OGH 4Ob75/85

OGH4Ob75/8525.6.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl und Dr.Gamerith sowie die Beisitzer Dr.Mayr und Dr.Geppert als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Guntram A, Pensionist, Puchberg am Schneeberg, Schneebergstraße 12, vertreten durch Dr.Helmut Schmidt und Dr.Ingo Schreiber, Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, wider die beklagte Partei Ing.Erwin B, Baumeister, Puchberg am Schneeberg, Kirchenweg 3, vertreten durch Dr.Thomas Zimmert und Dr.Elisabeth Zimmert, Rechtsanwälte in Neunkirchen, wegen S 135.482,50 samt Anhang, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 31.Jänner 1985, GZ.4 Cg 33/84-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Endurteil des Arbeitsgerichtes Neunkirchen vom 7.September 1984, GZ.Cr 203/83-17, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 6.617,85 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 514,35 Umsatzsteuer und S 960,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war seit 1.Mai 1968 Angestellter des Beklagten. Er beendete dieses Dienstverhältnis zum 31.Mai 1983 durch eigene Kündigung nach Erreichung des Pensionsalters (§ 23 a Abs.1 AngG). Von den arbeitsrechtlichen Ansprüchen, die der Kläger nach Beendigung dieses Dienstverhältnisses gegen den Beklagten erhob, blieb nach Fällung eines Teilanerkenntnisurteiles über den Betrag von S 164.818,74 samt Anhang ein Betrag von S 135.482,50 samt Anhang streitverfangen, den der Kläger mit der Begründung begehrt, es gebühre ihm eine Abfertigung von 12 (statt anerkannten 6) Monatsbezügen, weil ihm der Beklagte auch die Anrechnung der Vordienstzeiten bei der Firma C von Juni 1953 bis Ende April 1968 zugesichert habe.

Der Beklagte beantragte Abweisung dieses Teiles des Klagebegehrens und bestritt die behauptete Zusicherung.

Das Erstgericht wies das restliche Klagebegehren mit (End)urteil ab und traf folgende wesentliche Feststellungen:

Beide Streitteile waren bis zum Frühjahr 1968 Angestellte des Maurermeisters Johann C. Am 1.Mai 1968 löste der Beklagte sein Dienstverhältnis zu diesem Unternehmen, eröffnete einen eigenen Baubetrieb und stellte den Kläger mit der Zusage ein, ihm denselben Lohn und dasselbe Urlaubsausmaß zu gewähren, das der Kläger bei der Firma C gehabt hatte. Eine Zusage der Anrechnung von Vordienstzeiten auch für Abfertigungsansprüche des Klägers gab der Beklagte nicht. Dem Kläger stehe daher nur der vom Beklagten bereits anerkannte und mit Teilurteil erledigte Abfertigungsanspruch in der Höhe von sechs Monatsbezügen zu.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, daß es dem Kläger die restliche Abfertigung in Höhe von S 135.482,50 samt Anhang zusprach.

Die zweite Instanz verhandelte die Rechtssache gemäß § 25 Abs. 1 Z.3 ArbGG von neuem. Sie wiederholte die in erster Instanz aufgenommenen Beweise durch Verlesung, wogegen der Beklagte keine Einsprache erhob, und gelangte zu folgenden, vom Ersturteil (teilweise) abweichenden Feststellungen:

Der Kläger war von Juni 1953 bis 30.April 1968 als Polier im Angestelltenverhältnis bei der Baufirma C in Puchberg beschäftigt. Der dort als Bautechniker angestellte Beklagte trennte sich 1968 vom Bauunternehmen C und gründete ein eigenes Bauunternehmen. Ein Teil der Mitarbeiter der Firma C, darunter auch der Kläger, trat beim Beklagten ein. Bei dem diesem Dienstgeberwechsel vorausgegangenen Gespräch fragte der Beklagte den Kläger, ob er in das neu gegründete Unternehmen des Beklagten eintreten wolle. Nach einigem überlegen erklärte der Kläger, daß er in das Unternehmen des Beklagten unter der Bedingung eintreten wolle, daß er in seinen Rechten keinen Nachteil erleide. Der Beklagte sagte dies zu (AS 85) und erklärte zum Kläger 'Urlaubswoche, soziale Lasten, geht weiter wie bisher. Das geht alles so weiter, ihr bekommt alle gezahlt wie bisher beim C.' Das Berufungsgericht war der Ansicht, die Erklärung des Beklagten könne nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen und nach der übung des redlichen Verkehrs nur dahin verstanden werden, daß der Kläger aus dem Dienstgeberwechsel keinerlei Nachteile erleiden solle und daß daher auch die bei der Firma C zugebrachten Dienstzeiten bei der Berechnung des Abfertigungsanspruches zu berücksichtigen seien. Dem Kläger stehe daher bei einer Dienstzeit von mehr als 25 Jahren ein Abfertigungsanspruch in der Höhe von 12 Monatsbezügen zu. Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision des Beklagten ist nicht berechtigt. Da das Berufungsgericht in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten ohne Beweiswiederholung von der Beweiswürdigung des Erstgerichtes abgehen kann, wenn keine der Parteien gegen die Verlesung der Beweisergebnisse Einsprache erhebt (§ 25 Abs.1

Z.3 ArbGG; SZ 27/86; Arb.9.594 u.v.a.; zuletzt 4 Ob 48/83) liegt der wegen abweichender Feststellungen - irrig unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung - geltend gemachte Mangel des Berufungsverfahrens nicht vor. Aktenwidrigkeit wurde vom Revisionswerber nur durch Zitierung der betreffenden Gesetzesstelle geltend gemacht; Ausführungen, worin dieser Fehler der angefochtenen Entscheidung erblickt wird, fehlen. Eine unzulässige Neuerung (die im übrigen nur für die im Revisionsverfahren nicht mehr anfechtbare Beweiswürdigung von Bedeutung wäre), bildet die Behauptung des Revisionswerbers, der übertritt des Klägers sei auch in dessen eigenem Interesse und nicht nur im Interesse des Beklagten gelegen, da Johann C beabsichtigt habe, seinen Betrieb in nächster Zeit zur Gänze einzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Die Ausführungen des Revisionswerbers zur Mängelrüge, wegen der eindeutigen und unmißverständlichen Vereinbarungen der Parteien, dem Kläger nur den gleichen Lohn zu bezahlen und das gleiche Urlaubsausmaß wie bei der Firma C zu gewähren, komme eine Berücksichtigung der sonst im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche nicht in Frage, deuten auf eine Rechtsrüge hin, die aber nicht gesetzmäßig ausgeführt ist, weil die vom Berufungsgericht festgestellten Erklärungen der Streitteile anders lauteten und der Revisionswerber von den Feststellungen des Erstgerichtes ausgeht. Auf die Frage, wie diese Erklärungen der Parteien zu verstehen wären, ist daher nicht einzugehen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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