreichender Sicherheit zu überzeugen, daß die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat tatsächlich begangen wurde, so übersieht sie, daß nicht nur zwingende, sondern auch Wahrscheinlichkeitsschlüsse das Gericht nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung zu Tatsachenfeststellungen berechtigen (Mayerhofer-Rieder a.a.O. ENr. 26 ff. zu § 258) und daß der Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. auf die Behauptung, aus den vorliegenden Umständen könnten auch andere, für den Angeklagten günstigere Schlüsse gezogen werden, nicht gestützt werden kann (Mayerhofer-Rieder a.a.O. ENr. 145 zu § 281 Z. 5). Da sich sohin die Nichtigkeitsbeschwerde zur Gänze als nicht den Prozeßgesetzen gemäß ausgeführt erweist, war sie gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 1 StPO. in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO. schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen. Die vom Angeklagten überdies angemeldete Schuldberufung war, da gegen Urteile der Schöffengerichte ein derartiges Rechtsmittel nicht vorgesehen ist, gemäß §§ 294 Abs. 4, 296 Abs. 2 StPO. zurückzuweisen. Zur Entscheidung über die Strafberufung sind hingegen die Akten in sinngemäßer Anwendung des § 285 b Abs. 6 StPO. dem zuständigen Gerichtshof zweiter Instanz zuzumitteln.

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