OGH 11Os85/85

OGH11Os85/8525.6.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Juni 1985 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kral, Dr.Walenta, Dr.Horak und Dr.Lachner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Mader als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Franz Josef A wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 20.März 1985, GZ 26 Vr 434/85-14, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Generalanwaltes Dr.Stöger als Vertreter des Generalprokurators, und des Verteidigers Dr.Flendrovsky, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Beurteilung der im schuldigsprechenden Teil des Erkenntnisses umschriebenen Straftaten als Verbrechen des teils versuchten und teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1 und 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 und 15 StGB und demgemäß auch im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruches über die Anrechnung der Vorhaft) aufgehoben und es wird gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Ssache selbst erkannt:

Franz Josef A hat durch die im schuldigsprechenden

Teil des angefochtenen Urteiles umschriebenen Straftaten das Verbrechen des teils versuchten, teils vollendeten schweren, auch durch Einbruch qualifizierten gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130, erster Fall, und § 15 StGB begangen und wird hiefür nach dem ersten Stafsatz des § 130 StGB unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr verurteilt. Der Ausspruch über die Vorhaft wird aus dem Ersturteil übernommen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 30. November 1966 geborene Franz Josef A des Verbrechens des teils

versuchten, teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 (gemeint: zweiter Fall, was sich aus der Anwendung des zweiten Strafsatzes dieser Gesetzesstelle ergibt) und § 15 StGB schuldig erkannt. Von Anklagevorwürfen in Richtung der Beteiligung an einem weiteren Diebstahl als Bestimmungstäter (§ 12 zweiter Fall StGB) sowie des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten schweren Nötigung nach den §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 und § 15 StGB wurde er gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Gegen den schuldigsprechenden Teil dieses Erkenntnisses wendet sich der Angeklagte mit einer auf den § 281 Abs. 1 Z 4, 5 und 10 ('allenfalls 11') StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Einen Verfahrensmangel im Sinn des erstgenannten Nichtigkeitsgrundes erblickt er in der Abweisung seines in der Hauptverhandlung (S 313) gestellten Antrages auf Einholung eines psychiatrischen Gutachtens über seine Zurechnungsfähigkeit. Dieser Antrag verfiel jedoch zu Recht der Abweisung, weil nach den Urteilsfeststellungen (S 327) in übereinstimmung mit dem eigenen Beschwerdevorbringen des Angeklagten (S 332) in dem gegen diesen geführten und mit Urteil vom 9.November 1984 rechtskräftig beendeten Strafverfahren AZ 23 Vr 3748/83 (Hv 90/84) des Landesgerichtes Innsbruck erst etwa ein Jahr zuvor (März 1984) ein gerichtspsychiatrisches Gutachten des Sachverständigen Univ.Prof.Dr.Heinz B eingeholt worden war, welches vorliegend in der Hauptverhandlung verlesen wurde (S 313) und die Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten - wenn auch eingeschränkt durch leichten Schwachsinn - bestätigte. Wie der Angeklagte in der Hauptverhandlung angab, ist nach dem Zeitpunkt dieser Untersuchung keine Erkrankung und auch kein Nervenleiden bei ihm eingetreten. Er hat bei Stellung seines Beweisantrages auch keine Umstände angegeben, welche eine Verschlechterung seines Geisteszustandes gegenüber der damals festgestellten Situation indizieren würden. Wenn der Angeklagte nunmehr vermeint, ein solches Indiz darin erblicken zu können, daß im erwähnten Sachverständigengutachten seine Dispositions- und Diskretionsfähigkeit als 'eben noch' gegeben bezeichnet worden sei, so irrt er; denn die Einschränkung 'eben noch' stellt ihrer sprachlichen Bedeutung nach keine zeitliche (zukunftsbezogene), sondern eine graduell abgrenzende Aussage dar. Im übrigen aber bietet entgegen der Meinung des Angeklagten weder die Tatsache seines nunmehrigen neuerlichen Straffälligwerdens einen Hinweis darauf, daß er inzwischen etwa zurechnungsunfähig geworden wäre, noch könnte die - in dieser Richtung gar nicht beantragte - Einholung eines neuen psychiatrischen Gutachtens zur Klärung beitragen, ob der Angeklagte die ihm angelasteten Diebstähle in der Absicht vorgenommen hat, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 70 in Verbindung mit § 130 StGB). Der Angeklagte wurde sohin durch die Abweisung des in Rede stehenden Beweisantrages in seinen Verteidigungsrechten nicht verletzt, weshalb sich seine Verfahrensrüge als unbegründet erweist.

Rechtliche Beurteilung

Hingegen kommt der - auf den Nichtigkeitsgrund der Z 10, 'allenfalls 11', des § 281 Abs. 1 StPO gestützten - Rechtsrüge des Angeklagten Berechtigung zu, mit welcher er sich gegen die Ausmessung der Strafe nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB mit der Begründung wendet, daß nur wenige der zahlreichen ihm angelasteten Diebstähle nach dem § 128 oder dem § 129 StGB qualifiziert seien.

Hiezu ist festzuhalten, daß der Schuldspruch des Angeklagten insgesamt 27 Diebstähle umfaßt, von denen nur fünf nach dem § 129 StGB qualifiziert (Punkte 1 k, 1 n, p und u des Schuldspruches) und weitere zwei Tathandlungen (Punkte 1 g und i) als schwere Diebstähle im Sinn des § 128 Abs. 1 Z 4 StGB zu beurteilen sind (das oben schon erwähnte Faktum 1 k ist außer nach dem § 129 Z 2 StGB auch noch nach dem § 128 Abs. 1 Z 4 StGB qualifiziert). In den Gründen seines Urteiles traf das Erstgericht - abgesehen von allgemein gehaltenen Konstatierungen, welche die Gewerbsmäßigkeit der Diebstähle des Angeklagten an sich, nicht aber die Frage der gewerbsmäßigen Begehung schwerer oder durch Einbruch gekennzeichneter Diebstähle betreffen (vgl. S 326, 329) - die Feststellung, der Angeklagte habe 'die einzelnen Straftaten, somit auch die Einbruchsdiebstähle' in der Absicht vorgenommen, 'sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen' (S 328). Diesen Ausführungen, in denen eine gewerbsmäßige Begehung schwerer Diebstähle (§ 128 StGB) schon ihrem Wortlaut nach nicht zum Ausdruck kommt, kann aber nichts anderes entnommen werden, als daß die auf gewerbsmäßiges Stehlen gerichtete Absicht des Angeklagten auch die bloß gelegentliche Begehung von Einbruchsdiebstählen umfaßte.

Feststellungen dieser Art reichen aber rechtlich für die Annahme der gewerbsmäßigen Begehung von Diebstählen 'durch Einbruch' im Sinne des § 130, zweiter Fall, StGB nicht aus. Vielmehr setzt die Annahme gewerbsmäßigen Diebstahles im Sinne des zweiten Falles des § 130 StGB voraus, daß es der Täter darauf abgesehen hat, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Diebstählen oder von Diebstählen durch Einbruch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, mag er 'zwischendurch' auch einfache Diebstähle ausführen (vgl. Kienapfel, BT II, RN 12 zu § 130 StGB; Bertel im WK, Rz 10 zu § 130 StGB).

An diesen Voraussetzungen mangelt es aber vorliegend, weil der Angeklagte nach den getroffenen Feststellungen wohl (gelegentlich) auch Diebstähle durch Einbruch, jedoch nicht in einer gerade auf die Begehung von Diebstählen solcher Art gerichteten Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) verübte. (Das kommt im übrigen auch im Verhältnis von fünf Einbruchsdiebstählen zu 20 nicht nach dem § 129 StGB qualifizierten gleichartigen Delikten deutlich zum Ausdruck.) Das Erstgericht, das im Urteilsspruch die Straftaten des Angeklagten (u.a. auch) nur allgemein dem '§ 130' StGB unterstellte, wobei es allerdings durch die Anwendung des zweiten Strafsatzes dieser Gesetzesstelle zum Ausdruck brachte, daß damit § 130, zweiter Fall, StGB gemeint ist, hätte die vom Schuldspruch umfaßten Straftaten sohin - anklagekonform, vgl. S 298 unten - rechtsrichtig nur als 'gewerbsmäßigen Diebstahl' im Sinne des ersten Falles des § 130 StGB beurteilen dürfen und demgemäß die Strafe dem ersten Strafsatz der genannten Gesetzesstelle entnehmen müssen. Da die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten insoweit somit schon aus materiellrechtlichen Erwägungen berechtigt erscheint, bedarf es keines weiteren Eingehens auf die auf den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Mängelrüge des Angeklagten, welche im wesentlichen nur die Ausführungen zur Rechtsrüge vorwegnimmt und im übrigen (zutreffend) darauf verweist, daß sich das Erstgericht zur Frage der qualifizierten Gewerbsmäßigkeit nicht mit seiner Verantwortung in der Hauptverhandlung, in welcher er vorbrachte, er und sein abgesondert verfolgter Mittäter Karl C seien ziellos in der Gegend umhergefahren und hätten 'nach offenen Autos und Häusern geschaut' auseinandersetzte.

Mithin war über die Nichtigkeitsbeschwerde wie im Spruch zu erkennen.

Bei der sohin vorzunehmenden Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof die auf gleicher schädlicher Neigung beruhende Vorstrafe, den raschen Rückfall und die mehrfache Qualifikation des Diebstahls als erschwerend, hingegen das umfassende Geständnis, den Umstand, daß mehrere Tathandlungen nur bis ins Versuchsstadium gediehen waren, die teilweise (objektive) Schadensgutmachung und die verminderte Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten als mildernd. Auf der Grundlage der so festgestellten Strafzumessungsgründe erweist sich eine einjährige Freiheitsstrafe als angemessen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Urteilsspruch zitierte Gesetzesstelle.

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