Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch aufgehoben und im Umfang der Aufhebung gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst erkannt:
Roman G*** wird für die ihm laut Ersturteil zur Last fallenden Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs. 1 StGB. (1) und des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 129 Z. 1 StGB. (2) nach §§ 28, 129 StGB. zu 10 (zehn) Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 2. April 1966 geborene, zuletzt beschäftigungslos gewesene Hilfsarbeiter Roman G*** wurde der Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs. 1 StGB. (1) und des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 129 Z. 1 StGB.
(2) schuldig erkannt. Darnach hat er am 30. März 1984 in Matrei am Brenner dem Michael S*** durch Schläge und Tritte absichtlich eine schwere Körperverletzung (ausgedehnte Weichteilprellungen im Bereich des Gesichts, eine Rißquetschwunde an der Oberlippe, die Beschädigung dreier Zähne im Oberkiefer sowie eine kurzzeitige Bewußtlosigkeit) zugefügt (1) und am 8. Mai 1984 in Neustift dem Johann P*** 5 Stangen Zigaretten (Wert 1.430 S) durch Einsteigen in dessen Gastlokal gestohlen (2).
Roman G*** bekämpft dieses Urteil mit Nichtigkeitsbeschwerde im Schuldspruch ob § 87 StGB. und im Strafausspruch aus § 281 Abs. 1 Z. 10 und 11 StPO.
Vorerst vermeint der Angeklagte, das von ihm zugestandene Vorhaben, den Michael S*** brutal zusammenzuschlagen, schließe eine Absicht, den Angegriffenen dabei schwer zu verletzen, nicht ein. Dies umso weniger, als er anläßlich seiner sicherheitsbehördlichen Befragung lediglich das Bewußtsein der Möglichkeit eines schweren Verletzungserfolgs zugegeben, gleichzeitig aber klargestellt habe, daß für ihn die Beschaffenheit allfälliger Verletzungen gegenüber dem primär angestrebten Vergeltungsakt nur von zweitrangiger Bedeutung gewesen sei.
Rechtliche Beurteilung
Damit wird jedoch nicht, wie es eine prozeßordnungsgemäße Ausführung des angerufenen materiellen Nichtigkeitsgrunds erfordert, der Urteilssachverhalt mit dem Gesetz verglichen, sondern dem Erstgericht - der Sache nach aus § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. - der Vorwurf gemacht, in Begründung der subjektiven Tatseite einen vom Beschwerdeführer für wesentlich erachteten Teil seiner Verantwortung vernachlässigt zu haben. Dies zu Unrecht: Hat sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung der absichtlichen schweren Körperverletzung doch ausdrücklich schuldig bekannt (S. 109). Das Gericht war daher keineswegs verhalten, die Konstatierung der auf die Herbeiführung eines schweren Verletzungserfolgs gerichteten Absicht zusätzlich mit sämtlichen Punkten der Verantwortung in Beziehung zu setzen. Daß der Beschwerdeführer nicht den schweren Grad der Verletzung, sondern nachhaltige Rache an S*** für dessen Unterstützung sicherheitsbehördlicher Erhebungen als den Zweck seines Handelns bezeichnet hat, auf dessen Verwirklichung es ihm vordergründig angekommen war, steht der Annahme des im § 87 StGB. geforderten Vorsatzes (dolus directus specialis: § 5 Abs. 2 StGB.) nicht entgegen, weil absichtlich handelt, wer sich die Verwirklichung des tatbildmäßigen Unrechts, sei es auch nur als Mittel zur Herbeiführung eines weiteren angestrebten Erfolgs, zum Ziel setzt (EvBl. 1976/242). Dabei gibt der Willensfaktor des Vorsatzes den Ausschlag, unerheblich ist dagegen die Kalkulationsgenauigkeit des Täters in Hinsicht auf den Erfolg (vgl. zur ausschlaggebenden Bedeutung des Willenselements der Absicht Foregger-Serini 3 Anm. II zu § 5 StGB.; Kienapfel AT. Z. 15 RN. 10, 13).
Auch der weitere Einwand, die Verletzungen seien nicht als schwer im Sinn des § 84 Abs. 1 StGB. zu qualifizieren, weil ausnahmslos Organe von untergeordneter Bedeutung betroffen gewesen seien und der Verletzungsgrad in der Anzeige der Universitätsklinik Innsbruck wie auch der Grad jeder Einzelbeschädigung im Zug der jeweils getrennten Begutachung durch den Sachverständigen als leicht bezeichnet worden ist, geht fehl. Gibt doch die vom Gerichtshof übernommene medizinische Beurteilung der Gesamtauswirkungen der multiplen Kontusionen (linker Jochbogen, Unterlippe, linkes Knie) in Verbindung mit dem Abbruch von drei Schneidezähnen und einer Rißquetschwunde an der Oberlippe als an sich schwer zu rechtlichen Bedenken keinen Anlaß. Einer über das Gutachten hinausgehenden Begründung hat es nicht bedurft.
Berechtigung kommt hingegen dem auf § 281 Abs. 1 Z. 11 StPO. gestützten Beschwerdevorbringen zu, der auf § 87 Abs. 1 StGB. beruhende Strafausspruch vernachlässige die Bestimmung des § 11 (Z. 1) JGG., weil der Angeklagte noch vor der Vollendung seines achtzehnten Lebensjahrs die Körperverletzung begangen habe und diese darum als Jugendstraftat zu ahnden sei. Wenn strafbare Handlungen zusammentreffen, die der Täter zum Teil vor und zum Teil nach der Vollendung des achtzehnten Lebensjahrs verübt hat, gelten für die Strafbemessung die Grundsätze des § 28 StGB. Da der Beschwerdeführer den im Schuldspruch 2 erfaßten Diebstahl bereits als Erwachsener verübt hat und die Strafdrohung des § 129 StGB. höher ist als der gemäß § 11 Z. 1 JGG. herabgesetzte Strafrahmen des § 87 Abs. 1 StGB., zieht nach der Regel des § 28 Abs. 1 StGB. der Strafsatz des § 129 StGB. durch.
Wohl beträgt der gemäß § 11 Z. 1 JGG. modifizierte Strafsatz des § 87 Abs. 1 StGB. sechs Monate bis zweieinhalb Jahre, der richtigerweise strafnormierende § 129 StGB. sieht dagegen einen Rahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vor, der, wie dargelegt, gegenständlichenfalls durch § 11 JGG. nicht ermäßig werden kann. Dennoch ist die Rechtsrüge (Z. 11) zum Vorteil des Angeklagten ausgeführt (§ 282 StPO.): Das Landesgericht hat die Strafe - rechtsirrig - auf der Grundlage einer Strafdrohung von einem Jahr bis zu fünf Jahren ausgemessen (§ 87 Abs. 1 StGB. ohne Bedachtnahme auf § 11 JGG.). Der recte anzuwendende Strafsatz des § 129 StGB. weist zwar dieselbe Obergrenze, aber nur sechs Monate als Untergrenze auf. Damit zeigt sich, daß die vom Beschwerdeführer der Sache nach angestrebte gesetzmäßige Verhängung der Unrechtsfolge auf einer für ihn günstigeren Grundlage vorzunehmen ist als jene war, von der die erste Instanz in concreto ausgegangen ist. Es war daher über die Nichtigkeitsbeschwerde wie im Spruch zu erkennen.
Dabei waren, wie schon in erster Instanz, erschwerend das Zusammentreffen zweier Verbrechen, der rasche Rückfall und die (zum Diebstahl) einschlägigen Vorstrafen, mildernd hingegen das Geständnis des Angeklagten, sein Alter unter 21 Jahren, die Begehung der Körperverletzung als Jugendlicher sowie die teilweise Schadensgutmachung.
Diese Strafzumessungsgründe ermöglichen nach der Lage des Falls eine Neubemessung der Strafe in etwas geringerem Ausmaß als in erster Instanz. Auch dem Obersten Gerichtshof erschien eine bedingte Strafnachsicht aus Gründen der Prävention ausgeschlossen. Der Ausspruch über den Kostenersatz gemäß § 389 StPO. und das Adhäsionserkenntnis gemäß § 369 StPO. blieben von der Aufhebung unberührt.
Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Neubemessung der Strafe zu verweisen.
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