Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Andreas A wird verworfen.
Der Berufung dieses Angeklagten wird Folge gegeben und die über ihn verhängte Freiheitsstrafe auf 1 (ein) Jahr herabgesetzt. Gemäß § 390 a StPO fallen dem genannten Angeklagten auch die Kosten des ihn betreffenden Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem (auch einen Teilfreispruch enthaltenden) angefochtenen Urteil wurden (A.) Manfred B und Andreas A des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2 StGB sowie (B.) A überdies der Vergehen (1.) des versuchten
Widerstands gegen die Staatsgewalt nach § 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB und (2.) der versuchten Begünstigung nach § 15, 299 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Darnach haben in Innsbruck
(zu A.) B und A am 11.Mai 1982 in Gesellschaft
als Beteiligte dem Hermann C eine Stereoanlage, einen Elektronenblitz, eine Brieftasche sowie Nahrungs- und Genußmittel im Gesamtwert von knapp über 20.000 S durch Einbruch sowie durch Aufbrechen verschiedener Behältnisse gestohlen; sowie (zu B.) A allein
(zu 1.) am 7.März 1984 die Polizeibeamten D und E
durch Losreißen, Stoßen und Treten sowie durch die öußerung, wenn sie ihn nicht ausließen, werde er sie niederschlagen, sobald er sie allein treffe, also mit Gewalt und durch gefährliche Drohung, an einer Amtshandlung, und zwar an seiner Festnahme, zu hindern versucht, und
(zu 2.) am 9.August 1984 Manfred B, der gemeinsam mit ihm den eingangs beschriebenen Diebstahl (Faktum A.) begangen hatte, durch die im vorliegenden Verfahren in der Hauptverhandlung vor dem Landesgericht Innsbruck wahrheitswidrig erhobene Behauptung, jener sei daran nicht beteiligt gewesen, der Verfolgung absichtlich zu entziehen versucht.
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten B gegen dieses Urteil sind vom Obersten Gerichtshof mit Beschluß vom 20.November 1984, GZ 10 Os 192/84-6, schon in nichtöffentlicher Sitzung zurückgewiesen worden; Gegenstand des Gerichtstages waren daher nur noch die gleichartigen Rechtsmittel des Angeklagten A.
Rechtliche Beurteilung
Der auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des zuletzt genannten Angeklagten kommt gleichfalls keine Berechtigung zu.
Die gegen den Schuldspruch wegen Diebstahls (Faktum A.), den er nur in bezug auf den Umfang der Diebsbeute sowie auf die Annahme einer (zuletzt wieder geleugneten) Tatbegehung in Gesellschaft des B anficht, und wegen versuchter Begünstigung (Faktum B. 2.) erhobene Verfahrensrüge (Z 4) läßt eine prozeßordnungsgemäße Ausführung vermissen. Denn beim Versuch, eine Relevanz der vom Erstgericht abgelehnten Beweisführung darüber darzutun, daß die Beute leicht durch eine Person allein verbracht werden konnte, geht der Beschwerdeführer mit der Behauptung, die bekämpfte Feststellung einer Tatbeteiligung des B sei auch auf die Menge der Diebsbeute gestützt worden, nicht vom tatsächlichen Inhalt der Entscheidungsgründe aus; solcherart vermag er demnach die mit dem abweisenden Zwischenerkenntnis angenommene Unerheblichkeit jenes Beweisthemas für die Urteilsfindung nicht in Frage zu stellen. Gleichfalls nicht gesetzmäßig ausgeführt ist insoweit auch die Mängelrüge (Z 5) mit dem Einwand, das Schöffengericht habe die in Rede stehende Konstatierung der Tatbegehung in Gesellschaft des B 'praktisch ausschließlich' auf die Auskunft einer unbekannt gebliebenen Vertrauensperson gegründet: beruht doch diese Feststellung demgegenüber unmißverständlich in erster Linie auf der im späteren Verlauf geständigen Verantwortung beider Beteiligten bei der Polizei; im Zusammenhang damit jedoch konnte sehr wohl auch jenes Ermittlungsergebnis der Sicherheitsbehörde, welches die (in ihrer Richtigkeit zum Teil objektivierten) Hinweise eines dem Gericht nicht bekanntgegebenen Informanten betraf, als belastendes Indiz verwertet werden (§ 258 Abs 2 StPO).
Soweit der Beschwerdeführer aus den erörterten Verfahrensergebnissen andere, für ihn günstigere Schlußfolgerungen abzuleiten versucht, ficht er nur nach Art einer Schuldberufung unzulässigerweise die erstinstanzliche Beweiswürdigung an, ohne formelle Begründungsmängel des Urteils im Sinn des reklamierten Nichtigkeitsgrundes überhaupt geltend zu machen. Der Umstand aber, daß anfangs gegen einen bestimmten anderen Verdächtigen Ermittlungen gepflogen wurden, legt entgegen dem darauf bezogenen Beschwerdevorbringen in keiner Weise die Annahme nahe, die Sicherheitsbehörde könnte damals bloß von der Täterschaft einer einzelnen Person ausgegangen sein, sodaß sich eine Erörterung jener Erhebungstätigkeit schon darum erübrigt.
In welchen zahlreichen den Tathergang betreffenden Einzelheiten hinwieder die bei der Polizei abgelegten Geständnisse des B vom 30. Juni 1983 einerseits sowie des Beschwerdeführers vom Vortag anderseits miteinander übereinstimmen, ist den im Urteil zitierten Niederschriften (S 24 bis 28, S 31 bis 34) eindeutig und mühelos zu entnehmen. Von einer (der Sache nach behaupteten) Undeutlichkeit der Entscheidungsgründe kann daher insoweit keine Rede sein; mit seinen Einwänden gegen die Würdigung dieser übereinstimmung aber unternimmt der Beschwerdeführer nur neuerlich einen unbeachtlichen Angriff gegen die schöffengerichtliche Beweiswürdigung.
Im wesentlichen Gleiches gilt für die Beschwerdeargumente gegen die Beweiskraft der im Vergleich zum Tatortbericht vom 11.Mai 1982 (S 62) erweiterten 'Diebsgutaufstellung' vom 5.Juli 1982 (S 60) in bezug auf den Umfang der Diebsbeute; eine besondere Erwähnung jener Erweiterung war im Hinblick darauf, daß schon im zuerst angeführten Bericht die nachträgliche Bekanntgabe weiterer fehlender Gegenstände angekündigt wurde, durchaus entbehrlich. Zur Bemängelung des Unterbleibens genauerer Erhebungen darüber jedoch - womit er inhaltlich einen Verfahrensmangel (Z 4) behauptet - war der Beschwerdeführer mangels der dahingehenden Antragstellung in der Hauptverhandlung nicht legitimiert.
Verfehlt ist schließlich auch dessen Rechtsrüge (Z 9 lit b), mit der er in Ansehung der ihm angelasteten Begünstigung des B (§ 299 Abs 1 StGB) deren Rechtfertigung wegen einer damit verbundenen Selbstbegünstigung (§ 299 Abs 3 StGB) in Anspruch nimmt und vermeint, hiezu genüge es, wenn sich durch die (Freund-) Begünstigung - wie hier: wegen des Wegfalls der Qualifikation zum Gesellschaftsdiebstahl - auch die Situation des Täters selbst objektiv verbessere; diesfalls sei nämlich 'ex lege davon auszugehen', daß letzterer die betreffende Begünstigung auch in der Absicht vorgenommen habe, seine eigene Bestrafung oder strengere Bestrafung zu verhindern.
Demgegenüber geht es jedoch bei der Klärung des mit der tatbildlichen Begünstigung eines Dritten verbundenen subjektiven Vorhabens des Täters in Wahrheit durchaus um eine Tatfrage, die in jedem einzelnen Fall nach Maßgabe der dafür aktuellen Verfahrensergebnisse zu beantworten ist und hier vom Erstgericht (insoweit unbekämpft) dahin gelöst wurde, daß es als erwiesen annahm, der Beschwerdeführer habe eine Tatbeteiligung des B ausschließlich deshalb in Abrede gestellt, weil er jenem eine Freiheitsstrafe habe ersparen wollen (US 13, 18 f.); zur Annahme einer Rechtfertigung dieser Begünstigung gemäß § 299 Abs 3 StGB fehlt demnach jedenfalls das unabdingbare Erfordernis einer ihr zugrunde gelegenen Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) des Beschwerdeführers, hiedurch auch seine eigene Bestrafung wegen Gesellschaftsdiebstahls zu verhindern.
Die - mit der Beschwerde der Sache nach ebenfalls
relevierten - allgemeinen Grundsätze über eine allfällige Rechtfertigung strafbarer Handlungen aber, die von einem Angeklagten in Ausübung seines Verteidigungsrechtes begangen werden (vgl Leukauf-Steininger, StGB 2 , RN 20 f. zu § 3), sind im vorliegenden Fall schon mit Rücksicht auf die soeben erörterte Sonderbestimmung (für mit einer Begünstigung Dritter verbundene Eingriffe in die Rechtspflege) von vornherein unaktuell (vgl Leukauf-Steininger, aaO, RN 21 aE).
Dem Schuldspruch wegen versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt (Faktum B. 1.) hinwieder hält der Beschwerdeführer entgegen (Z 9 lit b), das Erstgericht hätte ihm laut § 269 Abs 4 StGB Straflosigkeit zubilligen müssen, weil zu seiner Festnahme kein Anlaß bestanden habe und die Polizeibeamten dementsprechend hiedurch das Vergehen nach § 303 StGB begangen hätten. Für dahingehende Feststellungen boten jedoch die Verfahrensergebnisse keinerlei Anhaltspunkt; denn der Aktenlage zufolge war seine Festnahme im Hinblick darauf, daß er nach dem Geschehensablauf sehr wohl des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen (§ 136 StGB) verdächtig war, schon deshalb durchaus gerechtfertigt, weil er unmittelbar nach dieser strafbaren Handlung den Umständen nach glaubhaft der (Mit-) Täterschaft beschuldigt wurde (§ 177 Abs 1 Z 1, 175 Abs 1 Z 1 StPO).
Zum Nachweis dafür, daß im Gegensatz zu jenen Ermittlungsergebnissen für die Verhaftung des Beschwerdeführers 'überhaupt kein Anlaß' bestanden habe, ist die Vernehmung des Zeugen E in der Hauptverhandlung nicht beantragt worden; darin aber, daß es sowohl für die Tatbestandsmäßigkeit seines Widerstands (§ 269 Abs 1 StGB) als auch für dessen etwaige Rechtfertigung (§ 269 Abs 4 StGB) nicht darauf ankommt, ob der Beschwerdeführer allenfalls durch ein 'provokantes Verhalten' der Beamten dazu motiviert wurde, ist dem Schöffengericht vollauf beizupflichten, weil damit allein keineswegs auch schon ein Verstoß der Amtshandlung gegen strafgesetzliche Vorschriften dargetan werden könnte. Durch die Nichtvernehmung des genannten Zeugen zu diesen in der Verfahrensrüge (Z 4) relevierten Themen ist er demnach in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt worden.
Die in Ansehung der ihm angelasteten Drohung leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers schließlich konnte das Erstgericht im Rahmen der ihm oblegenen Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) sehr wohl als durch die Darstellung der Polizeibeamten in der Anzeige widerlegt ansehen; hätte er deren Glaubwürdigkeit durch ihre persönliche Vernehmung in Zweifel ziehen wollen, dann wäre ihm eine dahingehende Antragstellung - durch die er für den Fall ihrer Ablehnung auch die formellen Voraussetzungen für die Geltendmachung einer Verfahrensrüge (Z 4) geschaffen hätte - freigestanden. Die Mängelrüge (Z 5) zu dem nunmehr in Rede stehenden Schuldspruch erweist sich demnach gleichfalls als unbegründet.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A war
daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte diesen Angeklagten nach § 28, 129 StGB zu 18 Monaten Freiheitsstrafe; dabei wertete es seine einschlägigen Vorstrafen (zum Diebstahl sowie zum Widerstand gegen die Staatsgewalt), das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen und die mehrfache Qualifikation des Diebstahls als erschwerend, die Begehung dieses Delikts und des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt vor seinem 21. Lebensjahr sowie beider Vergehen nur in der Entwicklungsstufe des Versuchs, sein Teilgeständnis und die teilweise Schadensgutmachung durch Sicherstellung hingegen als mildernd.
Der Berufung des Angeklagten, mit der er (nach der Zurückziehung der angemeldeten Schuld-Berufung nur noch) eine Strafherabsetzung anstrebt, kommt Berechtigung zu.
Den hier strafsatzbestimmenden, am 11.Mai 1982 verübten schweren Einbruchsdiebstahl hat nämlich der Berufungswerber schon vor den beiden letzten von seinen einschlägigen Vor-Verurteilungen vom 23. August 1982 (wegen Diebstahls zu 70 Tagessätzen Geldstrafe) sowie vom 2.Dezember 1982 (wegen teils vollendeten, teils versuchten Einbruchsdiebstahls, versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt, schwerer Körperverletzung und versuchten Gebrauchs fremder Ausweise zu 12 Monaten Freiheitsstrafe) - und demgemäß auch vor seiner (überhaupt letzten) Vor-Verurteilung wegen leichter Körperverletzung vom 4.Februar 1983 (zu 60 Tagessätzen Geldstrafe) - begangen. Daraus ist zwar nicht - wie er vermeint - abzuleiten, daß die auf den hier abzuurteilenden Diebstahl entfallende Strafe unter Bedacht auf § 31, 40 StGB und jene wegen der (am 7.März sowie am 9.August 1984 begangenen) beiden anderen Delikte gesondert zu bemessen sei, wobei (seiner Ansicht nach) wegen des Diebstahls die Verhängung einer Zusatzstrafe nicht in Betracht komme und die Strafe wegen des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt sowie wegen der versuchten Begünstigung nach § 269 Abs 1 StGB unter Bedachtnahme auf § 28, 31 StGB ausgemessen werden müsse; im Hinblick auf die hier aktuellen Strafdrohungen ist vielmehr nach § 28 Abs 1 StGB jedenfalls auf eine einzige Strafe zu erkennen, für deren Bemessung § 31 StGB nicht anwendbar ist, weil nicht alle nunmehr zu sanktionierenden Taten nach der Zeit ihrer Begehung schon in den zuvor angeführten früheren Verfahren (oder wenigstens in einem von ihnen) hätten abgeurteilt werden können.
Nichtsdestoweniger darf aber doch nicht übersehen werden, daß im Fall einer den Intentionen des Absorptionsprinzips (§ 28 Abs 1 StGB) entsprechenden Bestrafung des Diebstahls schon mit dem Urteil vom 2.Dezember 1982 und einer dementsprechend gesonderten Aburteilung der beiden übrigen Delikte im vorliegenden Verfahren die hypothetische Summe jener beiden Strafen gewiß deutlich niedriger gewesen wäre als die Summe der mit dem bezeichneten Vor-Urteil und mit der hier angefochtenen Entscheidung tatsächlich verhängten;
darauf ist bei der Strafbemessung, mag auch eine direkte Anwendung der § 31, 40 StGB aus den dargestellten Erwägungen nicht in Betracht kommen, angemessen Rücksicht zu nehmen (vgl SSt 42/45 ua);
zugleich ist klarzustellen, daß die beiden letzten einschlägigen Vor-Verurteilungen nicht als erschwerend zu werten sind, weil sie vom Angeklagten erst nach dem ihm hier zur Last fallenden Diebstahl begangen wurden.
Davon hingegen, daß jene Amtshandlung, die der Berufungswerber zu hindern trachtete, 'materiell unberechtigt' gewesen wäre, kann nach dem schon zur Nichtigkeitsbeschwerde Gesagten keine Rede sein, sodaß der Milderungsgrund nach § 34 Z 11 StGB zu Unrecht reklamiert wird. Darüber hinaus hat das Erstgericht übersehen, daß dem Angeklagten in bezug auf den Diebstahl auch ein nach seiner weiteren einschlägigen Vor-Verurteilung vom 17.April 1982 rasch erlittener Rückfall vorzuwerfen ist.
In zusammenfassender Wertung und unter Bedacht auf einen positiven Bericht der Bewährungshilfe erweist sich bei den wie dargestellt zu korrigierenden Strafzumessungsgründen nach der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld des Angeklagten A (§ 32 StGB) eine Herabsetzung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe auf ein Jahr als gerechtfertigt; dahin war demnach seiner Berufung Folge zu geben.
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