OGH 10Os79/85

OGH10Os79/8530.7.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 30.Juli 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schrott als Schriftführer in der Strafsache gegen Christian A wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 29.Mai 1985, GZ 19 Vr 516/85-28, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die durch seine Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Christian A des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Darnach liegt ihm zur Last, am 10.April 1984 in Mitterdorf im Mürztal dadurch, daß er Johann B zu Boden riß und aus dessen Geldbörse vier Hundertschillingnoten an sich nahm, dem Genannten mit Gewalt gegen seine Person fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Schuldspruch wendet sich die vom Angeklagten lediglich aus der Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde, mit welcher Widersprüchlichkeit und Unvollständigkeit des Urteils über entscheidende Tatsachen geltend gemacht werden. Dies allerdings zu Unrecht.

Eine Widersprüchlichkeit des Urteils erblickt der Angeklagte darin, daß sich beim Zeugen B nach den Urteilskonstatierungen zwar gewisse Erinnerungslücken ergaben (US. 7), die sich auf eher nebensächliche Details bezogen, das Erstgericht aber trotzdem der Aussage dieses Zeugen Glaubwürdigkeit zuerkannte. Darüber hinaus sei der Ausspruch 'eher nebensächliche Details' zu unbestimmt, um tatsächlich diese Erinnerungslücken zu konkretisieren.

Damit wird jedoch der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht. Der Ausspruch eines Urteils über entscheidungswesentliche Tatsachen ist mit sich selbst dann im Widerspruch, wenn Tatsachen als nebeneinander bestehend festgestellt werden, die nach den Gesetzen logischen Denkens einander ausschließen oder nicht nebeneinander bestehen können (vgl. ENr. 101 zu § 281 Z. 5 in Mayerhofer-Rieder, StPO 2 ). Vorliegend zeigt der Angeklagte überhaupt keine Urteilsannahmen auf, die einander ausschließen oder nach den Denkgesetzen nebeneinander nicht bestehen können. Vielmehr wendet sich die Beschwerde gegen den Beweiswert der Aussage des Zeugen B, der das Schöffengericht

Glaubwürdigkeit zuerkannte, obwohl sich dieser Zeuge an einzelne Nebensächlichkeiten nicht mehr erinnern konnte. Da es durchaus denkbar ist, daß ein Zeuge zwar über einen Teil des Beweisthemas präzise - vom Erstgericht als glaubwürdig angesehene Angaben - zu machen in der Lage ist, er sich aber an Nebensächlichkeiten nicht zu erinnern vermag, bekämpft das genannte Beschwerdevorbringen in Wahrheit lediglich die im schöffengerichtlichen Verfahren unanfechtbare Beweiswürdigung der Tatrichter. Die Beschwerde läßt sohin diesbezüglich eine prozeßordnungsgemäße Ausführung vermissen. Urteilsunvollständigkeit macht der Angeklagte geltend, indem er nähere Feststellungen darüber vermißt, in welcher Form er den Zeugen B niedergeschlagen haben soll. Hier ist der Beschwerdeführer auf die Urteilsfeststellungen (US. 5, 10) zu verweisen, nach denen er den Zeugen von hinten zu Boden riß. Daraus aber Rückschlüsse auf die Ursache für eine Beschädigung der Jacke des Angeklagten ziehen zu wollen, versagt, da das Erstgericht im Urteil hiezu mehrere Möglichkeiten aufgezeigt und des weiteren ausgeführt hat, eindeutige Feststellungen für die Verursachung der Beschädigungen an der Jacke des Angeklagten nicht treffen zu können. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen zieht daher in Wahrheit die Annahme des Erstgerichtes in Zweifel, die Ursache der Beschädigung des genannten Kleidungsstückes könne nicht festgestellt werden und bekämpft sohin erneut in unbeachtlicher Weise die erstrichterliche Beweiswürdigung, nach der - wie gesagt - mehrere Möglichkeiten für die Entstehung des Schadens an der Jacke des Angeklagten in Frage kommen. Sofern der Angeklagte jedoch konkrete Feststellungen darüber vermißt, was der Zeuge B in der Zeit 'zwischen Mitternacht bzw. kurz danach, wo er niedergeschlagen worden sein soll, und dem Zeitpunkt ein Uhr morgens, als er auf dem Gendarmeriepostenkommando erschien' gemacht haben soll, erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde einer sachbezogenen Erörterung unzugänglich. Denn bei den im gegenständlichen Verfahren zutage getretenen Zeiten handelt es sich um 'Cirkawerte', die eine präzise Feststellung der Zeitpunkte, wann der Angeklagte und der Zeuge B das Gasthaus C verlassen haben, wann sich der verfahrensgegenständlichen Vorfall ereignete und wie lange er dauerte, sowie wann der Zeuge B erstmals beim Gendarmeriepostenkommando Mitterdorf erschienen ist, unmöglich machen (siehe insb. US. 4, 5, 6 und 8). Das Beschwerdevorbringen zielt vielmehr ersichtlich darauf ab, nach Art einer im schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise die Glaubwürdigkeit des Zeugen B mangels detaillierter

Zeitangaben als unglaubwürdig in Zweifel zu ziehen, ohne damit eine Urteilsnichtigkeit im Sinne der Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO aufzuzeigen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher (nach Anhörung der Generalprokuratur) schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z. 1, 285 a Z. 2 StPO). Zur Entscheidung über die Berufung sind die Akten dementsprechend in sinngemäßer Anwendung des § 285 b Abs 6 StPO dem (hiefür an sich zuständigen) Oberlandesgericht Graz zuzuleiten.

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