Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in dem Ausspruch der gemäß § 19 Abs. 1 lit. a FinStrG. über Horst Dieter A und Marga Anita C verhängten Wertersatzstrafen von je 9.675 S (im Fall der Uneinbringlichkeit je eine Woche Ersatzfreiheitsstrafe) aufgehoben.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Henryk B wird verworfen. Der Berufung desselben Angeklagten wird nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten Henryk B die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Horst Dieter A und Marga Anita C wurden des Vergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs. 1, 38
Abs. 1 lit. a FinStrG. schuldig erkannt. Sie haben zweimal, nämlich im November 1983 und am 19. Dezember 1983 in Salzburg gewerbsmäßig jeweils dieselben Schmuckstücke und Pretiosen im Gesamtwert von 13,335.580 S, bei der ersten Tathandlung auch noch zusätzlich eine Korallenbrosche und eine goldene Uhrkette im Gesamtwert von 19.350 S, nach Österreich geschmuggelt. Henryk B wurde des Vergehens der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG.
schuldig erkannt, weil er am 20. Dezember 1983 in Wien zwei von den vorgenannten Angeklagten geschmuggelte Brillantringe im Gesamtwert von 1,514.000 S durch übernahme im Zug eines Kaufvertrags und Veranlassung ihrer Graduierung an sich gebracht und verheimlicht hat.
Das Erstgericht verurteilte alle drei Angeklagten zu Geldstrafen und die Angeklagten A und C zusätzlich gemäß § 19 Abs. 1 lit. a FinStrG. zum Wertersatz für die nicht beschlagnahmte Konterbande.
Der Angeklagte B bekämpft den Schuldspruch mit Nichtigkeitsbeschwerde aus § 281 Abs. 1 Z. 4, 5 und 9 lit. a StPO.; außerdem hat er Berufung erhoben. In der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird zugunsten der Angeklagten A und C die Verhängung der Wertersatzstrafen als Überschreitung der gerichtlichen Strafbefugnis (§ 281 Abs. 1 Z. 11 StPO.) gerügt.
Rechtliche Beurteilung
Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B kommt keine Berechtigung zu.
Die Rechtsrüge bringt vor, die übernahme der geschmuggelten Brillantringe, die Veranlassung deren Begutachtung durch einen Sachverständigen und die Verwahrung der Schmuckstücke bis zur weiteren Disposition seitens AS und CS sei kein Ansichbringen in der Bedeutung des § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG.
Diese Behauptung ist irrig. 'An sich gebracht' wird nämlich eine Sache schon mit der Erlangung tatsächlicher Verfügungsmacht über sie. Die Verfügungsmacht aber hat der Beschwerdeführer mit der Entgegennahme der geschmuggelten Brillantringe erhalten und damit eine Hehlereihandlung gesetzt. Soweit der Beschwerdeführer dennoch zur gegenteiligen Auffassung gelangt, verwechselt er Verfügungsmacht mit Verfügungsrecht, welch letzteres für die Tatbestandsverwirklichung nicht notwendig ist.
Das übrige Vorbringen der Rechtsrüge entbehrt einer prozeßordnungsmäßigen Darstellung, weil der Beschwerdeführer beim Vorwurf eines Feststellungsmangels die Urteilskonstatierung übergeht, daß er einen vorangegangenen Schmuggel der betreffenden Ringe ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat (Band III S. 247 f.). Anschließend behauptet er, daß die Verfahrensergebnisse eben diese Annahme nicht zugelassen hätten. Damit geht die Rüge nicht, wie gesetzlich geboten, vom Urteilssachverhalt aus.
Die Einwände der Mängelrüge gegen die Annahme des bedingten Vorsatzes des Hehlers B versagen. Die Begründung hiefür ist keinesfalls aktenwidrig, worunter kraft der Definition im § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. überhaupt nur die unrichtige Wiedergabe des Inhalts einer beim Akt befindlichen Urkunde oder einer Aussage zu verstehen wäre. Der Gerichtshof folgerte den Bewußtseinsinhalt des Rechtsmittelwerbers denkrichtig aus den Umständen, daß A und C Ausländer waren und die Ringe keine inländischen Punzen trugen, was dem Beschwerdeführer bekannt war (siehe Band III S. 247). Wenn das Gericht auf dieser Grundlage der auch seitens der Angeklagten A und C keineswegs gestützten Verantwortung des Nichtigkeitswerbers, einen Einfuhrschmuggel der Ringe nicht in Betracht gezogen zu haben, den Glauben versagt hat, liegt darin ein Akt unanfechtbarer Beweiswürdigung. Zudem mußten in den auf eine gedrängte Darstellung beschränkten Entscheidungsgründen (§ 270 Abs. 2 Z. 5 StPO.) nicht jeder im Beweisverfahren hervorgekommene Umstand und jeder denkbare Einwand gegen die Lösung der Beweisfrage erörtert werden, sondern nur konkret dagegen sprechende Verfahrensergebnisse. Demgemäß war die gesonderte Würdigung der Tatsachen entbehrlich, daß der Beschwerdeführer 'seit 18 Jahren in dieser Branche straflos tätig' ist, daß er den äußeren Ablauf der Gewahrsamserlangung an den Ringen und die weitere Verfügung über die Schmuckstücke im Einklang mit anderen Beweisergebnissen geschildert hat sowie, daß sich die Mitangeklagten A und C widersprüchlich verantwortet haben. Deren wechselhaften Einlassungen bezogen sich vor allem auf den Vorwurf des Schmuggels, dessen A und C in der Hauptverhandlung ohnehin geständig waren.
Ebensowenig mußte erwogen werden, ob sich die Mutter des Angeklagten B während der übernahme der Ringe im Geschäftslokal aufgehalten hat oder ob sie damals im Ausland gewesen ist. Diesen Umständen kam weder rechtliche noch beweismäßige Relevanz zu. Ferner übersieht der Beschwerdeführer bei seinem Versuch, eine weitgehende Unverlässlichkeit der Angaben AS und CS aufzuzeigen, daß deren Schilderungen des Sachverhalts in dem für die Subsumtion maßgebenden Bereich ohnedies mit seiner eigenen Verantwortung übereinstimmen und keine belastenden Angaben zur Frage seines Vorsatzes enthalten. Somit geht das weitwendige Vorbringen betreffend die Unglaubwürdigkeit der Mitangeklagten ins Leere. Die Diskrepanzen in den Sachverhaltsschilderungen der Angeklagten A und C einerseits und des Beschwerdeführers andererseits in dem Punkt, ob die geschmuggelten Brillantringe mit einem Verkaufsoffert übergeben wurden und diesbezügliche Verhandlungen stattfanden, betreffen keine entscheidende Tatsache, weil eine solche Modalität für die Abgabenhehlerei, wie schon in der Erledigung der Rechtsrüge ausgeführt, keine Bedeutung hat. Umso weniger sind aber die vom Nichtigkeitswerber weiters angeführten Undeutlichkeiten wesentlich, weil es nicht darauf ankommt, ob eine Kaufabsicht BS vorhanden war, ob die Einigung über Ware und Preis noch ausstand oder ob schon ein Kauf abgeschlossen wurde.
Die Verfahrensrüge wendet sich gegen die Ablehnung der Vernehmung der Zeugen Blanka D, Walter E, Dr. F und Dr. G. Sie scheitert an der Unerheblichkeit des Antragsvorbringens.
Die Befragung von Blanka D und Walter E, der hiebei seine Geschäftsunterlagen vorweisen sollte, wurde zum Nachweis dafür begehrt, daß der Angeklagte B bei der Entgegennahme der Brillantringe eine normale Schätzungs-, Umarbeitungs- und eventuelle Ankaufmöglichkeit nach Vorerledigung aller Gutachten über Wert und Qualität ins Auge gefaßt hatte und daß vom Sachverständigen E 'die gegenständlichen Schmuckstücke' registermäßig erfaßt worden sind. Ein Vorhaben des Beschwerdeführers, die Brillantringe so wie auch andere Juwelierware zu behandeln und einer Wertbestimmung zu unterziehen, eine Umgestaltungsmöglichkeit zu prüfen und sie gegebenenfalls anzukaufen, steht der Annahme eines gleichzeitig vorhandenen Willens, dabei Schmuggelgut an sich zu bringen, nicht entgegen. Dazu kommt, daß dieses Beweisthema einen bestimmten Vorstellungsinhalt betraf, der seinem Wesen nach einer Wahrnehmung durch Zeugen nur ausnahmsweise zugänglich ist, soweit es nämlich um die Erweisbarkeit von sinnlich auffaßbaren Umständen geht, die ihrerseits eine porismatische Aussage über die prätendierte Bewußtseinslage gestatten könnten. Es hat aber selbst der Rechtsmittelwerber nicht dargetan, aus welchen Gründen ein solcher Fall gegeben und ein sachdienliches Resultat der Beweisaufnahme zu erwarten sei.
Aus der in den Entscheidungsgründen erwähnten Rechnung des Sachverständigen E ist zu ersehen, daß der Genannte die von ihm begutachteten Schmuckstücke registriert und durch entsprechend numerierte Gutachten bezeichnet hat, ohne daß dies für die Sachverhaltsbeurteilung von Bedeutung wäre. Ein weiteres Beweisthema wurde beim Antrag auf Vernehmung des Zeugen E nicht bezeichnet. Soweit nunmehr in der Beschwerde davon ausgegangen wird, daß die Vernehmung dieses Zeugen auch deshalb notwendig gewesen wäre, weil sich dessen Tätigkeit auf die Klärung der Zollpflicht und der Punzierungspflicht erstreckt habe, handelt es sich erstens um ein neues und zweitens um ein mit der Verantwortung des Angeklagten unvereinbares Vorbringen (siehe Band III S. 225: ausschließlicher Graduierungsauftrag an E).
Mittels Vernehmung der Zeugen Dr. F und Dr. G sollte unter Beweis gestellt werden, daß der Angeklagte bei ihnen 'sofort nach Bekanntwerden des gegenständlichen Vorfalls' Rechtsauskünfte über die Tatbestandsmäßigkeit seiner Vorgangsweise eingeholt habe. Der Nachweis eines derartigen Verhaltens des Beschwerdeführers würde jedoch ebenfalls Rückschlüsse auf die Gestaltung der subjektiven Tatseite anläßlich der übernahme der geschmuggelten Brillantringe nicht zulassen, weshalb das Schöffengericht der begehrten Beweisaufnahme mit Recht die Eignung abgesprochen hat, einen Beitrag zur Wahrheitsfindung zu leisten.
Hingegen ist die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft begründet.
Zur Zeit seiner Verübung (im November 1983 und am 19. Dezember 1983) war der Schmuggel gemäß § 35 Abs. 4 FinStrG. in Verbindung mit § 17 Abs. 2 lit. a FinStrG. (in der damals geltenden Fassung) mit der Strafe des Verfalls der Konterbande (samt Umschließungen) bedroht, ohne daß infolge des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs vom 14. Dezember 1983, G 34/83, zunächst eine Änderung eingetreten wäre:
Die Aufhebung des § 17 Abs. 2
lit. a FinStrG. mit diesem Erkenntnis (Kundmachung im BGBl. Nr. 113/1984) wurde nämlich erst nach dem Ablauf der vom Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 5 B.H. bis zum 30. November 1984 bestimmten Frist wirksam. Die vom Nationalrat am 18. Oktober 1984 beschlossene, aber vom Bundesrat nicht in Behandlung genommene Novellierung des § 17 Abs. 2 lit. a FinStrG. konnte darum erst nach dem Ablauf der achtwöchigen Frist des Art. 42 Abs. 3 B.H. in dem am 21. Dezember 1984 herausgegebenen 222. Stück des Bundesgesetzblatts verlautbart werden (BGBl. Nr. 532/1984). Art. II dieser Novelle sah zwar deren Inkrafttreten mit 1. Dezember 1984 vor, doch gehörte, abgesehen von dem im Verfassungsrang stehenden (und Art. II BGBl. Nr. 532/1984 durchbrechenden) Rückwirkungsverbot des Art. 7 § 1 MRK. (BGBl. Nr. 210/1958 mit BGBl. Nr. 59/1964), vom 1. Dezember 1984 bis einschließlich 21. Dezember 1984 dem kundgemachten Rechtsbestand des Finanzstrafgesetzes jedenfalls keine die Tatgegenstände samt Umschließungen betreffende Verfallsbestimmung an (so auch der Erlaß des Bundesministeriums für Finanzen vom 14. November 1984, GZ. FS- 110/65-III/9-84 in I. Nr. 51/1984).
Darnach verbleibt der Vollständigkeit halber der Hinweis auf Art. 49 Abs. 1 B.H., demzufolge die Bundesgesetze, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, am Tag nach der Kundmachung in Kraft treten. An diesem Ergebnis vermöchte auch der allfällige Einwand nichts zu ändern, das Landesgericht hätte Art. 140 Abs. 7, letzter Satz, B.H. berücksichtigen und gewissermaßen eine Weiterwirkung der aufgehobenen Verfallsvorschrift nach der Art eines ausgelaufenen sogenannten Zeitgesetzes annehmen müssen. Art. 140 Abs. 7, letzter Satz, B.H. besagt zwar, daß ein vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenes Gesetz weiterhin auf alle bis zum Ablauf der gemäß Art. 140 Abs. 5 B.H. gesetzten Frist 'verwirklichten Tatbestände' mit Ausnahme des Anlaßfalls anzuwenden ist. Indes trifft diese Bestimmung keine Vorsorge für den Fall, daß ein noch vor dem Fristablauf 'verwirklichter Tatbestand' erst nach dem Außerkrafttreten des - längst aufgehobenen - Gesetzes einer vormals darin enthalten gewesenen Strafvorschrift zu unterziehen wäre, deren Anwendung ihrerseits von einem spezialgesetzlich normierten Günstigkeitsvergleich (§ 4 Abs. 2 FinStrG.) abhängt. Daraus folgt, daß die besondere strafrechtliche Konfiguration, gekennzeichnet einerseits vom Fehlen der bisherigen Strafvorschrift im - kundgemachten - Rechtsbestand, andererseits vom vorgeschriebenen Günstigkeitsvergleich, von der bloß allgemeinen Regel des Art. 140 Abs. 7, letzter Satz, B.H. nicht berührt wird.
Da also die Rechtslage im Urteilszeitpunkt (5. Dezember 1984) die Nebenstrafe des Verfalls geschmuggelter Sachen nicht vorsah, war sie gegenüber dem Tatzeitrecht die für die Täter günstigere Regelung, weshalb sich gemäß § 4 Abs. 2 FinStrG. der Sanktionsausspruch nach ihr zu richten hatte (s. Harbich-Kropfitsch, Textausgabe, Ergänzungsblatt 1985 zu § 17 Abs. 2 lit. a FinStrG.). Mit Recht hat daher das Erstgericht davon Abstand genommen, auf Verfall der Schmuggelware zu erkennen.
Aus dem Gesagten folgt indes weiter, daß das Gericht zur Auferlegung eines Wertersatzes nach § 19 Abs. 1 lit. a FinStrG. für geschmuggelte, aber nicht ergriffene Gegenstände nicht befugt war. Die Verhängung einer Wertersatzstrafe setzt eine Strafdrohung des Verfalls voraus, dessen Stelle sie vertritt (§ 19 Abs. 1 FinStrG.: 'statt auf Verfall ...'). Eine Verfallsmöglichkeit war jedoch, wie dargelegt, in dem hier in Betracht kommenden Umfang bei der Urteilsfällung nicht gegeben. Der Ausspruch eines Wertersatzes (samt Ersatzfreiheitsstrafe) war daher nichtig (§ 281 Abs. 1 Z. 11 StPO.) und aus diesem Grund ersatzlos aufzuheben.
Henryk B wurde nach § 37 Abs. 2 FinStrG. zu einer Geldstrafe von 105.000 S (im Uneinbringlichkeitsfall zwei Monate Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt. Als mildernd fielen sein Geständnis und die bisherige Unbescholtenheit, dem erschwerend nichts gegenüberstand, ins Gewicht.
Mit seiner Berufung begehrt B eine Strafherabsetzung und die Gewährung bedingter Strafnachsicht.
Das Geständnis war nicht reumütig; daß es dennoch als mildernd gewertet wurde, kann daher nur in dessen wesentlichem Beitrag zur Wahrheitsfindung liegen. Daß der Berufungswerber diesen Beitrag nochmals hervorstreicht, geht ins Leere, weil dem durch den angenommenen Milderungsgrund Rechnung getragen ist. Besondere mildernde Umstände sind im § 34 StGB., nicht aber, wie der Berufungswerber meint, im § 4 StGB. katalogisiert. Letztere Gesetzesstelle verlangt für die Strafbarkeit ein schuldhaftes Verhalten, worüber mit dem Schuldspruch endgültig erkannt wurde. Angesichts der Tatvollendung und der damit zustandegekommenen Verkürzung von Eingangsabgaben ist der Hinweis der Berufung, daß durch die Tat kein Schaden herbeigeführt worden sei, unerklärlich. Für eine Strafermäßigung bestand daher kein Grund.
Die Straftat im Rahmen eines Geschäftsbetriebs, daher unter besonderer Verletzung von abgabenrechtlichen Sorgfaltspflichten, gebietet die uneingeschränkte Effektivität der Unrechtsfolge, demnach die Verhängung einer unmittelbar zu vollziehenden Geldstrafe, weshalb deren bloße Androhung nicht in Frage kommt.
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