OGH 1Ob576/85

OGH1Ob576/8510.7.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A B STADT C mit A D STADT E, Innsbruck,

Sparkassenplatz 1, vertreten durch Dr. Hans Otto Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) F OHG, Wien 1., Petersplatz 1, 2.) Michael F, Fleischhauermeister, Wien 6., Liniengasse 50, beide vertreten durch Dr. Ludwig Riemer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 301.000 S s.A. infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 17. Jänner 1985, GZ 2 R 252/84-25, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 19. Juli 1984, GZ 11 Cg 67/83-20, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Zweitbeklagte und sein Bruder Christian F waren alleinvertretungsbefugte Gesellschafter der erstbeklagten offenen Handelsgesellschaft. Christian F geriet durch den Bau eines Privathauses in Matzendorf in finanzielle Schwierigkeiten. über Vermittlung der bauausführenden Firma GLORITH-Fertighaus nahmen er und Ernestine F am 4. Dezember 1980 eine Hypothekarkreditzusage der klagenden Partei vom 7. November 1980 an. Nach dieser Zusage war die klagende Partei bereit, Christian und Ernestine F einen Kredit von 650.000 S gegen fünftrangige Einverleibung einer Höchstbetragshypothek von 812.500 S in EZ 1238 KG Matzendorf einzuräumen. Die Laufzeit des Kredites sollte zehn Jahre betragen, die monatlichen Pauschalraten 9.630 S. Der Kredit selbst sollte unter anderem nach Erfüllung folgender Bedingungen eröffnet werden: Grundbücherliche Durchführung der hypothekarischen Sicherstellung, übergabe von Akzepten der Kreditnehmer auf Blankowechsel und Eröffnung eines Girokontos für die erstbeklagte Partei. Als der Zweitbeklagte (nach der Annahme des Kreditanbotes, aber vor der späteren Bürgschaftserklärung) im Jänner 1981 von der Eröffnung des Girokontos durch Christian F namens der erstbeklagten Partei erfuhr, begab er sich zur klagenden Partei und löste das Girokonto wieder auf. Damals wurde ihm nicht mitgeteilt, daß die klagende Partei zur Sicherung des an Christian und Ernestine F gewährten Hypothekarkredites an die erstbeklagte Partei mit einem Bürgschaftsanbot herantreten wolle. Die Höchstbetragshypothek von 812.500 S wurde noch im Jahre 1980 verbüchert. Da der klagenden Partei die hypothekarische Sicherheit zu gering schien, stellte sie (vor Eröffnung des Kredites) am 2. Februar 1981 der erstbeklagten Partei ein Bürgschaftsanbot, wonach diese für den Christian und Ernestine F

eingeräumten Kredit die Haftung als Bürge und Zahler übernehmen sollte. Dieses Anbot wurde am 4. Februar 1981 von der erstbeklagten Partei durch ihren vertretungsbefugten Gesellschafter Christian

F angenommen. Im Innenverhältnis hätte Christian

F der Zustimmung des Zweitbeklagten, der von der Bürgschaftsverpflichtung nicht in Kenntnis gesetzt worden war, bedurft. Christian F informierte die klagende Partei von der Beschränkung seiner Befugnisse nicht. Der Zweitbeklagte erfuhr einige Tage nach der Annahme des Bürgschaftsanbotes von dieser Verpflichtung der erstbeklagten Partei. Nur die beiden ersten Monatsraten in der Höhe von je 9.000 S wurden am 3. März und 2. April 1981 von Christian F geleistet.

Die klagende Partei begehrt nach teilweiser Befriedigung auf Grund einer gegen Christian F geführten Zwangsversteigerung der EZ 1238 KG Matzendorf von der erstbeklagten Partei als Bürge und Zahler und vom Zweitbeklagten als persönlich haftenden Gesellschafter der erstbeklagten Partei den Zuspruch des Betrages von 301.000 S s.A.

Die beklagten Parteien wendeten ein, der Zweitbeklagte habe, nachdem er von der Öffnung des Girokontos der erstbeklagten Partei erfahren hatte, der klagenden Partei bereits am 7. Jänner 1981 mitgeteilt, daß die erstbeklagte Partei kein Interesse an der Aufnahme der Geschäftsverbindung mit der klagenden Partei habe. Bereits vor der Unterfertigung der Bürgschaftserklärung habe der Zweitbeklagte, wie zu beweisen sein werde, die übernahme einer Bürgschaft oder Haftung abgelehnt. Die Unterzeichnung der Bürgschaftserklärung der erstbeklagten Partei durch Christian F, der gleichzeitig Hauptschuldner des ihm privat

gewährten Kredites gewesen sei, habe mit Wissen der klagenden Partei zum Nachteil der erstbeklagten Partei gereicht.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die klagende Partei hätte Christian F fragen müssen, ob er im Innenverhältnis berechtigt sei, für seine Privatverbindlichkeiten namens der erstbeklagten Partei diese als Bürge und Zahler zu verpflichten. Die klagende Partei hätte bei diesem besonders gelagerten Geschäftsfall auch nicht den begünstigten Gesellschafter als Bürge und Zahler für die erstbeklagte Partei fertigen lassen dürfen. Sie habe es geflissentlich unterlassen, den ihr als weiterer Gesellschafter bekannten Zweitbeklagten die Bürgschaftserklärung unterzeichnen zu lassen, offensichtlich um die Kreditgewährung und das Geschäft nicht zu vereiteln. Es sei daher den Einwendungen der beklagten Parteien zu folgen; die klagende Partei habe zumindest grobfahrlässig zum Nachteil der erstbeklagten Partei und damit auch des Zweitbeklagten gehandelt. Eine Haftung der beklagten Parteien bestehe daher nicht. Das Berufungsgericht änderte über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es mit Zwischenurteil aussprach, daß das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe. Da nach den Behauptungen der klagenden Partei der aushaftende Kapitalbetrag 189.855,90 S betrage, im Klagsbetrag demnach kapitalisierte Zinsen enthalten seien, sprach es aus, daß die Revision zulässig sei. Beim Mißbrauch der Vertretungsmacht sei die Interessenlage zu beachten, wonach der Vertretene nicht durch den ungetreuen Vertreter und der Dritte nicht durch Ungültigkeit des Ausführungsgeschäftes leiden sollten. Dabei sei es bei allen Formen der Vertretung nicht Sache des Dritten, in die Verhältnisse zwischen Vertreter und Vertretenem einzudringen und nachzuprüfen, ob der Vertreter richtig und im Interesse des Vertretenen handle. Auch sprächen wichtige Interessen der Verkehrssicherheit dafür, die Gültigkeit von Geschäften nicht wegen Unstimmigkeiten im Innenverhältnis in Zweifel zu ziehen. Nur in krassen Fällen sei sittenwidriger, das Ausführungsgeschäft ungültig machender Mißbrauch der Vertretungsmacht anzunehmen. Gerade im Fall des alleinvertretungsbefugten Gesellschafters einer offenen Handelsgesellschaft werde dem Schutz des Rechtsverkehrs gegenüber der Wahrung der Interessen des Vertretenen vom Gesetz der Vorzug gegeben. Die Vertretungsmacht des alleinvertretungsbefugten Gesellschafters umfasse zum Unterschied von der Geschäftsführungsbefugnis nicht nur alle Geschäfte und Rechtshandlungen, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft mit sich bringe, sondern auch ungewöhnliche Geschäfte und Rechtshandlungen, die nicht einmal zum Betrieb irgendeines Handelsgewerbes gehören müßten. Ihre Grenze finde sie lediglich in den Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses. Nur solche Geschäfte und Rechtshandlungen, die das Gesellschaftsverhältnis selbst berührten, also insbesondere den Gesellschaftsvertrag änderten, seien durch die Vertretungsmacht nicht gedeckt. Bürgschaftsverpflichtungen seien auf das Bestehen des Gesellschaftsverhältnisses an sich ohne Einfluß. Durch die entsprechende Erklärung Christian FS sei die erstbeklagte Partei daher als Bürge verpflichtet worden. Eine Einschränkung der Geschäftsführungsbefugnis Christian FS sei nach § 126 Abs 2 HGB unwirksam und Dritten gegenüber ohne rechtliche Wirkung gewesen. Weder positive Kenntnis von der Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis noch fahrlässige Nichtkenntnis schade dem Dritten. Das Begehren auf Erfüllung eines vom geschäftsführenden Gesellschafter abgeschlossenen Vertrages könne die Gesellschaft mit Erfolg wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 879 Abs 1 ABGB nur abwehren, wenn der geschäftsführende Gesellschafter und der Dritte absichtlich zum Schaden des Vertretenen zusammengewirkt hätten oder wenn der vertretungsbefugte Gesellschafter bewußt zum Nachteil der Gesellschaft gehandelt und der Dritte davon gewußt habe. Daß Christian F bei Unterfertigung der Bürgschaftsverpflichtung bewußt zum Nachteil der erstbeklagten Partei gehandelt habe, also deren Schädigung von seinem Vorsatz umfaßt gewesen sei, er etwa mangels ausreichenden Einkommens gar nicht damit rechnete, seinen Verbindlichkeiten als Hauptschuldner pünktlich nachkommen zu können, so daß der Bürge in Anspruch genommen würde, hätten die beklagten Parteien nicht einmal behauptet. Für eine derartige Treuwidrigkeit hätten sich aber auch sonst im erstgerichtlichen Verfahren keine Anhaltspunkte ergeben. Der mit dem Hinweis auf seine Verschuldung bei anderen Kreditgebern vom Erstgericht im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung angedeutete Verdacht der Zahlungsunfähigkeit des Christian F im Zeitpunkt der Kreditaufnahme ändere daran nichts. Denn die beklagten Parteien hätten ein Vorbringen, wonach die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Christian F im Zeitpunkt der Eingehung der Kreditschuld zur Befürchtung in dieser Richtung Anlaß gegeben hätten, nicht erstattet, auch Feststellungen seien in dieser Richtung nicht getroffen worden. Aber auch aus der Tatsache, daß der klagenden Partei als Kreditinstitut die hypothekarische Sicherstellung nicht ausreichend erschienen sei und sie sich auch mit einer wechselmäßigen Besicherung ihrer Forderung nicht begnügt habe, sondern darüber hinaus eine Bürgschaftsverpflichtung der erstbeklagten Partei verlangt habe, könne kein Schluß auf die Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit des Christian F gezogen werden. Somit sei schon eine der Voraussetzungen für den erfolgreichen Einwand der Sittenwidrigkeit, der Nachweis eines absichtlichen Handelns des Christian F zum Nachteil der von ihm

vertretenen erstbeklagten Partei, nicht verwirklicht worden. Damit allein scheide schon eine Kollusion mit der klagenden Partei aus. Darüber hinaus sei die klagende Partei von der mangelnden Geschäftsführungsbefugnis des Christian F durch diesen nicht informiert worden. Der Vorwurf des Erstgerichtes, die klagende Partei habe zumindest grob fahrlässig zum Nachteil der erstbeklagten Partei gehandelt, gehe schon deshalb ins Leere, weil nur ein bewußtes, zum Nachteil der erstbeklagten Partei gereichendes Handeln des Christian F rechtlich hätte bedeutsam sein können. Gemäß § 126 Abs 2 HGB habe für die klagende Partei keine Pflicht zur Nachforschung über das Innenverhältnis bei der erstbeklagten Partei bestanden. Es schade also einem Dritten nicht, wenn er erkennen hätte können, daß der vertretungsbefugte Gesellschafter die Schranken seiner Geschäftsführungsbefugnis überschritten habe, etwa die im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Zustimmung der übrigen Gesellschafter nicht eingeholt oder das Geschäft gegen den Widerspruch eines anderen Gesellschafters vorgenommen habe. Selbst positive Kenntnis könne ihm nicht entgegengehalten werden, solange ihm nicht die Kenntnis, daß der handelnde Gesellschafter die wahren Interessen der Gesellschafter verletzt habe, nachgewiesen werden könne. Der Dritte brauche sich um das Innenverhältnis nicht zu kümmern. Er könne es den anderen Gesellschaftern überlassen, sich gegen überschreitungen der Geschäftsführungsbefugnis zu wehren. Hiezu komme, daß der Dritte nie mit Sicherheit wissen könne, ob ein widersprechender Gesellschafter nicht nachträglich seinen Widerspruch zurückziehen und die von dem handelnden Gesellschafter abgegebene Erklärung billigen oder ob das Geschäft von den nichtbefragten Gesellschaftern nachträglich genehmigt werde. Die Rechtsansicht des Erstgerichtes, die klagende Partei hätte sich mit der Unterschrift nur eines der beiden persönlich haftenden Gesellschafters der erstbeklagten Partei nicht begnügen dürfen, könne daher nicht geteilt werden. Da sich somit auch der von den beklagten Parteien sinngemäß erhobene Einwand eines Verstoßes gegen die guten Sitten als nicht gerechtfertigt erweise, hafteten die erstbeklagte Partei als Bürge und der Zweitbeklagte als persönlich haftende Gesellschafter der erstbeklagten Partei für die Kreditverbindlichkeit des Christian F zur ungeteilten Hand. Da zwar feststehe, daß ein Teil des Kredites noch unberichtigt aushafte, Feststellungen über die Höhe des aushaftenden Kredites aber nicht getroffen worden seien, sei mit Zwischenurteil auszusprechen, daß das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Parteien ist nicht berechtigt.

Christian F war bei Abgabe der rechtsgeschäftlichen

Erklärungen alleinvertretungsbefugter Gesellschafter der

erstbeklagten Partei. Gemäß § 126 Abs 1 HGB erstreckte sich seine

Vertretungsmacht auf alle gerichtlichen und außergerichtlichen

Geschäfte und Rechtshandlungen einschließlich der Veräußerung und

Belastung von Grundstücken sowie der Erteilung und des Widerrufes

einer Prokura. Daraus folgt, daß seine Vertretungsmacht

unbeschränkbar war. Sie umfaßte nicht nur außergewöhnlidhe

Geschäfte, er konnte namens der erstbeklagten Partei auch Geschäfte

abschließen, die keine Handelsgeschäfte waren (Westermann im

Handbuch der Personengesellschaften I Rz 197 III; Heymann-Kötter,

HGB 21 415; Baumbach-Duden-Hopt, HGB 25 440; Fischer in Großkomm

HGB 3 Rz 2 zu § 126; Hueck, Das Recht der OHG 4 291). Christian

F war daher gemäß § 126 Abs 1 HGB auch befugt,

Bürgschaftserklärungen namens der erstbeklagten Partei abzugeben.

Die beklagten Parteien können sich für ihren Rechtsstandpunkt auch nicht allein darauf berufen, daß Christian F im Innenverhältnis seine Geschäftsführungsbefugnis überschritten habe. Eine selbst grobfahrlässige Unkenntnis des bloß pflichtwidrigen Verhaltens eines Gesellschafters schadet dem Dritten nicht. Aus § 126 Abs 2 HGB folgt vielmehr zwingend, daß einen Vertragspartner einer offenen Handelsgesellschaft nicht die Pflicht trifft zu prüfen, ob ein alleinvertretungsbefugter Gesellschafter intern Beschränkungen seiner Geschäftsführungsbefugnis einzuhalten hat. Eine Erkundigungspflicht des Dritten ist grundsätzlich zu verneinen (GesRZ 1978, 131; Westermann aaO Rz 200; Heymann-Kötter aaO 416; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I 529; Hueck aaO 296). Die institutionell gesicherte Vertretungsmacht soll den redlichen Geschäftsverkehr erleichtern, die redlich an ihm Beteiligten schützen, aber nicht unredliche Geschäfte ermöglichen (Hämmerle-Wünsch, Handelsrecht 3 II 95; Hueck aaO 295, 297; Hueck, Gesellschaftsrecht 18 114). Ein treuwidriger Mißbrauch der Vertretungsmacht liegt vor, wenn der Gesellschafter vorsätzlich ein für die Gesellschaft nachteiliges Geschäft abschließt, das dem Dritten offenbar unbillige Vorteile verschafft (Geßler in FS Caemmerer 536, 543). Der Dritte kann sich dann nicht auf die Vertretungsmacht eines Gesellschafters berufen, wenn er bewußt und gewollt mit diesem zum Nachteil der Gesellschaft zusammenwirkte (Kollusion; GesRZ 1978, 131; Hämmerle-Wünsch aaO; Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht 122; Wiedemann aaO 527; Heymann-Kötter aaO 415; Hueck, Das Recht der OHG 4 295; Baumbach-Duden-Hopt aaO 442; Westermann aaO Rz 199; Geßler aaO 533; Fischer aaO Rz 20; Hueck, Gesellschaftsrecht 18 114), wenn ihm der treuwidrige Mißbrauch der Vertretungsmacht bekannt ist (GesRZ 1978, 131; Krejci in Rummel, ABGB, Rdz 130 zu § 879; Hueck, Das Recht der OHG 4 297; Geßler aaO 536 mwN in FN 29) oder aber, wenn der Mißbrauch für jeden Einsichtigen evident ist (Kastner, Gesellschaftsrecht 4 84 f; Geßler aaO 543; Frotz, Verkehrsschutz im Vertretungsrecht 621 ff), dem Dritten es sich also geradezu aufdrängen muß, daß der Vertreter bei Geschäftsabschluß mit Schädigungsvorsatz zum Nachteil des Vertretenen handelte (Geßler 531 FN 3; mit Zitat BGH WM 1976, 658; Baumbach-Duden-Hopt aaO 443 mit Zitat DB 1981, 840; Wiedemann aaO 530).

Dem Berufungsgericht ist zu folgen, daß nach den Verfahrensergebnissen schon die Voraussetzungen für die Annahme fehlen, Christian F habe bei der namens der erstbeklagten Partei abgegebenen Bürgschaftserklärung vorsätzlich treuwidrig von seiner Vertretungsmacht Gebrauch gemacht. Die beklagten Parteien brachten in erster Instanz dazu nur vor, daß die Bürgschaft der offenen Handelsgesellschaft zum Nachteil gereicht habe. Daß sich im nachhinein herausstellte, die Abgabe der Bürgschaftserklärung habe sich zum Nachteil der erstbeklagten Partei ausgewirkt, ersetzt aber nicht eine Behauptung. Christian F habe schon bei Abgabe seiner Erklärung zum Nachteil der erstbeklagten Partei vorsätzlich pflichtwidrig gehandelt. Allein aus der Tatsache, daß eine offene Handelsgesellschaft für einen Privatkredit eines ihrer alleinvertretungsbefugten Gesellschafter durch diesen die Haftung als Bürge und Zahler übernahm, zwingt keineswegs zu einem solchen Schluß, dies umso weniger, als der Zweitbeklagte erst Wochen, nachdem ihm der Abschluß des Bürgschaftsvertrags durch seinen Bruder bekannt worden war, dagegen Einspruch erhob. Daß er vor Anbot und Abschluß des Bürgschaftsvertrages namens der erstbeklagten Partei die Führung eines Girokontos durch die klagende Partei, also laufenden Geschäftskontakt und Geschäftsbesorgungen, nicht wünschte, schließt nicht aus, daß die erstbeklagte Partei und auf Grund seiner persönlichen Haftung als Gesamtschuldner (§ 128 HGB) damit auch der Zweitbeklagte zugunsten eines weiteren alleinvertretungsbefugten Gesellschafters eine Haftung als Bürge und Zahler übernehmen wollten. Die Frage, ob der klagenden Partei ein Mißbrauch der Vertretungsmacht Christian FS evident sein mußte, stellt sich unter diesen Voraussetzungen gar nicht mehr. Daß der Zweitbeklagte der klagenden Partei schon vor Abschluß des Bürgschaftsvertrages gesagt hätte, er lehne diesen für die Gesellschaft ab, behauptet auch die Revision nicht mehr, weshalb auf die allfällige Bedeutung einer solchen Erklärung nicht einzugehen ist.

Entgegen den Ausführungen in der Revision lag kein Insichgeschäft vor. Dieses setzte voraus, daß der Vertreter rechtsgeschäftliche Wirkungen für und gegen den Vertretenen durch Willenserklärungen in sich selbst erzeugte (Koziol-Welser 6 I 142), er also namens des Vertretenen mit sich selbst kontrahierte (Strasser in Rummel, ABGB, § 1009 Rdz 21). Hier hat Christian F vorerst im eigenen Namen eine Hypothekarkreditzusage der klagenden Partei angenommen und später als vertretungsbefugter Gesellschafter namens der erstbeklagten Partei zugunsten dieses Kredites eine Bürgschaftserklärung abgegeben. Ein Fall eines Selbstkontrahierens Christian FS mit der erstbeklagten Partei liegt demnach nicht vor. Ob bei einem Insichgeschäft die Rechtslage anders wäre, ist daher nicht mehr zu beurteilen. Der Revision ist der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 393 Abs 4, 52 Abs 2 ZPO (SZ 23/243 ua).

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