Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung des Angeklagten wird teilweise Folge gegeben und unter Anwendung des § 37 Abs 1 StGB über ihn an Stelle der Freiheitsstrafe eine Geldstrafe von 240 (zweihundertvierzig) Tagessätzen zu je 100 (einhundert) Schilling, für den Fall der Uneinbringlichkeit 120 (einhundertzwanzig) Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt; im übrigen wird seiner Berufung nicht Folge gegeben.
Die Staatsanwaltschaft wird mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 28.Mai 1958 geborene Installateurhelfer Johann Erwin A des Vergehens des schweren Diebstahls nach § 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 4 StGB schuldig erkannt.
Darnach liegt ihm zur Last, zwischen dem 22. und 24.März 1984 in Wien eine fremde bewegliche Sache, nämlich den PKW Mazda 323 mit dem polizeilichen Kennzeichen W 654.410 im Wert von ca. 50.000 S dem Dr. Gilbert B mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen aus den Gründen der Z 5, Z 9 lit c (inhaltlich: Z 10) und Z 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu. Mit dem Einwand, daß die 'Beweiswürdigung des Erstgerichtes unrichtig' sei, weil es sich mit 'der Frage der Glaubwürdigkeit der Angaben' des Angeklagten im Hinblick auf dessen durch eine gewisse Verstandesschwäche und emotionale Unreife geprägte Persönlichkeit nicht auseinandergesetzt habe, wird ein formeller Begründungsmangel (Z 5) nicht dargetan, vielmehr nach Art einer Schuldberufung in einer im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen und demnach unbeachtlichen Weise lediglich die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes bekämpft. Dieses hat der auf wiederholten unbefugten Gebrauch (§ 136 StGB) des PKW abzielenden Verantwortung des Angeklagten den Glauben versagt und - naturgemäß und darum der Beschwerdeauffassung zuwider durchaus zulässig - aus äußeren Tatumständen, nämlich aus dem Zuschließen des (zunächst geöffnet gewesenen) PKW-Fensters nach der ersten Fahrt, der mehrmaligen Verwendung des Fahrzeuges und dem jeweiligen Abstellen desselben in der Nähe seiner Wohnung auf den Vorsatz des Angeklagten geschlossen, sich dieses Fahrzeug auf unbegrenzte Zeit für den Zweck wiederholter 'Spritzfahrten' anzueignen, ohne es dem Berechtigten wieder zukommen zu lassen. Ausdrücklich zog das Schöffengericht hiebei auch den Umstand in Erwägung, daß der Angeklagte innerhalb eines Zeitraumes von mehreren Monaten (März bis August 1984) das Fahrzeug nur viermal benützt und dabei eine Wegstrecke von nur etwa 150 km zurückgelegt hat, gleichwie es auch die - was sich aus der Anführung der bezüglichen Straßenzüge im Urteil ergibt - vom Beschwerdeführer herausgehobene Tatsache mitberücksichtigt hat, daß ursprünglicher Abstellort des PKW (Tatort) und vom Angeklagten jeweils gewählter Abstellort (Wohnungsnähe) noch im selben Gemeindebezirk (Wien-Landstraße) - notorisch allerdings mehr als einen Kilometer voneinander entfernt - gelegen sind. Daß aber im Beweisverfahren etwa hervorgekommene andere, konkrete Tatumstände vom Erstgericht nicht erörtert worden wären, wird in der Beschwerde nicht behauptet. Mit dem bloßen Einwand aber, daß die Argumentation des Erstgerichtes 'widersprüchlich, unvollständig und unschlüssig' sei, weil sich auch andere 'Erklärungsmöglichkeiten des Verhaltens des Angeklagten' ergäben, kann eine Mängelrüge nicht zielführend begründet werden; denn der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 StPO liegt nur dann vor, wenn sich aus den vom Gericht ermittelten Prämissen nach den Denkgesetzen die von ihm gezogene Schlußfolgerung überhaupt nicht ableiten läßt, das Urteil somit mit logischen Fehlern behaftet ist. Wenn hingegen aus diesen Vordersätzen auch andere als die vom Gericht abgeleiteten, für den Angeklagten günstigere Schlußfolgerungen möglich gewesen wären, sich das Gericht jedoch für eine andere - nämlich die oben dargestellte - Auslegung entschied, hat es einen Akt der - im Rahmen der Bindung an die Verfahrensergebnisse - freien, an keine Beweisregeln gebundenen Beweiswürdigung gesetzt, gegen welchen eine Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde nicht zulässig ist (vgl. Mayerhofer-Rieder 2 E Nr 18 f zu § 258 sowie E Nr 144, 145 und insbesondere E Nr 147 zu § 281 Abs 1 Z 5 StPO).
Unbegründet ist hinwieder die auf die Z 9 lit c (der Sache nach Z 10) gestützte Rechtsrüge, wonach 'selbst bei Diebstahlsvorsatz' wegen der Abstellung des Fahrzeuges im selben Bezirk, seiner nur viermaligen Verwendung im Laufe von fünf Monaten zu Fahrten von insgesamt nur 150 km von einer 'tatsächlich dauernden Sachanmaßung' nicht gesprochen werden könne, weil es an der für den Diebstahl notwendigen 'Intensität der Beziehung' zwischen Täter und fremder Sache fehlte. Diese für den Tatbestand des Diebstahls wesentliche 'Beziehung' besteht in dem (unter Bruch des bisherigen und durch den Täter neu begründeten) Gewahrsam, also einer tatsächlichen Sachherrschaft, deren begriffsnotwendige 'Intensität' nach der Verkehrsauffassung zu beurteilen ist (vgl. - insoweit übereinstimmend - Kienapfel BT II § 127 RN 54, Leukauf-Steininger, Kommentar 2 , § 127 RN 15, Bertel in WK § 127 Rz 17 ff). Darnach ist aber die Häufigkeit der Verwendung eines in Wohnungsnähe abgestellten Kraftfahrzeuges für den Gewahrsamsbegriff überhaupt kein Kriterium. Insofern aber der Beschwerdeführer auf Grund der in relativ geringer Entfernung vom Tatort erfolgten Abstellung des Fahrzeuges 'im selben Bezirk' Zweifel daran zu äußern scheint, ob die konstatierte Ortsveränderung des Fahrzeuges durch den Angeklagten überhaupt als Bruch des Gewahrsams des PKW-Eigentümers zu beurteilen sei, genügt es, auf die im Urteil festgestellte Tatsache zu verweisen, daß der Geschädigte sein Fahrzeug erst nach fünf Monaten und nur durch Zufall wiedererlangt hat (vgl. im übrigen Kienapfel aaO RN 127 und Bertel aaO Rz 25). Da sonach der Angeklagte unbestrittenermaßen mit Zueignungs- und Bereicherungsvorsatz - wozu auch die bloß zeitweilige überführung des Wirtschaftswertes des Fahrzeuges in das Vermögen des Täters genügt (Leukauf-Steininger, Kommentar 2 , § 136 RN 18) - einen Gewahrsamswechsel am Fahrzeug vollzogen hat, haftet dem angefochtenen Urteil der behauptete Rechtsirrtum nicht an.
Schließlich ist auch die weitere Rechtsrüge (Z 11) verfehlt, wenn darin die Anrechnung eines Haftzeitraumes 'ab 24. August 1984' reklamiert wird, handelte es sich doch bei der vom Beschwerdeführer so bezeichneten 'Vorhaft' vom 24. August 1984, 2.05 Uhr, bis 1. September 1984, 2.05 Uhr, in Wahrheit um eine Verwaltungsstrafhaft (S 15), die unter keinen Umständen gemäß § 38 StGB auf eine gerichtliche Strafe angerechnet werden kann. Danach wurde der Angeklagte aber auf freien Fuß gesetzt und weder in sicherheitsbehördlicher Verwahrungshaft belassen noch dem Gericht eingeliefert (S 3 verso und S 3 a).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 128 Abs 1 StGB zu sieben Monaten Freiheitsstrafe. Es wertete als erschwerend fünf einschlägige Vorstrafen, die sogar die Anwendung des § 39 StGB ermöglicht hätten; mildernd war das 'Tatsachengeständnis', die objektive Schadensgutmachung sowie die aufstoßende Gelegenheit (offenes PKW-Fenster).
Gegen diesen Strafausspruch richten sich Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft. Der Angeklagte begehrt eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe (wozu entgegen dem Berufungsantrag eine Anwendung des § 41 StGB nicht erforderlich wäre), die Verhängung einer Geldstrafe an Stelle der Freiheitsstrafe (§ 37 StGB) sowie - ersichtlich in jedem Fall - die bedingte Strafnachsicht (§ 43 Abs 1 StGB). Die Staatsanwaltschaft hinwieder strebt eine Erhöhung der Freiheitsstrafe an. Nur der Berufung des Angeklagten kommt (teilweise) Berechtigung zu.
Das vom Erstgericht so bezeichnete 'Tatsachengeständnis' enthielt immerhin ein ersichtlich reumütiges (vgl. S 55 ff) Schuldbekenntnis in Richtung eines ausgedehnten unbefugten Gebrauches des Kraftwagens (§ 136 StGB), dessen rechtliche Abgrenzung zu einer nach den Feststellungen bloß zeitweiligen (US 7: '...auf unbegrenzte Zeit') Zueignung (vgl. ÖJZ-LSK 1976/144 zu § 127 StGB) dem Angeklagten nicht einsichtig sein konnte, weshalb ihm der Milderungsgrund der Z 17 des § 34 StGB ungeschmälert zugutegehalten werden muß. Dazu kommt - was das Schöffengericht übersehen hat - daß der Angeklagte durch eine (in derartigen Fällen ungewöhnliche) freiwillige Schadenersatzleistung von 8.000 S (S 85) seiner Schuldeinsicht tätigen Ausdruck verliehen und solcherart den Geschädigten zur Gänze schadlos gehalten hat. Auch fällt im Rahmen der allgemeinen Strafbemessungsregel des § 32 Abs 3 StGB ins Gewicht, daß die Gefahr eines endgültigen Verlustes des Fahrzeuges für dessen Eigentümer mit Rücksicht auf das Ausmaß der tatsächlichen Verwendung desselben und der Art der jeweiligen Abstellung von vornherein gering war. In Ansehung des Vorlebens ist nicht zu übersehen, daß der Angeklagte die letzte Tat am 8.Jänner 1979, sohin im Alter von noch nicht 21 Jahren begangen hat und - wie das Wohlverhalten durch mehrere Jahre beweist - seither eine weitgehende Konsolidierung in persönlicher und sozialer Hinsicht stattgefunden hat, die vorliegend nur durch eine besonders verlockende Gelegenheit unterbrochen worden ist, ohne daß aber auch ein wesensmäßiger Rückfall des Angeklagten zu konstatieren wäre, zumal die gegenständliche Straftat zwar, formell gesehen, auf der gleichen schädlichen Neigung beruht, dennoch aber gegenüber den den Vorverurteilungen zugrunde liegenden Straftaten ein - im Rahmen des § 32 Abs 3 StGB zu berücksichtigender - nicht unbeträchtlich geringerer Schuld- und Unrechtsgehalt gegeben ist.
Aus diesen Gründen erachtet der Oberste Gerichtshof das vom Erstgericht gefundene Strafmaß für überhöht und ist darüberhinaus - bestärkt im übrigen durch den vom Berufungswerber im Gerichtstag hinterlassenen guten persönlichen Eindruck - auch der Auffassung, daß es nicht seiner Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe bedarf, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken (§ 37 Abs 1 StGB). Eine Geldstrafe von 240 Tagessätzen - zu einem den persönlichen Verhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Angeklagten entsprechenden Betrag von je 100 S - erschien angemessen. Deren bedingte Nachsicht kam jedoch nicht in Betracht.
Die Staatsanwaltschaft war mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.
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