OGH 1Ob582/85

OGH1Ob582/8510.7.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Gamerith, Dr.Hofmann und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Karl A, Postbeamter, Pörtschach, Töpriach Nr.12, vertreten durch Dr.Heinz Napetschnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die Antragsgegnerin Katharina B, Landwirtin, Pörtschach, Töpriach Nr.2, vertreten durch Dr.Frank Kalmann, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Einräumung eines Notweges infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 22.Februar 1985, GZ 1 R 96/85-49, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 22.Oktober 1984, GZ 1 Nc 304/82-36, bestätigt wurde, folgenden Beschluß gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Antragsteller ist Eigentümer der Liegenschaft EZ.80 Katastralgemeinde St.Bartlmä mit dem Einfamilienhaus Töpriach Nr.12. Die Antragsgegnerin ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ.28 Katastralgemeinde St.Bartlmä, zu der unter anderem die Grundstücke 22 und 426 gehören. Auf dem Grundstück 22 stehen das Wohnhaus Töpriach Nr.2 und ein Holzschuppen. Das westlich davon gelegene Wirtschaftsgebäude wurde im Jahre 1976 abgerissen. Nördlich des Hauses Nr.2 auf dem Grundstück 426 liegt der eingefriedete Gemüsegarten. Der Antragsteller nutzt seine Liegenschaft nur für Wohnzwecke; die Liegenschaft der Antragsgegnerin wird landwirtschaftlich genutzt, doch hat die Antragsgegnerin die Flächen verpachtet. Zur Liegenschaft des Antragstellers führt kein öffentlicher Weg. Die Verbindung zum öffentlichen Wegenetz wird in der Natur durch einen Weg gebildet, der vom öffentlichen Weg Grundstück 1735 westlich der Liegenschaft der Antragsgegnerin abzweigt und von dort über die Grundstücke 22 und 426 der Antragsgegnerin zu der östlich daran angrenzenden Liegenschaft des Antragstellers führt. Dieser Weg ist nicht asphaltiert und bis zu dem ca.50 m von der Abzweigung entfernten Wohnhaus der Antragsgegnerin 2,20 m breit. An der Südwestecke des Holzschuppens führt er in einem Abstand von 0,35 m vorbei, so daß das 0,7 m auskragende Dach des Holzschuppens in einer Höhe von 2,6 m in den Luftraum des Weges ragt. In weiterer Folge verläuft der Weg an der Nordfront des Hauses Nr.2 derart, daß er von der Haustür 1,75 m und von der Nordostecke des Hauses ca.0,3 m entfernt ist. Im Bereich der Nordostecke des Hauses ragt dessen Dach gleichfalls in den Luftraum des Weges. Von da ab ist der Weg in Richtung Osten nur noch 1,9 m breit. In der Mitte weist er eine Grasnarbe auf. Vor dem Haus der Antragsgegnerin ist eine Wegbegrenzung nicht ersichtlich. Vor dem Eingang zum Haus der Antragsgegnerin liegt ein 0,85 m nach Norden ragender betonierter Platz. Der auf der Höhe der Ostseite des Hauses der Antragsgegnerin beginnende nördlich des Weges gelegene Gemüsegarten ist von einem auf Betonsockeln angebrachten Maschendrahtzaun umgeben. Die Südwestecke des Zaunes ist 1,05 m vom Weg entfernt. Westlich des Holzschuppens und nördlich des Weges befindet sich der Holzlagerplatz der Antragsgegnerin. Das dort lagernde Langholz ist vom Weg 2 m entfernt. Der Weg kann mit PKWs und Traktoren befahren werden. Der Antragsteller hat das Recht, über diesen Weg zu gehen und mit Fahrzeugen zu fahren. Mit dem Urteil des Erstgerichtes vom 9.Dezember 1977, 15 C 233/77-23, bestätigt mit Urteil des Rekursgerichtes vom 31.März 1978, 1 R 76/78-29, wurde rechtskräftig festgestellt, daß die jeweiligen Eigentümer der Liegenschaft des Antragstellers nicht das Recht haben, über den Weg mit mehr als 1,9 m breiten Fahrzeugen zu fahren.

Der Antragsteller begehrt die Einräumung eines Notweges durch Verbreiterung der bestehenden Wegverbindung von 1,9 m auf 2,6 m, da die vorhandene Wegeverbindung unzulänglich sei und die mit der beantragten Verbreiterung für den Antragsteller verbundenen Vorteile bei weitem über die Nachteile zu stellen seien, die die Liegenschaft der Antragsgegnerin dadurch unter Umständen in Kauf nehmen müsse. Die Antragsgegnerin wendete vor allem ein, daß der Weg durch ihre geschlossene Hofstelle führe und daß durch das Befahren des Weges mit LKWs die Gebäude in Mitleidenschaft gezogen würden. Das Erstgericht wies den Antrag ab. Da bereits ein Dienstbarkeitsweg bestehe, wäre die Einräumung eines Notweges nicht gemäß § 4 Abs 3 NWG wegen Vorliegens eines geschlossenen Hofraumes ausgeschlossen. Der Nachteil der Wegverbreiterung sei aber für die Antragsgegnerin größer als der Vorteil einer Einräumung eines Notweges für den Antragsteller.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge. Der geschlossene Hofraum im Sinn des § 4 Abs 3 NWG müsse nicht wie die dort genannten Gärten eingefriedet sein. Vielmehr genüge das Vorhandensein eines durch die Lage der Gebäude und der sonstigen Einrichtungen derart abgegrenzten Raumes, daß seine Absonderung und Abschließung von der übrigen Umwelt deutlich erkennbar sei. Es müsse sich also um einen an ein Gebäude unmittelbar anschließenden Teil einer Liegenschaft handeln, der durch Bauwerke oder sonstige Einrichtungen von der übrigen Umwelt deutlich erkennbar abgeschlossen sei und vom Eigentümer im Zusammenhang mit der Benützung des Gebäudes in besonders intensiver Weise zur Befriedigung der mit dem Bewohnen des Gebäudes unmittelbar verbundenen Bedürfnisse verwendet werde. Gehe man davon aus, dann könne es keinen Zweifel darüber geben, daß das beschriebene Areal vor dem Haus der Antragsgegnerin als geschlossener Hofraum im Sinn des Gesetzes anzusehen sei. Der Umstand, daß die Liegenschaft der Antragsgegnerin bereits mit einem Wegerecht zugunsten des Antragstellers belastet sei, könne nicht bedeuten, daß deshalb ihr Hofraum mit weiteren oder mit weitergehenden Wegerechten als Notweg belastet werden dürfe. Der Dienstbarkeitsweg schließe also die Anwendbarkeit des § 4 Abs 3 NWG nicht aus. Eine solche Auslegung des Gesetzes widerspräche seinem Sinn, wonach Hofräume grundsätzlich zu schützen seien, was auch dann gelte, wenn auf dem Hof bereits ein durch Ersitzung oder durch Vereinbarung erworbenes Wegerecht laste. Demjenigen, durch dessen Hofraum bereits mit Fahrzeugen bis zu einer Breite von 1,9 m gefahren werden dürfe, könne noch nicht das Interesse abgesprochen werden, daß die belastendere Durchfahrt breiterer Fahrzeuge verboten bleibe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist unzulässig. Da das Rekursgericht die Entscheidung des Erstgerichtes bestätigte, ist der Revisionsrekurs gemäß dem auch im Verfahren über die Einräumung von Notwegen anzuwendenden § 16 AußStrG nur aus den Rechtsmittelgründen der offenbaren Gesetzwidrigkeit, Aktenwidrigkeit und Nullität zulässig (JBl 1969, 349; RZ 1964, 142; 1 Ob 669/83). Der Rekurswerber erblickt eine offenbare Gesetzwidrigkeit darin, daß das Rekursgericht die Frage, ob ein geschlossener Hofraum vorliege, falsch gelöst habe; § 4 Abs 3 NWG könne überhaupt nicht angewendet werden, wenn zugunsten eines Antragstellers ein bestehender Dienstbarkeitsweg als Notweg verbreitert werden solle. Damit verkennt der Antragsteller aber das Wesen des von ihm geltend gemachten Rekursgrundes der offenbaren Gesetzwidrigkeit. Eine solche liegt nur dann vor, wenn ein Fall im Gesetz selbst ausdrücklich und so klar geregelt ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde (EFSlg.39.806, 37.388; MietSlg.32.747; JBl 1980, 380; SZ 44/180 u.v.a.) oder die Entscheidung mit den Grundprinzipien des Rechtes im Widerspruch steht (EFSlg.37.389, 35.071, 32.617 u.v.a.). Das Notwegegesetz enthält weder eine Definition des Begriffes des geschlossenen Hofraumes noch eine Bestimmung dahin, daß § 4 Abs 3 NWG für die Verbreiterung eines bereits bestehenden Dienstbarkeitsweges nicht zur Anwendung kommen könne. In der Beurteilung des Rekursgerichtes kann daher eine offenbare Gesetzwidrigkeit nicht liegen (MietSlg.23.698; 1 Ob 669/83).

Der Revisionsrekurs ist als unzulässig zurückzuweisen.

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